Titel: Hrn. Carême's Recepte zur Bereitung der Gallerte-Suppen und Gallerte-Ragouts für Arme. Mitgetheilt von Hrn. d'Arcet.
Fundstelle: Band 48, Jahrgang 1833, Nr. LXXIII., S. 361
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LXXIII. Hrn. Carême's Recepte zur Bereitung der Gallerte-Suppen und Gallerte-Ragouts fuͤr Arme. Mitgetheilt von Hrn. d'Arcet.Wir geben hier diese Recepte, um unsere Leser so vollstaͤndig als moͤglich mit saͤmmtlichen, auf die Gallerte-Suppen-Bereitung des Hrn. d'Arcet Bezug habenden Documenten bekannt zu machen. Wenn sie daraus auch, so wenig als wir, die Ueberzeugung gewinnen werden, daß die Gallerte die beste Suppe gibt, so werden sie doch ersehen, auf welche Weise man eine an und fuͤr sich schlechte Suppe schmakhaft machen kann, und wie viel sogenanntes Gruͤnzeug in die Suppe kommen muß: ein Gegenstand, mit dem man in manchen Gegenden Deutschlands gar nicht vertraut zu seyn scheint. A. d. Ueb. Aus dem Recueil industriel. Maͤrz 1833, S. 181. Carême's Bereitung der Gallerte-Suppen. Die Recepte, die wir hier mittheilen wollen, verdanken ihren Ursprung dem in der Kochkunst so bekannten Hrn. Carême; sie sollten einen Theil einer vollkommenen Abhandlung uͤber die Kuͤche der Armen bilden, mit deren Bekanntmachung sich derselbe beschaͤftigte, als ihn leider der Tod uͤberraschte.Hr. Carême war Kuͤchenmeister der ersten Haͤuser Europa's, und erwarb sich in der Kochkunst den hoͤchsten Ruf. Er besaß so aufgeklaͤrte Ansichten uͤber seine Kunst und hatte eine so große Geistesgewandtheit, daß man, wenn man mit ihm sprach, sogleich einsah, wie er zu so hohem Range unter seinen Collegen gelangen konnte. Es wird dem Publikum vielleicht nicht unangenehm seyn zu hoͤren, wie ich mit diesem Manne, der von seiner Kunst mit eben so viel Enthusiasmus, als von seiner Person mir Bescheidenheit sprach, bekannt wurde.Hr. Carême hatte zufaͤllig eine der Abhandlungen gelesen, welche ich uͤber die Anwendung der Knochen-Gallerte geschrieben hatte, uͤberrascht von der Wichtigkeit dieses Gegenstandes, studirte er denselben mit Sorgfalt; er suchte mich auf, gab sich mir zu erkennen und sagte mir seine Huͤlfe zu, deren Wichtigkeit ich bei seinen Talenten und seinem Namen zu schaͤzen wußte. Er sagte mir, daß er, wenn er sich mit der Kuͤche der Armen beschaͤftige, zwar Gefahr laufe, seinen Ruf bei den Großen und Reichen zu verlieren, daß er es aber fuͤr seine Pflicht Halle, von seiner Seite den Armen dieses Opfer zu bringen.Hr. Jourdan erlaubte daher Hrn. Carême die Anwendung der Knochen-Gallerte in der Kuͤche des Hôpital Saint-Louis zu studiren; er arbeitete daselbst mit großem Eifer, that Alles selbst, und fand sich durch die Aufgabe, die er in der Kuͤche des Spitals loͤste, eben so geehrt, wie durch die glaͤnzende Rolle, die er bei der Direction der schwelgerischen Kuͤche eines Prinzen-Regenten von England, eines Kaisers von Rußland, eines Murat, eines Rothschild etc. spielte. – Ich hoffe, daß diese Notiz uͤber einen Mann, der sich so weise uͤber die gewoͤhnlichen Vorurtheile seines Standes erhob, der mich bei meinen Arbeiten uͤber die Benuzung der Knochen-Gallerte so kraͤftig unterstuͤzte, und der mich bestaͤndig ermunterte, die mir entgegengestellten Schwierigkeiten zu uͤberwinden, Jedermann angenehm seyn wird. Anm. des