Titel: Ueber die Anwendung der Dampfwagen zum Transporte von Waaren und von Reisenden auf gewöhnlichen Landstraßen.
Fundstelle: Band 49, Jahrgang 1833, Nr. XLVI., S. 244
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XLVI. Ueber die Anwendung der Dampfwagen zum Transporte von Waaren und von Reisenden auf gewoͤhnlichen Landstraßen.De l'emploi des machines à vapeur locomotives pour le transport des marchandises et des voyageurs sur les routes ordinaires. Journal du commerce, Feuilleton, du 25 Juin 1833. Ueber Dampfwagen zum Transporte von Waaren und Reisenden. Unter dieser Aufschrift enthaͤlt eine der lezten Nummern des Journal du commerce einen Aufsaz, welcher in dem gegenwaͤrtigen Augenblike, da die moͤglichste Erleichterung der inneren Verbindungen die allgemeine Aufmerksamkeit auch in Deutschland in Anspruch zu nehmen beginnt, und da uns von Dampfkutschen auf gewoͤhnlichen Straßen neuerlichst wieder so wunderbare Kunden zukommen, fuͤr die Leser des polytechnischen Journals nicht ohne Interesse seyn kann, und von welchem ich daher eine woͤrtliche Uebersezung, mit eigenen Anmerkungen begleitet, liefern zu duͤrfen glaube. –––––––––– „„Die Idee von leichten und eleganten Dampfkutschen, in welchen Reisende schnell und wohlfeil auf allen unsern Straßen gefuͤhrt weiden koͤnnen, hat fuͤr das Publikum sehr viel Anziehendes. Den Actionnaͤren großer Eisenbahn-Unternehmungen und den Ingenieuren, welche sich mit dem Baue dieser Bahnen beschaͤftigen, will jedoch diese Neuerung nicht gefallen, weil sie davon eine fuͤr sie gefaͤhrliche Rivalitaͤt mit den Eisenbahnen zu befuͤrchten scheinen. Wir wollen sehen, in wie weit die Erwartungen von einer, und die Besorgnisse von der anderen Seite gegruͤndet sind. Ein Artikel, welcher unlaͤngst in den Annales des ponts et chaussées erschienen ist, gibt uns zur Beantwortung dieser Frage einige Belege. Hier die vorzuͤglichsten in diesem Artikel gelieferten Thatsachen: „„Die Dampfwagen, welche man gegenwaͤrtig in England auf gewoͤhnlichen Landstraßen einzufuͤhren sucht, ersteigen mit ihrer gewoͤhnlichen Ladung die steilsten Anhoͤhen, ohne daß es ihnen an dem hiezu noͤthigen festen Anhalt oder Eingreifen der Raͤder in den Boden fehlt. Sie werden nur dann in ihrem Fortschreiten gehemmt, wenn sie uͤber Anhoͤhen, welche neu beschuͤttet oder bekieset sind, sich hinauf arbeiten sollen, wo wegen Mangel fester Stuͤzpunkte an den losen Steinen die Raͤder schleifend sich umdrehen, ohne vorwaͤrts zu kommen.Dieß geschieht auch bei den festesten Straßen, wenn ihre Geleise durch anhaltenden Regen erweicht, schlammig und schluͤpfrig geworden sind. Diese Maschinen bewegen sich mit einer anhaltenden Geschwindigkeit von 3 bis 4 Lieues (3 1/4 bis 4 1/2 bayerische Stundenlaͤngen) in einer Stunde (wahrscheinlich mit ihrer vollen Ladung) und haben auch schon eine Schnelligkeit von 12 bis 13 Lieues (13 bis 15 Stundenlangen) in derselben Zeit erreicht (wahrscheinlich ohne alle Ladung.)Diese ungeheueren Leistungen sind zwar von einigen englischen Mechanikern angegeben worden, aber durch kein guͤltiges Zeugniß beglaubigt. Uebrigens wuͤrde aber ein so fuͤrchterliches Rennen mit so schweren Massen, bei dem geringsten Versehen in ihrer Lenkung, welche von einem Augenblike zum andern veraͤndert werden muß, diese Maschinen und Wagen der groͤßten Gefahr