Titel: | Untersuchung des schwefelbleihaltigen Tellurgolds von Nagiag; von Hrn. P. Berthier. |
Fundstelle: | Band 47, Jahrgang 1832, Nr. LXXXVI., S. 451 |
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LXXXVI.
Untersuchung des schwefelbleihaltigen Tellurgolds
von Nagiag; von Hrn. P.
Berthier.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. October 1832, S.
150.
Berthier, uͤber schwefelbleihaltiges Tellurgold.
Das einzige Tellurerz, welches man sich in Paris in hinreichender Menge zur Bereitung
des Tellurs verschaffen kann, gehoͤrt in die Gattung, welche in den
Sammlungen den Namen Blaͤttererz und beihaltiges Tellurgold fuͤhrt; es
ist aber nicht dasselbe, welches Klaproth analysirte,
sondern eine besondere Art.
Dieses Mineral kommt von Nagiag; es bildet krumme, sich durchkreuzende
Blaͤttchen, die in rosenrothem kohlensaurem Mangan und weißem Quarz zerstreut
sind; seine Farbe ist eisenschwarz, in bleigrau ziehend; es ist sehr
glaͤnzend. Wenn es keine Gangart enthaͤlt, betraͤgt sein spec.
Gewicht 6,84. Es enthaͤlt nach meiner Analyse:
Gold
0,067
Tellur
0,130
Blei
0,631
Antimon
0,045
Kupfer
0,010
Schwefel
0,117
–––––
1,000.
oder
Tellurgold AuTe³
0,197
Schwefelblei PbS
0,729
Schwefelantimon SbS³
0,062
Schwefelkupfer CuS
0,012
–––––
1,000.
Seine Zusammensezung entspricht also der Formel AuTe³ + PbS³ + 9 PbS.
Da diese Formel etwas verwikelt ist, so koͤnnte das Mineral wohl ein Gemenge
von Bleiglanz mit dem Tellurerz AuTe³ + SbS³ seyn.
Dieses Mineral besizt folgende Eigenschaften:
Mit Wasser verduͤnnte Salpetersaͤure greift es bei gelinder
Waͤrme langsam an, loͤst alles Blei, Tellur und Kupfer auf und
laͤßt das Gold in metallischem Zustande, mit Antimonoxyd, Schwefel und ein
wenig schwefelsaurem Blei gemengt, zuruͤk. Concentrirte und kochende
Salpetersaͤure verwandelt es in ein Gemenge von schwefelsaurem, antimonsaurem
und tellursaurem Blei, worin das Gold zerstreut bleibt und die Aufloͤsung
enthaͤlt Schwefelsaͤure, Tellursaͤure, alles Kupfer und ein
wenig Blei.
Salzsaͤure, die ein wenig verduͤnnt ist, greift es in der Kaͤlte
gar nicht an, loͤst hingegen das ihm als Gangart dienende kohlensaure Mangan
leicht auf. Durch diese Saͤure kann man es leicht reinigen; man
zerstoͤßt es naͤmlich groͤblich, und digerirt es unter
oͤfterem Umschuͤtteln in der Kaͤlte mit Salzsaͤure, bis
kein Aufbrausen mehr Statt findet, worauf man es mit vielem Wasser aussuͤßt.
Waͤre das Tellurerz mit Quarz gemengt, so muͤßte man nach der
Behandlung mit Salzsaͤure die reinen Theile bei bewaffnetem Auge mittelst
einer Pincette herausnehmen, den Rest aber pulvern und im Handtrog
schlaͤmmen.
Das fein gepulverte Mineral wird durch concentrirte Salzsaͤure, wenn man es
lange genug damit kocht, vollstaͤndig zersezt; aller Schwefel entwikelt sich
als Schwefelwasserstoffgas, das Blei, Antimon und Kupfer loͤsen sich
vollstaͤndig auf und der Ruͤkstand ist reines Tellurgold. Wenn man
diesen Ruͤkstand so wie auch die salzsaure Aufloͤsung analysirt, so
kann man leicht alle Bestandtheile, bis auf den Schwefel, dessen Gewicht die
Differenz anzeigt oder den man durch einen besonderen Versuch ausmitteln muß,
bestimmen. Um den Ruͤkstand zu analysiren, braucht man ihn nur zu wiegen und
mit reiner Salpetersaͤure zu kochen; das Tellur loͤst sich ganz auf
und wenn man das ruͤckstaͤndige Gold wiegt, so erfaͤhrt man das
Verhaͤltniß dieser beiden Substanzen. Die salzsaure Aufloͤsung bringt
man in die Enge, sammelt das sich absezende Chlorblei, dampft die Mutterlauge fast
bis zur Trokniß ab, nimmt den Ruͤkstand in einer großen Menge Wasser wieder
auf, welches das Chlorblei und Chlorkupfer aufloͤst und das Antimon fast ganz
niederschlaͤgt; endlich beendigt man die Analyse der Fluͤssigkeit nach
den gewoͤhnlichen Verfahrungsarten.