Hrn. d'Arcet. Wir fuͤhlen uns, um den philanthropischen Absichten des seligen Verfassers so gut als moͤglich zu entsprechen, zu dieser Mittheilung gezwungen, und kommen diesem Drange um so lieber nach, als sich saͤmmtliche der hier folgenden Recepte im Hôpital Saint-Louis durch lange Proben bewaͤhrt fanden. Kohl-Suppe à la jardinière (Potage de choux à la jardinière). Zwei Liter Gallerte-Aufloͤsung; ein Liter Flußwasser; ein Kohlkopf; zwei große Gelberuͤben; zwei Stekruͤben; zwei Zwiebeln; vier Porri; eine Sellerie; zwei Unzen Fett; eine Unze Kochsalz. Zubereitung. Man schneide die Gelbenruͤben und die Stekruͤben, die Sellerie, den Porri und die Zwiebeln grobwuͤrfelig, und lasse das Ganze mit den zwei Unzen Fett in einer auf ein maͤßiges Feuer gestellten Casserole unter oͤfterem Umruͤhren mit einem hoͤlzernen Kochloͤffel braunen. Wenn die Zwiebelstuͤke gefaͤrbt zu werden anfangen, seze man dann einen Liter kochendes Flußwasser, 4 Quentchen Kochsalz und einen Buͤschel Gruͤnzeug von Sellerie und Porri zu, worauf man die Casserole zudekt und beilaͤufig eine Stunde lang duͤnsten laͤßt. Hierauf fuͤge man den zerschnittenen Kohl, zwei Liter Gallerte-Aufloͤsung und 4 Quentchen Kochsalz bei, deke die Suppe wieder zu, lasse sie noch zwei kleine Stunden duͤnsten, nehme dann den Gruͤnzeug-Buͤschel heraus, und servire die Suppe mit Brod gemengt. Wurzel-Suppe (Potage de racines). 2 Liter Gallerte-Aufloͤsung; 1/2 Liter Flußwasser; 2 Unzen Fett; 1 Unze Kochsalz; 4 große Erdaͤpfel; 2 Gelberuͤben; 2 Stekruͤben; 2 Zwiebeln; 8 Porri und 1 Stuͤk Sellerie. Zubereitung. Die Wurzeln werden grobwuͤrfelig geschnitten in eine Casserole gegeben, in der sich die zwei Unzen Fett befinden, und in der man sie uͤber einem leichten Feuer und unter sorgfaͤltigem Umruͤhren leicht braͤunen laͤßt. Sobald die Zwiebelstuͤke schoͤn goldgelb geworden, gieße man die 2 Liter Gallerte-Aufloͤsung und den halben Liter Flußwasser daran, und werfe eine Unze Kochsalz hinein. Dann lasse man die Suppe zwei Stunden duͤnsten und servire sie mit Brod vermischt. Erdaͤpfelbrei-Suppe (Potage à la purée de pommes de terre). 2 Liter Gallerte-Aufloͤsung; 1/2 Liter Flußwasser; 2 Unzen Fett; 1 Unze Kochsalz; 2 große Erdaͤpfel; ein Stuͤk Sellerie; 4 Porri und eine kleine Handvoll Kerbelkraut. Zubereitung. Man koche die zerschnittene Sellerie und den Porri mit 4 Quentchen Kochsalz in einem Liter Gallerte. Wenn diese Wurzeln eine halbe Stunde lang gekocht, so zerkleinere man die Erdaͤpfel und bringe sie in eine Casserole, in der sich ein Liter Gallerte, 2 Unzen Fett und 4 Quentchen Kochsalz befinden, und die man uͤber einem raschen Feuer zum Sieden bringt. Wenn das Sieden 3/4 Stunden lang leicht und regelmaͤßig angehalten, so zerreibe man die Erdapfel mit einem hoͤlzernen Loͤffel, und seze nach und nach den halben Liter Flußwasser und die Sellerie-Bereitung zu, so daß die Suppe einen sehr duͤnnen Brei bildet. Diesen lasse man unter Zusaz des klein gehauenen Kerbelkrautes noch 5 Minuten lang aufsieden, um die Suppe dann mit Brod zu serviren. Ragout von Rindfleisch mit Kohl (Ragout de boeuf aux choux). 