aussezen, anzuprellen, umgeworfen, oder in einen Seitengraben geschleudert, und mit allem, was sich darauf befindet, in tausend Stuͤke zerschmettert zu werden. Vieh und Menschen, Fahrende, Reitende und Fußgaͤnger, welche einem solchen, mit Sturmes Geschwindigkeit daher rollenden Fuhrwerke nicht allenthalben schnell genug ausweichen koͤnnten, waͤren keinen Augenblik ihres Lebens sicher. An der Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester sind den ganzen Tag hindurch besondere Waͤchter von tausend zu tausend Schritten aufgestellt, welche dafuͤr sorgen muͤssen, daß die Bahn uͤberall frei ist; und kein Wagenzug faͤhrt von einer Station oder von einer Stelle, wo er angehalten hat, ab, ehe hiezu das Signal von den Waͤchtern gegeben wird. Wenn nun solche Vorsichtsmaßregeln auf einer Eisenbahn noͤthig sind, wo die Wagen von ihren Geleisen nicht abweichen koͤnnen, und wo folglich außer denselben Jedermann vollkommen sicher ist, wie waͤre es moͤglich, die schrecklichsten Ungluͤksfaͤlle auf einer gewoͤhnlichen offenen Landstraße zu verhuͤten, wo die Richtung eines mit Pfeiles Schnelligkeit fortschießenden Dampfwagens keinen Augenblik sicher und bestimmt seyn kann? Eine solche Maschine wiegt beilaͤufig 3 Tonnen (20 Ctr.) und zieht ungefaͤhr ein gleich großes Gewicht (mit welcher Geschwindigkeit, wird nicht angegeben). „„Diese Dampfwagen sind so gebaut, daß ihr Gang keinen besondern Laͤrmen macht, wodurch die ihnen auf derselben Straße begegnenden Pferde scheu werden koͤnnten. Die Zerstoͤrung der Straßenbedekung, welche bei den gewoͤhnlichen Postwagen groͤßten Theils durch die Einwirkung der Hufe der Pferde verursacht wird, und mit ihrer Geschwindigkeit zunimmt, waͤhrend die Einwirkung der Raͤder davon unabhaͤngig ist, wird bei den Dampfwagen, die mit großer Schnelligkeit sich bewegen, weniger merklich, als bei den von Pferden gezogenen Eilwagen. Die Gefahr, welche fuͤr die Reisenden vom Bersten einiger Maschinenteile entstehen koͤnnte, ist keiner Erwaͤhnung werth.Bei den nach der neuesten Art gebauten Roͤhrenkesseln ist zwar, wenn die Spannkraft des Dampfes nicht uͤber 3 bis 3 1/2 Atmosphaͤren gesteigert, und das Sicherheitsventil nicht uͤber 50 Pfd. auf den Quadratzoll beschwert wird, wie dieses bei allen Dampfwagen auf den englischen Eisenbahnen gesezmaͤßig eingefuͤhrt ist, von der Explosion eines einzelnen engen Rohres kein anderes Ungluͤk zu befuͤrchten, als daß die Maschine ploͤzlich zu arbeiten aufhoͤrt, und der Wagen still steht. Bei den Dampfwagen auf gewoͤhnlichen Straßen, welche eine ungleich staͤrkere Kraft erfordern, und wo daher, nach Hrn. Ogle's und einiger anderen Mechaniker eigener Aussage, die Sicherheitsventile mit 250 bis 300 Pst. beschwert werden, was einem Druke von 17 bis 20 Atmosphaͤren entspricht, duͤrfte aber doch die Gefahrlosigkeit bezweifelt werden. „„Was die Oekonomie des Transportes betrifft, glaubt der erste Erfinder dieser Dampfkutschen, Hr. Gurney selbst, daß fuͤr eine kleinere Geschwindigkeit als 1 1/4 Lieues in einer Stunde die Anwendung der Pferdekraft wohlfeiler als jene des Dampfes sey.In Laͤndern und Gegenden, wo das Brennmaterial nicht so wohlfeil als in England, die Unterhaltung von Pferden hingegen wohlfeiler ist, wird dieses wohl auch bei viel groͤßeren Geschwindigkeiten noch der Fall seyn. Uebrigens ist Hr. Gurney keineswegs