| Titel: | Ansichten verschiedener französischer Fabrikanten über den gegenwärtigen Zustand ihres Industriezweiges in Frankreich, und über die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes für ihre Fabriken. | 
| Fundstelle: | Band 56, Jahrgang 1835, Nr. XIV., S. 47 | 
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                        XIV.
                        Ansichten verschiedener franzoͤsischer
                           Fabrikanten uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand ihres Industriezweiges in
                           Frankreich, und uͤber die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes fuͤr
                           ihre Fabriken.
                        Im Auszuge aus dem Temps und Moniteur
                                 universel.
                        (Fortsezung von Bd. LV. Heft 6, S.
                           467.)
                        Gegenwaͤrtiger Zustand einiger Industriezweige in
                           Frankreich.
                        
                     
                        
                           IV. Ueber die Tuch- und
                              Wollenwaaren-Fabrikation.
                           
                              6) Aussagen des Hrn.
                                    Jourdain-Ribouleau, Tuchfabrikanten und Abgeordneten der
                                    Handelskammer in Louviers.
                              Fr. Wie groß ist das Capital, mit welchem man in
                                 Louviers arbeitet; wie viel Tuch wird daselbst erzeugt, und aus welcher Wolle?
                                 – A. Das in den Gebaͤuden und Geraͤthschaften stekende
                                 Capital mag sich in den Fabriken in Louviers auf 25 bis 30 Mill. Fr. belaufen.
                                 Ich arbeite mit einem Betriebscapitale von 1,800,000 bis zu 2 Mill. Fr., und
                                 erzeuge jaͤhrlich 12 bis 1500 Stuͤke Tuch von 40 Ellen, und
                                 sogenannte Cuirs de laine fuͤr Pantalons,
                                 deren Quantitaͤt ich jedoch nicht angeben kann, da deren Verbrauch sehr
                                 dem Wechsel unterliegt. Wir verarbeiten in Louviers hauptsaͤchlich feine,
                                 franzoͤsische Wollen; aus dem Auslande beziehen wir nicht so viel Wolle,
                                 als wir gern moͤchten, indem es Schwierigkeiten hat, uns in dem Maaße
                                 damit zu versehen, als wir ihrer beduͤrfen. Louviers brauchte ganz
                                 besonders feine fremde Wollen, indem Frankreich noch immer noch nicht genug
                                 Wolle von dieser Guͤte erzeugt, waͤhrend doch Louviers
                                 hauptsaͤchlich seinen feinen Tuͤchern seinen Ruf verdankt. Unsere
                                 besten und schoͤnsten Wollen beziehen wir aus Sachsen, Schlesien und
                                 selbst aus Odessa, wo man ungeheure Heerden zieht, die sehr schoͤne Wolle
                                 liefern.
                              Fr. Welche Wirkung brachte Ihrer Ansicht nach der
                                 Zoll von 30 Proc., womit man die fremden Wollen belegte, hervor? – A.
                                 Dieser Zoll war unserer Industrie sehr nachtheilig; uͤbrigens weiß man
                                 auch, auf welche Weise derselbe durchgesezt wurde. Ein großer
                                 franzoͤsischer Heerdenbesizer, Hr. v. Polignac, hatte bei seiner Schafzucht ein falsches System befolgt, in
                                 Folge dessen ihm seine Wolle sehr hoch zu stehen kam; er gab sich daher alle
                                 Muͤhe den auf die fremden Wollen gelegten Einfuhrzoll in die Hoͤhe
                                 zu treiben, und brachte ihn auch wirklich auf 30 Proc., ungeachtet der
                                 Opposition des Hrn. Girodde l'Ain, der doch als
                                 Besizer der schoͤnsten Schafheerden in Frankreich durch diese Maßregel
                                 beguͤnstigt zu werden schien. Die Annahme dieses Zolles aͤußerte
                                 einen sehr nachtheiligen Einfluß auf unsere Ausfuhr. Ich befand mich damals eben
                                 in Verbindung mit Italien, wo ich mehrere Comptoirs errichtet hatte, und wohin
                                 ich bedeutende Sendungen von feinen Tuͤchern machte. Der Erfolg der
                                 Zollerhoͤhung zeigte sich unmittelbar; denn die Englaͤnder
                                 erschienen auf ebendenselben Maͤrkten mit Tuͤchern von erster
                                 Guͤte, welche durch ihre Schoͤnheit uͤberraschten. Als ich
                                 nachforschte, woher denn diese ploͤzliche Verbesserung der englischen
                                 Fabrikate kam, zeigte sich, daß dieselbe hauptsaͤchlich dem auf 30 Proc.
