Titel: Ansichten verschiedener französischer Fabrikanten über den gegenwärtigen Zustand ihres Industriezweiges in Frankreich, und über die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes für ihre Fabriken.
Fundstelle: Band 55, Jahrgang 1835, Nr. XI., S. 56
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XI. Ansichten verschiedener franzoͤsischer Fabrikanten uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand ihres Industriezweiges in Frankreich, und uͤber die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes fuͤr ihre Fabriken. Im Auszuge aus dem Temps und Moniteur universel. (Fortsezung aus Bd. LIV., Heft 6, S. 491.) Gegenwaͤrtiger Zustand einiger Industriezweige in Frankreich. IV. Ueber die Tuch- und Wollenwaaren-Fabrikation. 1. Aussagen des Hrn. Henry Lefort, Tuchfabrikanten zu Elbeuf und Abgeordneten der dortigen Handelskammer. Fr. Sie wissen, daß gegenwaͤrtige Untersuchung bestimmt ist zu ermitteln, ob es nicht moͤglich waͤre, das Einfuhrverbot, welches gegenwaͤrtig auf den fremden Wollenzeugen lastet, aufzuheben, und es durch einen Schuzzoll fuͤr die franzoͤsischen Fabriken zu ersezen. Haben Sie daher die Guͤte, der Commission mitzutheilen, was Ihnen uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand der franzoͤsischen Fabrikation im Vergleiche mit der englischen, belgischen und deutschen bekannt ist. Beginnen Sie gefaͤllig bei ihrer eigenen Fabrik, und sagen Sie uns, wie groß das fixe Capital und wie groß das Betriebscapital derselben ist. A. Das fixe Material meiner Fabrik, die von einer Dampfmaschine von 8 Pferdekraͤften betrieben wird, betragt 400,000 Fr., worunter der Werth des Capitals, welches ich nach und nach auf Gebaͤude, Maschinen und Mobiliar verwendete, verstanden ist. Als Betriebscapital kann man, wenn die Fabrik nur auf den innern Verkehr beschrankt bleiben soll, eine Summe von 200,000 Fr. betrachten. Will man jedoch von allen Mitteln, die die Fabrikation an die Hand gibt, Gebrauch machen, will man z.B. Wolle verkaufen, wenn man ein Steigen ihrer Preise voraussieht, u. dergl. m., so ist wenigstens ein Betriebscapital von 600,000 Fr. noͤthig. Haͤtte ich mit andern Fabriken zu rivalisiren, so brauchte ich ein Betriebscapital, welches diese Summe uͤbersteigt; denn, wenn Umstaͤnde zu erwarten waͤren, die einen Vorankauf der Rohstoffe erforderten, so wuͤrde ich zum Ankaufe der Wolle allein ein Capital von 400,000 Fr. noͤthig haben. Fr. Wie hoch schaͤzen Sie das Gruͤndungs- und Betriebscapital saͤmmtlicher Fabriken zu Elbeuf? A. Das Gruͤndungscapital aller unserer Fabriken mag sich auf 150 Mill. Fr. belaufen; davon duͤrste jedoch beinahe die Haͤlfte bereits getilgt seyn, so daß das restirende Capital noch 80 Mill. Fr. betragen mag. Das Betriebscapital schaͤze ich auf die Haͤlfte des Gruͤndungscapitals, mithin auf 75 Mill. Fr. Fr. Wie hoch schaͤzen Sie den Werth der Gesammtproduction, und wie groß ist die Zahl der Stuͤke Tuch, welche zu Elbeuf fabricirt werden? A. Der Werth der Gesammtproduction belauft sich auf 50 Mill. Fr.; die Zahl der fabricirten Stuͤke Tuch auf 50 bis 60,000. Ich selbst erzeuge jaͤhrlich 700 Stuͤke, jedes zu beilaͤufig 40 Ellen und 5/4 Breite. Fr. Welche Wolle verarbeiten Sie, woher und zu welchen Preisen beziehen Sie sie? A. Jeder Ort hat seine eigene Art von Fabrikation. Wir zu Elbeuf verarbeiten hauptsaͤchlich franzoͤsische, und nur wenig auslaͤndische Wolle, worunter mehr spanische als deutsche. Wir wenden vorzuͤglich deßhalb lieber franzoͤsische Wolle an, weil die Tuͤcher, die sie gibt, im Handel mehr gesucht sind. Wir verarbeiten hauptsaͤchlich Wolle von der Mittelsorte, die wir aus der Picardie, der Beauce und der Brie beziehen; fuͤr das suͤdliche Frankreich bedarf man Wolle von noch geringerer Qualitaͤt. Was den Preis betrifft, so ist er hoͤchst wandelbar; vor zwei Jahren z.B. zahlten wir das Pfund Wolle zu 18 bis 19 Sous, welches wir im vergangenen Jahre zu 30 Sous zahlen mußten. Heuer, wo der Ankaufspreis zwar niedriger ist, werden wir doch zu keinen besseren Resultaten gelangen, indem wegen der großen Waͤrme und Trokenheit, die Heuer herrschte, der Abfall groͤßer seyn wird. So geben 100 Pfund rohe Wolle, die sonst nach dem Entfetten gewoͤhnlich 30 Pfund reine Wolle gaben, Heuer nur 21 Pfund. Fr. Koͤnnen Sie einen Vergleich der Preise der Wolle zu verschiedenen Zeitepochen anstellen, und uns die verschiedenen Schwankungen in den Preisen andeuten? A. Vom Jahre 1816 bis zum Jahre 1823, d.h. in der Epoche der freien Ein- und Ausfuhr der Wolle, kostete die rohe Wolle, die ich in meiner Fabrik verarbeitete, im Durchschnitte 29 bis 30 Sous. Vom Jahre 1823 bis zum Jahre 1830, in der Epoche der Einfuͤhrung der Zoͤlle, fiel der Preis auf 27 bis 28 Sous. Vom Jahre 1830 bis zum Jahre 1833 laͤßt sich wegen der politischen Ereignisse keine bestimmte Basis angeben. Im Jahre 1833 belief sich der Mittelpreis auf 26 bis 27 Sous; und gegenwaͤrtig kostet dieselbe Wolle, die jedoch mit mehr Fett beladen ist, 23 bis 24 Sous. Fr. Welchen Einfluß glauben Sie, daß der auf die fremde Wolle gelegte Einfuhrzoll von 