Titel: | Einiges über Aëronautik. Von F. Hengler. |
Autor: | F. Hengler |
Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. LVI., S. 322 |
Download: | XML |
LVI.
Einiges uͤber Aëronautik. Von
F. Hengler.
Hengler, uͤber Aëronautik.
In einer Zeit, in welcher eine allgemeine Regsamkeit in allen Theilen des
menschlichen Wissens herrscht, und namentlich auch in solchen, welche zum Wohle des
buͤrgerlichen Lebens beitragen koͤnnen, ist es beinahe unbegreiflich,
daß die Aëronautik, eine Erfindung, welche schon in ihrer Kindheit die Welt
in Staunen sezte, die nicht nur Unerfahrne, sondern selbst sachverstaͤndige
Maͤnner zu den glaͤnzendsten Hoffnungen berechtigte, bis auf den
heutigen Tag keine, weder fuͤr die Kunst oder Wissenschaft, noch das
buͤrgerliche Leben nuͤzliche Anwendung erhielt, was um so mehr
auffaͤllt, da sie bei jezigem Standpunkte der Naturwissenschaft
uͤberhaupt ganz dem Kalkul unterworfen werden kann, so daß hier kein blindes
Herumtappen ist, sondern Alles mit groͤßter Sicherheit voraus bestimmt werden
kann.
Diese Erscheinung koͤnnte leicht zu der Ansicht fuͤhren, die
Aëronautik muͤsse von der Art seyn, daß eine nuͤzliche
Anwendung derselben zu irgend einem Zweke ganz unmoͤglich sey, weil sie sonst
schon lange Eingang gefunden haben muͤßte, welche Ansicht in der That schon
ziemlich allgemein geworden zu seyn scheint, denn man laͤuft heut zu Tage
wirklich Gefahr sich laͤcherlich zu machen, wenn man im Ernste von irgend
einer nuͤzlichen Anwendung der Aëronautik reden will.
Welches sind aber denn nun hauptsaͤchlich die Hindernisse, die der
Aëronautik entgegen stehen?
Unter diese Hindernisse rechnet man gewoͤhnlich folgende:
1) Die Unmoͤglichkeit der willkuͤrlichen Lenkung der Aërostaten
in Beziehung auf ihre horizontale Bewegung.
2) Die schnelle Vergaͤnglichkeit und Unbrauchbarkeit eines Aërostaten
im Verhaͤltniß zu der Summe, die er erfordert.
3) Die Schwierigkeiten beim Landen und beim Aufbewahren der Aërostaten.
4) Die Unzulaͤnglichkeit der Mittel zur Lenkung der Aërostaten in
Beziehung auf ihre vertikale Bewegung.
5) Endlich die wirkliche oder scheinbare Gefahr, welche mit der Aëronautik
verbunden ist.
Dieses sind ungefaͤhr die Haupthindernisse, welche bis jezt der Aëronautik entgegen
stehen; wir wollen nun untersuchen, in wie fern diese Vorwuͤrfe
gegruͤndet seyen, ob, und auf welche Art man ihnen begegnen
koͤnnte.
I. Was das erste Hinderniß betrifft, welches der Aëronautilk entgegen steht,
so geht aus der Natur der Sache unbezweifelt hervor, daß wir nie im Stande seyn
werden bei der Lenkung der Aërostaten die Winde zu besiegen, wohl aber sie
als bewegende Kraͤfte zu benuzen. Allein eben so gut geht hervor, daß wir
dessen ungeachtet, wenn der Aëronautik kein anderes Hinderniß mehr entgegen
stehen wuͤrde, sie zu manchen und zwar sehr wichtigen Zweken anwenden
koͤnnten, was einleuchtet, wenn man bedenkt, wie gut wir Stroͤme zur
gewoͤhnlichen Schifffahrt zu benuzen wissen. Man darf daher mit Recht fragen,
warum wir nicht um so mehr die Luftstrome zur Bewegung der Aërostaten sollten
benuzen koͤnnen, da sie von jedem Orte aus gerechnet in laͤngerer oder
kuͤrzerer Zeit nach allen Orten hinwehen, waͤhrend
Wasserstroͤme immer nur Eine Richtung haben. Was die Unterbrechungen
betrifft, so gelten sie mehr oder weniger auch von Wasserstroͤmen, denn auch
diese sind oft laͤngere Zeit unschiffbar.
Ueberdieß gibt es viele wichtige, durch Aëronautik allein erreichbare Zweke,
wobei eine willkuͤrliche horizontale Lenkung der Aërostaten ganz
unnoͤthig ist, wohin z.B. die Untersuchung der Atmosphaͤre, namentlich
die Ausforschung der Hagelbildung gehoͤrt. Doch hieruͤber brauche ich
nicht Mehreres zu sagen, indem dieses Hinderniß, wie schon gesagt, so ziemlich
allgemein als fuͤr ein leicht zu umgehendes angesehen wird, zumal bei der
Beobachtung der bisher vorgeschlagenen Mittel hiezu, von denen mehrere Bedeutendes
leisten koͤnnen, wohin namentlich zu Reisen uͤber Meere das von Melzl vorgeschlagene gehoͤrt. (Siehe Polyt.
Journal Bd. XIV. 63.)
II. Fuͤr desto groͤßer aber wird allgemein das zweite von oben
genannten Hindernissen angesehen. Man sieht naͤmlich bei allen bisher
unternommenen aërostatischen Auffluͤgen, daß jeder Aërostat
seine, wenn auch zuweilen ziemlich große anfaͤngliche Steigkraft sehr bald
verlor, und sich gewoͤhnlich hoͤchstens nur einige Stunden in der
Atmosphaͤre zu erhalten vermochte. Diese Erscheinung, welche troz aller
Muͤhe und Sorgfalt bei Verfertigung der Aërostaten dennoch nicht
besiegt werden konnte, fuͤhrte auf die Ansicht, daß es außer Metallblechen
keinen Stoff gebe, aus welchem man aërostatische Huͤllen verfertigen
koͤnnte, welche fuͤr das Wasserstoffgas undurchdringlich
waͤren; indem man den Verlust der Steigkraft durch Gasverlust
erklaͤrte. Bei dieser Annahme aber, wenn man noch bedenkt, daß dem Gebrauche
der Metallbleche wenn nicht unuͤberwindliche, doch in jedem Fall sehr große Schwierigkeiten
entgegen treten, kann natuͤrlich von einer nuͤzlichen Anwendung der
Aëronautik gar nicht die Rede seyn.
Allein bei genauer Untersuchung finden wir, daß diese Annahme gaͤnzlich
ungegruͤndet ist, und ich glaube in Folgendem evident erweisen zu
koͤnnen, daß man aus vielen weichen Stoffen, namentlich aus Wachstaffent,
gefirnißtem Taffent, oder aus solcher Leinewand etc. aërostatische
Huͤllen verfertigen kann, welche vollkommen undurchdringlich fuͤr
Wasserstoffgas sind, und man auf diese Art Aërostaten erhaͤlt, welche
mit allen erforderlichen Eigenschaften auch noch eine Dauer von vielen Jahren
verbinden, und daher ein Mal gefuͤllt, solches fuͤr lange Zeit
bleiben.