Schmilzt man das Mineral von Nagiag mit Bleiglaͤtte und treibt dann den
Bleikuchen auf der Kapelle ab, so kann man das Gold ganz ausziehen; damit aber das
Blei bei dem Abtreiben keine Schlaken bildet, muß man wenigstens 20 Theile
Glaͤtte auf 1 Theil Mineral anwenden. Ich stellte die drei folgenden Proben
an:
Mineral
10 Gramme.
10
10
Bleiglatte
40 –
80
200.
Bei dem ersten Verhaͤltniß erhielt man 17 Gramme Blei, das außerordentlich
sproͤde, auf dem Bruch koͤrnig und grau war und eine schoͤn
schwarze und undurchsichtige glasige Schlake. Der Bleikuchen hinterließ bei dem
Abtreiben nur 0,044 Gold; die Kapelle war aber ganz mit Schlaken uͤberzogen,
worin man eine Menge sehr kleiner Goldkoͤrner entdekte. Als man die schwarze
Schlake mit schwarzem Fluß reducirte, erhielt man einen Bleikoͤnig, der sich
sehr leicht abtreiben
ließ und nur eine Spur Gold zuruͤkließ; dieses Blei konnte aber nicht rein
seyn, denn die Kapelle war gegen ihren Rand mit Schlaken umzogen.
Bei dem zweiten Verhaͤltniß erhielt man auch 17 Gr. Blei und eine schwarze
Schlake. Als man dieses Blei aber mit Salpetersaͤure behandelte, ergab es
sich, daß es viel Antimon und Tellur enthielt. Bei der Reduction mit schwarzem Fluß
lieferten die Schlaken ein sehr blaͤtteriges Blei, das viel Tellur, aber
nicht die geringste Spur Antimon enthielt; mit Salpetersaͤure behandelt,
hinterließ es eine unwaͤgbare Menge Gold.
Bei dem dritten Verhaͤltniß erhielt man 21 Gr. Blei und eine glasige
hyacinthrothe Schlake. Das Blei verhielt sich bei dem Abtreiben wie reines Blei und
hinterließ 0,67 Gold. Bei einer anderen aͤhnlichen Probe behandelte man das
Blei mit Salpetersaͤure und fand darin eine geringe Menge Tellur, aber weder
Kupfer noch Antimon.
Um das Mineral von Nagiag auf Gold zu probiren, kann man es geradezu mit Blei
abtreiben; die Operation wird wie eine Bleiglanzprobe angestellt, erfordert aber
mehr Aufmerksamkeit. Streng genommen, kann man nur zwei Theile Blei anwenden, dann
findet aber oft ein Sprizen in den ersten Augenbliken der Oxydation Statt, die
Kapelle bekommt an dem Rand Risse und man erleidet oft einen betraͤchtlichen
Verlust an Gold. Um ein sicheres Resultat zu erhalten, muß man dem Mineral
wenigstens sein achtfaches Gewicht Blei zusezen.
Bekanntlich kann man im Allgemeinen aus den schwefelhaltigen Erzen nicht alles Gold
durch den schwarzen Fluß ausziehen, weil die waͤhrend der Operation sich
bildenden Schwefelmetalle selbst bei Gegenwart von Blei oft eine
betraͤchtliche Menge Schwefelgold zuruͤkhalten. Das Erz von Nagiag
zeigt gegen den schwarzen Fluß folgendes Verhalten:
Mit 2 Theilen schwarzem Fluß geschmolzen, gab es einen sehr dehnbaren Bleikuchen, der
0,455 wog, und eine dunkelchocolatbraune Schlake. Das Blei verhielt sich beim
Abtreiben wie reines Blei und hinterließ 0,042 Gold. Die Schlake wurde in Wasser
aufgeweicht. Die wenig gefaͤrbte Fluͤssigkeit enthielt aber
Schwefeltellur und wahrscheinlich auch Schwefelantimon. Der unaufloͤsliche
Theil wurde mit 2 Theilen schwarzem Fluß geschmolzen und lieferte einen
krystallinischen und sproͤden Bleiknopf, welcher 0,09 wog, und eine grauliche
Schlake. Der Bleiknopf gab beim Abtreiben 0,010 Gold und hinterließ auf dem Rand der
Kapelle einen braunen schlakenartigen Kranz. Die Probe gab also im Ganzen nur 0,052
Gold, waͤhrend das Erz 0,067 enthaͤlt. Die grauliche Schlake enthielt viel
Tellur im Zustande von Tellurkalium. Als man drei Theile schwarzen Fluß an Statt
zwei anwandte, blieben sich die Resultate so ziemlich gleich, der Bleikuchen wog
aber 0,52.