30 Proc., der durch die lezte Ordonnanz auf 20 Proc. vermindert wurde, auf diese Preise uͤbte? A. Der Zoll von 30 Proc. ist es hauptsaͤchlich, der jene Schwankungen in den Preisen erzeugte, die den Fabriken verderblich waren, ohne daß sie der Landwirthschaft einen Gewinn gebracht haͤtten. Die Herabsezung des Zolles ist zu neu, als daß sich deren Resultate gehoͤrig wuͤrdigen ließen; doch duͤrften wir nun ohne Zweifel kein solches Ueberspringen vom Steigen zum Fallen der Preise zu befuͤrchten haben. Fr. Sie wissen, daß nicht bloß der Zoll um 10 Proc. herabgesezt wurde, wodurch er wegen der Ungenauigkeit der Deklaration eigentlich wohl bis auf 15 Proc. herabsank; sondern daß auch noch das Minimum des Preises aufgegeben wurde, woraus vorzuͤglich fuͤr die groͤberen Wollensorten eine Herabsezung des Zolles von weit mehr dann 10 Proc. erfolgte. Eine so bedeutende Veraͤnderung mußte nothwendig noch ganz andere Folgen nach sich ziehen, als die, daß die Preise weniger schwankend wurden. Koͤnnen Sie uns etwas hieruͤber sagen? A. Ich bin nicht im Stande, genau auf diese Frage zu antworten. Ich weiß nur, daß die Aufhebung der Annahme des Minimums fuͤr die suͤdlichen Fabriken, in denen man groͤßten Theils nur ordinaͤre Wolle verarbeitet, von Vortheil war; waͤhrend wir, die wir mehr feine Wolle verbrauchen, nichts hievon verspuͤrten. Was den Betrag des Zolles betrifft, so darf man nicht vergessen, daß der Zoll schon durch sein Bestehen eine gewisse moralische Wirkung ausuͤbt, die ungeachtet der groͤßeren oder geringeren Richtigkeit der Declarationen doch dieselbe bleibt. Nicht der Fabrikant gewinnt durch die falschen Declarationen, sondern derjenige, der sie ausstellt. Ich glaube daher, daß der Zoll, der wegen der Unrichtigkeit der Declarationen zu 15 Proc. angenommen werden kann, eben so wirkt, als wenn wirklich 20 Proc. bezahlt wuͤrden. Fr. Koͤnnen Sie zwischen Ihrer Fabrikation und jener des Auslandes einen Vergleich anstellen? A. Es fehlt mir an hinreichenden Documenten zu einem solchen Vergleiche. Das Ausland verarbeitet eine andere Art von Wolle, und uͤberdieß bestehen in der Qualitaͤt der Tuͤcher so viele Nuancirungen, daß ein solcher Vergleich beinahe unmoͤglich ist. Fr. Zu welchen Bedingungen beziehen sie das Oehl, den Indigo und die anderen Farbstoffe, welche bei der Tuchfabrikation hauptsaͤchlich in Anwendung kommen? U. Es besteht zwar allerdings einiger Unterschied zwischen den Preisen, zu welchen wir diese Substanzen beziehen, und zwischen den Preisen derselben im Auslande; allein die Wolle ist die Basis, und alle uͤbrigen Stoffe kommen nur mit einer sehr geringen Summe in Anschlag. Doch duͤrfte der Einfuhrzoll, der auf dem Indigo und den Farbehoͤlzern lastet, an dem Totalwerthe der Producte einen Unterschied von 5 Proc. ausmachen. Da ich in meiner Fabrik nicht selbst faͤrbe, so kann ich uͤber die Quantitaͤt der verbrauchten Farbstoffe keinen Aufschluß geben. Fr. Mit welchem Brennmateriale arbeiten Sie; woher beziehen Sie es, und wie hoch kommt es Ihnen zu stehen? A. Ich arbeite mit Steinkohlen, welche ich zu 4 Fr. den Hectoliter von Mons und Anzin beziehe. Die Transportkosten der Steinkohlen sind sehr verschieden; sie wechseln zwischen 36 und 46 Sous per Hectoliter, und koͤnnen im Durchschnitte auf 2 Fr. angenommen werden. Fr. Glauben Sie, Sie koͤnnten englische Steinkohlen beziehen, wenn der Zoll auf dieselben herabgesezt wuͤrde? A. Allerdings; da ich jedoch noch nie mit englischen Steinkohlen gearbeitet habe, so weiß ich nicht, welcher Vortheil fuͤr uns daraus erwachsen wuͤrde. Kohle, welche sich zum Heizen der Farbekessel eignet, eignet sich z.B. nicht zum Heizen der Dampfkessel, so daß mit den englischen Kohlen erst Versuche angestellt werden muͤßten. Fr. Welchen Einfluß hat Ihrer Ansicht nach der Zoll auf den Preis des Brennmaterials? A. Dieser Einfluß ist sehr unbedeutend. Der Ankaufspreis betragt an Ort und Stelle beilaͤufig 20 Sous per Hectoliter; rechnet man nun hiezu noch die 2 Fr. Transportkosten und die uͤbrigen Kosten, so bleibt fuͤr den Einfuhrzoll nur eine sehr geringe Summe. Am hoͤchsten kommt uns der Transport; wir haben berechnet, daß wenn zwischen Anzin und Elbeuf eine Eisenbahn bestuͤnde, die Transportkosten nur mehr 5 bis 6 Sous betragen wuͤrden, waͤhrend sie uns gegenwaͤrtig auf 2 Fr. per Hectoliter kommen. Meine Fabrik verbraucht jaͤhrlich gegen 2500 Hectoliter Steinkohlen. Elbeuf zaͤhlt 60 Dampfmaschinen, von denen jede, des Jahres gegen 400 Fuhren Steinkohlen verzehrt; dieß macht also zusammen 24,000 Fuhren, und jede zu 7 1/2 Hectoliter gibt 180,000 Hectoliter, als den jaͤhrlichen Bedarf Elbeufs an Steinkohlen. Fr. Wie hoch belaufen sich die Kosten der Steinkohlen bei jedem Stuͤke Tuch? A. 180,000 Hectoliter zu 4 Fr. geben 720,000 Fr.; da nun in Elbeuf jaͤhrlich gegen 70,000 Stuͤke Tuch erzeugt werden, so kommen auf jedes Stuͤk Tuch 10 bis 12 Fr. Die 700 Stuͤke Tuch, welche ich erzeuge, kommen wegen des Einfuhrzolles der Steinkohlen um 1200 Fr. hoͤher zu stehen. Fr. Wie viel Wolle kommt auf ein Stuͤk Tuch von 40 Ellen? A. Auf jedes Stuͤk Tuch