                                 erhoͤhten Zolle zuzuschreiben sey, in Folge dessen sich die
                                 saͤchsische Wolle aus Mangel an Absaz nach Frankreich in den Magazinen
                                 anhaͤufte. Die Englaͤnder benuzten diese guͤnstige
                                 Gelegenheit zum Ankaufe der besten Wollen, und mit diesen erzeugten sie nun
                                 Fabrikate, die sie wohlfeiler zu liefern im Stande waren, als wir, und mit denen
                                 sie uns von den italiaͤnischen Maͤrkten, die wir schon
                                 laͤngere Zeit bezogen, verdraͤngten. Mußte nicht selbst das Haus
                                 Ternaux, welches unseren Ruf im Auslande auf den
                                 hoͤchsten Grad gebracht hatte, und welches mehr als irgend ein anderes in
                                 einer Stellung schien, in der es mit dem Auslande Concurrenz halten konnte, der
                                 Gewalt der Umstaͤnde weichen? Hatte das Haus Poupart-Neuflize nicht dasselbe Schiksal? Dieß sind Thatsachen,
                                 an die ich mit Bedauern erinnern muß. Ich selbst mache zwar noch
                                 Geschaͤfte nach Italien, allein sie stehen in keinem Vergleiche mit den
                                 fruͤheren; denn wir haben unseren alten Ruf auf den dortigen
                                 Maͤrkten eingebuͤßt, und schwer werden wir ihn je wieder erringen.
                                 Eben so nachtheilig war die Zollerhoͤhung fuͤr unseren Verkehr mit
                                 Spanien, wo man in Folge dieser Maßregel selbst Tuchfabriken errichtete, und
                                 unsere Fabrikate mit einem hohen Zolle belegte, so daß wir nur wenig Tuch mehr
                                 dahin ausfuͤhren. Die franzoͤsische Tuchfabrikation war auf dem
                                 besten Wege eine groͤßere Ausdehnung zu erlangen, und wenn sie auf diesem
                                 Wege nicht weiter fortgeschritten, so war lediglich die Zollerhoͤhung
                                 Ursache, die unserer Ausfuhr schadete, wegen der der Verbrauch nicht mehr so
                                 rasch zunahm, und wegen der das Volk die Tuͤcher theurer zahlen muß. In
                                 der Landwirthschaft selbst scheint diese Maßregel uͤberdieß nicht einmal
                                 einen Schritt vorwaͤrts bewirkt zu haben; denn wir erhalten seither weder
                                 wohlfeilere, noch schoͤnere, noch mehr Wolle. Die Schafracen sind im
                                 Gegentheil mehr ausgeartet, so daß ich mit Recht schließen zu koͤnnen
                                 glaube, daß sich die Maßregel auch in dieser Hinsicht schaͤdlich
                                 bewaͤhrte. Wenn auch in einigen in Elbeuf und Louviers erschienenen
                                 Abhandlungen behauptet ward, daß der Zoll von 30 Proc. zum Sinken der
                                 Wollenpreise beigetragen habe, so glaube ich im Gegentheile, daß ohne diesen
                                 Zoll unsere Landwirthe schoͤnere Wollen erzeugt haben wuͤrden, als
                                 sie gegenwaͤrtig erzeugen.
                              Fr. Wie hoch zahlen Sie die Wolle
                                 gegenwaͤrtig, und welches war seit 10 Jahren der niedrigste Preis
                                 derselben? – A. Die rohen Wollen zahlen wir zu 26 bis 30, und die
                                 schoͤnen zu 35 bis 40 Sous; die Wolle der Heerden von Naz gilt noch weit
                                 mehr. Es fanden jedoch Krisen Statt, waͤhrend welcher wir Wolle, die wir
                                 gegenwaͤrtig zu 26 bis 27 Sous bezahlen, zu 18 bis 20 Sous ankaufen
                                 konnten. Der Wechsel der Preise war sehr haͤufig und sehr bedeutend; wir
                                 schrieben denselben dem Umstande zu, daß wir in Frankreich keinen Markt
                                 fuͤr die Wollen aller Laͤnder haben. Es versteht sich von selbst,
                                 daß wir bei diesen Schwankungen großen Schaden litten, indem die Wolle 2/3 des
                                 Gestehungspreises des Tuches ausmacht.
                              Fr. Mit was fuͤr Maschinen arbeiten Sie in
                                 Ihren Fabriken? – A. Wir haben franzoͤsische, englische und
                                 belgische Maschinen. Ich war in unserer Gegend der erste, der vor 17 Jahren eine
                                 Dampfmaschine mit hohem Druk aus England einfuͤhrte; allein wir besizen
                                 Wasserwerke, die vortheilhafter sind. Elbeuf ist in dieser Hinsicht nicht so gut
                                 gelegen, als Louviers. Die hydraulische Kraft, uͤber die wir zu Louviers
                                 verfuͤgen, laͤßt sich auf 6 bis 700 Pferdekraͤfte
                                 anschlagen; diese Kraft waͤre noch groͤßer, wenn an unseren
                                 Wasserraͤdern alle neueren Erfindungen und Verbesserungen angebracht
                                 wuͤrden. Gegenwaͤrtig werden von dieser Kraft nur 2–400
                                 Pferdekraͤfte verwendet. Ich meinerseits benuze nach dem besten hydraulischen Principe gegen
                                 100 Pferdekraͤfte, und bin eben gegenwaͤrtig daran, aus England
                                 verbesserte Wasserraͤder, wie man sie bei uns in Frankreich noch
                                 nirgendwo hat, kommen zu lassen. Diese Maschinen und die Dampfmaschinen sind
                                 beinahe die einzigen, deren Ausfuhr bei unseren Nachbarn uͤber dem Canale
                                 erlaubt ist. Die in Frankreich gebauten Maschinen sind im Allgemeinen eben so
                                 gut, als die englischen und belgischen; allein sie kommen etwas theurer, und in
                                 einiger Hinsicht sind sie auch von geringerer Vollendung.