Um nun dieses beweisen zu koͤnnen, so wollen wir zuerst untersuchen, wie man
zu der Annahme kam, daß es außer Metallblechen keine Stoffe gebe, wodurch man
undurchdringliche Huͤllen verfertigen koͤnne; dazu gelangte man, wie
schon oben bemerkt, durch die Erscheinung, daß man keinen Aërostaten
verfertigen konnte, der sich laͤngere Zeit in der Luft zu halten vermochte;
denn hieraus schloß man ganz natuͤrlich, daß ein solcher Aërostat in
kurzer Zeit bedeutend an Steigkraft verlieren muͤsse; wogegen auch nicht das
Geringste eingewendet werden kann. Allein sonderbar muß doch Jedem, der etwas
genauer uͤber das Wesen der Aërostatik nachdenkt, der Schluß
erscheinen, daß ein solcher Aërostat jedes Mal eine dem Verluste an
Steigkraft entsprechende Menge Gases verloren habe, eben so, daß dieses Gas durch
die Huͤlle entwichen, diese daher nichts weniger, als undurchdringlich war,
und da man bei Verfertigung alle moͤgliche Muͤhe und Sorgfalt
angewendet habe, es uͤberhaupt unmoͤglich sey, aus den bisher
gebrauchten Stoffen, eine undurchdringliche Huͤlle zu verfertigen. Das
Ungereimte dieses Schlusses wird sogleich einleuchten; denn wir werden sehen, daß
ein Aërostat ohne den geringsten Verlust an Gas zu erleiden, bedeutend an
Steigkraft verlieren kann, oder noch bestimmter ausgedruͤkt, daß ein
Aërostat bei vollkommen undurchdringlicher Huͤlle fuͤr das
Wasserstoffgas, sehr schnell einen bedeutenden Verlust an Steigkraft erleiden kann,
was auch bei den aërostatischen Auffluͤgen, wie sie bisher geschahen,
oͤfters der Fall war und seyn mußte.
Ferner werden wir sehen, daß bei allen genannten Auffluͤgen gewoͤhnlich
Umstaͤnde eintraten, und nothwendig eintreten mußten, wodurch die
Huͤllen, wenn sie im Anfange auch vollkommen undurchdringlich waren, diese
Eigenschaft nothwendig verlieren mußten, und man daher nicht berechtigt ist zu
schließen, daß eine Huͤlle uͤberhaupt nicht, also auch gleich anfangs
nicht undurchdringlich gewesen sey, wenn man sieht, daß sie diese Eigenschaft nach einem
solchen Auffluge nicht mehr hat.
A. Nachweisung, daß ein Aërostat bei einem
Auffluge, wie solche gewoͤhnlich geschahen und noch geschehen, nothwendig
eine bedeutende Menge von seiner Steigkraft verlieren muß, wenn auch seine
Huͤlle vollkommen undurchdringlich fuͤr das Wasserstoffgas
waͤre.
––––––––––
Die Erscheinung findet bei allen Auffluͤgen Statt, bei welchen man sich einer
Charlière bedient, die mit einem Sicherheitsventil versehen war, das sich
entweder selbst oͤffnet, oder von Aëronauten geoͤffnet wird,
theils um den Druk auf die Huͤlle zu vermeiden, theils um sich wieder
herabzulassen.
Hiebei geht nun immer weit mehr als die anfaͤngliche Steigkraft verloren.
Nehmen wir an wir haͤtten eine vollkommen luftdichte Charlière, welche
mit hinreichender Menge Ballast und einem Sicherheitsventil versehen ist. Lassen wir
diesen eine Steigkraft = K, so wird, wenn wir uns auf
eine Hoͤhe erheben, dieses K einen bedeutenden
Zuwachs erhalten, weil die innere Temperatur nicht so schnell, als die
aͤußere abnimmt.
Dieser Zuwachs sey im Allgemeinen = D. Wird nun das
Ventil geoͤffnet, so entweicht natuͤrlich so viel Gas, bis der
Aërostat K + D an Steigkraft verloren hat.
Schließt sich nun jezt das Ventil, so wird der Ballon sich nur einen Augenblik
schwebend erhalten koͤnnen, und der Aëronaut ist genoͤthigt
immer mehr und mehr Ballast auszuwerfen, wenn er sich auf dieser Hoͤhe
laͤnger halten will, indem die Steigkraft immer geringer wird, ohne daß Gas
entweicht, weil naͤmlich die innere Temperatur sich immer mehr der
aͤußern annaͤhert, also faͤllt. Bleibt der Aëronaut so
lange in dieser Hoͤhe bis die innere Temperatur der aͤußern gleich
geworden ist, so muß er so viel Ballast auswerfen, daß dessen Gewicht = D ist. Laͤßt sich nun der Aëronaut
herunter, so verliert der Ballon ebenfalls wieder an Steigkraft, weil die innere
Temperatur nicht so schnell steigt, wie die aͤußere. Dieser Verlust sey im
Allgemeinen = D', so kommt also der Aërostat auf
dem Boden an mit einer negativen Steigkraft = D'. Und so
hat also dieser Aërostat vom Momente des Abfahrens an gerechnet bis zum
Momente des Landens K + D +
D' an Steigkraft verloren, was sich außer der
Entweichung des Gases durch das Ventil, wenn man die von der
Temperatur-Veraͤnderung herruͤhrende Zunahme und Abnahme der
Steigkraft nicht beruͤksichtigt, nicht anders erklaͤren laͤßt,
als daß Gab durch die Huͤlle entweichen mußte. Denn man sollte glauben, es
koͤnnte nur
so viel Gas durch das Ventil entwichen seyn, als noͤthig war die Steigkraft
K zu erschoͤpfen.
Zwar ist der Verlust der Kraft D' nur scheinbar, indem
sich dieser nach und nach wieder restaurirt, weil die innere Temperatur nach und
nach der aͤußern gleich wird. Diese Erscheinung bestaͤttigte sich
auffallend bei Zambeicari's Luftfahrt, indem sich sein
Aërostat troz dem Auswerfen alles Ballastes mit großer Kraft auf das
Adriatische Meer herunter ließ, nach einiger Zeit aber von selbst wieder zur vorigen
Hoͤhe erhob, ohne daß neuer Ballast ausgeworfen wurde. Diese Erscheinung ist
zugleich ein Beweis von der sorgfaͤltigen Verfertigung dieses
Aërostaten, zugleich aber sehen wir, daß man auf das Wachsen und Abnehmen der
Steigkraft wegen Temperatur-Veraͤnderung gar keine Ruͤksicht
nahm, indem diese Erscheinung als etwas Auffallendes angesehen wurde,
waͤhrend sie doch ganz der Sache gemaͤß war.
Wie bedeutend aber die Werthe von D und D' werden koͤnnen, wird folgende Berechnung
zeigen. –
Aus dem Wesen der Aërostatik geht hervor, daß eine Charlière, wenn
Barometer- und Thermometerstand sowohl der aͤußern Luft,Eigentlich die Compression. als auch des innern Gases constant bleiben, oder in gleichem
Verhaͤltniß sich veraͤndern, an Steigkraft weder gewinnen noch
verlieren, so lange sich das innere Gas diesen Veraͤnderungen gemaͤß
ausdehnen kann, weil das Volumen im naͤmlichen Verhaͤltniß
waͤchst, wie das specifische Gewicht abnimmt, oder im naͤmlichen
Verhaͤltniß abnimmt, in welchem das specifische Gewicht waͤchst; d.h.,
wenn der Inhalt eines Aërostaten = C ist und
dieses durch Barometer- und Thermometer-Veraͤnderung in mC uͤbergeht, so geht das specifische
Gewicht, welches = A ist, in A/m uͤber, daher ist das Gewicht der
aus der Stelle getriebenen Luft constant, indem
AC = AmC/m.
Aus dem naͤmlichen Grunde ist das Gewicht des im Ballon enthaltenen Gases
constant; also auch die Steigkraft.
Veraͤndert sich aber entweder der Barometer- oder der Thermometerstand
ungleichfoͤrmig, so vermindert sich auch die Steigkraft.
Nun aber veraͤndert sich bei nicht ganz gefuͤllten Aërostaten
der Barometerstand immer gleichfoͤrmig, und es kann daher nur die
ungleichfoͤrmige Thermometer-Veraͤnderung eine
Veraͤnderung der Steigkraft hervorbringen, und hier gelten folgende
Grundsaͤze:
1) Ein Aërostat erhaͤlt Zuwachs an Steigkraft, wenn die innere
Temperatur mehr steigt, als die aͤußere, oder die aͤußere mehr
faͤllt, als die innere.