der Erste, sondern seit 40 Jahren wenigstens der zehnte oder zwoͤlfte Mechaniker, welcher mit Versuchen von Dampfkutschen aus gewoͤhnlichen Straßen sich beschaͤftiget hat; und obwohl er darauf mehr Muͤhe und Geld als alle seine verungluͤkten Vorfahren verwendet zu haben scheint, so ist er doch mit der Loͤsung dieser Aufgabe, im praktischen und oͤkonomischen Sinne, noch nicht um Vieles weiter gekommen. Man sehe hieruͤber die Zeitschrift: das Ausland von 1828, No. 40, 41, 43 und 44. „„Diese Resultate waren zum Theil von Jedem leicht vorauszusehen, der weiß, welche ungeheuere Lasten von Dampfwagen, deren Gewicht nur 6 bis 7 Tonnen betraͤgt, auf Eisenbahnen fortgeschafft werden koͤnnen, auf welchen die Adhaͤsion der Nader weit geringer ist, als auf einer gewoͤhnlichen Straße. Aber, wie der Redacteur der Annales des ponts et chaussées sehr richtig bemerkt, wenn diese neuen Dampfkutschen auch auf gut unterhaltenen Landstraßen mit Leichtigkeit sich bewegen, so koͤnnen sie doch uͤber gefrorene oder mit Glatteis bedekte Anhoͤhen, oder auf neu beschotterten oder schlecht unterhaltenen und ausgefahrenen Straßen nicht fortkommen. „„Einige Berechnungen werden beweisen, daß, wenn wir auch die Moͤglichkeit dieser Anwendung von Dampfkraft auf unsern gewoͤhnlichen Landstraßen zugeben, die oͤkonomischen Vortheile dieser Anwendung noch immer sehr problematisch bleiben. „„Wenn eine solche Dampfkutsche 3 Tonnen wiegt, und eine Gesammtlast von 3 Tonnen nachzuziehen vermag, so muͤssen von diesen leztern wenigstens 8 Zehntheile fuͤr das Gewicht der Fuhrwerke in Abzug gebracht werden. Wir haben daher fuͤr das Bruttogewicht, welches die Maschine in Bewegung sezt, 6 Tonnen, und von diesen 6 Tonnen oder 120 Centnern nur 2 und 2/10 Tonnen, oder 44 Ctr. nuͤzliche Last oder reine Ladung. „„Man hat berechnet, daß auf einer Eisenbahn, unter den guͤnstigsten Umstaͤnden, bei der besten Construction der fortschaffenden Maschinen und Wagen, in einer Gegend, wo die Steinkohlen wohlfeil sind, und wo die Ruͤkfracht gesichert ist, der Transport einer Tonne, Bruttogewicht, auf jede franzoͤsische Meile (Lieue) 6 Centimen kostet. Da nun auf einer im besten Stande erhaltenen gewoͤhnlichen Straße der Widerstand der Reibung wenigstens 10 Mal groͤßer als auf einer Eisenbahn ist,Auf einer guten Eisenbahn ist dieses Verhaͤltniß noch um Vieles groͤßer. Auf meiner im koͤniglichen Garten zu Nymphenburg vor 7 Jahren erbauten Probebahn zog ein Pferd von mittlerer Staͤrke mit der groͤßten Leichtigkeit eine auf 5 aneinander gehaͤngten Wagen vertheilte reine Ladung von mehr als 200 Ctrn., mit den Wagen eine Gesammtlast von 266 Ctrn.; was die Leistung auf den gewoͤhnlichen Landstraßen im Durchschnitt 17 bis 18 Mal uͤbertrifft. Durch eine seither von mir erfundene weitere Verbesserung kann aber diese Wirkung noch verdoppelt werden, so daß eine Pferdeskraft eine Ladung von 400 Ctrn. fortzuschaffen vermag. so muͤssen die Kosten des Transportes mit den Maschinen des Hrn. Gurney, unter denselben Umstaͤnden, wenigstens 10 Mal so viel, also 60 Centimen fuͤr eine Tonne und eine Meile oder Lieue betragen. Dieß macht fuͤr 6 Tonnen Brutto 3 Fr. und 60 Cent., und fuͤr eine Tonne Waaren 3 Fr. 60 Cent. dividirt durch 2 3/10, d.i. 1 Fr. und 65 Cent. „„Diese lezte Zahl, das Resultat einer fuͤr die Gurney'schen Maschinen sehr