Titel: Ueber das Verfahren bei der Erzeugung von Stukarbeiten aus Gyps zur Verzierung der Wände der Zimmer etc.
Fundstelle: Band 52, Jahrgang 1834, Nr. IX., S. 55
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IX. Ueber das Verfahren bei der Erzeugung von Stukarbeiten aus Gyps zur Verzierung der Waͤnde der Zimmer etc. Aus dem Journal des connaissances usuelles. Februar 1834, S. 94. Verfahren bei der Erzeugung von Stukarbeiten aus Gyps. Der Stuk oder kuͤnstliche Marmor, mit welchem man so ausgezeichnete Arbeiten zu verfertigen im Stande ist, ist eine Composition, deren Basis aus Gyps besteht. Das Wesentlichste, und dasjenige, worauf es bei der Stukarbeit ganz vorzuͤglich ankommt, ist der Grad von Haͤrte, den der Gyps erreicht, eine Harte, welche sehr bedeutend ist, und durchaus von dem Grade der Calcination, die man dem Gypse gibt, abhaͤngt. Da der rohe Gyps, nach den Verhaͤltnissen, unter welchen er vorkommt, in dieser Hinsicht einige Verschiedenheiten darbietet, so muß man denselben probiren, und den Grad der Calcination, den man ihm geben muß, damit die Stukarbeiten die groͤßte Harte erlangen, durch Versuche ermitteln. In Paris verwendet man gewoͤhnlich den krystallisirten Gyps, der unter dem Namen Pierre à Jésus bekannt ist, zu diesem Zweke, und an diesem erkennt man nach folgendem Verfahren, ob er in gehoͤrigem Grade gebrannt worden. Man zerschlaͤgt naͤmlich den Gyps, welcher gebrannt werden soll, in Stuͤke von der Groͤße einer großen Nuß, bringt diese Truͤmmer in einen Ofen, den man gleich einem Bakofen heizt, und verstopft dann die Muͤndung dieses Ofens so genau als moͤglich, damit der Ofen seine Waͤrme erhaͤlt. Nach einiger. Zeit nimmt man einige Stuͤke Gyps heraus, um zu sehen, wie weit die Calcination gediehen. Ist sie bis in die Mitte derselben, jedoch so eingedrungen, daß man noch einige glaͤnzende Punkte darin bemerkt, so ist dieß ein Beweis, daß die Calcination ihren gehoͤrigen Grad erreicht hat, und daß man den Gyps also aus dem Ofen nehmen muß; haben sie hingegen in der Mitte noch zu viel Glanz, so ist dieß ein Beweis, daß der Gyps zu wenig gebrannt wurde, und bemerkt man gar keine glaͤnzenden Punkte mehr, so ist er zu stark gebrannt worden. Der gebrannte Gyps wird gemahlen und sorgfaͤltig gesiebt. Das auf diese Weise behandelte Pulver wird dann in Wasser gebracht, in welchem man flandrischen Leim oder Hausenblase, oder arabisches Gummi aufgeloͤst hat, damit saͤmmtliche Gypstheilchen inniger mit einander verbunden werden, und bei der Politur, die man den Stukarbeiten gibt, mehr Widerstand leisten. Die Leimaufloͤsung darf jedoch nicht stoken, und wollte man ihr etwas Gallerte zusezen, so duͤrfte dieß nur in dem Maße geschehen, daß die Aufloͤsung beim Erkalten eine sehr duͤnne Gallerte bildet. Will man einer Stukarbeit nur eine einzige Grundfarbe geben, so ruͤhrt man diese mit dem Leimwasser an; da man den Arbeiten jedoch wegen der geringen Festigkeit des Gypses eine gewisse Dike geben muß, so verfertigt man, um die Ausgaben nicht zu sehr zu vermehren, den Koͤrper oder Kern der Arbeit aus gewoͤhnlichem Gypse und uͤberzieht diesen Koͤrper oder Kern dann mit einer zwei Linien diken Schichte der eben erwaͤhnten Gypscomposition. Man kann auf diese Weise sehr schoͤne Zimmerdeken aus Stuk verfertigen, und denselben ein marmoraͤhnliches Ansehen geben. Will man eine antike Breccie nachahmen, so senkt man in den Stuk, waͤhrend er noch weich ist, kleine Stuͤkchen Alabaster oder krystallisirten Gyps, oder verschieden geformte Stuͤke Stuk von verschiedenen Farben ein, so daß die ganze Masse das Aussehen einer Breccie oder eines Puddingsteines erhaͤlt. Wenn die Masse vollkommen getroknet ist, so muß sie polirt werden. Man nimmt zu diesem Behufe einen Werkstein oder eine Art von Wezstein, und in Ermangelung desselben einen Bimsstein, den man zu groͤßerer Bequemlichkeit in hoͤlzerne, den Glatthobeln der Zimmerleute aͤhnliche Griffe einsezt. Waͤhrend man nun die Stukarbeit mit der einen Hand mit diesem Steine abreibt, haͤlt man in der anderen einen in Wasser getauchten Schwamm, mit welchem man den Ort, den man abreibt, bestaͤndig reinigt, damit die abgeriebenen Theilchen jedes Mal sogleich beseitigt werden. Der Schwamm muß daher auch von Zeit zu Zeit gereinigt, und immer mit frischem Wasser gesaͤttigt erhalten werden. Nach dieser ersten Politur gibt man eine zweite, und zwar mit einem Korke, der in