kommen gegen 40 Kilogr. weißgewaschene Wolle. Elbeuf verbraucht demnach jaͤhrlich 2,800,000 Kilogr. gewaschene Wolle, die einen Werth von beilaͤufig 30 Mill. Fr. repraͤsentiren. Fr. Haben Sie diese Berechnungen auch auf die Faͤrbung ausgedehnt? A. Der Verbrauch an Farbstoffen ist eben so wandelbar, wie die leicht veraͤnderliche Mode; beinahe jedes Jahr dominirt eine andere Farbe, und daher hat man hier keinen Anhaltspunkt zu genauen Berechnungen. Fr. Sind Ihre Maschinen so gut wie die englischen, und findet gegen diese ein Unterschied im Preise Statt? A. Der dritte Theil der Maschinen, welche zu Elbeuf bestehen, kam aus England heruͤber; die zwei uͤbrigen Drittheile wurden in Frankreich selbst gebaut. Die ersten Maschinen, die man in Frankreich baute, standen den englischen nach; die neuen kommen ihnen aber so ziemlich gleich, und wenn sie ja in Hinsicht auf aͤußeres Ansehen und Eleganz etwas zu wuͤnschen uͤbrig lassen so kommen sie doch in der Anwendung einander gleich. Was den Unterschied im Preise betrifft, so ist derselbe beinahe Null. Ich ließ mir z.B. von Hrn. Hall in England eine Dampfmaschine von 8 Pferdekraͤften kommen, welche mich 25,000 Fr. kostete; eine ganz gleiche Maschine verfertigt man aber gegenwaͤrtig bei uns in Frankreich fuͤr 19 bis 20,000 Fr., obwohl der Preis dieser Maschine in England selbst seither wenig oder gar nicht gesunken ist. Der ganze Vorzug der englischen Maschinen gegen die unseren besteht daher darin, daß sie reiner ausgearbeitet sind. Fr. Koͤnnen Sie angeben, um wie viel der hoͤhere Preis des Eisens den Preis der Maschinen erhoͤht? A. Nur ein Mechaniker kann diese Frage beantworten; uͤbrigens muß ich bemerken, daß sich das franzoͤsische Gußeisen seit einigen Jahren bedeutend verbesserte. Fr. Welche sonstige Maschinen haben Sie noch in Ihren Fabriken, und wie verhalten sich diese zu den englischen? A. Wir haben außer den Dampfmaschinen noch Maschinen zum Kardaͤtschen, Spinnen, Aufrauhen und Scheeren der Tuͤcher, und auch in allen diesen stehen wir den Englaͤndern nicht nach, obschon diese in lezter Zeit die Aufrauh- und Scheermaschinen bedeutend verbessert haben. Ich kann dieß mit Bestimmtheit sagen, denn ich verschaffte mir erst vor 6 Monaten genaue Daten uͤber die englischen Maschinen, und wuͤßte nicht, daß sich dieselben seither veraͤndert haͤtten. Fr. Wie viel Arbeiter beschaͤftigen Sie, und wie viel ganz Elbeuf? A. Ich beschaͤftige in meiner Fabrik 250 bis 270 Arbeiter; ganz Elbeuf ernaͤhrt ihrer 25 bis 30,000, welche wie anderwaͤrts in drei Hauptclassen, in Maͤnner, Weiber und Kinder zerfallen. Der Lohn der Maͤnner betraͤgt im Durchschnitte taͤglich 2 Fr., jener der Weiber 25 Sous, und jener der Kinder 15 Sous. Den hoͤchsten Lohn beziehen die Fabrikmeister (contre maîtres), von denen sich einer jaͤhrlich auf 12 bis 1500 Fr. steht, und welche monatlich bezahlt werden; und die Stuͤkmeister (chefs de pièces), von denen sich einer taͤglich auf 3 Fr. steht. Der niedrigste Lohn eines erwachsenen Mannes fuͤr eine Arbeit, welche wenig Geschiklichkeit erfordert, betraͤgt 30 Sous des Tages. Fr. Ist der Arbeitslohn seit dem Jahre 1816 derselbe geblieben, und in welchem Verhaͤltnisse steht er im Allgemeinen mit den Beduͤrfnissen des Arbeiters? A. Der Arbeitslohn hat bei uns nur sehr geringe Veraͤnderungen erfahren, indem wir es uns zum Grundsaze machten, nie auf die Handarbeit zu schlagen. Unsere Arbeiter haben daher auch nicht so sehr gelitten, wie jene anderer Industriezweige; sie sind so zu sagen unsere Gefaͤhrten, und unsere Verhaͤltnisse zu ihnen beruhen auf gegenseitigem Wohlwollen. Die Arbeiter leben im Allgemeinen Ziemlich gemaͤchlich; ihre Arbeit sichert nicht nur ihre Existenz, sondern reicht auch zur Befriedigung einiger Lebensgenuͤsse aus. Es wird von 6 Uhr Morgens bis 9 Uhr Abends gearbeitet, so daß die Zahl der Arbeitsstunden, nach Abzug zweier zum Essen bestimmter Stunden, taͤglich 13 betraͤgt. Im Allgemeinen sind unsere Leute hierin sehr genau und fleißig; nur eine gewisse Classe, die Faͤrber naͤmlich, feiern am Montage. Fr. Koͤnnen die Arbeiter etwas von ihrem Lohne ersparen? A. Sie machen auf folgende Weise Ersparnisse. Die meisten unserer Arbeiter besizen ein kleines Stuͤk Grund und Boden, und diesem wenden sie ihre Ersparnisse zu, theils um dasselbe zu verbessern, theils um es zu vergroͤßern. Aus diesem Grunde konnten auch die Sparcassen bei uns nie in Aufschwung kommen. Fr. Wissen Sie welchen Arbeitslohn man in den auslaͤndischen Fabriken bezahlt? A. Ich weiß bloß so viel, daß der Arbeitslohn in Belgien viel niedriger ist, und daß sich die Arbeiter daselbst auch in einem an Elend graͤnzenden Zustande befinden. In England duͤrfte der Arbeiter beinahe so viel verdienen, als bei uns. Fr. Theilen Sie uns nun mit, was Sie uͤber Ihren Absaz zu sagen haben? A. Wir verkaufen unsere Producte in ganz Frankreich, und erfahren dahier, indem unter den Fabriken von Elbeuf selbst eine große Rivalitaͤt Statt findet, eine bedeutende Concurrenz. Die Concurrenz der uͤbrigen franzoͤsischen Staͤdte ist unbedeutend, indem zwischen unseren