Titel: Bericht, welchen Hr. Th. Olivier über die Preisbewerber erstattete, die im Jahr 1833 um den von der Société d'encouragement zu Paris ausgeschriebenen Preis auf die beste Maschine zum Kämmen oder Hecheln des Flachses concurrirten.
Fundstelle: Band 52, Jahrgang 1834, Nr. VII., S. 43
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VII. Bericht, welchen Hr. Th. Olivier uͤber die Preisbewerber erstattete, die im Jahr 1833 um den von der Société d'encouragement zu Paris ausgeschriebenen Preis auf die beste Maschine zum Kaͤmmen oder Hecheln des Flachses concurrirten. Im Auszuge aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. December 1833, S. 431. Bericht uͤber neue Maschinen zum Kaͤmmen oder Hecheln des Flachses. Die Gesellschaft hat bekanntlich einen Preis von 12,000 Franken auf eine Maschine ausgeschrieben, mit welcher der Flachs leicht, vollkommen und mit Vortheil gehechelt werden kann. Um diesen Preis haben sich nun im lezten Jahre 9 Concurrenten beworbenbrworben, von denen jedoch 4 nicht zum Concurse zugelassen werden konnten, weil sie die im Programme (Polyt. Journ. Bd. XXXIX. S. 326) ausgeschriebenen Bedingungen nicht erfuͤllt hatten. Die 5 uͤbrigen Concurrenten waren hiernach: Hr. Bricaille von Paris, rue Pierre-Levée No. 13, welcher eine arbeitende Maschine vorlegte; Hr. Girard, Bergingenieur zu Warschau, der eine Abhandlung, Zeugnisse, Zeichnungen, Muster, und ein Modell von 3/4 der natuͤrlichen Groͤße, welches jedoch wie eine vollkommene Maschine zu arbeiten im Stande war, einsandte; Hr. Carl Schlumberger zu Charenton No. 38, der eine Abhandlung, eine Kiste mit Mustern von gehecheltem Flachse und dem dabei erzeugten Werge, und eine arbeitende Maschine vorlegte; Hr. David Bandeweghe zu Lille, welcher eine arbeitende Maschine und zwei Zeugnisse einsandte, und endlich Hr. Garnier, der gleichfalls eine arbeitende Maschine vorlegte. Dieser leztere konnte jedoch gleichfalls nicht zum Concurse zugelassen werden, da er seine Maschine nur einige Tage zu Paris aufgestellt ließ, so daß keine Versuche damit vorgenommen werden konnten, und da er spaͤter nichts mehr von sich und seiner Maschine hoͤren ließ. Die Commission der mechanischen Kuͤnste, welche aus Hrn. Saulnier, Hrn. Amédée Durand, und dem Berichterstatter bestand, hat, nachdem ihr auf ihr Ansuchen noch Hr. Labbé vom Comité der Landwirthschaft beigegeben worden, mit den vier ersteren Maschinen mehrere vergleichsweise Versuche angestellt. Bevor ich jedoch zur Eroͤrterung der Resultate dieser Maschinen uͤbergehe, sey es mir erlaubt eine kurze Beschreibung derselben mitzutheilen, um das Princip, nach welchem sie arbeiten, offenkundig zu machen. Ich erlaube mir hierbei auch die Maschine des Hrn. Garnier zu beschreiben, indem dieselbe in mehreren Spinnereien wirklich angewendet werden soll. Beschreibung der Maschine des Hrn. Garnier. Diese Maschine besteht aus einem kastenartigen Gestelle, in welchem sich um eine horizontale Achse ein Mechanismus dreht, der aus zwei Rahmen besteht. Diese Rahmen drehen sich innerhalb einander, und fuͤhren an ihren, mit der Achse parallel laufenden Armen Kaͤmme oder Hecheln, deren Nadeln immer feiner und feiner werden. Eiserne, in Ringen spielende Staͤbe entfernen das zwischen die Hechelspizen gerathene Werg. Wenn die Hecheln am Grunde des Kreises, den sie durchlaufen, ankommen, so treten diese Staͤbe aus der Stellung, die sie am Grunde