Titel: Ueber die Tünchen, durch welche die Feuchtigkeit abgehalten wird, im Allgemeinen, und über ein neues Kalfaterungsmittel.
Fundstelle: Band 48, Jahrgang 1833, Nr. XXII., S. 146
Download: XML
XXII. Ueber die Tuͤnchen, durch welche die Feuchtigkeit abgehalten wird, im Allgemeinen, und uͤber ein neues Kalfaterungsmittel. Aus dem Journal des connaissances usuelles. N. 85. S. 186. Ueber die Tuͤnchen, durch welche die Feuchtigkeit abgehalten wird. Die Marine forderte bisher noch immer vergebens von unseren Gelehrten, Chemikern und Fabrikanten eine die Einwirkungen der Nasse und Feuchtigkeit abhaltende Tuͤnche, welche sich statt des Theers anwenden ließe, den man ungeachtet der vielen Unannehmlichkeiten, die er mit sich bringt, dennoch wegen seiner Wohlfeilheit fortwaͤhrend anzuwenden gezwungen ist. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die mit Theer uͤberzogenen Taue, Strikwerke und Segel den fuͤnften Theil und selbst mehr an ihrer Staͤrke verlieren, und in kurzer Zeit zu Grunde gehen, theils weil sie der Theer, indem er in die Fasern der Strike und Segel eindringt, durch sein Erstarren bei einer niedrigen Temperatur bruͤchig macht, theils weil in demselben oft eine betraͤchtliche Menge sehr concentrirter Essigsaͤure enthalten ist, welche eine zerstoͤrende Wirkung auf die Fasern ausuͤbt. Außerdem nimmt der Theer wegen seiner schwarzen Farbe die Sonnenstrahlen auf, wird dadurch fluͤssig, und beschmuzt dann nicht nur Alles, womit er in Beruͤhrung kommt, sondern verbreitet auch einen unangenehmen Geruch, der sogar einigen Waaren nachtheilig wird. Dessen ungeachtet ist und bleibt jedoch ein schuͤzender Ueberzug oder eine solche Tuͤnche unumgaͤnglich nothwendig; denn ohne einen solchen gehen die Segel, wenn sie gespannt sind, nicht nur sehr schnell zu Grunde, sondern sie sieben den Regen auch gleichsam durch, indem deren erweichte Maschen nicht im Stande sind das Regenwasser zuruͤkzuhalten. Eben so geht das Tauwerk, wenn es abwechselnd naß und troken wird, schnell in Faͤulniß uͤber; es verliert bald seine Zaͤhigkeit, und zwar hauptsaͤchlich in Folgt der starken Drehung, welche die Fasern durch das eindringende und gefrierende Wasser erleiden. Die Schiffleute auf unseren Fluͤssen haben einen solchen Widerwillen gegen den Theer, daß sie sich desselben durchaus nicht bedienen wollen, und lieber einen großen Verlust an verschiedenen Dingen, die sie dadurch gegen die Einwirkungen der Feuchtigkeit schuͤzen koͤnnten, erleiden. Wir glauben, daß man allen den angefuͤhrten Nachtheilen auf eint leichte und wohlfeile Weise durch die Anwendung von Ueberzuͤgen oder Tuͤnchen abhelfen koͤnnte, welche sowohl Holz, als Strike, Leder u. dgl. wasserdicht machen, und welche allen erforderlichen Bedingungen zu entsprechen scheinen. Diese Tuͤnchen kann man nun nach folgenden Vorschriften zusammensezen, wobei nur zu bemerken ist, daß die Bestandtheile, aus denen man sie bereitet, um so reiner seyn muͤssen, je groͤßer der Werth der zu schuͤzenden Gegenstaͤnde ist. 1. Ueberzug oder Tuͤnche fuͤr gearbeitetes oder rohes Leder. Man kaufe sich sogenanntes weißes Harz,Dieses Harz ist der Ruͤkstand der Destillation des Terpenthines, nachdem