Tuͤchern und jenen von Louviers und Sedan eine große Verschiedenheit Statt findet. Uebrigens erzeugen wir mehr, als der Verbrauch erfordert, so daß unsere Fabriken immer eine betraͤchtliche Masse fertiger Waare schwebend haben, und daß uns folglich die geringste Stoͤrung in den commerciellen Verhaͤltnissen großen Nachtheil bringt. Von einem Monate zum anderen kann Ueberschuß an Waare und ein Sinken der Preise eintreten. Fr. Koͤnnen Sie uns sagen, welche Epochen die Tuchfabrikation bei Ihnen durchlief? A. Unsere Fabrikation hat sich seit 20 Jahren bedeutend vermehrt; nicht bloß die Zahl der Fabriken ist bedeutend angewachsen, sondern auch die Fabrikationsmethode hat sich bedeutend verbessert. Tuch, welches wir gegenwaͤrtig zu 15 Fr. die Elle liefern, ist besser, als Tuch, welches noch vor 20 Jahren zu 30 Fr. bezahlt wurde. Wir erzeugen gegenwaͤrtig hauptsaͤchlich Tuch, wovon die Elle im Durchschnitte 14 bis 18 Fr. gilt; im Jahre 1812 war der Mittelpreis desselben Tuches 24 Fr., und der hoͤchste Preis stieg sogar auf 40 Fr. Seither sind die Preise fortwaͤhrend gesunken, waͤhrend die Verbesserungen in der Fabrikation hauptsaͤchlich darauf gerichtet waren, den Tuͤchern von geringerer Guͤte mehr Schoͤnheit und aͤußeren Glanz zu geben. – Die Production selbst hat bei uns bedeutend zugenommen; denn waͤhrend wir im Jahre 1814 jaͤhrlich nur 20 bis 25,000 Stuͤke Tuch erzeugten, erzeugen wir gegenwaͤrtig 60 bis 70,000. Fr. Wie verhalten sich die Preise Ihrer Tuͤcher zu den belgischen und englischen Tuͤchern von gleicher Guͤte? A. Ich kann hierauf keine genaue Antwort geben; aber so viel weiß ich, daß wir bei Ruͤkerstattung des Zolles, der auf den Rohprodukten lastet, auf den fremden Maͤrkten wohl Concurrenz halten koͤnnen. Fr. Fuͤhren Sie viel von Ihren Fabrikaten aus? A. Wir trachten hauptsaͤchlich wohlfeiles Tuch aus feiner Wolle und von einem gewissen Glanze zu verfertigen, und daher sind die Fabrikate Elbeufs auch im Auslande gesucht. Wir verkaufen uͤbrigens nur durch Vermittelung von Kaufleuten; doch wissen wir, daß unsere Tuͤcher nach den beiden Amerika's, nach Italien, und in geringer Menge auch nach der Levante gehen. Mit der Versendung nach China machte man ein einziges Mal einen Versuch, der jedoch nicht guͤnstig ausfiel. Fr. Die Ausfuhr genoß, so lange der Einfuhrzoll auf fremde Wolle 30 Proc. betrug, eine Praͤmie von 13 1/2 Proc.; da nun aber der Zoll auf 20 Proc. herabgesezt wurde, so wird auch die Praͤmie in gleichem Verhaͤltnisse vermindert werden muͤssen. Haben Sie in dieser Hinsicht etwas zu bemerken? A. Wir muͤssen bitten, daß man hiebei nicht den Zoll, der auf den uͤbrigen, zur Tuchfabrikation noͤthigen Substanzen ruht, naͤmlich den Zoll auf den Indigo und die uͤbrigen Farbstoffe vergesse, indem diese Zoͤlle nicht herabgesezt wurden. Fr. Diese Bemerkung wird bei dem neuen Gesezesentwurfe beruͤksichtigt werden. Allein wir wuͤnschten hauptsaͤchlich von Ihnen zu hoͤren, ob Sie die Praͤmie, unter welcher die Ausfuhr seit dem Jahre 1831 Statt fand, und welche 13 1/2 Proc. betrug, fuͤr hinreichend halten, um Ihnen die Concurrenz auf den fremden Maͤrkten zu sichern? A. Wir fanden diese Praͤmie beinahe genuͤgend, und doch muß ich bemerken, daß sie keiner vollkommenen Ruͤkerstattung gleichkommt, indem die Zoͤlle, die auf den verschiedenen Rohstoffen lasten, bei unserem Fabrikate 17 1/2 Proc. betragen. Fr. Ruͤhrt die Schwierigkeit, mit der Sie mit den fremden Fabrikanten Concurrenz halten koͤnnen, nicht hauptsaͤchlich davon her, daß Ihre Fabrikate auf gewissen auswaͤrtigen Maͤrkten hohe Zoͤlle zahlen muͤssen? A. Allerdings; denn es gibt Laͤnder, in denen Frankreich weit weniger beguͤnstigt ist, als irgend ein anderer Staat. Fr. Wuͤrde die Ausfuhr zunehmen, wenn die Praͤmie erhoͤht wuͤrde? A. Die Zunahme und Erweiterung der Ausfuhrcanaͤle haͤngt nicht immer von einer Erhoͤhung der Praͤmie, sondern vielmehr von der Art und Weise ab, auf welche derlei Unternehmungen von den Kaufleuten angestellt werden. Die Ausfuhr befand sich, ich muß es gestehen, bisher in schlechten Haͤnden, und haͤtte gewiß schon weit groͤßere Wichtigkeit erlangt, wenn sie auf einer anderen Basis und mit redlicheren Absichten unternommen worden waͤre. Ich bin der vollen Ueberzeugung, daß unsere commerciellen Verbindungen nicht auf der wahren Basis beruhen. Man sollte immer nur die besten Fabrikate ausfuͤhren, waͤhrend man bisher großen Theils Ausschuß oder verdorbene Waare ausfuͤhrte; man dachte nicht an die Zukunft, man strebte nicht sich einen ehrenvollen Ruf zu verschaffen, sondern Alles war auf den augenbliklichen Gewinn abgesehen. Unser Ausfuhrhandel bedarf daher vor Allem achtbarer Haͤuser; denn nur durch diese koͤnnen bleibende, auf Vertrauen begruͤndete Handelsverhaͤltnisse hergestellt werden. Fr. Diese Ihre Bemerkungen stimmen so ziemlich mit den Berichten unserer Agenten im Auslande uͤberein; sie klagen haͤufig uͤber den Mangel an Auswahl bei den ausgefuͤhrten Artikeln, so wie auch daruͤber, daß man den Geschmak der Consumenten nicht genug beruͤksichtigt. Leider scheint es auch uns, daß