der Hechelspizen inne hatten, heraus, und treiben das Werg auf diese Weise aus den Hecheln. Der Flachs laͤuft senkrecht durch die Maschine, und wird von Zwingen oder Zangen festgehalten, welche durch eine endlose Kette à la Vaucanson horizontal bewegt werden. Der Flachs wird in dieser Maschine im Zigzag gepeitscht; da ihn die Hecheln aber nach einander und mit einer raschen Bewegung bald oben, bald unten fassen, so ergibt sich eine bedeutende Menge Werg, welches obendrein nicht gesponnen werden kann, sondern in Floken, die aus sehr kurzen Fasern bestehen und viel Staub enthalten, zu Boden faͤllt. Beschreibung der Maschine des Hrn. David Vandeweghe. Diese Maschine besteht aus zwei senkrechten Tuͤchern ohne Ende, von denen beide mit Nadeln oder Hechelspizen besezt sind, die von Rechts nach Links in horizontaler Richtung an Dike abnehmen, und welche in dem Maße, als sie feiner und zarter werden, auch naͤher an einander stehen. Diese beiden Tuͤcher werden mittelst gehoͤriger Raͤderwerke in Bewegung gesezt, und drehen sich in umgekehrter Richtung mit gleichen Geschwindigkeiten. Der Flachs wird in Zwingen oder Zangen gebracht, die sich in horizontaler Richtung bewegen. Dieß wird durch eine Schraube ohne Ende bewerkstelligt, welche etwas laͤnger ist als die Zwinge, so daß man, wenn die Zwinge nicht mehr von der Schraube gefuͤhrt wird, vor ihr eine zweite Zwinge anbringt, welche gleichfalls durch eine ihrer Laͤnge gleichkommende Streke von der Schraube ohne Ende gefuͤhrt wird, und waͤhrend dieser Zeit die erste Zwinge vorwaͤrts treibt, und so ferner. Der Flachs wird von Oben nach Unten gehechelt, und die Hechelspizen durchlaufen denselben in seiner ganzen Laͤnge. Die groͤberen dieser Spizen rizen die Oberflaͤche des Flachses nur auf; so wie der Flachs hingegen vorwaͤrts schreitet und der Wirkung von immer zarteren und zarteren Hechelspizen ausgesezt wird, dringen diese Spizen immer tiefer ein, bis die feinsten derselben endlich die ganze Flachsmasse durchdringen. Das Werg rollt sich hierbei auf die Hecheltuͤcher auf, und dringt zwischen die Hechelspizen ein. Die Tuͤcher sind durch einen einige Centimeter breiten Zwischenraum, an welchem kleine Hechelspizen angebracht sind, in 2 oder 3 Streifen abgetheilt, so daß das Werg auf diese Weise in eben so viele Fließe getheilt wird. Jene Wergschichte, die sich auf dem Bande oder Streifen, in welchem sich die Hechelspizen von mittlerer Feinheit befinden, anhaust, ist schon von besserer Qualitaͤt; jene hingegen, die man auf dem Streifen, wo die feinsten Spizen angebracht sind, erhaͤlt, ist von der besten Qualitaͤt und kann mit einigem Vortheil versponnen werden. Beschreibung der Maschine des Hrn. Girard. Eine Kette à la Vaucanson fuͤhrt in horizontaler Richtung die Zwingen, welche die Hanfbuͤschel festhalten. Der Flachs bewegt sich horizontal; seine Fasern hingegen befinden sich in einer senkrechten Stellung, und waͤhrend seines Laufes wird er der Wirkung der Kaͤmme oder Hecheln, deren Hechelspizen horizontal stehen, ausgesezt. Die Hecheln oder Kaͤmme bilden eine doppelte Reihe; der Flachs geht mitten zwischen denselben durch. Jede der Hecheln traͤgt drei Reihen von Hechelspizen und erhaͤlt mittelst gekruͤmmter Achsen oder Kurbeln eine kreisende Bewegung mitgetheilt, so daß jede Hechelspize einen Kreis beschreibt, dessen Flaͤche senkrecht steht. Jede Hechelspize durchfaͤhrt den Flachs von Oben nach