                              Fr. Hr. Lefort sagte uns,
                                 daß er zwischen den Preisen der franzoͤsischen und englischen Maschinen
                                 keinen großen Unterschied finde? – A. Ich kann fuͤr meine
                                 Behauptung einen Beweis liefern; eine belgische Maschine kam mich, in meine
                                 Fabrik gestellt, auf 1500 Fr. zu stehen, waͤhrend mich dieselbe Maschine
                                 in Frankreich 2000 Fr. kostete.
                              Fr. Mit was fuͤr Brennmaterial arbeiten Sie,
                                 und wie hoch kommt Ihnen dasselbe zu stehen? – A. Wir brennen sogenannte
                                 Flennkohle von Mons, welche sich sehr gut fuͤr unsere Dampfmaschinen
                                 eignet, und dergleichen sich in Frankreich leider keine findet. 100 Kilogr.
                                 dieser Steinkohle von erster Guͤte zahlen wir zu 5 Fr., und meine
                                 Dampfmaschine, die eine Kraft von 12 Pferden hat, verbraucht jaͤhrlich
                                 fuͤr 12 bis 14,000 Fr. Steinkohle. In ganz Louviers befinden sich
                                 zusammen 8 Dampfmaschinen von beilaͤufig 80 Pferdekraͤften, welche
                                 jaͤhrlich fuͤr 100,000 Fr. Steinkohlen verzehren. An Ort und
                                 Stelle zahlen wir 100 Kilogr. Steinkohlen nur zu 30 Sous; das Uebrige kommt auf
                                 die Fracht.
                              Fr. Welches sind die Verhaͤltnisse Ihrer
                                 Arbeiter? – A. Meine Fabrik beschaͤftigt 5 bis 600 Personen; die
                                 Fabriken von ganz Louviers beschaͤftigen ihrer 7 bis 8000. Die Kinder
                                 verdienen taͤglich 15, die Weiber 20 bis 25, und die Maͤnner 35
                                 Sous bis 3 Fr. Unsere Arbeiter sind zwar schon sehr gewandt, allein immer noch
                                 nicht in hinreichendem Grade; wir brauchen daher zu deren Beaufsichtigung eine
                                 große Anzahl von Fabrikmeistern, die einen hohen Lohn beziehen. In England hat
                                 man nicht so viele Fabrikmeister wie bei uns, indem die Arbeiter im Allgemeinen
                                 geschikter sind, und weniger Beaufsichtigung erfordern. Der Arbeitslohn hat im
                                 Laufe der Zeit beilaͤufig um ein Sechstel gewechselt, und diese
                                 Schwankungen gingen mit den Handelskrisen gleichen Schritt; zur Zeit dieser
                                 konnten jene Fabriken, welche bedeutende Capitalien besaßen, wohlfeiler
                                 fabriciren. Unsere Arbeiter leben bei ihrem Lohne gluͤklich und ziemlich
                                 gut; sie sind im Allgemeinen ordentlich und arbeitsam, so daß wir von der
                                 Sparcasse, die wir kuͤrzlich errichteten, gute Folgen fuͤr sie
                                 erwarten. Die Zahl der Arbeitsstunden betraͤgt bei uns 13.
                              Fr. Wohin sezen Sie Ihre Fabrikate ab? – A.
                                 Der dritte Theil meiner Fabrikate geht in's Ausland, wo ich noch von alten
                                 Zeiten her Verbindungen unterhalte. Wie groß die Ausfuhr der uͤbrigen
                                 Fabrikanten in Louviers ist, weiß ich nicht, da dieselben nicht selbst
                                 ausfuͤhren, sondern ihre Fabrikate gewoͤhnlich an
                                 Tuchhaͤndler abgeben. Am meisten fuͤhre ich nach Italien aus; nach
                                 den Vereinigten Staaten ist die Ausfuhr nur sehr gering, und nach
                                 Suͤdamerika beinahe ganz nichtig, indem man daselbst unsere feinen
                                 Tuͤcher nicht bezahlen kann.
                              Fr. Welches sind die gegenwaͤrtigen Preise
                                 Ihrer Tuͤcher, und sind die Preise seit 15 Jahren gefallen? – A.
                                 Ich fabricire Tuͤcher, deren niedrigster Preis 18, der
                                 hoͤchste hingegen 65 Fr. betraͤgt; in groͤßter
                                 Quantitaͤt erzeuge ich Tuͤcher, deren Preis zwischen 30 und 50 Fr.