2) Ein Aërostat verliert an Steigkraft, wenn die innere Temperatur mehr
faͤllt, als die aͤußere, oder wenn die aͤußere mehr steigt, als
die innere.
Wenn wir nun auf die Umstaͤnde Ruͤksicht nehmen, welche sich durch das
Aufsteigen und wieder Herabsinken eines Aërostaten ergeben, so haben wir
folgende zwei Faͤlle:
1) Beim Aufsteigen des Aërostaten nimmt die aͤußere Temperatur immer
mehr ab, als die innere;
2) beim Heruntersinken steigt die aͤußere mehr, als die innere. Nehmen wir nun
an, die innere Temperatur bleibe constant, so gewinnt der Aërostat beim
Aufsteigen so viel an Steigkraft, als das Gewicht des Volumens Luft, welches er aus
der Stelle treibt, schwerer geworden ist durch das Fallen der Temperatur. Wenn daher
das anfaͤngliche Gewicht dieses Volumens Luft = A
war, und durch die Temperatur-Abnahme in mA
uͤbergeht, so hat der Aërostat eine Kraft = mA – A = (m – 1) A = D,
gewonnen. Um nun m in Graden des Thermometers, und zwar
in Reaumur'schen auszudruͤken, so ist bekannt, daß, wenn das Volumen bei
0° R. = 1 ist, sich dasselbe bei jeder
Temperatur-Erhoͤhung um 0,0047 ausdehnt, bei einer solchen Abnahme
aber um eben so viel vermindert; dasselbe ist daher bei ± N° R. = 1 ± 0,0047 N.
Wenn daher das Volumen bei ± N° R. = v, bei (± N ±
M)° R = v'
ist, so verhaͤlt sich v; v' = 1 ± N. 0,0047 : 1 ± (N
± M) 0,0047
Textabbildung Bd. 47, S. 326
Ist ferner p das specifische Gewicht bei ± N° R.; p' bei (± N ±
M)° R,
verhaͤlt sich p : p'
= v' : v.
Textabbildung Bd. 47, S. 326
Daher fuͤr – M.
Textabbildung Bd. 47, S. 326
Sezen wir p' statt m und paC statt A, so haben
wir
Textabbildung Bd. 47, S. 326
Wollen wir M durch die Hoͤhe ausdruͤken, so
geht aus den unzaͤhligen muͤhsamen Untersuchungen uͤber die
Temperatur-Abnahme ein mit der Hoͤhe als fuͤr unsern Zwek
hinreichend genaues Resultat hervor, daß die Temperatur bei jeder
Hoͤhe-Zunahme von 100 Toisen um 1°
R abnimmt. Ist daher die Hoͤhe in Toisen ausgedruͤkt = H, so
ist M = H/100; daher
Textabbildung Bd. 47, S. 327
Fuͤr 0° R ist N =
o; daher
Textabbildung Bd. 47, S. 327
Fuͤr + 10° R ist N = 10; daher
Textabbildung Bd. 47, S. 327
Um aber den absoluten Werth von D nur an einem Beispiele
zu zeigen, so sey A = 1000 Pfd. H = 6000 Toisen (eine
Hoͤhe, welche Gay-Lussac erreichte), dann
ist sie 0° R.
Textabbildung Bd. 47, S. 327
Fuͤr 10° R.
Textabbildung Bd. 47, S. 327
Wenn wir annehmen, daß sich der Ballon um 6000 Toisen herunter laͤßt und unten
die naͤmliche Temperatur wie im vorigen Beispiel ist, so wird, wenn wir
ebenfalls A = 1000 Pfd. sezen,
D' = 362 Pfd.
Bei dieser Annahme wuͤrde also der Aërostat vom Momente der Abfahrt bis
zum Momente des Landens die ungeheure Kraft = 724 Pfd. mehr verloren haben, als die
anfaͤngliche Steigkraft.
Es soll nun hiemit nicht gesagt seyn, daß fuͤr gewoͤhnlich ein solcher
großer Verlust Statt finde, denn es ist gewiß schon ein seltener Fall, wenn ein
Aërostat die genannte Hoͤhe von 6000 Toisen erreicht, noch seltener
aber ist gewiß der Fall, daß die innere Temperatur constant bleibt, waͤhrend
die aͤußere um so viel Grade, z.B. um 60°, wie im vorigen Beispiele,
abnimmt.
Allein undenkbar ist es, daß bei irgend einem aërostatischen Auffluge, zumal
zu einer bedeutenden Hoͤhe die Steigkraft um gar nichts wachsen, und derselbe
daher nicht mehr als seine anfaͤngliche Steigkraft verlieren sollte; was nur
dann der Fall waͤre, wenn die innere Temperatur eben so schnell wachsen und
abnehmen wuͤrde, wie die aͤußere. Im Gegentheil wird man hierin
Ursache genug finden, daß ein Aërostat, wenn auch seine Huͤlle
vollkommen undurchdringlich ist, bedeutend an Steigkraft verlieren kann.
B. Nachweisung, daß bei einem aërostatischen
Auffluge, wie sie bisher geschahen, oͤfters Umstaͤnde eintreten
muͤssen, wodurch die Huͤlle, wenn sie auch anfangs vollkommen
undurchdringlich war, diese Eigenschaft nothwendig verlieren muß.
––––––––––
Dieses war naͤmlich bei allen aërostatischen Auffluͤgen der
Fall, bei welchen man sich solcher Aërostaten bediente, die mit keinem
Sicherheitsventil versehen waren, wobei dann der Aërostat so hoch stieg, bis
seine Steigkraft durch Ueberfuͤllung vernichtet war, wodurch immer ein
solcher Druk auf die Huͤlle, und diesem zu Folge, eine solche Spannung
derselben entstand, daß die Huͤlle wo nicht zerrissen, doch immer ausgedehnt,
und daher fuͤr das Gas durchdringlich wurde, was folgende Berechnung des
Drukes und der Spannung zeigt.
Es sey h der Barometerstand auf der Hoͤhe, wo der
Aërostat ganz gefuͤllt ist, h' derselbe
auf der Hoͤhe, wo die Steigkraft ganz erschoͤpft ist, so
verhaͤlt sich
h : h' = A + K + D : A.
Alles in der obigen Bedeutung.
Nun ist aber der Druk auf die Huͤlle die Differenz zwischen dem aͤußern
und innern Barometerstand; er sey
uͤberhaupt = τ; so
ist
Textabbildung Bd. 47, S. 328
Um aber diesen Druk fuͤr eine bestimmte Flaͤche, z.B. fuͤr 1
Quadratfuß in Pfd. auszudruͤken, so sey h die
Anzahl der Linien des Barometerstandes, und τ der Druk auf 1 Quadratfuß. Nun wiegt eine Queksilbersaͤule, deren Basis
1 Quadratfuß, und deren Hoͤhe 1''' ist, 6,9 Pfd.
Daher ist τ = 6,9 . h
. (K + D)/(A + K + D) Pfd.
Wir sehen aus dieser Formel, daß der Druk, bei gleichem A, K,
D, abnimmt mit der Hoͤhe, allein da in der Regel D mit der Hoͤhe waͤchst, so ist es so
ziemlich gleichguͤltig, fuͤr welche Hoͤhe wir ihn berechnen.
Wir wollen dieses nur an. Einem Beispiele, und zwar bei einer fuͤr
aërostatische Ausfluͤge mittleren Hoͤhe beobachten.
Es sey diese Hoͤhe = 3000 Toisen, also h als
mittlerer Barometerstand daselbst nach der Formel von De Luc = 170'''.
