Titel: Bericht, welchen Hr. Gaultier de Claubry vor der Société d'encouragement zu Paris über die Resultate des Concurses erstattete, den die Gesellschaft auf die Entdekung eines Verfahrens, wodurch man die Verfälschung des Getreidemehles mit Stärkmehl erkennen kann, ausgeschrieben hatte.
Fundstelle: Band 52, Jahrgang 1834, Nr. XIV., S. 64
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XIV. Bericht, welchen Hr. Gaultier de Claubry vor der Société d'encouragement zu Paris uͤber die Resultate des Concurses erstattete, den die Gesellschaft auf die Entdekung eines Verfahrens, wodurch man die Verfaͤlschung des Getreidemehles mit Staͤrkmehl erkennen kann, ausgeschrieben hatte. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Decbr. 1833, S. 441. Bericht uͤber die Verfaͤlschung des Getreidemehles mit Staͤrkmehl. Die Gesellschaft hat im kaufe dieses Jahres nur eine einzige Abhandlung uͤber den fraglichen Gegenstand zugesandt erhalten. Der Verfasser dieser Abhandlung, Hr. Dubuc der Vater, von Ronen, schlaͤgt in derselben sehr verschiedene Methoden zur Erreichung des vorgeschriebenen Zwekes vor, und wir erlauben uns daruͤber Folgendes mitzutheilen. Das erste Mittel oder Verfahren besteht in der Anwendung des Mikroskopes oder einer starken Luppe. Der Verf. schlaͤgt, um die Wirkung dieser Mittel zu erhoͤhen, vor, das Mehl im Marienbade auf 40 oder 50° des hundertgradigen Thermometers zu erwaͤrmen, indem das Saz- oder Staͤrkmehl in diesem Falle weit sichtbarer wird. Das zweite Mittel wurde bereits schon oͤfter empfohlen, und besteht in der Bestimmung des Gewichtes eines gleichen Maßes reinen Mehles und eines mit Staͤrkmehl vermischten Mehles. Es wuͤrde sich hiebei, wenn man das Mehl etwas eindruͤkt, wie der Verfasser meint, zwischen dem Gewichte des reinen, und jenem des verfaͤlschten Mehles ein Unterschied ergeben, der sich wie 1000 zu 1500 verhielte. Die Commission der chemischen Kuͤnste hat schon in ihren fruͤheren Gutachten uͤber diesen Vorschlag ihre Meinung dahin ausgesprochen, daß man bei diesem Verfahren in grobe Irrthuͤmer verfallen koͤnne, und dieß ist auch wirklich der Fall, man mag das Mehl nach dem Vorschlage einiger in das bestimmte Maß sieben, oder man mag es, wie der Verfasser will, ein wenig eindruͤken. Das dritte Mittel, welches der Verf. in Vorschlag bringt, ist die Ausziehung des Klebers, und hieruͤber muͤssen wir bemerken, daß der Klebergehalt der verschiedenen Mehlsorten so mannigfachen Abweichungen unterworfen ist, daß man hienach unmoͤglich bestimmen kann, ob ein Mehl mit Staͤrkmehl verfaͤlscht ist, oder der geringere Gehalt an Kleber von der Beschaffenheit des Mehles selbst herruͤhrt. Folgende Methoden hingegen sind neu, und koͤnnten vielleicht einige Vergleichungsmittel darbieten; sie bestehen in der Anwendung der Hydrochlorsaͤure, oder der Salpetersaͤure und des salpetersauren Queksilbers. Wenn man in einem kleinen Gefaͤße aus Steingut gleiche Theile reines Mehl und Salpetersaͤure mittelst eines kleinen Staͤbchens genau mit einander vermengt, so erhizt sich das Gemenge langsam, und durchlaͤuft in wenigen Stunden alle Schattirungen von Gelb, bis es endlich orangegelb wird. Das Staͤrkmehl hingegen erleidet unter gleichen Umstaͤnden eine