man das Terpenthinoͤhl daraus erhalten; es ist eine Art von Colophonium, welches man in Frankreich auch Arcanson oder brai-sec nennt.A. d. O. welches in großen Stuͤken im Handel vorkommt, und welches nicht mehr als 15 bis 20 Centimen per Pfund kostet. Dieses Harz zerschlage man, um es dann auf Brettern oder auf einem luftigen Boden auszubreiten, damit die darin enthaltene Feuchtigkeit entweichen koͤnne. Wenn nun dieses Harz oͤfter umgekehrt, und dadurch zu dem fraglichen Zweke tauglich geworden, so bringe man 10 Pfund davon in einen gußeisernen Kessel, in welchem man sie bei gelindem Feuer schmelzen laͤßt. Dabei wird sich die Nasse aufblaͤhen und das Wasser, welches noch in ihr enthalten war, entweichen lassen; man seze dieses Aussieden daher auch so lange fort, bis die Substanz ihr Volumen nicht mehr vergroͤßert und durchsichtig wird. Ist dieß der Fall, so seze man nach und nach und unter Umruͤhren 18 Pfund 6 Unzen aͤchtes, unverfaͤlschtes Olivenoͤhl zu (das Alter und der Geschmak des Oehles sind ziemlich gleichguͤltig). Dieses Gemenge wird nach und nach durchsichtig werden, und in der Waͤrme eine syrupartige, in der Kaͤlte hingegen eine zaͤhe, klebrige, jedoch etwas duͤnnere Consistenz, als der Terpenthin annehmen, mit dem es dem Ansehen nach einige Aehnlichkeit hat. Ist dieß der Fall, so nehme man den Kessel vom Feuer und filtrire das Ganze noch heiß durch ein Haarsieb, womit die Tuͤnche fertig ist. Will man nun das Leder mit diesem Ueberzug wasserdicht machen, so muß man es, wenn es alt ist, reinigen, waschen, buͤrsten, und dann vollkommen troknen. Dann trage man mit einer langen und weichen Buͤrste so gleichmaͤßig als moͤglich eine ziemlich dike Schichte der Tuͤnche so auf, daß das Leder uͤberall davon bedekt ist. Ist dieß geschehen, so reibe man dasselbe, wobei der Ueberzug im Verhaͤltnisse seiner Klebrigkeit Luft aufnimmt und undurchsichtig wird, waͤhrend das aus diese Weise uͤberfirnißte Stuͤk Leder so aussieht, als waͤre es mit einer gelben Farbe angestrichen worden. Hierauf bringe man das Leder in die Sonne oder an irgend einen maͤßig erwaͤrmten Ort, wo die Einsaugung der Tuͤnche so gut erfolgen wird, daß das Leder den Tag darauf glatt und troken, und wie groß auch seine Haͤrte, seine Dike und sein Alter gewesen seyn mag, vollkommen weich und geschmeidig geworden seyn wird. Man wiederholt diese Operation zwei bis drei Mal; wenn das Leder hinreichend mit Tuͤnche gesaͤttigt ist, so nimmt es nichts mehr davon auf, was man an den gelblichen Zonen von Tuͤnche, die auf der Oberflaͤche zuruͤkbleiben, erkennt. Das auf diese Weise behandelte Leder ist derselben Politur faͤhig, die es fruͤher haͤtte; es nimmt leicht jede Wichse an, hat keinen uͤblen Geruch, und wird von Ratten und Maͤusen nicht angegangen. 