Es sey A wie oben
Textabbildung Bd. 47, S. 329
Um nun aber die diesem Druk entsprechende Spannung der Huͤlle zu berechnen, so
ist, wenn eine expansible Fluͤssigkeit in eine kugelfoͤrmige
Huͤlle eingeschlossen wird, deren Durchmesser d
ist, und hiebei ein Druk auf 1 Quadratfuß der Huͤlle = τ Statt findet, der gesammte Druk nach irgend einer Richtung
= d²π/4 τ.
Dieser gesammte Druk muß durch eine Laͤnge (oder
Breite) der Huͤlle = πd
uͤberwunden werden. Wenn daher S. die Spannung
fuͤr irgend einen Streifen von 1 Fuß Laͤnge (oder Breite) ist, so
ist
S = d²π/4 τ; dπ = d/4 τ.
Es sey z.B.
d = 30 F. und τ = 100 Pfd., so ist
S = 7,5. 100 = 750
Pfd.
Dieser Spannung nun, welche hier als mittlere anzusehen ist, und oͤfters wohl
3–4 Mal groͤßer werden kann, bei der naͤmlichen Groͤße
des Aërostaten, kann keine Huͤlle aus den Stoffen, aus welchen sie
bisher verfertigt worden sind, widerstehen, sondern sie muß wo nicht zerrissen, doch
auf jeden Fall so ausgedehnt werden, daß das Wasserstoffgas durchdringen kann.
Ein anderer Druk auf die Huͤlle, also auch eine Spannung derselben, entsteht
unmittelbar von dem specifischen Gewichte der inneren Gasart herruͤhrend ganz
nach den statischen Gesezen. Man hat hier gleichsam das umgekehrte hydrostatische
Problem, den Druk auf die Waͤnde zu bestimmen; denn wie jede in einem
Gefaͤße enthaltene tropfbare Fluͤssigkeit einen Druk auf die
Waͤnde aͤußert, welcher mit der Tiefe zunimmt, so aͤußert jede
expansible Fluͤssigkeit, die leichter als die atmosphaͤrische Luft
ist, in einer Huͤlle eingeschlossen, einen Druk auf diese Huͤlle,
welcher mit der Hoͤhe zunimmt.
Wenn daher das absolute Gewicht eines K. F. der atmosphaͤrischen Luft = a, das des innern Gases = b
ist; wenn ferner der senkrechte Abstand eines Punktes uͤber dem niedrigsten
Punkte des Aërostaten = H. in Fußen ausgedruͤkt, das Gewicht dieser
Saͤule atmosphaͤrischer Luft also = a H.,
das einer gleichen Saͤule des innern Gases = b H.
ist, so ist der Druk auf einen Quadratfuß in dieser Hoͤhe des
Aërostaten = (a – b) H.
Nun aber ist bei mittlerem Barometer- und Thermometerstand a = 1,4 Unzen; das Gewicht des gereinigten
Wasserstoffgases = 1/10 a = 0,14 Unzen. Daher der
genannte Druk auf die Huͤlle
oder τ' = 1,26 . H . Unzen.
Denken wir uns in dem senkrechten Abstande uͤber dem niedrigsten Punkte des
Aërostaten einen Streifen von 1 Fuß Breite, in einem horizontalen Umkreise,
dessen Durchmesser = d' ist, so ist die durch genannten
Druk erzeugte Spannung der Huͤlle, oder
S' = d'/4 τ'
oder fuͤr obige Voraussezung S' = d'/4 1,26. H. Unzen.
Ist der Aërostat ein kugelfoͤrmiger, dessen Durchmesser = d ist, so ist immer
Textabbildung Bd. 47, S. 330
Diese Function gibt ein Maximum wenn man H = 3/4 d nimmt;
daher ist S' = 0,63 . 3/4 d
. √3/16 d² = 0,63/16 d² √27.
Es sey z.B. d = 30, so ist
S' = (0,63 . 900 . 5,1)/16 Unzen = 11 Pfd.
Wir sehen, daß diese Spannung der Huͤlle im Vergleich mit der vorigen sehr
gering ist; uͤberdieß wird sie durch den Gegendruk des Nezes, und durch das
Gewicht der Huͤlle selber noch vermindert, obwohl niemals ganz aufgehoben,
indem das Maximum des Drukes nach Außen und das Maximum des Gegendrukes nicht
zusammentreffen. Dessen ungeachtet kann sie nicht ganz uͤbergangen werden,
indem auch diese im Stande ist, in gewissen Faͤllen die Huͤlle so
auszudehnen, daß sie durchdringlich wird, was besonders dann der Fall seyn kann,
wenn die Huͤlle naß ist. Ja man findet sogar Beispiele, daß die Huͤlle
durch diese Spannung allein einen Riß erhielt, was zwar nur dann moͤglich wird, wenn die
Huͤlle sehr ungleich gespannt ist. Endlich ist noch zu bemerken, daß dieser
Druk nicht nur bei Charlièren, sondern auch bei Montgolfièren Statt
findet.
Eine andere Ursache, wodurch die Huͤlle noch gespannt werden kann, ist der
Einfluß des Windes.
Wenn g die Geschwindigkeit des Windes, d. i. die Anzahl
der Fuße, welche er in einer Secunde zuruͤklegt, bezeichnet, t aber den Druk auf einen Quadratfuß Flaͤche bei
einer Geschwindigkeit von 1 Fuß in einer Secunde, so ist der Druk auf 1 Quadratfuß,
oder
τ'' = gt.
Die von diesem Druke herruͤhrende Spannung eines 1 Fuß breiten Streifens der
Huͤlle, oder
S'' = dg³t/4
Aus den Versuchen von Hutton und Andern geht hervor, daß
t = 0,009 Unzen zu sezen ist. Nehmen wir an g = 100; d = 30,
so ist S''
= (100. 30. 0,009)/4 Unzen
= 42 Pfd.
Obgleich es nun Winde geben kann, welche noch eine groͤßere Geschwindigkeit
haben, als 100 Fuß in einer Secunde, so ist doch diese Spannung der Huͤlle
ebenfalls gering im Verhaͤltniß zu der ersteren. Und es ist noch zu bemerken,
daß der Wind eigentlich seinen Einfluß nur dann aͤußert, wenn der
Aërostat festgehalten wird; in diesem Falle ist aber die Spannung der
Huͤlle der ersten Art immer = 0, und treffen es also niemals beide
zusammen.
Durch die bisherige Betrachtung scheint es mir hinreichend erwiesen zu seyn, daß bei
allen aërostatischen Auffluͤgen, wie solche bisher geschahen und noch
geschehen, die Huͤllen, wenn sie anfangs auch vollkommen luftdicht waren,
diese Eigenschaft verlieren mußten, und daß man, wenn auch alle bisher verfertigten
Aërostate in kurzer Zeit eine bedeutende Menge an Steigkraft verloren haben,
und ihre Huͤllen nach der Fahrt selbst nicht mehr luftdicht gefunden wurden,
doch keineswegs daraus schließen kann, daß diese Huͤllen gleich anfangs nicht
luftdicht, gewesen seyen.
Daß aber die oben genannten Stoffe, im Falle sie nicht gespannt werden, zumal im
trokenen Zustande vollkommen undurchdringlich seyen, habe ich aus nachstehenden
Versuchen evident bestaͤttigt gefunden.
C. Nachweisung, daß Wachstaffent, Wachsleinewand etc.,
gefirnißter Taffent etc.
vollkommen luftdicht sind, im Falle sie gegen Spannung und Naͤsse
geschuͤzt werden.
