Titel: | Ueber das Rettungsfloß des Hrn. Canning. Von Hrn. W. Baddeley. |
Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. XLVI., S. 267 |
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XLVI.
Ueber das Rettungsfloß des Hrn. Canning. Von Hrn. W. Baddeley.
Aus dem Mechanics' Magazine N. 474.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Baddeley's Rettungsfloß.
Hr. Alfred Canning von der koͤnigl. großbrit.
Marine hat, wie wohl alle unsere Leser aus den oͤffentlichen Blaͤttern
wissen werden, ein Rettungsfloß erfunden, mit welchem in England und Frankreich mit
bestem Erfolge mehrere Versuche angestellt wurden, und fuͤr welches demselben
von der Society of Arts auch die goldene Medaille
zuerkannt wurde. Bei den anerkannten Vorzuͤgen dieser fuͤr
Kuͤstenlaͤnder hoͤchst wichtigen Erfindung duͤrfte es
daher gewiß Jedermann erwuͤnscht seyn, etwas Naͤheres uͤber
dieselbe zu erfahren. Wir bezweken dieß durch unsere gegenwaͤrtige
Mittheilung.
Hr. Canning baut sein Floß hauptsaͤchlich auf
zweierlei Art, welche man in Fig. 23 und 24 ersieht. In
Fig. 23
stellt A eine Hauptrahe oder einen sonstigen Balken vor,
woran in der Naͤhe seiner beiden Enden zwei Kreuzbalken cc angebunden sind, welche durch die Seile oder
Taue cc an Ort und Stelle erhalten werden. Um
uͤbrigens der Maschine noch groͤßere Festigkeit zu geben, endigen sich
vier der Taue in eine Schleife dd, durch welche
ein duͤnnerer Strik gezogen und festgespannt ist.
Die Maschine wird vermittelst leerer Wasserfaͤsser, dergleichen an jedem Ende
der Kreuzbalken bb eines befestigt ist, schwimmend
erhalten. Auf die hervorragende Flaͤche eines jeden dieser Faͤsser
wird eine Haͤngematte gebunden, damit dieselbe nicht allenfalls durch
Felsenriffe eingestoßen werden kann. Die Zahl und Stellung der Faͤsser muß
sich nach der Zahl der Personen, die das Floß aufnehmen soll, richten; ist deren
Zahl groß, so ist es, um dem Floße die gehoͤrige Schwimmkraft zu geben, am
besten, die Faͤsser so zu stellen, wie dieß durch die punktirten Linien in
der Zeichnung angedeutet ist.
Zur Aufnahme der Schiffbruͤchigen dient die Platform e, welche mittelst einer starken Schleife, die sich ganz frei und leicht
um die Hauptrahe A drehen kann, an diese Rahe
geschlungen ist. Je nach der Groͤße der Platform kann man dieselbe mit einer
oder mit zwei solchen Schleifen aufhaͤngen. Die Schleifen muͤssen
uͤbrigens mittelst eines Pflokes, den man an jeder Seite derselben
einschlaͤgt, in der Mitte der Rahe erhalten werden.
Man ersieht aus dieser Beschreibung mit der Abbildung, daß nur vier der
Faͤsser auf ein Mal untergetaucht seyn koͤnnen; Hr. Canning hat deren aber acht angebracht, damit das Floß um
und um rollen kann, ohne
daß fuͤr die auf der Platform e befindlichen
Personen eine Gefahr daraus entstuͤnde, weil diese Platform bei der
beschriebenen Einrichtung immer eine horizontale Stellung beibehalten muß.
Fig. 24 zeigt
eine Modification des Floßes. Es ist hier naͤmlich aus drei kreuzweise
zusammengebundenen Rahen oder Balken zusammengesezt, welche mittelst der Taue ff unbeweglich in ihrer Stellung erhalten werden.
An jedem Ende dieser Balken ist ein leeres Faß oder ein Schuzbrett aus Kork
angebracht, wodurch das Floß die gehoͤrige Schwimmkraft erhaͤlt. Nimmt
man Faͤsser, so muͤssen dieselben gleichfalls mit Haͤngematten
gepolstert werden. Bei einem Floße dieser Art muͤssen sich die Personen in
der Mitte desselben an den Tauen festhalten, und sich jedes Mal umdrehen, so oft das
Floß umschlaͤgt.
Hr. Canning machte selbst auf der See Versuche mit seinem
Floße, und exponirte sich besonders zu Cherbourg und Jersey den groͤßten
Gefahren. Er sezte sich z.B. zu Cherbourg auf die Platform des Floßes Fig. 23 und
ließ sich bei dem groͤßten Sturme aus dem Hafen schaffen. Der Sturm warf ihn
auf eine der gefaͤhrlichsten Klippen, ohne daß weder ihm, noch seinem Floße
ein Unfall zustieß er saß selbst bei der ungeheuren Hoͤhe der Wogen beinahe
troken auf seiner Platform. Die ganze Vorrichtung besizt naͤmlich die
gehoͤrige Festigkeit und Staͤtigkeit, und zugleich so viel
Elasticitaͤt, als noͤthig ist; man kann mit ihr selbst an solche
Kuͤsten, an denen jedes Rettungsboth zerschellen muͤßte, ohne alle
Gefahr gelangen. Die Personen befinden sich bei ihr hoͤher und folglich
trokener, als auf irgend einem anderen Floße. Die Materialien zur Erbauung eines
solchen Floßes befinden sich auf jedem schiffbruͤchigen Schiffe in Menge, und
koͤnnen auch in sehr kurzer Zeit auf die angegebene Weise zusammengesezt
werden. Das Floß gewaͤhrt auch das sicherste Landungsmittel, wenn mittelst
Manby's oder Murray's
Erfindungen zwischen dem Lande und den Schiffbruͤchigen eine Verbindung
hergestellt worden. Hr. Canning ist der
Zwekmaͤßigkeit seiner Erfindung so versichert, daß er sich anheischig macht,
mit derselben an jeder Kuͤste und bei dem heftigsten Sturme neue Versuche
anzustellen.