Titel: Ueber die Zusammensezung des im Kartoffelbranntweine enthaltenen Fuselöhles; von Hrn. J. Dumas.
Fundstelle: Band 55, Jahrgang 1835, Nr. XXII., S. 120
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XXII. Ueber die Zusammensezung des im Kartoffelbranntweine enthaltenen Fuseloͤhles; von Hrn. J. Dumas. Aus den Annales de Chimie et de Physique. Julius 1834, S. 314. Zusammensezung des im Kartoffelbranntweine enthaltenen Fuseloͤhles. Bekanntlich besizt der aus Korn oder Kartoffeln bereitete Branntwein einen eigenthuͤmlichen Geruch und Geschmak, den man Fusel nennt und welchen man ihm durch unendlich viele Mittel zu benehmen versuchte. Das einzige, wodurch meines Wissens der Zwek erreicht wird, besteht darin, daß man den Branntwein rectificirt. Man kann auf diese Art leicht einen Alkohol erhalten, der den unangenehmen Geschmak und Geruch des Branntweines nicht mehr besizt. Heut zu Tage weiß man, daß ein eigenthuͤmliches Oehl, das sich bei der Rectification eines solchen Branntweines abscheidet, die Substanz ist, welche ihm diesen Geruch und Geschmak ertheilt. Scheele hat zuerst dieses Oehl in dem Kornbranntweine entdekt. Er bemerkte, daß es sich beim Erkalten von demselben absondert und daß man durch dasselbe, wenn man es ein Mal isolirt hat, reinem Branntweine den Fusel ertheilen kann, indem man es darin aufloͤst. Fourcroy und Vauquelin haben bewiesen, daß dieses Oehl keineswegs ein Product, der Gaͤhrung, sondern schon gebildet vorher vorhanden ist, wie z.B. in den Gerstenkoͤrnern, welche, nachdem man sie durch Auswaschen mit Wasser erschoͤpft hat, dann ihr Oehl an reinen Alkohol abgeben. In der lezten Zeit bestimmte Hr. Payen sogar das Organ, worin sich bei den Kartoffeln dieses Oehl aufhaͤlt; nur das Sazmehl und zwar die Huͤlsen desselben enthalten nach ihm diese oͤhlige Substanz.Polytechn. Journal Bd. L. S. 209. Ueber die Eigenschaften dieses Oehles stimmen die Angaben der Chemiker nicht mit einander uͤberein, was sich aus der Natur der von ihnen untersuchten Producte selbst erklaͤrt. Diejenigen, welche Gerstenbranntwein behandelten, erhielten daraus ein krystallisirbares Oehl, welches sich nur schwer verfluͤchtigen ließ, sich durch die Destillation mehr oder weniger veraͤnderte und so fett war, daß es auf Papier bleibende Fleken hinterließ. Es wuͤrde sich also nach diesen Eigenschaften mehr den fetten als den fluͤchtigen Oehlen naͤhern. Hr. Pelletan, welcher Gelegenheit hatte, das aus Kartoffelbranntwein abgeschiedene Oehl zu untersuchen, schreibt ihm ganz andere Eigenschaften zu. Es hat nach ihm alle Eigenschaften eines wesentlichen Oehles und scheint sich in mancher Hinsicht durch seine Reactionen dem Alkohol selbst zu naͤhern. Wegen lezteren Umstandes wuͤnschte ich immer Gelegenheit zu haben, dieses Oehl selbst zu untersuchen; endlich erhielt ich ein solches aus der Fabrik des Hrn. Dubrunfaut, das er selbst gesammelt hatte. Dieses Oehl war, so wie es mir uͤbergeben wurde, stark roͤthlichgelb gefaͤrbt und roch sehr unangenehm. Wenn man lange Zeit eine Luft einathmet, die mit seinen Daͤmpfen geschwaͤngert ist, so empfindet man Reiz zum Erbrechen und Kopfschmerzen in hohem Grade. Unter den Koͤrpern, welche ich darauf einwirken ließ, veraͤndert das kohlensaure Kali seinen Geruch am meisten. Mit kaͤuflicher Potasche destillirt, erhaͤlt es einen Fruchtgeruch, aͤhnlich demjenigen von Salpeteraͤther oder Renettaͤpfeln. Im rohen Zustande enthaͤlt dieses Oehl, obgleich scheinbar in Wasser unaufloͤslich, noch eine sehr große Menge Alkohol. Um denselben abzuscheiden, muß man die verschiedene Fluͤchtigkeit dieser beiden Koͤrper benuzen. Wird das rohe Oehl mit der gehoͤrigen Vorsicht destillirt, so erhaͤlt man einen Ruͤkstand, welcher bei 130 oder 132° C. kocht, und den man besonders halten muß; wenn man die ersten Producte der Destillation beseitigte und die mittleren besonders sammelte, so kann man, indem man leztere nochmals mit derselben Vorsicht destillirt, neuerdings eine Quantitaͤt Oehl erhalten, die bei 130 bis 132° C. kocht. Das so erhaltene Oehl muß selbst wieder mit Sorgfalt destillirt werden, und liefert endlich ein gleichartiges Product, das bei 131,5° kocht, wasserhell, farblos und eigenthuͤmlich uͤbelriechend ist. Es besteht aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff in Verhaͤltnissen, welche auf einige Verwandtschaft zwischen ihm und der Familie des Alkohols und der Aetherarten hinzuweisen scheinen. Wahrscheinlich ist es aber nur ein Koͤrper aus der Familie der Kampherarten oder der analogen wesentlichen Oehle. 0,268 Gr. Oehl gaben bei der Analyse 0,33 Wasser und 0,672 Kohlensaͤure; es besteht demnach aus: Kohlenstoff   69,3 Wasserstoff   13,6 Sauerstoff   17,1 ––––– 100,0. Da dieses Oehl auf eine vollkommen regelmaͤßige Art kocht, so bestimmte man die Dichtigkeit seines Dampfes, welche = 3,147 gefunden wurde. Nach diesen Resultaten entspricht das Oehl der Formel C₁₀ H₁₂ O. Das von Hrn. Pelletan untersuchte enthielt noch Alkohol.