                                 steht. Ich spedire gewoͤhnlich auf 4 Monate Zeit; bei baarer Zahlung
                                 werden 2 Proc. Scontro gegeben. Ein Tuch, welches vor 12 bis 15 Jahren noch 40
                                 Fr. kostete, wuͤrde gegenwaͤrtig nur mehr 30 Fr. gelten, so daß
                                 die Preise demnach um 25 Proc. gefallen sind. Unsere Fabrikation hat in Bezug
                                 auf die Qualitaͤt Fortschritte gemacht; was aber ihre Masse betrifft, so
                                 hat sie sich bedeutend vermindert.
                              Fr. Welche Gruͤnde mochten diese Abnahme
                                 bewirkt haben? – A. Die Ausfuhr schoͤner feiner Tuͤcher hat
                                 bedeutend abgenommen, und der Verbrauch im Inlande beschraͤnkte sich mehr
                                 auf Tuͤcher von zweiter Qualitaͤt. Louviers, welches bei der
                                 Fabrikation feiner Waare beharrte, befand sich also nothwendig schlimmer hiebei;
                                 es mußte seinem Systeme entsagen, und erzeugt daher gegenwaͤrtig auch
                                 Tuͤcher von allen Qualitaͤten.
                              Fr. In welchem Zustande befanden sich die Fabriken in
                                 Louviers zur Zeit als Belgien mit Frankreich vereint wurde? – Unsere
                                 Fabriken litten damals bedeutend durch die Concurrenz der belgischen
                                 Tuͤcher, die man wegen der niedrigeren Preise den unserigen vorzog, so
                                 daß der Absaz der Tuͤcher von Elbeuf und Louviers sowohl im In-
                                 als Auslande bedeutend abnahm. Die Belgier besaßen damals schon sehr
                                 vervollkommnete Maschinen, und in ihren Magazinen war die schoͤnste
                                 saͤchsische Wolle in Menge aufgehaͤuft; uns dagegen fehlte es
                                 sowohl an den einen, als an der anderen. Die belgischen Fabriken wurden
                                 uͤberdieß in großem Maßstabe errichtet, und arbeiteten mit großen
                                 Capitalien: Bedingungen, unter denen sie ihre Tuͤcher wohlfeiler geben
                                 konnten, als wir die unserigen. Elbeuf und Louviers verdanken die Wohlfahrt,
                                 deren sie sich seither erfreuten, nur der im J. 1814 erfolgten Trennung Belgiens
                                 von Frankreich, und der allgemeinen Anwendung von besseren Maschinen und
                                 schoͤneren Rohstoffen.
                              Fr. Koͤnnen Sie angeben, welcher Unterschied
                                 zwischen den Preisen der franzoͤsischen und jenen der auswaͤrtigen
                                 Tuͤcher besteht? – A. Nein; ich weiß bloß, daß die belgischen und
                                 englischen Tuͤcher wohlfeiler sind, als die unserigen. Ich erinnere
                                 hiebei nur an den oben erzaͤhlten Vorgang auf den italiaͤnischen
                                 Maͤrkten. Die großen belgischen Haͤuser, welche große Opfer
                                 bringen konnten, sezten ihre Preise so herab, daß die franzoͤsischen
                                 Fabriken ihnen auf diesen Maͤrkten das Feld raͤumen mußten.
                                 Uebrigens laͤßt sich selbst unter den gewoͤhnlichen
                                 Umstaͤnden der Unterschied in den Fabrikationspreisen beinahe
                                 unmoͤglich ermitteln.
                              Fr. Wie hoch glauben Sie denn, daß die Belgier ein
                                 Tuch liefern koͤnnten, welches Sie gegenwaͤrtig zu 30 bis 40 Fr.
                                 verkaufen? – A. Dieser Preis haͤngt von vielen Umstaͤnden
                                 ab, die sich nicht gehoͤrig ermitteln und anschlagen lassen. Die
                                 Rohstoffe, der Arbeitslohn und das Interesse stehen in Belgien viel niedriger.
                                 Es bestehen daselbst bedeutende Anstalten, von denen die Eigenthuͤmer
                                 nicht nur keinen Nuzen ziehen, sondern die ihnen sogar oft Verluste bringen;
                                 indem sie in Erwartung guͤnstigerer Zeiten ihre Fabriken lieber geltend
                                 machen, als daß sie sie still stehen lassen. Im Jahre 1812, wo Belgien zu
                                 Frankreich gehoͤrte, wurde Tuch von Louviers zu 50 Fr. verkauft,
                                 waͤhrend man in Belgien eben so schoͤnes Tuch zu 38 bis 40 Fr.
                                 lieferte.