mehrere der Ausfuhr Treibenden bei ihren Verbindungen mit dem Auslande nicht mit gehoͤriger Redlichkeit zu Werke gehen. A. Dieß ist vollkommen richtig, und wenn es auch einzelne Haͤuser gibt, die mit großer Redlichkeit ihr Geschaͤft betreiben, so muß man doch gestehen, daß der Tuchhandel nach dem Auslande großen Theils in schlechten Haͤnden ist. Ich will Ihnen nur ein Beispiel anfuͤhren. Ich hatte Tuͤcher, welche in Amerika gut zu gehen schienen, geliefert, als eines der ausfuͤhrenden Haͤuser mir die Zumuthung machte, ich sollte auf Tuͤcher von Mouy, die an Qualitaͤt jenen von Elbeuf weit nachstehen, meinen Namen und meine Marke sezen! Fr. Welcher Ansicht sind Sie in Betreff der Aufhebung des Einfuhrverbotes und der Ersezung derselben durch einen Schuzzoll? A. Nach meiner Ansicht laͤßt sich das Einfuhrverbot nur dann durch einen Zoll ersezen, wenn in allen unseren Verbindungen eine Veraͤnderung des Systemes daraus hervorgehen soll. Haben wir bloß mit England und Belgien zu unterhandeln, so wird uns die Aufhebung des Einfuhrverbotes Nacktheil bringen, ohne irgend einen Vortheil dafuͤr zu gewaͤhren. Man erinnere sich nur an den Vertrag vom Jahre 1786 und an die nachteiligen Folgen desselben fuͤr unsere Industrie. Ich bin wenigstens ganz uͤberzeugt, daß die Aufhebung des Einfuhrverbotes, durch welchen Zoll dasselbe auch ersezt werden moͤchte, einen Wettstreit erzeugen wuͤrde, der unsere Fabriken erdruͤken muͤßte, indem wir in Frankreich keine so großen Capitalien besizen, um einen solchen aushalten zu koͤnnen. Meine Fabrik z.B., in der nur ein sehr mittelmaͤßiges Capital stekt, wird nie mit dem belgischen Hause Biallet, dessen Capitalien sich auf 30 Mill. belaufen, wetteifern koͤnnen. Waͤre hingegen eine Aussicht vorhanden, daß sich das System gegenseitiger Zugestaͤndnisse nicht bloß auf England und Belgien beschranken, sondern sich auch uͤber die uͤbrigen europaͤischen Nationen ausdehnen wuͤrde, so waͤre die Frage eine ganz andere; denn dann waͤren die Absazwege weit zahlreicher, so daß unsere Fabrikation auch nicht im Geringsten mit einer Unterbrechung bedroht waͤre. Fr. Sie sprechen vom Vertrage vom Jahre 1786, der einen ganz illusorischen Zoll von 12 Proc., der nicht ein Mal ganz erhoben wurde, festsezte. Nicht um eine derlei Maßregel wird es sich gegenwaͤrtig handeln, sondern um einen Zoll, der unseren Fabriken hinreichenden Schuz gewaͤhren wuͤrde, und dessen Erhebung so sicher waͤre, als es bei unseren gegenwaͤrtigen Mauthen moͤglich ist. Es scheint endlich, daß von dem Augenblike an, wo Sie bei einer Praͤmie von 13 1/2 Proc. auf den fremden Maͤrkten Concurrenz halten koͤnnen. Sie wohl auch auf dem eigenen Markte concurriren koͤnnen, wenn Sie auf diesem nicht nur durch einen wirksamen Zoll, sondern auch durch die Transportkosten geschuͤzt werden? A. Ich habe schon oben gesagt, daß wir in Ueberschuß fabriciren, und daß die geringste Unterbrechung in den Geschaͤften unsere Fabrikation in Stoken bringen kann. Wenn z.B. nur 2000 Stuͤke belgisches Tuch nach Frankreich eingefuͤhrt werden, und diese Quantitaͤt noch zu der schwebenden Masse unserer eigenen Fabrikation hinzukommt, so koͤnnen wir nicht mehr fabriciren. Von welcher Beschaffenheit auch der Zoll, den man auf die fremden Tuͤcher legen will, seyn mag, so wird deren freie Circulation im Inneren nothwendig einen Betrug mit sich bringen, der unserer Fabrikation bedeutend schaden wird. Fr. Das gegenwaͤrtige System beruht auf dem Einfuhrverbote und auf der Wegnahme im Inneren. Sie scheinen zu glauben, daß die Annahme eines Zolles bei der Einfuhr die Wegnahme im Inneren aufheben wuͤrde. Was wuͤrden Sie aber davon halten, wenn man Mittel faͤnde bei der Festsezung des Einfuhrzolles auch noch die Wegnahme im Inneren beizubehalten? A. Das Wort freie Circulation scheint mir bei der Moͤglichkeit der Wegnahme im Inneren ein wahrer Unsinn. Wie laͤßt sich in der That der Ursprung der Waaren bis in die kleinsten Localitaͤten herab ermitteln? Heut zu Tage besteht die freie Circulation gar nicht; wuͤrde dieselbe aber gestattet, so gaͤbe es kein Mittel zur Verhinderung von Betrug. Fr. Wir glauben in einige Erklaͤrungen hieruͤber eingehen zu muͤssen. Die gegenwaͤrtige Erlaubniß zur Wegnahme im Inneren verhindert die freie Circulation keineswegs; denn die Tuͤcher verhalten sich nicht wie die Getraͤnke, die bloß mit Paͤssen und Zollscheinen circuliren koͤnnen. Es ist Thatsache, daß wenn ein verbotener Gegenstand ein Mal die ersten Linien durchbrochen, derselbe frei im Inneren circuliren kann, bis die Mauth auf denselben stoͤßt, was nur zufaͤllig oder nach erfolgter Denunciation geschieht. Die Zuruͤknahme des Einfuhrverbotes wuͤrde nun hieran nicht das Geringste andern; denn der fremde Ursprung ließe sich durch eine Marke, die man den Gegenstaͤnden bei der Einfuhr aufdruͤkte, beurkunden, und alle auslaͤndischen Tuͤcher, welche nicht mit dieser Marke versehen waͤren, waͤren wie bisher im Inneren wegnehmbar. A. Man wuͤrde immer Mittel finden zu betruͤgen. Man koͤnnte mittelst eines einzigen, mit der Marke versehenen Stuͤkes Tuch deren 