guͤnstigen Voraussezung, welche nur an wenigen Orten realisirt werden duͤrfte, muß hinreichen, um die Besorgnisse der Unternehmer und Eigenthuͤmer von mit Pferden gezogenen Fuhrwerken auf gewoͤhnlichen Landstraßen zu heben. In der That findet man, daß mit der gewoͤhnlichen Geschwindigkeit unserer schnelleren Frachtwagen (roulage accélèré), welche Geschwindigkeit in den meisten Faͤllen hinreicht, die Transportkosten einer Tonne auf die Entfernung einer Lieue 1 Fr. und 50 Cent, auf unseren gewoͤhnlichen Landstraßen, auf einer Eisenbahn hingegen nur 10 bis 15 Centimen betragen.Diese Dampfwagen auf gewoͤhnlichen Landstraßen koͤnnen also in Frankreich, wo diese Straßen bekanntlich fast uͤberall im schlechtesten Zustande sich befinden, nicht einmal mit den gewoͤhnlichen Frachtwagen im Transporte von Waaren die Concurrenz halten; und da ihre Verwendung als Eilwagen zum schnellsten Transport von Reisenden mit so vielen Unbequemlichkeiten, Gefahren und außerordentlichen Kosten verknuͤpft ist, so scheint die voͤllige Unbrauchbarkeit dieses Landstraßen-Dampffuhrwesens im Ganzen ziemlich erwiesen, und es ist klar, daß dasselbe auch in der leztern Beziehung die Eisenbahnen nicht entbehrlich machen oder ersezen kann. Dieser lezte Unterschied ist groß genug, um anzunehmen, daß selbst in Frankreich, wo die chaussirten Straßen ein sehr großes Privilegium vor den Eisenbahnen haben, weil die Kosten ihrer Anlage und Unterhaltung von der Regierung bestritten werden, der Ueberschuß der Kosten, welchen die Eisenbahnen erfordern, in den meisten Faͤllen reichlich verguͤtet werden duͤrfte. „„Nun koͤnnte man zwar der Maschine von Gurney, wenn man ihre Geschwindigkeit vermindern wollte, eine groͤßere Ladung geben, wenigstens bis auf einen gewissen Grad, uͤber welchen hinaus die Raͤder beim Aufwaͤrtsfahren nicht mehr in den Grund eingreifen wuͤrden; und es unterliegt keinem Zweifel, daß hiedurch das Verhaͤltniß der unnuͤzen Last zur nuzbaren (oder das Brutto- zum Nettogewicht) und folglich auch die Kosten des Transportes vermindert wuͤrden. Allein dieselbe Verminderung findet in einem noch hoͤheren und schneller steigenden Verhaͤltnisse bei der Anwendung von Pferden Statt, welche desto groͤßere Lasten fortzuziehen vermoͤgen, je langsamer sie sich bewegen duͤrfen; weßwegen Hr. Gurney selbst bei einer Geschwindigkeit unter 1 1/4 Lieue (1/5 bayerische Stundenlaͤnge) der thierischen Kraft den Vorzug einraͤumt. „„Von den Canaͤlen, welche nur fuͤr den langsamsten Transport sich eignen, wobei sie allein die Bedingung der groͤßten Oekonomie erfuͤllen koͤnnen, ist hier nicht die Rede. „„Wenn wir gegenwaͤrtig nur mit dem Transport von Reisenden uns beschaͤftigen, so finden wir, daß auf allen Straßenzuͤgen, wo ein sehr lebhafter Verkehr dieser Art Statt findet, der oͤkonomische Vortheil, bei gleichen Geschwindigkeiten, immer auf der Seite der Eisenbahnen ist.Da aber den Dampfwagen auf gewoͤhnlichen Straßen ohne die groͤßte Gefahr kaum eine halb so große Geschwindigkeit gegeben werden kann, als diejenige ist, mit welcher sich die fortschaffenden Maschinen auf Eisenbahnen mit Sicherheit bewegen, und da es erwiesen ist, daß bei diesen Maschinen der Aufwand von Brennmaterial, von der Schnelligkeit der Bewegung ganz unabhaͤngig, nur im Verhaͤltniß des durchlaufenen Raumes steht, gleichviel ob dieser Raum