                              Fr. Glauben Sie, daß das Einfuhrverbot, welches
                                 gegenwaͤrtig auf den fremden Tuͤchern lastet, durch irgend einen
                                 Schuzzoll ersezt werden koͤnnte? – A. In der Stellung, in der
                                 wir uns gegenwaͤrtig befinden, glaube ich, daß das Einfuhrverbot auf
                                 keine Weise durch einen Zoll ersezt werden koͤnne; denn, wie groß auch
                                 dieser Zoll seyn moͤchte, so wuͤrde die Einfuhr fremder
                                 Tuͤcher eine solche Stoͤrung in unsere Industrie bringen, daß sich
                                 die Folgen davon gar nicht absehen lassen. Laͤßt man hingegen unsere
                                 Fabriken noch mehr Bestand gewinnen, sucht man dieselben in die
                                 naͤmlichen Verhaͤltnisse zu versezen, unter denen sich jene des
                                 Auslandes befinden, so werden wir von selbst zur Aufhebung des Einfuhrverbotes
                                 gelangen. Ich wuͤnsche eine solche Maßregel gewiß eben so sehr, als
                                 irgend jemand Anderer; allein ich kann sie nur dann verlangen, wenn ich Beweise
                                 habe, daß dem allgemeinen Interesse meines Vaterlandes keine Nachtheile daraus
                                 erwachsen.
                              Fr. Woraus schließen Sie, daß die Aufhebung des
                                 Einfuhrverbotes so nachtheilige Folgen haben wuͤrde? Gesezt, es
                                 bestuͤnde zwischen den Preisen der franzoͤsischen und jenen der
                                 fremden Tuͤcher ein Unterschied von 20 bis 30 Proc., und dieser
                                 Unterschied wuͤrde durch den Graͤnzzoll ausgeglichen, so
                                 muͤßten die Fremden doch mit Nachtheil verkaufen? – A. Allerdings
                                 wuͤrden sie mit Nachtheil verkaufen, und allerdings wuͤrden sie
                                 einige Millionen opfern, um unsere Fabriken zu stuͤrzen: eine eintretende
                                 Handelskrise wuͤrde ihnen die Mittel dazu liefern. Ich halte daher unter
                                 den jezigen Umstaͤnden das Einfuhrverbot fuͤr nothwendig.
                              Fr. Halten Sie dasselbe denn auch fuͤr immer
                                 noͤthig? – A. Durchaus nicht, wie ich schon oben bemerkte; ich
                                 wuͤnsche vielmehr sehnlich zur Aufhebung dieser Maßregel zu gelangen; nur
                                 muß man uns vorher unter dieselben Umstaͤnde versezen, unter denen sich
                                 unsere Nebenbuhler befinden.
                              Fr. Welches sind denn diese Umstaͤnde und
                                 Bedingungen? – A. Die auf der Industrie ruhenden Auflagen und
                                 Zoͤlle muͤßten gehoben werden koͤnnen.
                              Fr. Glauben Sie, daß das Einfuhrverbot ohne Nachtheil
                                 aufgehoben werden koͤnnte, wenn nur unbedeutende Zoͤlle
                                 fuͤr die Rohstoffe zu bezahlen waͤren? – A. Ich glaube
                                 nicht, daß dieß ohne Nachtheil moͤglich waͤre, und mit dem Tage,
                                 wo dieß geschehen wuͤrde, wuͤrde, welches auch die Zoͤlle
                                 seyn moͤchten, die franzoͤsische Industrie sehr leiden: besonders
                                 fuͤhlbar wuͤrde dieß in den schlechter gelegenen Staͤdten
                                 und Fabriken seyn.
                              Fr. Man kann doch nicht im Interesse derjenigen, die
                                 ihre Fabriken schlecht anlegen, oder die Beweise davon geben, daß sie den
                                 Fortschritten der Industrie nicht folgen, ein eigenes Mauthsystem befolgen! Die
                                 Regierung kann diesen Leuten doch keinen definitiven Schuz gewaͤhren, der
                                 fuͤr die Masse der Concurrenten zum Nachtheil ausschlagen muͤßte.
                                 – A. Ich stimme hierin vollkommen der Regierung bei, nur bin ich der
                                 Ansicht, daß unter den jezigen Verhaͤltnissen selbst die am besten
                                 gelegenen Fabriken unterliegen muͤßten.
                              Fr. Sie koͤnnen fuͤr jezt also gar
                                 keinen Betrag des Zolles festsezen? – A. Ich halte gegenwaͤrtig
                                 jeden Zoll, wie groß er auch seyn mag, fuͤr hoͤchst
                                 gefaͤhrlich, und wuͤrde in der Aufhebung des Einfuhrverbotes die
                                 groͤßte Unklugheit erbliken.
                              Fr. Haben Sie noch irgend eine andere Bemerkung zu
                                 machen? – A. Ich erlaube mir noch Folgendes beizufuͤgen. Was kann
                                 und darf man von einem Industriezweige erwarten? Daß er sich auf eine hohe Stufe
                                 der Vollkommenheit erhebe, daß er fortschreite, und daß er sein eigenes
                                 Vaterland versorge.
                                 Wenn er nun diese Bedingungen erreicht hat; wenn seine Producte in Hinsicht auf
                                 Schoͤnheit jeden Vergleich aushalten, und wenn die einzige
                                 Unvollkommenheit, die sie darbieten, nicht von ihm selbst herruͤhrt, thut
                                 man da wohl Recht, wenn man die fremde Concurrenz herbeizieht? Ich glaube nicht.