10 und 100 verkaufen. Gegenwaͤrtig wird nur eine sehr geringe Menge Tuch eingeschmuggelt, weil das Einfuhrverbot entgegen ist; so wie dieses aufgehoben wuͤrde, wuͤrde der Betrug gewiß zunehmen; denn waͤhrend man sich gegenwaͤrtig nur an geringe Quantitaͤten wagt, wuͤrde man dann gewiß mit großen Quantitaͤten sein Handwerk treiben. Fr. Und doch scheint es, daß wenn sich der Ursprung ermitteln laͤßt, die Binnencontrole nicht weniger Garantien gewaͤhren wuͤrde, als das gegenwaͤrtige System. So wurde z.B. bei dem Baumwollgarne von Nr. 143 und daruͤber, dessen Einfuhr gestattet ist, die Wegnahme im Inneren beibehalten; man versieht die Baumwolle bei der Einfuhr mit einer Marke, und alle englische Baumwolle, die ohne diese Marke getroffen wird, kann im Inneren weggenommen werden. Ließe sich dieß System nicht auch auf die Tuͤcher ausdehnen? A. Es handelt sich hier um einen großen Unterschied; denn es ist wen leichter den Ursprung des Baumwollgarnes, als jenen des Tuches, welches so viele Nuancen und Qualitaͤten darbietet, zu ermitteln. Fr. Wir sehen nur so viel ein, daß diese Repressionsmaßregeln in Hinsicht auf die Tuͤcher noch weit wirksamer seyn muͤssen, indem es doch gewiß schwerer ist ein Stuͤk Tuch der Mauth zu verhehlen, als einen gleichen Werth feines Baumwollgespinnst. Uebrigens lade ich sie ein, diesen Punkt mit dem General-Zolladministrator, Hrn. Grétérin zu besprechen, indem dieser der Ansicht ist, daß sich die Wegnahme im Inneren sehr wohl mit der Aushebung des Einfuhrverbotes vereinen laͤßt. Fr. des Hrn. Grétérin. Ich muß Hrn. Lefort vor Allem fragen, ob er weiß, daß in Frankreich fremdes Tuch eingeschmuggelt wird? Seit vier Jahren hat die Mauth auch nicht ein einziges Stuͤk Tuch weggenommen, und dieß gilt mir als Beweis, daß hierin kein Betrug getrieben wird. Ich nehme jedoch hier die sogenannten Stoffs aus, die aus einer englischen Wolle, welche man in Frankreich nicht spinnt, erzeugt werden. A. Die geringe Quantitaͤt Tuch, welche eingeschmuggelt wird, ist so unbedeutend, daß sie gar nicht in Anschlag zu kommen braucht. Man schmuggelt keine Tuͤcher, weil deren Einfuhr verboten ist; und weil man gewohnt ist, bei der großen Wachsamkeit der Mauth auf Alles, dessen Einfuhr verboten ist, jeden Betrug fuͤr unmoͤglich zu halten. Fr. des Hrn. Gr. Ich muß Ihnen bemerken, daß diese Wachsamkeit ohne Unterschied alle mauthbaren Gegenstaͤnde, und nicht vorzugsweise den einen oder den anderen betrifft. Die Baumwollgespinnste wurden, als sie verboten waren, ziemlich leicht eingeschmuggelt, weil sie sich leicht transportiren ließen, und weil sie selbst bei einem kleinen Volumen einen großen Werth darboten. Aus dem umgekehrten Grunde ist aber das Schmuggeln der Tuͤcher nicht so leicht thunlich; und daher ist die Assecuranzpraͤmie auch nach den Schwierigkeiten, die dem Schmuggler im Wege stehen, verschieden. Wenn kein Tuch eingeschmuggelt wird, so ruͤhrt dieß gewiß davon her, daß man fand, daß bei der hohen Praͤmie die fremden Tuͤcher nicht mit Vortheil auf dem franzoͤsischen Markte erscheinen koͤnnten. A. Diese Bemerkung scheint mir richtig. Fr. d. Hrn. Gr. Was die Schwierigkeiten betrifft, die ihnen bei dem Umtausche des Einfuhrverbotes gegen einen Zoll das Nachsuchen im Inneren darzubieten scheint, so muß ich Ihnen bemerken, daß es mit Huͤlfe eines Bleies oder irgend einer anderen Art von Marke leicht seyn wuͤrde, den Ursprung der zur Verzollung gebrachten Tuͤcher zu constatiren. Die Abwesenheit des Bleies oder der Marke wuͤrde genuͤgen, um den fremden Ursprung respectiren zu machen. Wie groß auch die Verschiedenheit der Wollenzeuge seyn mag, so laͤßt sich doch nimmermehr laͤugnen, daß die Marke eine starke Garantie der guten Handhabung des Gesezes geben wuͤrde. Sie muͤssen uͤbrigens bemerken, daß die Mauth mehr an der Graͤnze, als im Inneren ihre Staͤrke hat; die Agenten im Inneren koͤnnen beinahe nur auf den Zufall hin handeln, und wenn sie eine Wegnahme verfuͤgen, so liegt fast immer eine Denunciation zum Grunde. Es wurde noch nicht ein Kilogramm Baumwollgespinnst, auch nicht ein Meter Tull im Inneren weggenommen, wobei die Mauth nicht durch Angeber geleitet worden waͤre. Ebendiesen Denunciationen wuͤrden aber auch die Tuͤcher ausgesezt seyn, und ich glaube daher dafuͤr stehen zu koͤnnen, daß der Dienst der Mauth in Betreff der Tuͤcher nach Aufhebung des Einfuhrverbotes gewiß eben so streng und wirksam seyn wuͤrde, als er es gegenwaͤrtig ist. (Der Herr Finanzminister sezte hier das Verhoͤr wieder selbst fort.) Fr. Wie Sie sehen, handelt es sich darum sich uͤber die Mittel zur Constatirung des Ursprunges zu verstaͤndigen, damit die Wegnahme im Inneren bei der Einfuͤhrung eines Schuzzolles eben so gut bestehen koͤnne, wie unter dem Prohibitivsysteme. A. Ich beharre darauf, daß dieß unmoͤglich ist, und will nur ein Beispiel anfuͤhren. Die Branntwein- und Liqueurverkaͤufer sind taͤglich der Amtsuntersuchung unterworfen, und dessen ungeachtet betruͤgen sie die Staatsverwaltung taͤglich. Die Mauth muͤßte daher Untersuchungen in den Magazinen anstellen. um sich sicher zu