Unten, jedoch nur in einer geringen Streke seiner Laͤnge; und da die Hecheln unter einander in einer senkrechten Flaͤche und parallel mit dem Flachsfließe angebracht sind, so wird der Flachs auf diese Weise in seiner ganzen Laͤnge gehechelt, obschon jede Hechel nur auf einen Theil der Laͤnge der Fasern einwirkt. Hieraus erhellt, daß, indem eine und dieselbe Hechelspize den Flachs nicht in seiner ganzen Laͤnge durchlaͤuft, dessen Fasern mehr oder weniger vertheilt werden und eine Art von Nez bilden muͤssen. Das Werg wird so zu sagen Faser fuͤr Faser von zwei Cylindern ergriffen, deren Achsen sich in einer und derselben horizontalen Flaͤche befinden, und welche, indem sie eine Art von Strekwerk bilden, die kurzen Fasern, aus denen das Werg besteht, parallel neben einander legen. In dieser Richtung gelangen die Fasern dann auf eine große, unterhalb angebrachte Trommel, welche dieselben in Folge ihrer radfoͤrmigen Bewegung zu einem mehr oder weniger diken Fließe formt. Ehe der Flachs der Einwirkung der Hecheln ausgesezt wird, wird derselbe gebrochen und muͤrbe gemacht, indem man ihn zwischen zwei eisernen Rahmen, die sich innerhalb einander in entgegengesezten Richtungen umdrehen, durchlaufen laͤßt. Der Flachs wird naͤmlich hierdurch im Zigzag gepeitscht, seine Fasern werden mehr parallel neben einander gelegt, und die aͤußeren Fasern, welche die haͤrtesten sind und am schwersten von den Hechelspizen angegriffen werden, werden dadurch welcher gemacht, gebrochen und so zubereitet, daß die Hechelspizen leichter in dieselben eindringen koͤnnen. Uebrigens nimmt sowohl die Dike der Hechelspizen als deren Entfernung von einander, von dem Eintritte des Flachses in die Maschine bis zum Austritte desselben allmaͤhlich ab. Die Getriebe der Raͤderwerke koͤnnen veraͤndert werden, so daß man auf diese Weise sowohl die Geschwindigkeit der Umdrehung der Hechelspizen, als die Geschwindigkeit der Zwingen nach Belieben und nach Bedarf in jedem Verhaͤltnisse erhoͤhen oder vermindern kann. Endlich kann man auch die Hecheln sehr leicht auswechseln, und andere von verschiedener Staͤrke einsezen, so daß sich die ganze Maschine also einer jeden Qualitaͤt von Flachs anpassen laͤßt. Beschreibung der Maschine des Hrn. Schlumberger. Diese Maschine ist nichts weiter als eine große Trommel, auf deren cylindrischer Oberflaͤche sich eine Reihe neben einander gestellter Hecheln befindet. Die Hechelspizen sind saͤmmtlich von gleicher Dike, gleichweit von einander entfernt, und nach der Richtung geneigt, nach welcher sich die Trommel um ihre horizontale Achse umdrehen muß. Der Erfinder hat aus der Erfahrung erkannt, daß diese Einrichtung besser ist, als jene, welche man urspruͤnglich anwendete, und nach welcher die Hechelspizen normalmaͤßig auf der cylindrischen Oberflaͤche der Trommel angebracht werden. Diese Trommel fuhrt nun zwei Reihen kreisfoͤrmiger Hecheln, welche durch einen Zwischenraum von einigen Decimetern von einander getrennt sind, so daß zwei Arbeiterinnen zu gleicher Zeit arbeiten koͤnnen. Der Erfinder wendet keine Zangen oder Zwingen zum Fassen des Flachses an, sondern die Arbeiterinn faßt selbst den Flachsbuͤschel, und bietet die Spize des Flachses zuerst zwei horizontalen, cannelirten Cylindern dar, deren radfoͤrmige oder kreisende Bewegung sie mittelst eines Aushebhebels nach Belieben abaͤndern kann, je nachdem sie den Flachs vorwaͤrts gelangen lassen