                                 Man muß vorher ermitteln, ob das Land nicht die Mittel zur Ueberwindung eines
                                 Hindernisses bietet, welches der weiteren Entwikelung dieses Industriezweiges
                                 eben so nachtheilig ist, wie dem allgemeinen Verbrauche. Die Tuchfabrikation hat
                                 nun bei uns in Frankreich diesen Standpunkt erreicht; nirgendwo wird Besseres
                                 erzeugt, wie die lezte Industrieausstellung zeigte; allein das Ausland fabricirt
                                 hie und da wohlfeiler, und in dieser Hinsicht wird seine Concurrenz den
                                 franzoͤsischen Fabriken nachtheilig werden. Die Fabrikanten folgen nur
                                 dem von der Regierung allgemein proclamirten Systeme, wenn sie Fortschritte ohne
                                 gewaltsame Erschuͤtterungen, Verbesserung ohne Umsturz verlangen.
                              
                           
                              7. Aussagen des Hrn. Paturle Lupin,
                                    Merinos- und Bombasinenfabrikanten von
                                    Chateau-Cambresis.
                              Fr. Glauben Sie, daß auf dem Standpunkte, den die
                                 franzoͤsische Industrie erreichte, das Einfuhrverbot, womit die fremden
                                 Wollenzeuge belegt sind, durch einen Einfuhrzoll ersezt werden koͤnnte?
                                 – A. Ich glaube, daß das Einfuhrverbot zum Schuze unserer Merinosfabriken
                                 nicht mehr noͤthig ist, indem wir eine bedeutende Quantitaͤt
                                 dieser Zeuge ausfuͤhren; nur gegen die saͤchsischen Wollenzeuge
                                 beduͤrfen wir eines Schuzzolles.
                              Fr. Wie groß ist die Ausfuhr Ihrer Fabrikate, und
                                 wohin findet sie Statt? – A. Beinahe 2/3 unserer Fabrikate gehen in das
                                 Ausland, und zwar nach Nord- und Suͤdamerika, England, Holland,
                                 Italien, Belgien, und etwas nach Rußland. Wir fuͤrchten auf den
                                 amerikanischen Maͤrkten nur die saͤchsische Concurrenz, und selbst
                                 diese nur in den ordinaͤren Sorten. In den feineren Artikeln haben wir
                                 nichts zu fuͤrchten, und in beiden befindet sich unsere Fabrikation
                                 bedeutend im Vortheile.
                              Fr. Wie hoch schaͤzen Sie die
                                 Gesammtproduction der Fabrikation, mit der Sie sich beschaͤftigen?
                                 – A. Beilaͤufig auf 20 Millionen an rohen Zeugen.
                              Fr. Welches war der Gang der Fabrikation? – A.
                                 Sie hat sich bedeutend vermehrt, und ich glaube sogar, daß sie nunmehr ihren
                                 hoͤchsten Standpunkt erreicht habe. Die Preise sind seit 10 Jahren
                                 außerordentlich gefallen, so zwar, daß man gegenwaͤrtig die Elle Merinos,
                                 welche anfangs 36 bis 40 Fr. kostete, fuͤr 9 Fr. haben kann.
                              Fr. Was fuͤr Wolle verarbeiten Sie? –
                                 A. Ich kaufe viele Wolle in Deutschland; in einigen Jahren jedoch mehr, in
                                 anderen weniger. Ich kaufe im Ganzen jaͤhrlich fuͤr 4 Mill. Fr.
                                 Wolle, die ich jedoch nicht alle verbrauche, sondern von der ich, nach
                                 getroffener Auswahl, einen Theil an die Tuchfabrikanten abgebe. Ich zahle das
                                 Pfund am Ruͤken gewaschener Wolle von 2 Fr. 50 Cent. bis zu 4 Fr. 25
                                 Cent.
                              Fr. Ihre Fabriken mußten demnach durch den auf die
                                 fremden Wollen gelegten Einfuhrzoll wesentlichen Schaden leiden? – A.
                                 Allerdings; und doch verlange ich mehr im Interesse der inlaͤndischen
                                 Consumenten, als in meinem Privatinteresse eine Herabsezung dieses Zolles; denn
                                 da mir der Zoll bei der Ausfuhr ruͤkverguͤtet wird, so ist die
                                 Sache fuͤr mich beinahe gleich. Ich halte daher die Verminderung des
                                 Zolles um 10 Proc. fuͤr eine zwekmaͤßige Verfuͤgung, obschon keine
                                 groͤßere Veraͤnderung in den Preisen, welche durch den Verbrauch
                                 bedingt sind, daraus erfolgte. Die Heerdenbesizer schlugen einen großen
                                 Laͤrm, als es sich um diese Verminderung des Zolles handelte; sie
                                 erklaͤrten sich fuͤr ruinirt, und doch verkaufen sie
                                 gegenwaͤrtig ihre Wollen nicht wohlfeiler, als fruͤher!