stellen, ob dieser oder jener Artikel englischen Ursprungs ist. Fr. Allein unter dem Prohibitivsysteme befinden Sie sich ja in derselben Stellung; denn wenn das Tuch oder der Zeug ein Mal uͤber die Graͤnze gekommen, so muß man das fremde Fabrikat auch in den Magazinen aufsuchen und wegnehmen. A. Allerdings; aber unter dem Prohibitivsysteme findet keine Schmuggelei Statt. Fr. Unter einem Schuzzolle wird der Betrug gewiß nicht groͤßer seyn; denn die Assecuranzpraͤmie wird immer so groß seyn, daß die Schmuggelei keine Vortheile gewaͤhrt, besonders wenn noch uͤberdieß die Wegnahme im Inneren beibehalten wird. A. Die Wegnahme im Inneren wird immer nur hoͤchst selten eintreten, weil es sehr schwer ist den Ursprung des Tuches zu erkennen. Fr. Ich weiß allerdings, daß die Jury große Muͤhe hat den franzoͤsischen Tull vom englischen zu unterscheiden; allein beim Tuche steht sie nie an zu entscheiden. Die franzoͤsischen Fabrikate haben hier einen eigenthuͤmlichen nationalen Charakter, der die Circulation fremder Tuͤcher sehr erschwert. A. Ich bin hierin nicht Ihrer Ansicht. Die Comités, welche zur Abschaͤzung der Tuͤcher, welche wir ausfuͤhren, errichtet sind, sind nicht immer im Stande unsere verschiedenen Arten von Tuch zu unterscheiden. Gaͤbe es einen eigenthuͤmlichen Typus, so muͤßten sie leicht erkennen, welcher Fabrik diese oder jene Tuͤcher angehoͤren, und wie groß folglich deren Werth ist. Es ist Thatsache, daß zwischen den fremden Tuͤchern und den unserigen beinahe vollkommene Identitaͤt Statt findet, und dieß ist so wahr, daß die Amerikaner, die nach Europa kommen, englische und franzoͤsische Tuͤcher ankaufen, ohne sich dabei nach irgend etwas Anderem, als nach dem Preise zu richten. Fr. Sie vergessen, daß diese Aehnlichkeit sowohl in dem einen, als in dem anderen Falle besteht, und daß ja doch auch im Falle des Einfuhrverbotes der Ursprung ermittelt werden muß, um die Wegnahme verfuͤgen zu koͤnnen. A. Darauf antworte ich, was ich schon oben gesagt, daß man unter dem Schuze eines markirten Stuͤkes 10 und 100 verkaufen wird, die der Mauth entgingen. Fr. Sie vergessen ja doch nicht, daß die Abwesenheit der Marke zur Wegnahme berechtigen wuͤrde. A. Sie glauben also, daß die Schmuggler nicht so gewandt waͤren die Marke nachzumachen? Fr. Das waͤre eine Verfaͤlschung, und Sie wissen wohl, welche hohe Strafe auf eine solche gelegt ist. Uebrigens werden Sie wohl glauben, daß von dem Augenblike an, wo die Zulassung fremder Tuͤcher ausgesprochen waͤre, die Regierung kein Mittel die gute Ausfuͤhrung der Maßregeln zu sichern vernachlaͤssigen wuͤrde. Man hat von einem Bleie gesprochen; allein es koͤnnte eben so gut auch ein Staͤmpel angewendet werden, waͤhrend gegenwaͤrtig nichts von allem dem besteht. A. Ich muß hier wiederholen, daß gegenwaͤrtig die Wachsamkeit der Mauth an der Graͤnze so groß ist, daß man gar kein Tuch zu schmuggeln wagt. Wenn ja ein Stuͤk hereinkommt, so dient es hoͤchstens zum Vergleiche. Ich hatte selbst Gelegenheit ein Stuͤk belgisches Tuch aus der Fabrik des Hrn. Osoër mit Elbeufer Tuch von gleicher Guͤte zu vergleichen, und habe gefunden, daß der Unterschied im Preise beinahe 15 Proz., d.h. beinahe den Betrag der Mauth unserer Rohstoffe ausmachte. Fr. Die Zoͤlle auf die fremden Wollen wurden ungeachtet der Reclamationen der franzoͤsischen Producenten herabgesezt, und es folgte daraus ein Sinken der Wollenpreise im Inneren. Ihre Stellung als Tuchfabrikant wurde dadurch gewiß eine bessere, und folgt hieraus nicht, daß Sie die fremde Concurrenz auf dem eigenen Markte nun weniger als je zu fuͤrchten haben? A. Man kann diese Herabsezung der Zoͤlle doch nicht zur Waffe gegen uns machen; denn wir dachten immer, daß die Landwirthschaft so gut, wie die uͤbrigen Zweige des Staatsreichthums eines Schuzes beduͤrfe, der jedoch gewisse Graͤnzen nicht uͤberschreiten darf. Wir verlangten keine gaͤnzliche Aufhebung des Zolles auf die Wolle, sondern bloß eine Herabsezung des Schuzes, den man der Landwirthschaft angedeihen ließ, und der zu hoch war. Man muß bemerken, daß wir eine um so groͤßere Anzahl von Haͤnden beschaͤftigen, je niedriger der Preis der Wolle steht, und daß also die Industrie und die Consumenten in demselben Maaße dabei gewinnen. Fr. Wie sollte der Schuzzoll beschaffen seyn, im Falle statt des Einfuhrverbotes ein solcher eingefuͤhrt werden sollte? A. Da ich gegen alle Veraͤnderung des bestehenden Verbotes bin, so habe ich diese Frage nicht genau erwogen, allein wie hoch auch der Zoll seyn mag, so wird man der großen Schwierigkeit, und in meinen Augen selbst der Unmoͤglichkeit, gewisse Stoffe abzuschaͤzen nicht entgehen. Eine neue Farbe, eine neue Melirung kann den Werth um 25 Proc. erhoͤhen, und es ist ganz unmoͤglich diese Elemente mit bei der Abschaͤzung zu beruͤcksichtigen. Fr. Sie duͤrfen nicht vergessen, daß das Prohibitivsystem zu Gunsten unserer Fabriken eingefuͤhrt wurde, um dieselben in Stand zu sezen, einst mit dem Auslande concurriren zu koͤnnen. Das Einfuhrverbot kann daher nur temporaͤr seyn; und es ist selbst in den Augen jener, die diesem