und ihn der Wirkung der Hechelspizen aussezen, oder je nachdem sie denselben dieser Einwirkung entziehen will. Diese cannelirten Cylinder verrichten hier zum Theil das Geschaͤft der beweglichen Rahmen des Hrn. Girard; die Flachsfasern werden dadurch parallel neben einander gelegt, die aͤußere Schichte wird dadurch gebrochen und der Flachs mithin weicher und milder. Die Arbeiterinn laͤßt den von der Trommel ergriffenen Flachs durch die Wirkung der cannelirten Cylinder vorwaͤrts gelangen, und derselbe wird hierbei nur an seinem aͤußersten Theile von den Hechelspizen gefaßt, so daß er also nur nach und nach in 3/4 seiner Laͤnge der Einwirkung der Kaͤmme oder Hecheln ausgesezt wird. Dir Hechelspizen bereiten mithin den Flachs allmaͤhlich so zu, daß sie vollkommner auf denselben einzuwirken im Stande sind. Die Trommel erzeugt durch ihre ziemlich rasche Umdrehung in der Richtung ihrer Bewegung einen Luftzug, der den Flachs garbenfoͤrmig auszubreiten sucht, und der also zum Theil wenigstens das bewirkt, was der Arbeiter beim Hecheln des Flachses mit der Hand dadurch erreicht, daß er seinen Flachsbuͤschel auf die unbeweglichen Hecheln schwingt. Ueberdieß dient dieser Luftzug auch zur Entfernung und Wegschaffung der verschiedenen Hautchen und Agenstuͤkchen etc., welche sich in Folge der schnellen und lebhaften Einwirkung der Hechelspizen von dem Flachse abloͤsen. Das Werg begibt sich zwischen die Hechelspizen, und bildet daselbst ein Fließ, dessen Fasern gut geordnet und in paralleler Richtung mit einander gelegt sind. Jene Hechelspizen, welche durch irgend einen Zufall, oder durch den Widerstand, auf den sie trafen, und den sie nicht zu uͤberwinden im Stande waren, verkruͤmmt wurden, koͤnnen mittelst eines kleinen, sehr sinnreich gebauten Instrumentes schnell wieder in die gehoͤrige Stellung gebracht werden. Das Werg, welches diese Maschine liefert, enthaͤlt im Allgemeinen eine ziemlich bedeutende Menge langer Fasern, theils weil die Hechelspizen wegen der Geschwindigkeit, mit welcher sich die Trommel umdreht, nicht genug Zeit haben, um die aͤußere Schichte der Fasern (die wegen ihrer groͤßeren Haͤrte eine ziemlich geringe Geschwindigkeit erfordert), zu durchdringen, so daß diese aͤußeren Faserschichten mithin großen Theils ganz in das Werg gelangen; theils weil die Fasern nicht saͤmmtlich parallel laufen, sondern Zigzag Kruͤmmungen machen, so daß die Hechelspizen die Fasern mit sich fortreißen, indem ihre Geschwindigkeit zu groß ist, als daß sich die Fasern nach und nach so ordnen koͤnnten, daß die Hecheln hindurchtreten koͤnnen. Beschreibung der Maschine des Hrn. Bricaille. Auch diese Maschine besteht, so wie jene des Hrn. Schlumberger, aus einer Trommel, deren cylindrische Oberflaͤche uͤber und uͤber mit neben einander angebrachten Hecheln bedekt ist. Der Flachs wird in großen Buͤscheln und nicht wie an den drei vorhergehenden Maschinen in kleinen Buͤndeln, in große Zwingen gebracht, so daß man, damit der Flachs durch und durch gekaͤmmt werde, und damit die Hechelspizen gehoͤrig in das Innere desselben eindringen koͤnnen, die Zwingen oder Zangen umkehren muß. Damit der Flachs anfangs nur an seiner Spize, und dann nach und nach in 3/4 seiner Laͤnge der Einwirkung der Nadeln ausgesezt werde, ist der Cylinder, in welchen die Hechelspizen eingepflanzt sind, zum Theil und an jener Seite, an welche der Flachs gebracht wird, mit einem Cylinder oder