Titel: | Notiz über einige Erscheinungen, welche beim Graben eines artesischen Brunnens zu Gajarine in Italien beobachtet wurden. |
Fundstelle: | Band 49, Jahrgang 1833, Nr. LXXXXLXXXIX., S. 431 |
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LXXXXLXXXIX.
Notiz uͤber einige Erscheinungen, welche
beim Graben eines artesischen Brunnens zu Gajarine in Italien beobachtet
wurden.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. Junius 1835, S. 474.
Erscheinungen beim Graben eines artesischen Brunnens.
Hr. Graf di Porcia gibt
in einem Schreiben vom 28. Mai, welches er an Hrn. Vicomte Héricart de Thury richtete, folgende sehr
interessante Notiz uͤber mehrere Erscheinungen, die er beobachtete,
waͤhrend er zu Gajarine in Italien einen artesischen Brunnen bohren ließ.
„Das sonderbare Phaͤnomen, welches ich beim Bohren meines Brunnens
beobachtete, hat einige Aehnlichkeit mit dem Feuer oder
Wasserstoffgas-Brunnen an den Salinen von Ou-Tou-Kio bei
Kinting in China. Es besteht naͤmlich in einer Entwikelung von
geschwefeltem und
vielleicht auch gekohlstofftem Wasserstoffgase, welches vom Grunde eines
artesischen Brunnens aus emporsteigt, den ich zu Gajarine bei Treviso bohren
ließ. Da mir die fortwaͤhrende Erneuerung dieses Phaͤnomenes die
Aufmerksamkeit der Gelehrten zu verdienen scheint, so will ich das Wesentliche
davon mittheilen.“
„Ich begann die Bohrung des Brunnens in der Mitte Septembers 1832, war
aber drei Mal gezwungen, meine Arbeiten zu unterbrechen, und sie mit
Veraͤnderung der Bohrstelle sogar drei Mal von Neuem zu beginnen. Auch
war ich hierbei genoͤthigt, die Instrumente, die ich mir nach den besten,
in franzoͤsischen, englischen und deutschen Werken befindlichen
Abbildungen hatte verfertigen lassen, verschieden abzuaͤndern. Und um
endlich meine Verlegenheit voll zu machen, brachen die gußeisernen
Roͤhren, die ich mir aus Deutschland hatte kommen lassen, als ich sie in
die Bohrloͤcher einsenken wollte. Alle diese Schwierigkeiten waren jedoch
nicht im Stande, mich zu entmuthigen; ich sezte meine Arbeiten ununterbrochen
fort, denn ich wollte Wasser haben.“
„Am 28 Mai l. J. ersezte ich die gußeisernen Roͤhren durch
Roͤhren aus Schmiedeisen von 1 Met. 27 Centim. Laͤnge und 16
Centim. Durchmesser, welche mit solcher Genauigkeit in einander paßten, daß sie
selbst durch die staͤrksten Schlage des Rammblokes, der zum Einsezen
derselben verwendet wurde, ihre senkrechte Richtung nicht verloren. Das
Einsenken dieser Roͤhren war sehr schwierig, indem wir durch ein Lager
grober Geschiebe sezen mußten.“
„Mittelst dieser neuen Roͤhren und mittelst neuer Instrumente, die
ich hatte verfertigen lassen, gelang es mir endlich nach Beseitigung der
Dammerde folgende Schichten zu durchdringen:
ein Lager groben Kies von
1 Met.
58 C.
ein Lager Thon von
5 –
06 –
mehrere abwechselnde Lager Sand und
Kies
13 –
50 –
–––––––––––
20 Met.
14 C.
In dieser Tiefe kam ich auf ein Lager
sehr harter und sehr compacter Geschiebe, welche durch ein
Bindemittel mit einander verbunden waren und so großen Widerstand
gegen die Instrumente leisteten, daß ich nur mit
groͤßter Schwierigkeit hindurch gelangen konnte. Nach
drei Tagen ununterbrochener Arbeit kam ich endlich durch dieses
Lager, welches
0 –
31
–
Dike hatte, und worauf der Bohrer in
eine Schichte thonigen Sandes von
1
–
82 –
Transport
22 Met.
27. C
Transport
22 Met.
27 C.
eindrang. Da die neuen Roͤhren,
die ich nun erhielt, einen groͤßeren Durchmesser als meine
Instrumente hatten, so konnte ich dieselben nicht einsenken;
ich war daher gezwungen, ohne Roͤhren weiter zu bohren,
wobei ich jedoch die Absicht hatte, die Roͤhren
spaͤter einzusenken. Der thonige Sand war uͤbrigens
fuͤr seine Hoͤhe ziemlich compact. Unter diesem
Sande bohrte ich noch durch eine Schichte Thon, welche mit
verschiedenen Schichten sandigen Thones durchzogen war, und eine
Dike von
5 –
73
–
hatte.