––––––––––
Dieses ist aus der Natur der Sache eigentlich so einleuchtend, daß es nach dem bisher
Gesagten keines weitern Beweises mehr beduͤrfte, und ich glaube, daß man wohl
niemals Zweifel dagegen erhoben haͤtte, wenn man nicht durch obige
Phaͤnomene irre geleitet worden waͤre; denn da ein mit Firniß oder
Wachs stark uͤberzogener Taffent, oder anderer Stoff dieser Art eine
eigentlich zusammenhaͤngende Masse aus dieser Materie bildet, so ist
natuͤrlich eine solche, so lange sie beisammen, bleibt, das heißt, nicht
durch Spannung aus einander gezogen wird, fuͤr jede Gasart vollkommen
undurchdringlich.
Diese ganz einleuchtende Behauptung habe ich mehr als zur Genuͤge, sowohl in
Beziehung auf Mannigfaltigkeit, als auch in Beziehung auf Anzahl der Versuche zu
bestaͤttigen gesucht, da ich es wirklich fuͤr eine wichtige Sache
ansehe, mit Sicherheit angeben zu koͤnnen, auf welche Art man eine allen
Forderungen entsprechende. Huͤlle fuͤr Aërostaten erhalten
kann, weil dieser Gegenstand schon so oft besprochen, selbst von nicht unbedeutenden
Maͤnnern schief beurtheilt, und bisher als Haupthinderniß gegen die
Aëronautik angesehen wurde, was meine Weitlaͤuftigkeit entschuldigen
moͤge.
Zu meinen Versuchen ließ ich mir einen Cylinder verfertigen, welchen ich oben und
unten mit beliebigen Dekeln luftdicht verschließen konnte.
Mein erster Versuch hiemit war nun folgender:
Ich nahm Wachstaffent, wie er gewoͤhnlich in Kauflaͤden zu haben ist,
und spannte ihn uͤber die untere Oeffnung des Cylinders, nachdem ich vorher
die innere Seite mit einer Oehlfarbe uͤberstrichen hatte (die Oeffnung des
Cylinders hatte 1 Fuß im Durchmesser). Nun fuͤllte ich denselben 1 Zoll hoch
mit Wasser, und ließ ihn so mehrere Tage stehen, ohne daß auch nur eine Spur vom
Durchgange des Wassers durch den Taffent bewerkt werden konnte. Nun aber
fuͤllte ich den Cylinder, der 2 Fuß hoch war, ganz mit Wasser, verschloß auch
noch die obere Oeffnung mit solchem Taffent und legte noch ein bedeutendes Gewicht
darauf, um den untern Taffent stark zu spannen. Nun geschah, was voraus zu sehen
war, der Taffent wurde ausgedehnt, er woͤlbte sich, wurde aber dadurch auch
durchdringlich, denn jezt drang das Wasser so stark durch, daß es tropfenweise
herunterfiel; dieß hoͤrte auch dann nicht mehr auf, wenn ich den Druk sehr
verminderte.
Mein zweiter Versuch war folgender:
Ich fuͤllte den Cylinder mit atmosphaͤrischer Luft, nachdem ich die
beiden Oeffnungen mit neuem Wachstaffent, ohne ihn aber vorher mit einer Oehlfarbe
bestrichen zu haben, verschlossen hatte, und comprimirte durch eine Oeffnung auf der
Seite des Cylinders das Gas so, daß der Druk auf die Waͤnde einem Zoll
Wasserstand gleich war, konnte aber innerhalb acht Tagen keine Spur von
Luftentweichung wahrnehmen.Es ist hiebei zu bemerken, daß ein solcher Taffent anfangs immer ganz loker
war, also gar nicht gespannt. Nun verstaͤrkte ich den Druk bis auf 10 Zoll Wasserstand; dadurch
wurde nun der Taffent ausgedehnt, wurde aber auch fuͤr die Luft
durchdringlich, denn in kurzer Zeit sank der Druk auf 1 Zoll herab, und auch bei
diesem geringen Druk entwich immer noch Luft.Es bedarf kaum bemerkt zu werden, daß ich die
Thermometer-Veraͤnderung genau beruͤksichtigte.
–
Aehnliche Versuche stellte ich mit mehreren Gasarten, namentlich mit Wasserstoffgas
an und erhielt immer das naͤmliche Resultat; deßgleichen mit anderen Stoffen,
naͤmlich gefirnißtem Taffent, Wachsleinewand etc. –
Mein dritter Versuch war folgender:
Nachdem ich den Cylinder mit neuem gefirnißtem Taffent verschlossen hatte, brachte
ich noch auf beiden Seiten starke Dekel aus Messingblech an, in welche feine
Loͤcher gestochen waren; so daß die Luft durch diese Dekel beliebig
durchgehen konnte, wenn der Cylinder nicht durch Taffent verschlossen war. Der Zwek
der Dekel war, die Spannung der Huͤlle zu verhindern.
Nun comprimirte ich die Luft so sehr, daß der Druk 30 Zoll Barometerstand gleich war,
konnte aber hiebei innerhalb einem Monat nicht die geringste Luftentweichung
wahrnehmen. Hierauf benezte ich die Deken mit Wasser, indem ich den Cylinder
laͤngere Zeit in ein mit Wasser gefuͤlltes Gefaͤß stellte. Nun
wurde der Druk immer geringer, bis er endlich gleich Null wurde; es war also die
Luft durchgedrungen.
Mein Hauptversuch endlich war folgender:
Ich ließ aus gefirnißtem Taffent einen Ballon von 2 Fuß im Durchmesser mit
moͤglichster Sorgfalt verfertigen, die Naͤhte fleißig mit Firniß
bestreichen etc.
Ueber diesen her machte ich einen anderen, dessen Durchmesser 1 3/4 Fuß hatte, aus
gewoͤhnlicher Leinewand. Diesen aͤußeren Ballon umgab ich nun mit
einem starken Neze, welches noch enger als der aͤußere Ballon war, und im
Durchmesser nur 1 1/2 Fuß hatte. Auf diese Art war ich also gesichert, daß, so lange
das Nez nicht reißt, der
innere Ballon nicht angespannt wird, selbst bei staͤrkstem Druk des inneren
Gases.
Ich fuͤllte nun den inneren Aërostaten mit Wasserstoffgas, und zwar so
stark, daß das innere Gas einen Druk auf die Huͤlle = 12, Zoll Barometerstand
ausuͤbte. In diesem hing ich den Ballon an einem Orte auf, an welchem er
gegen Naͤsse geschuͤzt war. Anfangs zeigte sich eine Verminderung des
Drukes, welche Verminderung jedoch immer geringer und geringer wurde und endlich
ganz aufhoͤrte, so daß innerhalb vierzehn Tagen keine weitere
Drukverminderung Statt fand.
Die anfaͤngliche Drukverminderung war mir unerwartet, ich fand aber sehr bald
die weitere Ausdehnung des Nezes als Ursache hievon.
Nun brachte ich diesen Ballon eines Abends, an welchem es sehr stark regnete, unter
freien Himmel und ließ ihn die ganze Nacht daselbst dem heftigsten Regen ausgesezt,
fand aber am anderen Tage keine Spur vom Druk auf die Huͤlle mehr.
Hiemit glaube ich nun uͤber alle Zweifel erhoben dargethan zu haben, daß die
Stoffe Wachstaffent, gefirnißter Taffent etc., wenn sie gegen Spannung und
Naͤsse geschuͤzt werden, bei jedem Druke auf die Huͤlle
vollkommen luftdicht sind. Zugleich habe ich schon vorlaͤufig durch den
lezten der angefuͤhrten Versuche angedeutet, auf welche Art die Huͤlle
eines Aërostaten gegen Spannung geschuͤzt werden kann. –
D. Construction eines Aërostaten aus einem
weichen Stoffe, welcher vollkommen luftdicht ist, und diese Eigenschaft auf viele
Jahre beibehaͤlt.