Gehaͤuse aus Kupfer- oder Eisenblech bedekt. Dieser Cylinder kann naͤmlich von dem Arbeiter mittelst eines Griffes in eine concentrische, der Bewegung der Trommel jedoch entgegengesezte, kreisende Bewegung versezt werden, so daß der Flachs auf diese Weise nach und nach und in einer immer groͤßeren und groͤßeren Laͤnge der Einwirkung der Hechelspizen ausgesezt wird. Wenn der Arbeiter den Flachs fuͤr hinreichend gehechelt haͤlt, so sezt er den beweglichen kupfernen Cylinder in Bewegung, und befreit hierdurch nach und nach und allmaͤhlich die von den Hechelspizen ergriffenen Fasern. Diese Maschine ist hiernach ganz dieselbe, wie jene, die Hr. Ternaux in seiner Fabrik zu Saint-Ouen anwendete; Hr. Bricaille ließ seine Maschine, so wie er sie kaufte und brachte nicht die geringste Verbesserung daran an. –––––––––– Mit jeder der Maschinen der vier erwaͤhnten Preisbewerber wurden nun in Gegenwart der Commission und mehrerer Mitglieder der Gesellschaft dieselben Versuche angestellt, wobei die Maschinen entweder von den Concurrenten selbst oder von ihren Bevollmaͤchtigten geleitet wurden. Eine jede Maschine mußte eine gleiche Quantitaͤt Flachs hecheln, welche zur Haͤlfte aus kurzem grauen, und zur Haͤlfte aus langem gelben Flachse bestand. Da die Maschine des Hrn. Girard jedoch nur ein Modell und in ihren Dimensionen um den vierten Theil kleiner war, als die wirkliche Maschine, so daß sie mithin nur kurzen Flachs zu hecheln im Stande war, so glaubte die Commission gestatten zu duͤrfen, daß, um dem Gange dieses Modelles Regelmaͤßigkeit zu geben, die Versuche an demselben nur mit kurzem grauen Flachse angestellt wuͤrden. Nach diesen Versuchen ist nun die Zeit, welche diese Maschinen zum Hecheln einer bestimmten Menge Flachs brauchen, beilaͤufig dieselbe; und es scheint, daß dieselben, wenn drei Menschen (die sich nach einander abloͤsen, und von denen zwei bestaͤndig an der Kurbel arbeiten, waͤhrend der dritte die Aufsicht uͤber die Arbeit fuͤhrt, die Zwingen an Ort und Stelle bringt und die Flachsbuͤschel in denselben umkehrt, damit sie an beiden Enden sowohl, als in der Mitte gehoͤrig gehechelt werden) an ihnen beschaͤftigt sind, beinahe zwei Mal so viel Arbeit liefern, als vier Arbeiter, welche 12 Stunden den Tag uͤber mit der Hand hecheln. Die Commission hat jedoch aus den unter ihren Augen angestellten Versuchen auch die Ueberzeugung gewonnen, daß die Concurrenten mehr die Quantitaͤt, als die Qualitaͤt des Productes ihrer Maschinen beruͤksichtigt haben duͤrften. Die Gesellschaft wird diese Ansicht durch den Ausspruch gerechtfertigt finden, den eine Commission Sachverstaͤndiger, welchen die Namen der Concurrenten nicht bekannt waren, und denen die mit den beschriebenen Maschinen gehechelten Flachsmuster zum Vergleiche, zur Beurtheilung und zum Verspinnen uͤbergeben wurden, uͤber diese Muster that. Der Ausspruch dieser Commission, welche aus den HH. John Collier, Saulnier dem aͤlteren, Debergue, Lasgorraix und Cacan bestand, und welchen die Flachsmuster bloß mit No. 1, 2, 3 und 4 bezeichnet uͤberliefert wurden, lautet naͤmlich im Auszuge folgender Maßen. „Die Muster sind in Hinsicht auf ihren Werth und ihre Guͤte nach der Ordnung der Zahlen, mit denen sie bezeichnet sind, zu classificiren.“ „Der Flachs No. 1 ist besser gehechelt, als die uͤbrigen Nummern. No. 2 und 3 kommen einander in Hinsicht auf die Vollkommenheit des Hechelns gleich; allein das Werg von No. 2 ist jenem von No. 1 gleich, und besser als jenes von No. 3. No. 4 steht in jeder Hinsicht unter den vorhergehenden Nummern.