nur unbedeutende Veraͤnderung der Farbe. Ein Gemenge von 80 Theilen Mehl und 20 Theilen Staͤrkmehl gibt eine citrongelbe, statt einer orangegelben Farbe, und bei gleichen Theilen wird das Gemenge bei der Behandlung mit Salpetersaͤure gar nur mehr sehr blaßgelb werden. Reines Mehl mit Hydrochlor- oder Salzsaͤure vermengt, wird hellroth und violett, und nach einigen Stunden schoͤn indigblau; laͤßt man die Waͤrme mit einwirken, so erhoͤht sich die Farbe weit rascher. Das Staͤrkmehl hingegen wird unter gleichen Umstaͤnden teigig und fluͤssig, ohne seine Farbe dabei zu veraͤndern. Mit 75 Theilen Mehl und 25 Theilen Staͤrkmehl erhaͤlt man nur ein Helles Violett. Diese Resultate koͤnnten, wenn man immer ein Muster ganz reines Mehl zur Hand haͤtte, ziemlich genaue Vergleichsmittel an die Hand geben; allein der Verf. sagt selbst: „diese Reagentien sind in erfahrenen Haͤnden vortrefflich.“ Es ist jedoch beinahe unmoͤglich, daß die Baͤker selbst nach diesem Verfahren die Verfaͤlschung des Mehles, und noch weniger das Verhaͤltniß des zugesezten Staͤrkmehles zu erkennen im Stande sind. In einigen Jahren haͤngt das Mehl, wie der Verf. selbst bemerkt, so fest an der Huͤlse, daß die Muͤller gezwungen sind, zur Erleichterung des Mahlens etwas Staͤrkmehl oder Reiß zuzusezen. Ließe sich also das Verhaͤltniß, in welchem das Starkmehl mit dem Mehle vermengt ist, nicht ermitteln, so koͤnnte man diese geringe, und so zu sagen zufaͤllige Quantitaͤt leicht mit einem betruͤgerischer Weise beigefuͤgten Antheil Staͤrkmehl verwechseln. Wenn man reines Mehl zu gleichen Theilen mit salpetersaurem Queksilber vermengt, so wird der Teig citrongelb, und geht nach und nach, nach einigen Stunden ins Krapprothe uͤber. Im Winter muß das Gemenge zur leichteren Entwikelung dieser Farbe etwas erwaͤrmt werden. Das Staͤrkmehl faͤrbt sich unter gleichen Umstaͤnden nicht, und die Schattirungen, die man erhaͤlt, wechseln je nach dem Verhaͤltnisse der Quantitaͤt Staͤrkmehl, welche mit dem Mehle vermengt ist. Auch hier kann die Verschiedenheit der Farbe sehr schaͤzenswerthe Resultate zum Vergleiche darbieten; allein auch hier waͤre dieß nur fuͤr den Fall von Nuzen, wenn man reine Mehlsorten als Typen haͤtte, deren Farbe man mit jenen der Mehlsorten, die man untersuchen will, vergleichen koͤnnte. Es darf uͤbrigens in dieser Hinsicht auch der Umstand nicht vergessen werden, daß die erhaltenen Farben von dem Gehalte des Mehles an Kleber abhaͤngen, und daß das reine Mehl selbst je nach der Beschaffenheit des Getreides, des Bodens, der Culturmethode, der Jahrgaͤnge, und je nach den Verhaͤltnissen, unter denen das Mehl aufbewahrt wurde, bedeutende Verschiedenheiten zeigt, so daß also selbst ein ganz reines Mehl nicht als sicherer Maßstab fuͤr alle uͤbrigen Mehlsorten dienen konnte. Der Verfasser wendet bei seinem Verfahren die kaͤufliche Salpetersaͤure und Salzsaͤure von 21° an, und bereitet sich sein salpetersaures Queksilber aus 30 Grammen reiner Salpetersaͤure, 16 Grammen Wasser und eben so viel Queksilber. Er bemerkt, daß die mit Staͤrkmehl verfaͤlschten Mehle weniger Wasser absorbiren, als das reine Staͤrkmehl, um damit einen Teig zu bilden, und daß sich die Baͤker dieser Methode zur Beurtheilung der Guͤte des