––––––––––
Man verfertigt eine aërostatische Huͤlle aus irgend einem der oben
genannten Stoffe von einem Durchmesser gleich d,
bestreicht die Naͤhte sorgfaͤltig mit Firniß und laͤßt ihn wohl
troknen.
Nun verfertigt man einen zweiten Ballon aus jedem beliebigen Stoffe, von dem
Durchmesser = d – α.
Diese zwei umgibt man mit einem Neze, dessen Durchmesser = d
– (α + β) ist. Was die Staͤrke betrifft, so ist diese bei der
inneren Huͤlle ganz willkuͤrlich, indem selbst die geringste
ausreicht; bei der zweiten aber richtet sie sich nach der Groͤße der
Oeffnungen des Nezes, und der Groͤße des vorhandenen Drukes
uͤberhaupt. Jedoch wird selbst feiner Baumwollenzeug bei großem Druke und bei
nicht kleiner Oeffnung des Nezes ausreichen, also um so mehr Leinewand etc.
Das Nez aber hat der ganzen Spannung zu widerstehen, und steht daher im directen
Verhaͤltnisse mit dieser; daß die einzelnen Seile des Nezes natuͤrlich
desto schwacher seyn duͤrfen, je mehr derselben sind, versteht sich von
selbst.
Um nun aber das Gewicht fuͤr jede erforderliche Staͤrke zu bestimmen,
so duͤrfen wir als ungefaͤhres Maß annehmen, daß ein Seil, von welchem
ein Stuͤk, dessen Laͤnge = 1 Fuß ist, ein Loth wiegt, wenigstens 300
Pfd. zu tragen vermag. Denken wir nun das Nez so geflochten, daß es lauter Quadrate
bildet, von welchem jedes einen Quadratfuß betraͤgt, so muß das Seil zu
diesem Neze eine Laͤnge = 2 d²π Fuß
haben. Ist nun das Gewicht fuͤr den Fuß Laͤnge = 1 Loth, so ist das
ganze Gewicht z.B. fuͤr den Durchmesser von 30 Fuß, oder P. = (2 . 30²π)/32 P. = 180 Pfd., und kann einer Spannung von 600 Pfd. fuͤr 1
Fuß Breite widerstehen.
Rechnen wir ferner das Gewicht der inneren Huͤlle fuͤr 1 Quadratfuß =
0,75 Unzen, das der aͤußeren = 1,25 Unzen, so koͤnnen wir das Gewicht
des ganzen Aërostaten so ansehen, als haͤtten wir ihn aus einer
einfachen Huͤlle verfertigt, dessen Gewicht fuͤr den Quadratfuß = 3
Unzen waͤre, was also immer noch sehr weit von dem Gewichte eines aus
Metallblech verfertigten Aërostaten entfernt ist.
Ein solches Nez nun hat hinreichende Staͤrke, um selbst beim heftigsten
Sturmwinde der Spannung widerstehen zu koͤnnen. Allein im Gegentheil sieht
man doch, daß wenn man dem Aërostaten auch nur eine geringe
anfaͤngliche Steigkraft gibt, ihn aber auf einmal zu einer bedeutenden
Hoͤhe aufsteigen laͤßt, die Spannung der Huͤlle, welche wegen
Ueberfuͤllung entsteht, leicht so groß werden kann, daß diese Staͤrke
des Nezes nicht ausreichen wuͤrde.
In den gewoͤhnlichen Faͤllen aber ist es nicht noͤthig eine
bedeutende Hoͤhe, noch weniger, diese auf einmal, d.h. in sehr schneller Zeit
zu erreichen; daher darf der Aëronaut nur dafuͤr sorgen, daß der
Aërostat niemals viel an Steigkraft gewinnt, oder verliert, was dadurch
bezwekt wird, daß man sich wie auf einmal zu einer bedeutenden Hoͤhe erhebt,
oder sich von solcher herab laͤßt, sondern immer wartet, bis die innere
Temperatur sich der aͤußeren mehr angenaͤhert hat.
Was die Groͤßen α und β betrifft, so macht man das Nez so viel kleiner,
als die aͤußere Huͤlle, daß es bei seiner groͤßten Ausdehnung,
die es auszuhalten vermag, erst die Groͤße dieser Huͤlle
erhaͤlt. Eben so macht man die aͤußere Huͤlle um so viel
kleiner, als die innere, daß jene bei ihrer staͤrksten Ausdehnung erst die
Groͤße der lezteren erreicht.
Bei Verfertigung eines Aërostaten hat man daher vor Allem den Druk zu
bestimmen, welcher beim Gebrauche des Aërostaten vorkommen kann, und nach
diesem hat man dann die Staͤrke des Nezes einzurichten. Auf diese Art kann also die
innere Huͤlle ganz gegen Spannung geschuͤzt werden. Auch wird es wenig
Schwierigkeit haben, dieselbe gegen Naͤsse zu bewahren. Hiezu reicht es
vielleicht schon aus, die aͤußere Huͤlle sammt Nez stark mit einer
Oehlfarbe zu bestreichen; wohl auch mag es nicht schaden die innere Huͤlle
damit zu bestreichen; dieses Mittel, besonders wenn es oͤfters wiederholt
wird, wird wohl genuͤgen.
Das Naͤhere nun vom Verfertigen braucht hier nicht angegeben zu werden, weil
es ganz nach bisheriger Art geschehen kann.
III. Wie laͤßt sich ein Aërostat in Beziehung auf seine vertikale
Bewegung leiten?
Wenn man alle, bisher theils vorgeschlagenen, theils gebrauchten Mittel fuͤr
die horizontale Bewegung durchsieht, so lassen sie noch viel zu wuͤnschen
uͤbrig; und es mag daher nicht am unrechten Orte seyn, ein hiefuͤr in
allen Faͤllen entsprechendes Mittel anzugeben. Das Princip dieses Mittels hat
eigentlich schon Prechtl angegeben, und braucht hier nur
fuͤr unsere Art Aërostaten modificirt zu werden.
Man verfertigt einen Aërostaten nach oben gegebener Vorschrift und theilt
seinen Inhalt in zwei Faͤcher, von welchen das eine mit Wasserstoffgas, das
andere mit atmosphaͤrischer Luft gefuͤllt wird. Die Scheidewand muß
jedoch so gemacht seyn, daß sich das Fach, in welchem das Wasserstoffgas sich
befindet, so ausdehnen kann, daß es den ganzen Raum des Aërostaten
einnimmt.
Angenommen wir haben einen Aërostaten, dessen Nez stark genug ist, einer
Spannung, welche durch die Ueberwindung einer Steigkraft = K + D entsteht, Widerstand leisten zu
koͤnnen.
Ist nun der Aërostat so gefuͤllt und belastet, daß ihm eine Steigkraft
= K uͤbrigbleibt, und verschließt man nun das mit
Luft gefuͤllte Fach, so wird der Aërostat nur so lange steigen, bis
die Kraft K durch Ueberfuͤllung erschoͤpft
ist; oͤffnet man dieses Fach, so wird der Aërostat immer hoͤher
und hoͤher steigen; hiebei wird die Steigkraft wachsen; es darf also dieses
Steigen niemals so schnell vor sich gehen, daß das Wachsthum der Steigkraft nicht =
D, noch viel weniger > D
wird, was natuͤrlich durch Zuschließen des genannten Faches in jedem
Zeitmomente geschehen kann.
Auf diese Art kann man nun nach und nach so hoch steigen, bis das Wasserstoffgas den
ganzen Raum des Aërostaten eingenommen hat, und daher die
atmosphaͤrische Luft gaͤnzlich herausgedruͤkt ist.