–––––––––––
Am 23. Mai war ich bis in eine Tiefe
von
28 Met.
– C.
gelangt.“
„An diesem Tage nun hoͤrte ich beim Herausnehmen des Bohrers, als
sich das Instrument noch in einer Tiefe von beilaͤufig 23 Met., und
folglich uͤber der zulezt erwaͤhnten großen Thonmasse befand, ein
außerordentliches und sehr heftiges Geraͤusch in den Roͤhren, und
in eben demselben Augenblike sah ich auch einen Strom fluͤssigen Kothes
mit Ungestuͤm uͤber die Oberflaͤche der Erde empordringen.
Dieser Strom hielt einige Minuten an, worauf dann Alles wieder in Ruhe kam, so
daß das Wasser wieder wie gewoͤhnlich einige Meter tief unter der
Oberflaͤche der Erde stand; nur das unterirdische Geraͤusch
verschwand nicht ganz.“
„In mein Unternehmen, und meinen Wunsch, springendes Wasser zu erhalten,
vertieft, schenkte ich diesem Phaͤnomene anfangs wenig Aufmerksamkeit.
Ich ließ das Bohren die Nacht uͤber fortsezen, und dabei bemerkte man
jedes Mal, so oft man das Bohrinstrument heraufzog, und sobald dasselbe an die
bezeichnete Stelle, d.h. an eine Tiefe von 23 bis 24 Meter, gelangt, dasselbe
Geraͤusch von groͤßerer oder geringerer Heftigkeit.“
„Am 24. Mai bei Tagesanbruch wollte ich, nachdem das Wasser in dem
Bohrloche wieder gesunken war, die Natur des Gases, welches in einem ziemlich
lebhaften Strome aus demselben emporstieg, untersuchen. Ich naͤherte der
Muͤndung zu diesem Behufe eine brennende Kerze, und sogleich
entzuͤndete sich das Gas, so daß es eine Flamme von mehr dann 2 Meter
Hoͤhe uͤber die Roͤhre bildete. Diese Flamme wahrte einige
Minuten lang, loͤschte dann nach und nach aus, womit auch das
Geraͤusch in den Roͤhren vollkommen aufhoͤrte.“
„An demselben Tage gegen Mittag stieg aus dem Bohrloche ploͤzlich
und von freien Stuͤken mit außerordentlicher Gewalt ein Strom Wasser mit Sand und
fluͤssigem Kothe gemengt fuͤnf Meter hoch empor. Dieser Strom
wurde nach und nach schwaͤcher, und hoͤrte nach einigen Minuten
sogar ganz auf. Bei der Untersuchung zeigte sich hierauf, daß das Bohrloch in
einer Tiefe von 23 bis 24 Meter mit Erde, Sand und Kies verstopft war; ich ließ
dasselbe reinigen, was nicht ohne Muͤhe moͤglich war, worauf sich
dann jedes Mal, so oft ich den Bohrer emporheben ließ, dasselbe Phaͤnomen
zeigte, d.h. ein Strom kothiges Wasser mit Entwikelung von Wasserstoffgas,
welches sich entzuͤnden ließ. Die Erscheinung war um so ausgesprochener,
je tiefer der Bohrer eingesenkt wurde; so erhob sich die Flamme hoͤher,
und die Kothsaͤule war staͤrker und heftiger, wenn der Bohrer am
Grunde des Brunnens gearbeitet hatte.“
„Am 27. Mai endlich wollte ich diese hoͤchst sonderbare Erscheinung
mehreren meiner Freunde zeigen. Ich ließ daher den Bohrer auf eine Tiefe von 46
Meter einsenken, und ihn einige Zeit lang in der Thonmasse bewegen. Als nun der
Bohrer wieder herausgenommen worden, erhob sich ploͤzlich eine mit
Wasser, Sand und Kies vermengte Feuersaͤule von 10 Meter Hoͤhe und
2 Meter Breite: ein Spectakel, welches eben so sonderbar und merkwuͤrdig,
als wirklich Schreken erregend war. Der Feuerkegel erhielt sich eine
Viertelstunde lang auf dieser Hoͤhe; der Wassers oder Kothstrom wurde
aber allmaͤhlich schwaͤcher, und mit ihm sank auch die. Flamme bis
auf 2 Meter, in welchem Zustande sie mit dem lebhaftesten Glanze uͤber
zwei Stunden lang anhielt.“