Titel: | Ueber die neuen eisernen Dächer und Thüren des Hrn. Walker zu Rotherhithe. |
Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. XXXV., S. 170 |
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XXXV.
Ueber die neuen eisernen Daͤcher und
Thuͤren des Hrn. Walker
zu Rotherhithe.
Aus dem Mechanics' Magazine N. 485. S.
114.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Walker's eiserne Daͤcher und Thuͤren.
Hr. Walker zu Rotherhithe hat in den lezten Jahren eine
neue Art von Eisenplatten zum Deken von Daͤchern und zur Verfertigung von
Thuͤren erfunden, welche uns so vortheilhaft zu seyn scheint, daß sie, wenn
sie ein Mal allgemeiner bekannt seyn wird, vielleicht in kurzer Zeit alle
uͤbrigen Methoden verdraͤngen wird. Er nennt das Eisen, dessen er sich
hiezu bedient, gerieftes oder geripptes oder gefaltetes Eisen (corrugated, furrowed, or fluted iron) und erzeugt
dasselbe dadurch, daß er rothgluͤhendes Eisenblech zwischen gerieften oder
gefurchten Walzen durchlaufen laͤßt. Wir wissen keine bessere Beschreibung
dieser neuen Art von Daͤchern und Thuͤren als jene, welche Hr. Loudon in seiner vortrefflichen Encyclopaedia of Cottage gegeben hat, und theilen dieselbe daher mit
Erlaubniß des Verfassers aus diesem Werke mit.
Die gerieften oder gefurchten, eisernen Daͤcher, sagt Hr. Loudon, bestehen aus Eisenblech, welches so gewalzt ist,
daß seine Oberflaͤche der ganzen Laͤnge nach halbkreisfoͤrmige
Furchen und Erhabenheiten darbietet. Durch diese Zubereitung wird das Eisenblech,
welches als ebene Flaͤche keine andere Festigkeit darbietet, als jene, die es
in Folge seiner Elasticitaͤt besizt, in eine Reihe an einander stoßender
Bogen verwandelt, Fig. 18, und in Folge dieser veraͤnderten Form gewinnt das Metall
an Festigkeit und Staͤrke. Um einen Begriff von der Staͤrke, welche
das Eisenblech auf diese Weise gewinnt, zu geben, bemerkt Hr. Walker, daß ein Blech, welches so duͤnn ist, daß es sich nicht ohne
Stuͤze in senkrechter Richtung zu erhalten im Stande ist, nach der Faltung
ein Gewicht von 700 Pfunden zu tragen vermag, ohne sich unter dieser Last auch nur
im Geringsten zu kruͤmmen. Das auf diese Weise gefaltete Eisen wird, wenn es
sich um das Deken eines Daches handelt, vor dem ebenen glatten Eisenbleche den
Vorzug verdienen, weil das Wasser leichter und schneller in die Dachrinnen abfließen
kann. Dieser Vorzug ist jedoch unbedeutend im Vergleich gegen jenen, welchen wir
sogleich angeben werden. Sezen wir z.B., daß das Eisenblech nicht nur so der
Laͤnge nach gefaltet ist, daß es die in Fig. 19 dargestellte Form
erhaͤlt, sondern daß es zugleich auch seiner ganzen Laͤnge nach so
gebogen ist, daß es beilaͤufig der in Fig. 20 gegebenen Form
gleichkommt, so erhaͤlt man auf diese Weise einen Bogen von sehr großer Kraft
und Staͤrke, welcher sehr gut als Dach dienen kann, und der durchaus keiner anderen
Stuͤzen bedarf, als jener, die sich an den Dachrinnen oder den Enden
befinden. Es erhellt von selbst, daß man, wenn die Spannung eines Bogens fuͤr
ein Dach gegeben ist, durch Zusammennieten mehrerer solcher gefalteter Eisenbleche
einen Bogen verfertigen kann, wie man ihn braucht. Jeder Sachverstaͤndige
wird ferner einsehen, daß sich ein Dach von sehr großer Spannung, wie z.B. von 100
Fuß, welches nur mit Beihuͤlfe von Sparren mit einem einzigen Bogen gedekt
werden koͤnnte, sehr wohl mit zwei oder drei solcher Bogen, welche an
einander stoßen und mittelst Spannbalken zusammengehalten werden Fig. 21, deken
laͤßt. Eben so deutlich wird es ferner auch seyn, daß man bei Daͤchern
von noch groͤßerer Spannung, z.B. bei 200 Fuß, den Spannbalken mit eisernen
Aufziehbalken Fig.
22 verbinden kann, so daß sich dann Daͤcher von dieser und selbst
zwei Mal so großer Spannung deken lassen, ohne daß man von Innen auch nur eine
einzige Stuͤze daran bemerkte. In Fig. 22 sind aa die Spannbalken, bb die gefurchten oder gerieften Bogen, von denen jeder 40 Fuß Spannung
hat; cc
die Segmentstuͤzen aus Gußeisen, welche den Spannbalken und das aus den
gefurchten Bogen bestehende Dach tragen, und welche selbst wieder durch die
Traͤger oder Aufziehbalken dd Festigkeit
erhalten.