                              Fr. Halten Sie die fuͤr Ihre Fabrikate
                                 ausgesezte Praͤmie fuͤr genuͤgend? – A. Ja;
                                 uͤbrigens wuͤnsche ich, daß der auf die fremden Wollen gelegte
                                 Zoll sobald als moͤglich aufgehoben werden moͤchte, weil er sowohl
                                 bei der Einfuhr der Wolle, als bei der Ausfuhr der Zeuge zu Mißbraͤuchen
                                 und Betruͤgereien Anlaß gibt, und weil er uͤberdieß den
                                 Fabrikanten genirt.
                              Fr. Glauben Sie demnach, daß das auf den
                                 Merinoszeugen lastende Einfuhrverbot durch einen Zoll ersezt werden
                                 koͤnnte, und auf welche Weise sollte dieser Zoll festgesezt werden?
                                 – A. Ich halte einen Schuzzoll von 10 Proc. fuͤr unsere Fabriken
                                 fuͤr genuͤgend, und glaube, daß man die Ausfuhrpraͤmie bei
                                 dessen Bestimmung als Basis zum Grunde legen koͤnnte. Man
                                 verguͤtet mir z.B. fuͤr den metrischen Centner feiner
                                 Wollenwaaren, die ich ausfuͤhre, 360 Fr.; wuͤrde man hiezu noch 10
                                 Proc. schlagen, so wuͤrde ich 396 Fr. Ruͤkzoll erhalten. Man
                                 brauchte vielleicht nicht ein Mal volle 10 Proc., indem wir allenfalls auch mit
                                 etwas weniger die fremde Concurrenz auszuhalten im Stande seyn
                                 duͤrften.
                              Fr. Auf welchen Unterschied in den Preisen treffen
                                 Sie auf den fremden Maͤrkten? – A. Auf einen Unterschied von
                                 beilaͤufig 10 Proc.; was wir zu 9 Fr. verkaufen, wird daselbst zu 8 Fr.
                                 25 Cent. verkauft.
                              Fr. Koͤnnen Sie uns auch uͤber andere
                                 Wollenwaaren Aufschluͤsse geben? – A. Keine genauen.
                              Fr. Ließe sich auf die Tuͤcher nicht auch
                                 dasselbe System anwenden, wie auf die Merinoszeuge? – A. Ich kann zwar
                                 hieruͤber kein positives Urtheil abgeben; allein ich glaube, daß das
                                 Einfuhrverbot auch hier durch einen vernuͤnftigen Schuzzoll ersezt werden
                                 koͤnnte.
                              Fr. Wie viele Arbeiter beschaͤftigt die
                                 Merinosfabrikation, und wie hoch ist das Capital, welches in ihr stekt,
                                 anzuschlagen? – A. Die Zahl saͤmmtlicher von der
                                 Merinosfabrikation lebenden Personen laͤßt sich auf 16 bis 18,000
                                 anschlagen; ich beschaͤftige ihrer 6 bis 7000. Das in derselben stekende
                                 Capital laͤßt sich nicht wohl ermitteln; doch glaube ich, daß es nicht
                                 uͤber 25 Mill. Fr. betragen duͤrfte.
                              Fr. Mit was fuͤr Brennmaterial arbeiten Sie?
                                 – A. Wir arbeiten mit Steinkohlen von Mons, die uns besser taugen, als
                                 die uͤbrigen Sorten. Wir sind zwar nahe an der Graͤnze; allein
                                 dessen ungeachtet kommen uns die Steinkohlen noch so theuer, daß eine
                                 Erniedrigung des Einfuhrzolles, den sie zahlen, zu wuͤnschen
                                 waͤre.
                              Fr. Ist auch fuͤr die Bombasinen, die Sie
                                 gleichfalls fabriciren, ein Schuzzoll von 10 Proc. noͤthig, und in
                                 welchem Verhaͤltnisse steht in diesen Zeugen die Seide zur Wolle?
                                 – A. Die Kette besteht an diesen Zeugen aus Seide, und der Eintrag aus
                                 Wolle; in einem Stuͤke von 56 Ellen wiegt die Kette beilaͤufig 2,
                                 der Eintrag hingegen 15 bis 16 Pfd. Uebrigens beduͤrfen wir auch hier
                                 eines Schuzzolles von 10 Proc.
                              Fr. Finden bei dem Flanelle dieselben
                                 Verhaͤltnisse Statt, wie bei den Merinos? – A. Nein; denn die
                                 Flanelle werden aus kardaͤtschter, die Merinos hingegen aus
                                 gekaͤmmter Wolle fabricirt.
                              
                           
                              
                              8. Aussagen des Hrn. Eugène
                                    Griolet, Wollengespinnstfabrikanten und Abgeordneten der Handelskammer von
                                    Paris.
                              Fr. Welche Ausdehnung hat Ihre Fabrik? – A.
                                 Ich spinne beinahe taͤglich 400 Pfd. Kammwolle, und arbeite mit einem
                                 Capitale von einer Million Franken.
                              Fr. Woher beziehen Sie Ihre Wollen? – A.