Will man sich herunter lassen, so kann dieses ganz leicht durch Einpressen von Luft
geschehen, zu welchem Zweke man eine Art Luftpumpe anbringen muß. Auf diese Art ist
man nun im Stande in jedem Momente durch Oeffnen des genannten Faches, oder durch Einpressen von Luft
in dasselbe, zu steigen, zu schweben oder zu sinken, wenn man nur die Steigkraft
nicht zu viel wachsen oder abnehmen laͤßt, naͤmlich niemals ≧
K + D und niemals
≦ 0. Auf welche Art dieses geschehen kann, sieht man aus dem Vorigen.
Es wird mir nicht schwer seyn, eine Vorrichtung zu treffen, wodurch der jedes Mal
Statt findende Druk auf die Huͤlle angezeigt wird.
Um nun aber auch in außerordentlichen Faͤllen nicht in Verlegenheit zu
gerathen, naͤmlich fuͤr solche, wenn man entweder die Steigkraft zu
stark hat anwachsen, oder sie zu sehr hat abnehmen lassen; so versieht man den
Ballon mit einem Ventil, durch welches im ersten Fall Gas ausgelassen werden kann.
Dieses Ventil muß uͤbrigens so construirt seyn, daß waͤhrend man Gas
heraus laͤßt, nicht Zugleich atmosphaͤrische Luft hinein dringen kann.
– Außerdem versieht man den Aërostaten mit Ballast, welcher, im Falle
die Steigkraft zu gering geworden ist, ausgeworfen wird.
Bei kluger Behandlung jedoch werden diese Falle nie, oder doch nur aͤußerst
selten vorkommen, und ich glaube hieruͤber nichts Naͤheres mehr sagen
zu duͤrfen, indem ich gegen dieses Mittel wenig oder gar keinen
gegruͤndeten Einwurf nur denken kann. –
IV. Wie laͤßt sich das Landen bei der Aëronautik und das Aufbewahren
der Aërostaten erleichtern?
Hieruͤber ist noch aͤußerst wenig in Vorschlag gebracht worden,
ungeachtet es Haupterfordernisse sind, landen und den Aërostaten aufbewahren
zu koͤnnen.
Wenn die Aëronautik je eine bedeutende Ausdehnung erhalten soll, so ist es
unumgaͤnglich nothwendig, daß ein Aërostat Regen und Wind ertragen
kann; denn wie waͤre es moͤglich, an jedem Orte, wo man mit einem
Aërostaten hinkommt, fuͤr ihn gleichsam eine Huͤlle, ein Obdach
zu bauen.
Wie ein Aërostat eine solche Festigkeit erhaͤlt, daß er dem heftigsten
Sturme widerstehen kann, haben wir oben gesehen, und wir haben uns nur noch um ein
Mittel umzusehen, wie wir einen solchen Aërostaten festhalten
koͤnnen.
Hiezu scheint mir folgendes das einfachste zu seyn: Man laͤßt alle Seile des
Nezes, welches die Gondel traͤgt, unter dem Ballon in einen Knopf
zusammengehen. Von diesem Knopf an gehen alle Seile vereinigt bis auf den Boden der
Gondel, daß wenn die Gondel an dem Erdboden befestigt ist, der Ballon in freier Luft
dahaͤngt, so daß er auch beim heftigsten Sturm nicht auf den Boden
hingedruͤkt wird, und also nirgends an einem festen Koͤrper
anstoͤßt.
Um die Gondel aber auf die Erde zu befestigen, so ist das einfachste Mittel das
Auflegen von Gewichten, z.B. Steine etc. Allein weil man oͤfters an Oerter
kommen kann, wo solche gerade in hinreichender Menge nicht vorhanden sind, so
muͤssen wir uns noch um ein anderes Mittel umsehen, welches in allen
Faͤllen ausreicht. Ein solches scheint mir folgendes zu seyn:
Man macht den Boden der Gondel eben; das Seil, wodurch die Gondel getragen wird, gehe
bis auf den untersten Punkt der Gondel. In dem Boden der Gondel seyen mehrere
eiserne Naͤgel so angebracht, daß sie mittelst eines großen Hammers ganz
leicht in der Gondel durch den Boden derselben in den Erdboden eingeschlagen werden
koͤnnen. Diese Naͤgel muͤssen schief gestellt seyn, nach Art
der Zaͤhne in einer Ege, nur so, daß einige ruͤkwaͤrts, andere
vorwaͤrts etc. sehen. Die Naͤgel muͤssen also sehr genau in den
Loͤchern der Gondel gehen.
Welche große Kraft erfordert wird, eine so, wenn auch nur mit wenigen und nicht
bedeutend langen Naͤgeln gleichsam auf den Boden angenagelte Gondel hinweg zu
reißen, sieht man leicht ein, wenn man bedenkt, daß z.B. eine Ege, bei welcher die
Haͤlfte der Zaͤhne vorwaͤrts, die andere Haͤlfte aber
ruͤkwaͤrts gehend, ganz in den Boden eingeschlagen waͤren, auch
10 Pferde nicht von der Stelle bewegen koͤnnten, wenn der Boden daselbst auch
nur einige Festigkeit hat, und zwar nach keiner Richtung, d.h. auch dann nicht, wenn
diese Kraft aufwaͤrts wirkte. Es wird daher unnoͤthig seyn, eine
solche Menge Naͤgel anzubringen, zumal wenn sie laͤnger sind, als die
Zaͤhne einer gewoͤhnlichen Ege, da man sie mit dem Ballon eigentlich
nur auch so lange zu befestigen braucht, bis man hinreichende Belastung
herbeigeschafft hat, und man uͤberhaupt bei einem heftigen Winde ohne solche
nicht landen kann.
Hat man die eben beschriebene Einrichtung der Gondel, so schlaͤgt man eben in
dem Momente, wo die Gondel den Erdboden beruͤhrt, so schnell als
moͤglich einen Nagel nach dem anderen in den Boden hinein, was
natuͤrlich in der Gondel selbst geschehen kann.
Um aber Zeit hiefuͤr zu gewinnen, besonders in dem Falle, wo der
Aërostat sich sehr schnell bewegt, so wird folgende Vorrichtung zwekdienlich
seyn. Von dem Knopf, in welchem das Nez, welches die Gondel traͤgt,
zusammenlaͤuft, geht ein Seil herunter von bedeutender Laͤnge; an
dessen unterem Ende ist eine Art Angel oder uͤberhaupt ein eiserner Haken so
angebracht, daß er mittelst einem an diesem angebrachten langen Stiel, an irgend
einem Gegenstande oder auf dem Erdboden selbst von der Gondel aus befestigt werden
kann, wenn der Ballon ziemlich nahe an der Erde ist. Nachdem dieß geschehen,
ergreift der Aëronaut so schnell als moͤglich den Hammer, und wenn der
Aërostat sich so
weit fortbewegt hat, daß das Seil angespannt wird, so wird hiedurch der
Aërostat herunter gezogen, und auf jeden Fall, wenn der Haken auch nur einige
Festigkeit hat, auf dem Boden fest aufsizen. In diesem Moment schlaͤgt nun
der Aëronaut den ersten Nagel und nach und nach alle uͤbrigen hinein.
Wird nun der Haken auch bald losgerissen, so wird man doch auf jeden Fall so viel
Zeit gewinnen, um hinreichend Naͤgel hineinzuschlagen, es sey denn daß ein
heftiger Sturm geht, in welchem Falle das Landen ohnehin nicht rathsam ist. –
Auf diese Art ist man nun im Stande, ohne fremde Beihuͤlfe, selbst bei
ziemlich starkem Winde zu landen, was nun um so leichter geschieht, wenn man
allenfalls Jemanden zu Huͤlfe herbeirufen kann.
V. Das lezte der oben genannten Hindernisse der Aëronautik ist die mit ihr
verbundene Gefahr.