Wenn man metallisches Eisen zusezt, bleibt weniger Gold in den Schlaken
zuruͤk; dieses Metall wird aber dadurch doch nicht ganz ausgeschieden. 2 Gr.
des Minerals und 2 Gr. Eisenfeile wurden gut gemengt, in einen Tiegel gebracht und
mit einer Schichte schwarzem Fluß bedekt, dann allmaͤhlich bis zum
Weißgluͤhen erhizt. Die Masse schmolz ohne alles Aufblaͤhen und man
erhielt 5,6 Blei und eine krystallinische, dunkel schwaͤrzlichgruͤne
und metallischglaͤnzende Schlake. Das Blei lieferte beim Abtreiben 0,50 Gr.
Gold, die Kapelle war aber mit braͤunlichen Schlaken uͤberzogen,
welche kleine Koͤrner feines Metall enthielten. Als die Schlake des
Bleikuchens mit 100 Gr. Glaͤtte geschmolzen wurde, gab sie einen Kuchen der
blaͤtterig und sproͤde wie Antimon war, und beim Abtreiben 0,06 Gr.
Gold, also ungefaͤhr den zehnten Theil von dem im Mineral enthaltenen,
zuruͤkließ.
Salpeter, in Ueberschuß angewendet, oxydirt alle Bestandtheile des Minerals von
Nagiag, bis auf das Gold, welches in einer spießglanzhaltigen Bleischlake in
Koͤrnern zerstreut bleibt; leztere ist selbst wieder mit einer salzigen
Schlake uͤberzogen, worin alles Tellur als tellursaures Alkali enthalten ist.
Ein Theil Salpeter reicht hin, um Einen Theil des Erzes vollstaͤndig zu
oxydiren. Wendet man nur sehr wenig Salpeter an, so wird bloß der Schwefel
verbrannt, der sich bei geeignetem Verhaͤltnisse ganz in
Schwefelsaͤure verwandelt, und der Metallkuchen ist ein basisches
Tellurmetall. Man erhaͤlt ein aͤhnliches Resultat mit 4 Theilen
Salpeter auf 10 Theile Erz, und in diesem Falle wiegt der Metallkuchen
ungefaͤhr 8 Theile. Schmilzt man das Erz mit Salpeter in
Verhaͤltnissen, die zwischen den angegebenen liegen, so oxydiren sich Blei,
Tellur und Antimon nach Verhaͤltniß des angewandten Oxydationsmittels und die
Metallkuchen sind um so goldreicher, je mehr Salpeter man genommen hat. In allen
Faͤllen verbindet sich das Telluroxyd allein mit Kali und das Blei-
und Antimonoxyd bilden mit einander eine besondere Schlake. Wenn man also durch
Versuche das geeignete Verhaͤltniß von Salpeter ausmittelt, so kann man fast
alles Tellur mit Kali verbinden und das Gold mit einer sehr geringen Menge Blei,
Antimon und Tellur legirt erhalten; dieß ist somit ein sehr einfaches und
oͤkonomisches Verfahren, um aus dem Erz von Nagiag seine beiden werthvollsten
Substanzen, das Gold und Tellur zu gewinnen. Die Operation wird folgender Maßen
ausgefuͤhrt:
Man vermengt 10 Theile gepulvertes Mineral mit 8 bis 9 Theilen Salpeter, je nachdem derselbe
mehr oder weniger gut ausgetroknet ist, und mit 20 Theilen-gegluͤhtem
kohlensaurem Natron oder Kali. Das Gemenge wird in einem irdenen Tiegel
allmaͤhlich bis zum Schmelzen erhizt; die geschmolzene Masse gießt man in
einen eisernen Loͤffel aus und pulverisirt sie, worauf man in denselben noch
heißen Tiegel wieder 10 andere Theile von mit 8 bis 9 Theilen Salpeter gemengtem
Mineral bringt, an Statt aber sie mit 20 Theilen kohlensaurem Alkali zu versezen,
welches nur dazu dient, die zu lebhafte Wirkung des Salpeters zu maͤßigen,
wendet man die Masse von der vorigen Operation an: man schmilzt, gießt aus und
beginnt wieder eine dritte Schmelzung mit 10 Theilen Mineral u.s.w. Am Ende dieser
dritten Operation verstaͤrkt man das Feuer, um alle Substanzen in
vollkommenen Fluß zu bringen und laͤßt das Ganze in dem Tiegel erkalten. Wenn
man lezteren zerbricht, findet man auf dem Boden einen wohl zugerundeten,
graulichweißen, sproͤden und krystallinischen Metallkuchen, der bei 10
Theilen Mineral ungefaͤhr 1,5 Theile wiegt. Man trennt davon alle Schlaken,
zerstoͤßt sie, digerirt sie mit einer großen Menge Wasser und filtrirt. Der
Ruͤkstand besteht aus antimonhaltigem Bleioxyd und ist ganz werthlos, wenn
die Operation gut geleitet wurde; will man aber die Spuren von Gold, welche er noch
enthalten kann, dessen ungeachtet ausscheiden, so schmilzt man ihn mit seinem
doppelten Gewichte schwarzem Fluß und treibt das erhaltene Blei auf der Kapelle ab.