Mehles bedienen. Auch dieses Verfahren kann jedoch keinen Maßstab, nach welchem sich die Verfaͤlschung des Mehles mit Starkmehl beurtheilen laͤßt, abgeben, weil auch das reine, unverfaͤlschte Mehl in dieser Hinsicht bedeutende Verschiedenheiten darbietet. Endlich bemerkt der Verfasser, daß man die Verfaͤlschung des Mehles mit Bohnen- oder Erbsenmehl erkennen kann, wenn man das zu untersuchende Mehl zwischen den Haͤnden reibt, oder mit etwas siedendem Wasser anruͤhrt, indem hiebei ein deutlicher Bohnengeruch bemerkbar wird. Ließe sich an dem reinen Mehle nie ein aͤhnlicher Geruch bemerken, so koͤnnte man aus diesem Pruͤfungsmittel allerdings den Schluß ziehen, den der Verfasser daraus gezogen haben will; allein selbst reines Mehl kann oft unter gewissen Umstaͤnden einen so ausgesprochenen und aͤhnlichen Geruch darbieten, daß man in Versuchung kommen kann, auf einen bedeutenden Zusaz von Bohnenmehl zu schließen. Einiges aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika kommende Mehl z.B., so wie franzoͤsisches Mehl, welches laͤngere Zeit an etwas feuchten Orten aufbewahrt wurde, hat nicht selten einen aͤhnlichen Geruch. In Hinsicht auf die Ausziehung des Klebers muͤssen wir noch bemerken, daß diese Substanz in verschiedenen Arten von Mehlen oft in sehr verschiedener Quantitaͤt enthalten ist. Ist das Mehl von sehr guter Beschaffenheit, so ist der Kleber sehr elastisch, in sehr duͤnne Stuͤke ausziehbar, ohne zu zerreißen, und dabei bleibt er nicht an den Fingern kleben, wenn man dieselben vorher nur einiger Maßen befeuchtete; in vielen anderen Faͤllen hingegen ist der Kleber weicher, mehr oder weniger klebrig, und wenn man ihn zieht, so bildet er Schnuͤre, welche an den duͤnneren Stellen leicht abreißen; er hat in diesen Faͤllen oft auch einen schwachen Geruch. Unter diesen lezteren Umstaͤnden gibt das Mehl ein minder gutes Brod; der Teig verhaͤlt sich weder auf dem Baktuche, noch im Ofen auf dieselbe Weise wie Teig, der aus reinem unverdorbenen Mehle bereitet worden, sondern naͤhert sich in dieser Hinsicht mehr einem Teige, der mit einem mit Staͤrkmehl verfaͤlschten Mehle bereitet worden. Ist das Mehl mit Bohnenmehl verfaͤlscht, so zertheilt sich der Teig, wenn man denselben zur Ausziehung des Klebers auswaͤscht, und eine große Quantitaͤt Kleber geht mit dem Starkmehle verloren. Dasselbe ereignet sich aber auch, wenn das Mehl etwas Kleie enthaͤlt, so daß man beide Arten von Mehl nur in einem ziemlich dichten Leinwandluͤmpchen auswaschen kann. Mit dieser Vorsicht soll uͤbrigens jedes Mehl ausgewaschen werden, weil sonst viel Kleber verloren gehen kann, und außerdem soll man das Waschwasser noch durch ein Sieb laufen lassen, auf welchen eine nicht unbedeutende Menge Kleber, die sonst verloren gehen wuͤrde, zuruͤkbleiben wird. Obschon nun die Abhandlung des Hrn. Dubuc den Anforderungen, welche die Gesellschaft in ihrer Preisaufgabe machte, nicht Genuͤge leistet, und obschon die Frage hiedurch nichts weniger als geloͤst ist, so glaubt die Commission doch vorschlagen zu muͤssen, dem wuͤrdigen, durch mehrere Arbeiten bereits ruͤhmlich bekannten Verfasser, wegen der Neuheit einiger der von ihm angegebenen Methoden ihre Medaille von Bronze ertheilen zu muͤssen.