z.B. in einer Stunde oder in vier Stunden zuruͤkgelegt wird, fuͤr einen schnelleren Transport aber immer hoͤhere Frachtpreise als fuͤr einen langsamen bezahlt werden, so ist die Anwendung dieser Maschinen auf Eisenbahnen offenbar in einem doppelten Verhaͤltniß vortheilhafter, als auf gewoͤhnlichen Straßen. Die Anwendung der Gurney'schen Dampfwagen wird daher nur auf solche Streiken von gewoͤhnlichen Landstraßen sich beschranken, auf welchen die Frequenz von Reisenden nicht stark genug ist, um die Baukosten einer Eisenbahn zu deken. Wenn man indessen die Anzahl der Reisenden mit der verbesserten, erleichterten und beschleunigten Art von Transport multiplicirt, so wird das Product, statt die Anlage einer Eisenbahn unraͤthlich zu machen, in vielen Faͤllen fuͤr dieselbe guͤnstig sich zeigen, oder wenigstens die Moͤglichkeit ihrer Ausfuͤhrung darthun. „„Eine Eisenbahn ist nichts anderes, als eine moͤglichst vervollkommnete Straße, deren Oberflaͤche so glatt und hart ist, daß der Zug auf derselben um 9/10 Theile leichter als auf den besten gewoͤhnlichen Straßen ist. Was immer fuͤr Verbesserungen uͤbrigens an den fortschaffenden Maschinen vorgenommen werden koͤnnen, so wird hiedurch an dem Widerstande nichts veraͤndert, und der verbesserte Motor kann eben so gut auf einer Eisenbahn, wie auf einer gewoͤhnlichen Straße angewendet werden, mit dem Unterschiede, daß die hiedurch erhaltene nuzbare Wirkung immer 10 Mal groͤßer auf jener als auf dieser seyn wird. „„Endlich bleibt noch ein lezter (und zwar der staͤrkste) Einwurf gegen die Anwendung der Dampfwagen auf gewoͤhnlichen Straßen. Man weiß, daß die Unterhaltung dieser Maschinen bei einer schnellen Bewegung auf den Eisenbahnen ungeheuere Kosten verursacht.Die Abnuͤzung und Zerstoͤrung aller Theile dieser Locomotivmaschinen, welche durch die außerordentliche Schnelligkeit ihrer Bewegung verursacht wird, ist so groß, daß nach den amtlichen, von den Directoren der Liverpool- und Manchester-Eisenbahn-Gesellschaft abgelegten und oͤffentlich bekannt gemachten, halbjaͤhrigen Rechnungen, die Unterhaltung und Reparaturen dieser Maschinen allein uͤber 25,000 Pfd. Sterl. (300,000 fl.) jaͤhrlich kosten. Da nun 24 solche Maschinen dort gehalten werden, deren jede im Durchschnitte des ersten Anschaffungspreises 600 Pfd. Sterl. kostet, so uͤbersteigen die Kosten der Unterhaltung jene der Anschaffung in dem unerhoͤrten, wirklich monstroͤsen Verhaͤltnisse von 25 zu 14; das heißt: die Unterhaltungskosten betragen 178 Procent von dem zur ersten Anlage verwendeten Capital! – Die Dauer einer solchen Maschine erstrekt sich kaum auf 8 Monate, und der ganze Vorrath derselben muß in zwei Jahren wenigstens drei Mal erneuert werden! – Wenn nun aͤhnliche Maschinen auf unseren groͤßten Theils schlecht unterhaltenen, holperigen, ausgefahrenen oder neu beschotterten Landstraßen mit derselben Geschwindigkeit Tag fuͤr Tag fortgejagt werden sollten, so darf man wohl mit aller Wahrscheinlichkeit annehmen, daß im Durchschnitt keine derselben langer als 3 Monate aushalten, manche vielleicht schon in der ersten Woche in Truͤmmer gehen, und daß die Kosten ihrer Reparaturen und Unterhaltung wenigstens 400 Procent von dem auf ihre Anschaffung verwendeten Capital betragen wuͤrden.A. d. Ueb. Auf gewoͤhnlichen Straßen, auf welchen, selbst in ihrem besten Zustande, die Erschuͤtterungen ungleich haͤufiger und starker sind, muͤssen diese Kosten alle Berechnung uͤbersteigen. Eine von Hrn. Gurney selbst gebaute Maschine ist auf einer neu belichten englischen Chaussee zerbrochen.