Systeme huldigen, eine Art von Stuͤze, die man dem Baume gibt, so lange er noch schwach ist; die man ihm aber entzieht, sobald er sich ein Mal selbst aufrecht zu erhalten vermag. Glauben Sie denn des Einfuhrverbotes immer zu beduͤrfen? A. Wir koͤnnen die Dauer desselben nicht bestimmen; denn fuͤr uns ist das Einfuhrverbot keine Thatsache, sondern ein Princip, welches die besten Wirkungen hervorbringt. Wir glauben, daß die allgemeine Wohlfahrt der arbeitenden Classen, die sich daraus ergibt, mehr werth ist, als irgend ein anderer Umstand. Das Einfuhrverbot hat uns erhalten und hat seinen Zwek vollkommen erfuͤllt; es sollte uns fortschreiten machen, und wir haben wirklich auch alle Fortschritte gemacht, die sich mit unseren Umstaͤnden vereinbaren ließen. Wir erzeugen so wohlfeil, als das Ausland, indem wir bloß unter der Ruͤkerstattung des Zolles ausfuͤhren; allein wenn wir auch in Hinsicht auf Industrie mit dem Auslande auf gleicher Stufe stehen, so stehen wir ihm in Hinsicht der Capitalien nach. In England, wo sich die Gelder in den Haͤnden der Fabrikanten anhaͤufen, besizen die Fabriken Mittel, die sie leicht in Stand sezen mit uns ringen zu koͤnnen; wir hingegen koͤnnen wohl mit ihnen Concurrenz halten, aber nicht mit ihnen ringen; denn bei uns in Frankreich ist das Eigenthum, das Capital und Alles getheilt. Wir betrachten daher das Einfuhrverbot nicht als Monopol, indem wir nicht theurer produciren, als das Ausland, und weil unsere eigene Concurrenz hinreicht den Preis der Tuͤcher beinahe mit jedem Tage herabzudruͤken; sondern wir betrachten dasselbe als ein zur Wohlfahrt fuͤhrendes Princip, dessen Resultate nichts zu wuͤnschen uͤbrig lassen. Wenn wir stehen geblieben waͤren; wenn wir unter dem Schuze des Prohibitivsystemes eingeschlafen waͤren; wenn wir uns endlich nach einer 20 jaͤhrigen Dauer dieses Systemes noch da befaͤnden, wo wir uns bei der ersten Annahme desselben befanden; so ließe sich das System allerdings angreifen. Allein, warum etwas umaͤndern, dessen Wirkungen allgemein vortheilhaft waͤren, und bei dem Jedermann gewinnt? Es gibt mehr Arbeit, und der hoͤhere Werth der Grundstuͤke beweist, daß sich auch der Akerbau nicht schlecht dabei befindet. Fr. Sie haben gesagt, daß Sie hauptsaͤchlich wegen der groͤßeren Capitalien ein Ringen mit dem Auslande fuͤrchten. Wie kommt es nun aber, daß die Auslaͤnder nicht auch auf den fremden Maͤrkten von diesem Mittel Gebrauch machen, um unsere Fabrikate von denselben zu verdraͤngen? A. Wir mußten uns jederzeit zuruͤkziehen, so oft sie auf diesen Maͤrkten Opfer bringen wollten; da man jedoch nicht alle Tage Opfer bringen will, so erschienen wir jedes Mal wieder, so oft man dieses Verfahren eingestellt hatte. Wir konnten dieß um so leichter, als wir nach unserem eigenen Markte einen sicheren Ruͤkzug hatten; dieß wuͤrde aufhoͤren, sobald wir bei unserem eigenen Herde gleichfalls zu kaͤmpfen haͤtten. Ich will hier einen Vorgang anfuͤhren, der sich in einem Canton der Schweiz zutrug. Man hatte in St. Gallen mehrere ausgedehnte Musselinfabriken errichtet, die, weil sie in Hinsicht auf den Arbeitslohn besser gelegen waren, als die englischen, wohlfeilere Fabrikate liefern konnten, als die Englaͤnder. Die Folge davon war, daß die Englaͤnder die Schweizer in ihrer eigenen Heimath mit einer solchen Masse von Waaren uͤberschwemmten, daß die neu erstandenen Fabriken endlich erdruͤkt und ganze Ortschaften brodlos wurden. Eben so wuͤrde es auch uns gehen. Fr. Sie sagten, daß die Englaͤnder ihre Opfer auf den fremden Markten nicht fortsezen konnten, und daß unsere Fabrikate daher nur momentan von denselben verdraͤngt wurden. Glauben Sie denn, es wuͤrde uns schwerer seyn, uns auf dem eigenen Markte zu erhalten, besonders wenn unsere Fabriken auf diesem einen Schuz von 30 bis 40 Proc. genoͤssen? A. Unsere Fabrikation ist, wie gesagt, schon gegenwaͤrtig groͤßer, als der Verbrauch im Inneren; so wie also die Nachfrage nur etwas abnimmt, hoͤrt die Produktion auf, und wir koͤnnen nicht laͤnger mehr arbeiten. Urtheilen Sie demnach, welche Wirkung es haben muͤßte, wenn auf ein Mal eine große Masse fremder Fabrikate gebracht wuͤrde, und welchen Stoß unsere Fabriken dadurch erleiden wuͤrden. Fr. Dazu wuͤrden aber ungeheure Opfer erforderlich seyn; denn um diese Operation wirksam zu machen, duͤrfte sie sich nicht bloß auf den franzoͤsischen Markt allein beschraͤnken, sondern sich auf alle Maͤrkte, auf die wir unsere Fabrikate schaffen koͤnnen, erstreken. Ja das Sinken der Preise wuͤrde selbst in England und Belgien eintreten, indem ein solches Sinken immer allgemein werden muß, und sich nie auf einen einzelnen Ort beschranken kann. A. Die hiezu noͤthigen Ovfer sind nicht so groß, als man meinen sollte. 500 MillionenSo steht es im Moniteur; duͤrfte aber ein Drukfehler seyn. A. d. R. waͤren hinreichend um alle unsere Fabriken zu erdruͤken, und kaͤme die Fabrikation nur ein Mal in Stoken, so muͤßten wir bald zuruͤkbleiben, und wir haͤtten keine Mittel mehr, so leicht wieder die Concurrenz zu erringen. (Fortsezung und Beschluß im naͤchsten Heft.)