Wie schauerlich auch eine Luftreise dem in den aëronautischen Gesezen
Unerfahrenen vorkommen mag, und so sehr dieses gewoͤhnlich von Gauklern und
anderen dergleichen Leuten, welche aërostatische Auffluͤge als
Erwerbszweig benuzen, auf alle moͤgliche Art uͤbertrieben wird, so
moͤge man doch nicht uͤbersehen, wie wenig Ungluͤk bei all den
unzaͤhligen bisher unternommenen Luftfahrten geschehen ist, ungeachtet die
meisten von Leuten unternommen worden sind, welche großen Mangel an hinreichenden
physikalischen Kenntnissen verriethen. Es mag daher selbst dem Unerfahrenen die
Behauptung nicht uͤbertrieben vorkommen, daß eine von
sachverstaͤndigen Maͤnnern mit noͤthiger Sorgfalt und
hinreichendem Fleiße ausgefuͤhrte Luftfahrt nicht gefaͤhrlicher sey,
als eine Reise zu Wasser, was einem Sachverstaͤndigen sogleich einleuchten
wird, wenn er eine naͤhere Betrachtung hieruͤber anstellt.
Zwar wird eine Luftreise mit einer Montgolfière immer dem Vorwurfe der
Gefaͤhrlichkeit ausgesezt seyn. Wenn daher schon aus einem anderen Grunde die
Montgolfièren uͤberhaupt nicht zu empfehlen, groͤßere Reisen
mit ihnen aber ganz unmoͤglich sind, naͤmlich wegen Verbrauch von so
vielem Brennmaterial, so werden sie wohl ein fuͤr alle Mal von der
Aëronautik zu entfernen seyn.
Um so weniger aber kann dieser Vorwurf die Charlières treffen, wenn sie
zwekmaͤßig eingerichtet sind, wozu mir folgende Vorrichtung als
genuͤgend erscheint.
Man macht einen nach obiger Vorschrift construirten Aërostaten, dessen Nez
einen Druk = T ohne Gefahr des Zerreißens
uͤberwinden kann. Das Ventil an dem Theile des Aërostaten, wo sich das
Wasserstoffgas befindet, construire man so, daß es sich bei einem Druke auf die
Huͤlle = T – T' oͤffnet. Ein zweites Ventil bringe man an denjenigen Theil des
Aërostaten an, in welchem die atmosphaͤrische Luft sich befindet. Dieses werde
so construirt, daß es sich bei einem Druke = T –
(T' + T'')
oͤffnet.
Hiebei hat nun der Aëronaut gar nichts zu bemerken, als daß er den durch das
Wachsen der Steigkraft erzeugten Druk niemals so groß, oder großer als T – (T' + T'') werden laͤßt. Wie er dieß verhindern kann,
haben wir oben gesehen.
So wird sich das zweite Ventil niemals oͤffnen, noch weniger aber das erste,
also niemals Gas entweichen, am wenigsten aber ein Plazen des Ballons
moͤglich seyn; denn sollte auch aus Unachtsamkeit des Aëronauten, oder
aus irgend einem anderen Grunde die Steigkraft zu groß geworden seyn, so werden sich
die Ventile selbst oͤffnen, und also niemals ein staͤrkerer Druk Statt
finden koͤnnen, als T – T'; daher das
Plazen des Ballons um so weniger moͤglich ist, je groͤßer die
Differenz zwischen T und T
– T' ist.
Man koͤnnte vielleicht das zweite fuͤr ganz entbehrlich halten, allein
seine Zwekmaͤßigkeit zeigt sich namentlich beim Herunterlassen des
Aërostaten; weil dieses naͤmlich durch Einpressen von Luft geschieht,
so koͤnnte dieses leicht zu schnell geschehen, und so ein Druk auf die
Huͤlle erzeugt werden, bei welchem sich das erste Ventil oͤffnen und
Gas entweichen wuͤrde, was aber durch das zweite Ventil verhindert wird,
indem hier der Druk niemals staͤrker werden kann, als T – (T' + T''), so daß also der Aëronaut beliebig schnell Luft einpressen
darf.
Wie nun beim sorgfaͤltigen Gebrauche eines nach dieser Vorschrift verfertigten
Aërostaten eine Gefahr moͤglich waͤre, ist mir nicht denkbar,
zumal wenn man vor jeder Abfahrt den Aërostaten, namentlich die
Staͤrke seiner Huͤlle pruͤft, was so geschehen kann: man belegt
die Ventile mit einem Gewichte und preßt so viel Luft in den Aërostaten, bis
ein Druk auf die Huͤlle im = T Statt findet, und
unternimmt natuͤrlich nur dann die Reise, wenn das Nez diesem Druk Widerstand
leisten kann.
So scheint mir selbst der Fallschirm entbehrlich, denn sollte auch sich der Fall
ereignen, daß der Aërostat ein Loch erhielte, so ist dieses entweder an dem
Theile, in welchem das Wasserstoffgas enthalten ist, oder an dem anderen. Ist es nun
am lezteren, so hat dieses weiter keinen anderen Nachtheil, als daß man das
Herunterlassen durch Einpressen von Luft nicht mehr bezweken kann, sondern das erste
Ventil oͤffnen muß, um Gas entweichen zu lassen.
Ist aber das Loch an dem anderen Theile, in welchem das Wasserstoffgas ist, so habe
ich nur dahin zu trachten, den anderen Theil des Aërostaten mit Luft zu
fuͤllen, so wird dieser immer ein guter Fallschirm seyn.
Hiemit glaube ich nun wenigstens in den Hauptzuͤgen gezeigt zu haben, wie sich
saͤmmtliche, bis jeze der Aëronautik im Wege stehende Hindernisse
beseitigen ließen, und ich uͤbergebe die hier gemachten Vorschlaͤge
der Pruͤfung der Freunde der Aëronautik mit der Bitte, auch das Ihrige
beizutragen, um durch gemeinschaftliche Bemuͤhungen und wechselseitiges
Austauschen der Ansichten das noch Mangelhafte zu ergaͤnzen, und so die
Aëronautik doch ein Mal aus den Haͤnden der Gaukler und
Seiltaͤnzer zu retten, wo sich jeder Gebildete eigentlich schaͤmen
mußte, sich mit ihr abzugeben, und daher seine Hand zuruͤkzog, woraus sich
der lange Stillstand ihres Fortschreitens erklaͤrt; sie auf einen Grad der
Vervollkommnung zu bringen, auf welchem sie einen ernsteren, fuͤr Jeden, dem
das buͤrgerliche Wohl am Herzen liegt, interessanten Charakter, eine ihres
Wesens wuͤrdige und der Menschheit nuͤzliche Anwendung erhalten wird;
denn in der That sie kann allen jenen großen Erwartungen, zu denen sie gleich in
ihrer Kindheit berechtigte, entsprechen, sobald sie wuͤrdige Verehrer
findet.
Uebrigens kann ich den Wunsch nicht verhehlen, daß sich Vereine oder Regierungen
dieser Sache annehmen moͤchten; denn die Aëronautik erfordert immerhin
Summen, die die Kraͤfte des Privatmannes zu sehr in Anspruch nehmen, weßwegen
immer nur ein sehr langsames Fortschreiten moͤglich ist.
Daß uͤbrigens die Aëronautik einer solchen Annahme wuͤrdig
waͤre, bedarf kaum erwaͤhnt zu werden, wenn man bedenkt, daß uns durch
die Aëronautik ein Allocean geoͤffnet ist, der nie zugefriert, durch
welchen wir nach allen Richtungen den Erdball umsegeln, die hoͤchsten
Bergspizen eben so leicht als die Seekuͤsten erreichen koͤnnen, und
dieses alles nicht mit des Wassers Langsamkeit, sondern mit des Windes
Schnelligkeit.
Ueberdieß wuͤrden die hiezu erforderlichen Summen wo nicht geringer, doch in
keinem Falle groͤßer werden, als jene, welche zu Seeexpeditionen
noͤthig sind.