“ „Der Flachs, womit die Versuche angestellt worden, ist von zweierlei Art: der eine ist gelb und lang und fuͤr No. 10 (10,000 Meter auf das Pfund) geeignet; der andere hingegen ist grau und kurz, und gibt einen Faden von No. 16 (16,000 Meter auf das Pfund).“ „Der Flachs No. 1 enthaͤlt weniger Werg, als die uͤbrigen Nummern; man bemerkt im Inneren etwas weniger von den Fasern der aͤußeren Schichte und nur sehr wenig Agen, weßhalb er auch den ersten Plaz verdient.“ „Das Werg von No. 3 ist schlechter, als jenes von No. 1 und No. 2; seine Fasern sind nicht so gut der Laͤnge nach geordnet, und etwas verfilzt, so daß sie sich nicht so gut verarbeiten lassen.“ „Die Commission glaubt, daß die ihrem Urtheile unterworfenen Muster, wenn sie in den Maschinen gesponnen werden, was den langen gelben Flachs betrifft, kein Garn von No. 10, und was den kurzen grauen Flachs betrifft, kein Garn von No. 16 geben duͤrften. Sie ist ferner der Ansicht, daß keines der fraglichen Muster den Bedingungen entspricht, welche die Gesellschaft in dem Programme des von ihr ausgeschriebenen Preises forderte.“ Keiner der Concurrenten hat also hienach den Anforderungen der Preisaufgabe Genuͤge geleistet. Die Commission glaubt jedoch, daß man, obschon es den angestellten Versuchen nach scheinen duͤrfte, daß der Flachs in den oben beschriebenen Maschinen nur aus dem Groben gearbeitet werden koͤnne, und also einer nachtraͤglichen Hechelung mit der Hand beduͤrfe, dennoch ein solches Unheil noch zuruͤkhalten muͤsse. Die fraglichen Maschinen muͤssen naͤmlich zuverlaͤssig ein besseres Resultat geben, als man bei den angefuͤhrten Versuchen erzielte; die Preisbewerber haben sich uͤbereilt, und, wie gesagt, mehr auf die Quantitaͤt, als auf die Qualitaͤt des Productes ihrer Maschinen Bedacht genommen. Die Commission glaubt ferner, daß diese Maschinen noch keineswegs auf jenen Grad von Vollkommenheit, dessen sie faͤhig sind, gebracht worden, ohne daß sie jedoch damit behaupten will, daß sie bei gehoͤriger Vervollkommnung allen Anforderungen Genuͤge leisten duͤrften; sie hegt im Gegentheile in lezter Hinsicht noch mehrere Zweifel. Die Commission hat den oben erwaͤhnten Sachverstaͤndigen auch die Producte, die ihr einer der Preisbewerber zugleich mit seiner Maschine einsandte, zur Beurtheilung vorgelegt, und hieruͤber von denselben den Ausspruch erhalten: daß dieser Flachs, ohne noch ein Mal gehechelt werden zu muͤssen, zu No. 16 und zu No. 10 gesponnen werden koͤnne; daß das Werg jedoch eine große Menge langer Flachsfasern enthalte. Sie fuͤgten ferner bei, daß diese Muster mit derselben Maschine gehechelt zu seyn schienen, wie jene Muster, die ihnen fruͤher unter No. 1 vorgelegt wurden (was vollkommen richtig war); daß das Werg von No. 1 aber besser war, als jenes der lezten Muster, weil es nur sehr wenig langen Flachs enthielt; und daß ihnen schiene, daß der Abfall, der sich beim Hecheln des Flachses mit der Maschine ergibt, weit groͤßer seyn muͤsse, als jener, den man beim Hecheln mit der Hand zu erleiden pflegt. Wenn nun die Commission auch gestehen muß, daß keiner der Preisbewerber ihrer Ansicht nach den ausgeschriebenen Preis verdiene, so muß sie nach reiflicher Untersuchung der Maschinen und ihrer Producte doch auch erklaͤren, daß