Man hat nun noch aus dem Metallkuchen das Gold abzuscheiden und aus der alkalischen
Aufloͤsung das Tellur zu faͤllen.
Man zerstoͤßt den Kuchen und behandelt ihn mit reiner Salpetersaͤure,
welche das Blei und die geringe Menge Tellur, die er noch enthalten kann,
aufloͤst; das Unaufgeloͤste suͤßt man gut aus, damit keine
salpetersauren Salze darin zuruͤkbleiben, und kocht es dann mit reiner und
concentrirter Salzsaͤure, welche das Gold als ein braunes Pulver
zuruͤklaͤßt und das Antimonoxyd, womit es vermengt war,
aufloͤst. Das Gold wird dann mit angesaͤuertem Wasser
ausgesuͤßt und getroknet.
Die sehr verduͤnnte alkalische Aufloͤsung uͤbersaͤttigt
man mit Schwefelsaͤure oder Salzsaͤure, filtrirt sie, um etwas
gallertartige Kieselerde abzusondern und stellt dann blanke Eisenstangen hinein,
welche daraus in sehr kurzer Zeit, besonders wenn man die Fluͤssigkeit
erwaͤrmt, alles Tellur als schwarzes Pulver niederschlagen; dieses Pulver
wird sorgfaͤltig ausgesuͤßt, getroknet, und wenn man das Tellur als
Kuchen haben will, in einer ausgezogenen Glasroͤhre oder einer kleinen
Retorte zusammengeschmolzen. Diese Substanz enthaͤlt nicht die geringste Spur
Eisen, wenn die Eisenstangen, wodurch sie gefaͤllt wurde, sorgfaͤltig
von Oxyd gereinigt und die Fluͤssigkeiten in saurem Zustand erhalten wurden. Durch
Schwefelwasserstoff uͤberzeugt man sich ob kein Tellur mehr in der
Aufloͤsung zuruͤkgeblieben ist.
Man kann also durch concentrirte Salzsaͤure das Mineral von Nagiag in
Tellurgold Au Te³ verwandeln, welches besteht aus:
Gold
0,339
Tellur
0,661
–––––
1,000
Vermittelst Salpeter kann man daraus den Schwefel austreiben oder das Gold und Tellur
ausziehen. Diese Behandlungsweise ist so einfach und oͤkonomisch, daß sie
wahrscheinlich im Großen angewandt werden koͤnnte.
Ist das Tellur rein, so loͤst es sich auf troknem Wege in seinem drei-
oder vierfachen Gewicht schwarzem Fluß gaͤnzlich auf, indem sich Tellurkalium
bildet. Enthaͤlt es Antimon, so scheidet sich dieses Metall ab und bildet
einen Koͤnig, den man auf dem Boden des Tiegels findet; man kann also auf
diese Art die beiden Substanzen von einander trennen. Um das Tellur aus der
alkalischen Schlake auszuziehen, zerreibt man sie, laͤßt sie in einem
verschlossenen Gefaͤße in kochendem Wasser aufweichen, sich absezen und gießt
schnell die Aufloͤsung auf ein Filter. Diese Aufloͤsung ist
dunkelbraun, fast schwarz; in Beruͤhrung mit der Luft entfaͤrbt sie
sich aber sehr schnell und sezt alles Tellur, welches sie enthielt, nach und nach
als ein schwarzes Pulver ab. Da man es nicht vermeiden kann, daß sich etwas Tellur
waͤhrend des Filtrirens niederschlaͤgt, so muß man den
Ruͤkstand neuerdings mit schwarzem Fluß schmelzen oder mit
Salpetersaͤure behandeln.