““ –––––––––– Es ist fuͤr mich sehr erfreulich, daß mein schon vor vielen Jahren oͤffentlich ausgesprochenes Urtheil uͤber die praktisch-oͤkonomische Unausfuͤhrbarkeit der Dampffahrt auf gewoͤhnlichen Landstraßen im Großen nunmehr auch von einem franzoͤsischen Sachverstaͤndigen bestaͤtiget wird, dessen Ansichten uͤber diesen Gegenstand mit den meinigen so gut uͤbereinstimmen, daß einzelne Stellen des vorliegenden, aus dem sehr gediegenen Journal des ponts et chaussées entnommen, Aufsazes fast einer woͤrtlichen Abschrift meiner im ersten Maihefte des polytechnischen Journals vom gegenwaͤrtigen Jahre enthaltenen nachtraͤglichen Bemerkungen uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand und die kuͤnftigen Aussichten der Dampfwagen, insbesondere auf gewoͤhnlichen Straßen, gleichen. Wir koͤnnen uns nunmehr der Hoffnung uͤberlassen, daß diese neue, oder vielmehr alte, seit einigen Jahren wieder mit erneuerter Hize aufgeregte, Manier auch in England bald ihr Ende erreichen werde, wenn nur erst noch eine halbe Million Pfund Sterling auf fruchtlose Versuche verschwendet seyn wird, einige Unternehmer und Aktiengesellschaften sich daruͤber zu Grunde gerichtet, und einige Liebhaber der Landstraßen-Dampffahrt ihre Haͤlse werden gebrochen haben. Auf alle Faͤlle sind wir wenigstens in unserem nuͤchternen Deutschland gegen eine Anstekung dieses Schwindels gesichert, wo es schwerlich Jemanden in den Sinn kommen wird, Reisende und Waaren mit ungeheueren Kosten, Unbequemlichkeiten und Gefahren auf schlechten Landstraßen transportiren zu wollen, um die Anlage von Eisenbahnen zu ersparen, auf welchen derselbe Transport 10 Mal wohlfeiler, und dabei um Vieles schneller, sicherer und bequemer bewirkt werden kann.Die neuesten im ersten Juliushefte des polytechn. Journales unter den Miszellen S. 69 und 70 gegebenen Nachrichten von den lezten Probefahrten mit dem Dampfwagen des Hrn. Hancock in London, und einem anderen von Hrn. Dietz in Bruͤssel dienen, beim Lichte besehen, nur zur Bestaͤtigung meines hier ausgesprochenen Urtheils. Der Erste gesteht selbst, „daß die Steuerung seines Wagens große Aufmerksamkeit und Festigkeit erfordert, und daß man sich ohne Gefahr des Halsbrechens nur einem vollkommen abgerichteten Wagenlenker anvertrauen kann. Die Knochen und das Leben der in einem solchen Wagen Reisenden sind also im eigentlichsten Sinne in den Haͤnden des Wagenlenkers, und bei dem geringsten Versehen dieses Menschen, wenn er bei einer im vollen Laufe des Wagens ploͤzlich noͤthigen Wendung nur um eine Viertelstunde zu spaͤt kommt, kann das Fuhrwerk umgeworfen, in einen Seitengraben geschleudert und mit allein, was sich darauf befindet, zerschmettert seyn! – Das mehr als 460 Centner schwere und 14 Fuß hohe Ungeheuer einer Dampfdiligence des Hrn. Dietz zu Bruͤssel hat auf einer gut gepflasterten Straße nur eine kurze Streke zuruͤkgelegt, als schon sein Raͤderwerk zerbrach. Wie weit wird nun ein solcher Coloß auf einer gewoͤhnlichen holperigen, ausgefahrenen oder neu bekiesten Landstraße fortkommen? –A. d. Ueb. Muͤnchen, den 22. Julius 1833. Joseph Ritter v. Baader.