Wasser, welches mit Kreide oder Trippel angeruͤhrt ist, getaucht ist; die lezten Polituren gibt man mit einem in Oehl und sehr feines Trippelpulver getauchten Filzlappen, und endlich mit einem Stuͤke Filz, welches bloß mit Oehl getraͤnkt ist. Sehr ausgesuchten Gegenstaͤnden gibt man zulezt auch noch ein oder zwei Firnißuͤberzuͤge, aͤhnlich denen, deren sich die Wagenlakirer bedienen. Handelt es sich um die Nachahmung irgend eines Marmors, so ruͤhrt man in verschiedenen Gefaͤßen mit dem heißen Leimwasser die Farben an, die in dem Marmor vorkommen, und ruͤhrt zugleich mit jeder dieser Farben auch etwas Gyps an. Von allen diesen Farben nimmt man ungefaͤhr einen handgroßen Fladen, und diese Fladen legt man abwechselnd auf einander, wobei man jenen Fladen, dessen Farbe die vorherrschende ist, diker oder haͤufiger nimmt. Die auf diese Weise aufgeschichteten Fladen nimmt man dann nach der Seite, schneidet sie in dieser Richtung in Schnitte, und breitet sie hierauf schnell auf dem Kerne der Stukarbeit aus. Auf diese Weise erhaͤlt man die bizarren Zeichnungen und Farbenschattirungen, die man an den Marmorsorten bewundert. Zu bemerken ist, daß das Leimwasser bei allen diesen Operationen etwas heiß seyn muß, weil der Gyps sonst zu schnell erhaͤrten wuͤrde, so daß nicht genug Zeit zu den Arbeiten bliebe. Sollen Landschaften, Vasen, Fruͤchte, Blumen u. dergl. auf dem Stuke angebracht werden, so zeichnet man die Gegenstaͤnde, die man haben will, zuerst auf Papier, und sticht darnach die Umrisse der Zeichnung auf dem Grunde, nachdem derselbe beinahe vollends polirt worden, ab. Hierauf durchbaust man mit einem Pulver, welches eine andere Farbe besizt, als der Grund, und fixirt die hiedurch angedeuteten Umrisse der Zeichnung, indem man sie mit einem den Schubmacherahlen aͤhnlichen Instrumente vertieft. Ist dieß geschehen, so nimmt man jenen Theil des Grundes, der sich innerhalb der Umrisse der Zeichnung befindet, mit mehreren Ahlen, deren Spizen abgebrochen wurden, und welche man auf einem Steine meiselfoͤrmig geformt hat, ab, so zwar, daß auf dem Grunde Aushoͤhlungen oder Gruͤbchen von 1/2 Linie Tiefe entstehen. Wenn der ganze innerhalb der Umrisse befindliche Flaͤchenraum auf diese Weise behandelt worden, so sezt man mehrere kleine Toͤpfchen, in denen sich das Leimwasser mit den damit angeruͤhrten und zur fraglichen Malerei noͤthigen Farben befindet, auf heiße Asche; bringt dann etwas Gyps in die Hohlhand, und ruͤhrt diesen mit so viel Farbe an, als zur Erreichung der gewuͤnschten Schattirung noͤthig ist. Diese Masse wird nun so lange mit einem Farbmesser, dergleichen sich die Maler zu bedienen pflegen, umgeruͤhrt, bis sie etwas diker zu werden anfaͤngt, worauf man mit diesem Messer so viel von der Masse nimmt, als man braucht, und sie dann dort auftragt, wo man sie anbringen will, indem man sie mit dem Messer andruͤkt. Nachdem dieß geschehen, macht man in der Hohlhand schnell eine andere Masse von hellerer Schattirung an, und traͤgt diese neben ersterer auf; damit die Schattirungen jedoch nicht neben einander bemerkbar sind, sondern in einander verfließen, vermischt man eine geringe Quantitaͤt der lezteren Masse mit ersterer, wozu man sich eines kleinen Staͤbchens bedient, in dessen Ende 4 bis 5 Nadeln gleich den Zaͤhnen eines Kammes eingesezt sind. Auf diese Weise faͤhrt man fort eine Schattirung nach der anderen aufzutragen, bis der leere Raum der Figur, die man darstellen will, vollkommen ausgefuͤllt ist, worauf man das Ganze endlich mit dem Messer ebnet und dann troknen laͤßt. Bemerkt man, daß die Schattirungen nicht uͤberall gehoͤrig angebracht sind, so kann man die Masse an diesen Stellen mit Nadeln auskrazen, und hierauf Gyps von der verlangten Schattirung dafuͤr eintragen; doch ist hiebei zu bemerken, daß diese ausgekrazten und frisch belegten Stellen immer so dik seyn muͤssen, daß die Zeichnung durch das Poliren der ganzen Arbeit nicht leidet. Das Poliren dieser Zeichnungen geschieht uͤbrigens ganz auf dieselbe Weise, wie das Poliren des Grundes. Bemerkt man beim Poliren einige kleine Loͤcher, so fuͤllt man dieselben mit Gyps aus, welcher sehr duͤnn mit Leimwasser und derselben Farbe angeruͤhrt worden. Man pflegt sogar, ehe man das zum Poliren noͤthige Oehl anwendet, zum Behufe des Verstopfens aller kleiner Loͤcher uͤber die ganze Oberflaͤche eine duͤnne Schichte mit Leimwasser angeruͤhrten, gefaͤrbten Gypses aufzutragen.