die vorgelegten Maschinen nicht in gleichem Range stehen, sondern in folgender Ordnung classificirt werden muͤssen: 1) Maschine des Hrn. Schlumberger; 2) Maschine des Hrn. Girard; 3) Maschine des Hrn. David Vandeweghe; 4) Maschine des Hrn. Bricaille. Mit dieser Ordnung stimmt auch vollkommen jene uͤberein, nach welcher die Sachverstaͤndigen die ihnen vorgelegten Muster classificirten. Die Gesellschaft hat, indem sie einen Preis von 6000 Franken auf das Hecheln des Flachses mit Maschinen ausschrieb, beurkundet, welchen großen Werth sie auf die Loͤsung dieser Frage legt; die Regierung that dasselbe, indem sie diesen Preis noch um 6000 Fr. erhoͤhte. Zur Zeit als das Programm der Preisaufgabe verfaßt wurde, hatte man in Frankreich mit gutem Erfolge mehrere Baumwoll-Spinnmaschinen errichtet, und man machte sich auch an die Flachs-Spinnmaschinen. Die Englaͤnder kaufen beinahe allen unseren rohen Flachs auf, verspinnen denselben bei Hause, und verkaufen hierauf ihre Fabrikate wieder auf unseren Maͤrkten mit Vortheil. Die Flachs- und Hanfspinnerei mit Maschinen waͤre gewiß eine der gluͤklichsten und vortheilhaftesten Eroberungen der franzoͤsischen Industrie; denn jedes Land sollte trachten, die rohen Produkte seines Bodens auch selbst zu veredeln und zu verarbeiten, indem hiebei doppelter Gewinn und Vortheil ist. Wird aber das Hecheln mit Maschinen die Errichtung der Flachs- und Hanfspinnereien beguͤnstigen? Ist es moͤglich mit einer Maschine dieselben Vortheile zu erzielen, die man beim gewoͤhnlichen Hecheln mit der Hand erreicht. Ein guter englischer Arbeiter hechelt mit Beihuͤlfe zweier Kinder in jedem Tage von 12 Arbeitsstunden 60 Buͤschel Flachs von 44 Unzen, und man hat daher zu Glasgow, wo der Hauptsiz der englischen Spinnereien ist, das Hecheln mit Maschinen gaͤnzlich aufgegeben. Es leuchtet auch ein, daß der Arbeiter, indem er den Buͤschel Flachs auf seine Hechel schwingt, denselben durch einen Kunstgriff garbenfoͤrmig ausbreiten kann, so daß er also in Form eines sehr duͤnnen Fließes der Einwirkung der Hechelspizen ausgesezt wird. Es erhellt ferner, daß wenn der Arbeiter den Buͤschel Flachs durch die Hechel zieht, um das Werg aus demselben abzuscheiden, er je nach dem Widerstande, den er findet, eine groͤßere oder geringere Gewalt anwendet. Er erhebt seine Hand mehr oder weniger, je nach dem Widerstande, den er fuͤhlt, damit sich die Fasern auf diese Weise entwirren, ohne zwischen den Hechelspizen abzureißen. Kann diese mit Verstand geleitete Wirkung und Thaͤtigkeit der Hand wohl auch je durch eine Maschine ersezt werden? Die Commission betrachtet das fragliche Problem nach einer langen und allseitigen Pruͤfung desselben als sehr complicirt, und haͤlt die vollkommene Loͤsung desselben fuͤr aͤußerst schwierig; sie wagt es jedoch nicht diese Loͤsung fuͤr unmoͤglich zu erklaͤren. Die Maschine des Hrn. Schlumberger kommt in ihren Leistungen den Anforderungen der Gesellschaft schon sehr nahe; noch einige Schritte vorwaͤrts, und das Ziel duͤrfte vielleicht erreicht werden. Die Commission schlaͤgt daher vor, die Preisaufgabe fuͤr die naͤchsten Jahre zu erneuern, und den HH. Schlumberger, Girard und Vandeweghe, welche durch ihre Arbeiten so viel zur endlichen Loͤsung der Frage beitrugen, wenigstens einige Aufmunterung und Entschaͤdigung zu geben. Sie beantragt daher, den beiden ersteren jedem 600, und dem lezteren 300 Franken zuzustellen.