1/2 Pfund Ochsenbrust, so mager als moͤglich; 1 1/2 Liter Gallerte-Aufloͤsung; 1 Liter Flußwasser; 1 Unze Kochsalz; 2 Unzen Abschoͤpf-Fett; 1 Kohlkopf; 4 Gelbenruͤben; 4 Erdaͤpfel; 2 große Zwiebeln; ein Buͤschel Sellerie und Porri mit etwas Lorbeer und Thymian; 2 Prisen Pfeffer. Zubereitung. Man bringe die Ochsenbrust in 8 Stuͤke geschnitten in einen Topf, in welchem bereits die 1 1/2 Liter Gallerte und das Flußwasser enthalten sind, und den man bei einem maͤßigen Feuer und unter gehoͤrigem Abschaͤumen zum Sieden bringt. Hierauf seze man eine Unze Kochsalz, die 4 Gelbenruͤben und die Erdaͤpfel grobwuͤrfelig geschnitten zu, und dann auch den Gruͤnzeug-Buͤschel. Man bringe nun den Topf auf ein maͤßiges Feuer, damit das Kochen langsam und regelmaͤßig von Statten gehe. Nach einiger Zeit seze man die zerschnittenen und in den zwei Unzen Fett leicht gebraͤunten Zwiebeln zu, und eben so auch den klein geschnittenen Kohl und die zwei Prisen Pfeffer. Den zugedekten Topf lasse man hierauf noch zwei Stunden duͤnsten, worauf man den Gruͤnzeug-Buͤschel herausnimmt und das Ragout servirt. Ragout von Kalbfleisch mit Erdaͤpfeln (Ragout de veaux aux pommes de terre). 1 Pfund Kalbsbrust; 1 Liter Gallerte-Aufloͤsung; 1 Liter Flußwasser; 4 große Zwiebeln; 2 Unzen Fett; 12 Quentchen Kochsalz; ein Buͤschel Petersilie, mit einem halben Lorbeerblatte und etwas Thymian; 2 Prisen Pfeffer und 24 Erdaͤpfel von mittlerer Groͤße. Zubereitung. Man braͤune die zerkleinerten Zwiebeln leicht in den 2 Unzen Fett, und vermenge sie dann mit der in 8 Theile zerschnittenen Kalbsbrust, womit man sie 10 Minuten lang duͤnstet; dann seze man 1 Liter Flußwasser und den Gruͤnzeug-Buͤschel zu; deke die Casserole zu, und lasse zwei kleine Stunden lang duͤnsten. Hierauf seze man 24 Erdaͤpfel von mittlerer Groͤße, 1 Liter Gallerte-Aufloͤsung und 2 Prisen Pfeffer zu, und bringe die Casserole auf ein starkes Feuer, um sie schnell zum Kochen zu bringen. 3/4 Stunden, nachdem die Erdaͤpfel ausgekocht sind, nehme man den Gruͤnzeug-Buͤschel heraus, und servire das Ragout. Ragout von Hammelfleisch mit Erdaͤpfeln (Ragout de mouton aux pommes de terre). 1 Pfund Kalbsbrust; 1 1/2 Liter Gallerte-Aufloͤsung; 1 Liter Flußwasser; 12 Quentchen Kochsalz; 2 Unzen Fett; 4 große Zwiebeln; ein Buͤschel Petersilie mit etwas Thymian und Lorbeer; 24 Erdaͤpfel von gewoͤhnlicher Groͤße; 2 Prisen Pfeffer. Zubereitung. Man bringe die in 8 gleiche Theile zerschnittene Hammelbrust mit den zwei Unzen Fett in eine Casserole, die man auf ein maͤßiges Feuer sezt, und in der man das Hammelfleisch mit einem hoͤlzernen Loͤffel umruͤhrt, damit Alles nach und nach und gleichmaͤßig geroͤstet werde. Wenn das Fleisch gebraͤunt worden, fuͤge man 1 Liter Flußwasser, 6 Quentchen Salz, den Gruͤnzeug-Buͤschel, 4 zerkleinerte Zwiebeln und 2 Prisen Pfeffer bei, und deke die Casserole zu, um sie zum Sieden zu bringen und dann langsam 3 1/2 Stunden lang duͤnsten zu lassen. Nach dieser Zeit bringe man die 24 Erdaͤpfel, 1 1/2 Liter Gallert-Aufloͤsung und 6 Quentchen Kochsalz hinein, und seze das Ragout zugedekt auf ein rasches Feuer. So wie es auf diesem zum Sieden kommt, bedeke man das Feuer mit Asche, damit das Ragout nur noch 3/4 Stunden lang duͤnste, worauf man das Gruͤnzeug herausnimmt und das Ragout servirt. Das Gelingen dieser Vorschriften beruht hauptsaͤchlich darauf, daß man die einzelnen Ingredienzien genau in der angegebenen Menge nimmt, und daß man mit dem Braͤunen der Wurzeln sehr sorgfaͤltig verfaͤhrt.