Daß von allen Materialien, welche bisher zu Daͤchern in Vorschlag gebracht
wurden, keines so leichte und so wohlfeile Daͤcher von solcher Spannung gibt,
wie dieses gefurchte Eisenblech, erhellt aus dem Ebengesagten eben so sicher, als es
erhellt, daß bei keiner sonstigen Bauart so wenig von dem inneren Dachraume verloren
geht, als gerade bei dieser. Die Dauerhaftigkeit dieser Daͤcher wird von der
Art der Oehl- oder Theerfarben, mit denen man sie uͤberzieht,
abhaͤngen. Fuͤr Scheunen oder Speicher, Schafstaͤlle und
verschiedene andere Land- und Oekonomiegebaͤude kann es nach unserer
Ansicht keine zwekmaͤßigeren Daͤcher geben, als diese; da die
Erfindung jedoch erst 4 oder 5 Jahre alt ist, so wurde sie bisher noch sehr selten
in Anwendung gebracht. Einige solcher Daͤcher befinden sich jedoch an den
London-Doks, und Fig. 23 stellt wirklich
einen auf diese Weise gedekten Theil der Doks vor. Die Laͤnge dieses Daches
betraͤgt 225 Fuß, seine Breite 40 Fuß; die Saͤulen, auf denen das Dach
ruht, sind 12 Fuß hoch, und bestehen aus Gußeisen. Von Saͤule zu
Saͤule laͤuft nach der ganzen Laͤnge des Daches eine eiserne
Rinne, auf welcher der Rand des Daches aufruht. Der Bogen besteht aus mehreren
Stuͤken Eisenblech, welche, wie aus Fig. 23 ersichtlich, in
einer der Richtung der Faltenbogen entgegengesezten Richtung gebogen und der
Laͤnge nach zusammengenietet sind. Mehrere solche zusammengefuͤgte Bogen bilden das ganze
wasserdichte Dach. Jeder der einzelnen Faltenbogen bildet eine Rinne, in welcher,
wenn es regnet, das Wasser in die auf den Seiten befindlichen Wasserrinnen
herablaͤuft. Um dem Ganzen mehr Festigkeit zu geben, ist, wie Fig. 24 zeigt, quer durch
den Schoppen von einer Saͤule zur anderen ein Spannbalken gezogen. Zwischen
diesem Schoppen und der Ziegelmauer ist ein solches gerieftes Dach angebracht,
welches einen halben Bogen bildet, der von der Dachrinne ausgeht und sich oben an
die Mauer lehnt, wie man aus Fig. 23 ersieht.
Auch die Waͤnde ganzer Gebaͤude kann man aus solchen auf die Kanten
gestellten und gerieften Eisenblechen bauen, und zwar entweder aus einfachen oder
aus doppelten Blechen, zwischen welchen man einen leeren Raum laͤßt, damit
der Wechsel der Temperatur im Inneren des Gebaͤudes weniger fuͤhlbar
werde. Da man die Falten oder Rippen des Eisens groͤßer oder kleiner machen
kann, so kann man dergleichen Blech auch zu Rauten in Thuͤren, wie Fig. 25, 26 und 27 zeigt, oder
selbst auch zu ganzen Thuͤren anwenden, wo man dann die Platte in einen
Rahmen aus Eisenstaͤben einlegt, wie z.B. in Fig. 28. Das Schiebthor,
welches man in Fig.
29 sieht, wurde an der Einfahrt in eine der Doken angebracht. Das Gestell
desselben ist auf die gewoͤhnliche Weise erbaut, und in eine Mauer aus
Baksteinen eingelassen. Das Thor besteht aus mehreren zusammengenieteten, gefalteten
oder gerieften Eisenblechen, welche eine Tafel von der Groͤße der Oeffnung
bilden; und die Basis dieser Tafel ruht in einer Furche oder einem Falzen b
Fig. 30,
welcher in einem Balken oder in Steinen, die in gleicher Hoͤhe mit dem Wege
gelegt sind, angebracht ist. An dem oberen Rande dieses Thores sind zwei
ausgefurchte Raͤder festgemacht, welche sich in einem eisernen Falzen a bewegen. Auf dieselbe Weise lassen sich auch
Fensterladen und Thuͤren fuͤr Scheunen, so wie eine Menge anderer
Dinge verfertigen, wie dieß jedem Praktiker ohnedieß einleuchten wird.
Die Preise der gerieften Eisenbleche waren im J. 1832 zu London folgende: Fuͤr
Daͤcher von 100 Fuß im Gevierte 5 Pfd. 10 Sh. (66 fl.); Thuͤren von
gewoͤhnlicher Groͤße mit 6 Rauten, wie man sie in Fig. 27 sieht, kosteten 2
Pfd. 10 Sh. (30 fl.)
Diese neue Art von Daͤchern eignet sich nicht nur fuͤr kleine, sondern
auch fuͤr groͤßere Haͤuser, ganz besonders aber fuͤr
Schmied- und Zimmermannswerkstaͤtten etc. und alle Arten von Scheunen
und Schoppen. Eben so duͤrften dergleichen Eisenbleche ganz
vorzuͤglich zur Errichtung von tragbaren Haͤusern taugen. Um den
Wechsel in der Temperatur der aͤußeren Atmosphaͤre und besonders den
Einfluß der Sonnenhize weniger fuͤhlbar zu machen, braucht man dergleichen
Haͤuser nur
mit Epheu oder anderen aͤhnlichen, kletternden Pflanzen zu
uͤberziehen, oder die Zwischenraͤume zwischen den beiden
Plattenwaͤnden mit einem schlechten Waͤrmeleiter
auszufuͤllen.