2. Ueberzug oder Tuͤnche zum Kalfatern des Strikwerkes. Man nehme 10 Pfund seines Wassers beraubten Harzes, schmelze dieses, und seze dann nach und nach 15 Pfund Fischthran oder Repsoͤhl zu; ist die Mischung vollkommen erfolgt, so seihe man das Gemenge durch einen groben Zeug. Die Anwendung dieser Tuͤnche erfordert einige Vorsichtsmaßregeln, und diese sind: daß man das Strikwerk und die Segel vorher troknet, und sie dann sehr heiß, jedoch nicht siedend, mit der Tuͤnche uͤberzieht. Ist dieß geschehen, so wird die uͤberschuͤssige Tuͤnche abgekrazt, und das Tau- oder Segelwerk der Sonne ausgesezt. Scheinen die Substanzen nicht gehoͤrig impraͤgnirt, so wiederholt man das Verfahren noch ein Mal. Sezt man die auf diese Weise behandelten Zeuge laͤngere Zeit uͤber der Einwirkung der trokenen Luft aus, so erhalten dieselben einen Grad von Trokenheit, den sie nie erlangen wuͤrden, wenn man sie unmittelbar nach dem Kalfatern der Einwirkung des Wassers aussezen wuͤrde. Gewoͤhnlich reicht ein einen Monat lang fortgeseztes Troknen hin. Diese Tuͤnche oder dieser Ueberzug dringt so in die Gewebe ein, daß auf dem Oberflaͤche kaum eine Spur davon zuruͤkbleibt, und daß ein sorgfaͤltig damit gesaͤttigtes Stuͤk Strik oder Zeug durch Eintauchen in Wasser beinahe gar nicht schwerer wird. Die troknenden Oehle, wie das Lein-, Reps- und Bucheicheloͤhl koͤnnen diese Tuͤnche keineswegs ersezen, da die Zeuge durch diese viel schwaͤcher werden. 3. Tuͤnche oder Ueberzug fuͤr Holz. Man schmelze 10 Pfund wasserfreies Harz und 13 1/2 Pfund Fischthran auf die angegebene Weise mit Vorsicht zusammen, und trage das Gemenge siedend auf vollkommen getroknetes Holz auf. Das weiche Holz saugt diese Tuͤnche sehr gierig ein. Wenn die Bretter, die man damit uͤberziehen will, gehoͤrig damit gesaͤttigt sind, so streut man eine Hand voll Aezkalk darauf, den man einen Augenblik mit sehr wenigem Wasser abloͤscht. Nach einigen Tagen reibt man nun das Holz stark mit einem Strohriegel ab, und verstopft auf diese Weise saͤmmtliche Poren des Holzes, welches dadurch gleichsam mit einer Farbtuͤnche uͤberzogen wird, Den lezten Schichten der Tuͤnche darf man nur sehr geringe Dike geben, damit der Ueberzug nicht zu dik werde, und sich an der Sonne nicht aufwerfe. 4. Ueberzug fuͤr Gyps. Die bisher gebraͤuchlichen Ueberzuͤge fuͤr den Gyps kommen, man mag sie sich selbst bereiten oder sie bereits fertig kaufen, in vielen Faͤllen zu theuer; man kann sie durch folgende wohlfeilere Tuͤnchen ersezen. Man schmelze 10 Pfund weißes wasserfreies Harz und 10 Pfund Repsoͤhl zusammen, und trage das daraus entstehende Gemenge siedend mittelst eines Pinsels aus Werg auf die stark erwaͤrmte und vollkommen trokne Mauer auf. Ist dieß geschehen, so trage man dann eine zweite Tuͤnche auf, welche man aus 10 Pfund mit Bleiglaͤtte gekochtem Leinoͤhle, 10 Pfund gereinigtem weißen Harze und 6 Pfund sein gepuͤlvertem Bougival-Bleiweiß bereitete. Diese lezte Schichte muß sehr duͤnn und heiß aufgetragen werden; nach einiger Zeit reibt man die Mauer mit groben Paktuͤchern ab, und laͤßt sie dann troknen. Die nach diesem Verfahren behandelten Mauern koͤnnen sowohl bemahlt, als tapezirt werden. Vergleicht man die Tuͤnchen, deren Vorschriften wir hier gegeben haben, mit den gewoͤhnlich gebraͤuchlichen, so wird man deren Preise sehr niedrig finden. Die Tuͤnche N. 1 laͤßt sich naͤmlich zu 15, N. 2 zu 8, und N. 3 zu 4 Sous per Pfund liefern; und wendet man von lezterem nur 2 Pfund auf die Toise an, so wuͤrde dieß nur 13 Sous per Toise und selbst weniger kosten, wenn man schlechtes Oehl anwenden wuͤrde.