                                 Ueberall her; aus Frankreich sowohl, als aus dem Auslande, je nachdem die Preise
                                 stehen, und je nachdem ich meinen Vortheil dabei habe.
                              Fr. Welchen Einfluß hatte Ihrer Ansicht nach der Zoll
                                 von 30 Proc., den man auf die fremden Wollen legte? – A. Dieser Zoll
                                 wuͤrde fuͤr meine Art von Spinnerei sehr nachtheilig gewesen seyn,
                                 wenn wir bei uns in Frankreich nicht besser fabriciren wuͤrden, als im
                                 Auslande, und besonders als in England. Die Superioritaͤt, welche die
                                 franzoͤsischen Spinner in der Spinnerei feiner Kammwolle besizen,
                                 bewirkte, daß sie selbst bei dem großen Nachtheile, der aus dem Zolle von 30
                                 Proc. fuͤr sie erwuchs, dennoch gedeihen konnten. Dieser Zoll wird
                                 naͤmlich bei der Ausfuhr des Wollengespinnstes nichts weniger als
                                 verguͤtet; ja die Praͤmie entschaͤdigt nicht ein Mal
                                 fuͤr die Haͤlfte dieses Zolles. Um den Vorstaͤnden des
                                 Mauthamtes in Paris, von denen einer behauptet, daß meine Klagen uͤber
                                 die niedrige, den Wollengespinnsten zugestandene Ausfuhrpraͤmie nicht
                                 gegruͤndet seyen, das Fehlerhafte des fraglichen Mauthgesezes recht
                                 anschaulich zu machen, kaufte ich vergangenes Jahr in Deutschland drei Ballen
                                 Kammwolle, welche ich, wie ich den Mauthinspector davon in Kenntniß sezte, zu
                                 dem moͤglich niedrigsten Preise declarirte. Ich zahlte gegen 5 Fr. Zoll
                                 per Kil.; und doch erhalte ich bei der Ausfuhr
                                 des Gespinnstes, welches diese Quantitaͤt Wolle gibt, nur 2 Fr.
                                 Praͤmie per Kil.; ich habe demnach, abgesehen
                                 von dem Abfalle, der sich bei der Spinnerei ergibt, noch 3 Fr. Nachtheil. Diese
                                 Differenz im Ruͤkzolle ist wirklich außerordentlich; und bestuͤnde
                                 sie nicht, so wuͤrden wir hoͤchst wahrscheinlich eine weit
                                 groͤßere Menge Wollengespinnst nach Sachsen, Preußen, Oesterreich und
                                 Rußland ausfuͤhren, als gegenwaͤrtig der Fall ist. Diese schlechte
                                 Classification ist mit ein Hauptgrund, warum in Sachsen, Preußen und Oesterreich
                                 beinahe taͤglich neue Spinnereien von feiner Kammwolle erstehen, die mit
                                 franzoͤsischen Maschinen arbeiten, und zu deren Betrieb man
                                 haͤufig franzoͤsische Werkfuͤhrer und selbst
                                 franzoͤsische Arbeiter kommen laͤßt. Es ist Zeit, daß man den
                                 Fehler, den man durch das fragliche Gesez beging, ein Mal einsehe; und das Beste
                                 waͤre es, sowohl die Zoͤlle bei der Einfuhr, als die
                                 Praͤmien bei der Ausfuhr aufzuheben. Dazu kommt noch, daß fuͤr die
                                 mit Seide vermengten Wollengespinnste, die sogenannten Thibets, bei der Ausfuhr
                                 gar keine Praͤmie bezahlt wird, obwohl die Seide oder die
                                 Seidenabfaͤlle nur den fuͤnften oder hoͤchstens den dritten
                                 Theil derselben ausmachen, waͤhrend sie wenigstens zu 2/3 aus Wolle
                                 bestehen.
                              Fr. Was benuzen Sie fuͤr Brennmaterial?
                                 – A. Steinkohlen, welche man mir fuͤr Kohlen von Mons verkauft,
                                 und von denen ich die Fuhre fuͤr 44 bis 48 Fr. zahle, so daß mich der
                                 Hectoliter auf 3 Fr. zu stehen kommt. Ich verbrauche taͤglich 3/4 Fuhren
                                 oder 10 bis 11 Hectoliter.
                              Fr. Welche Details koͤnnen Sie uns
                                 uͤber die Maschinen geben, mit denen Sie arbeiten? – A.
                                 Saͤmmtliche Maschinen, deren ich mich gegenwaͤrtig bediene, sind
                                 in Frankreich gebaut, und haben gar keine Aehnlichkeit mit jenen, deren sich die
                                 englischen Wollenspinner bedienen. Das englische System ist fuͤr die
                                 Wollen jenes Landes, welche im Allgemeinen von ordinaͤrer Sorte und lang
                                 sind, sehr geeignet; auf die feinen und kurzen Wollen laͤßt sich dasselbe
                                 aber nur sehr schwer anwenden. Hieraus erhellt der Vortheil, den wir in der
                                 Fabrikation von Merinoszeugen und leichten Wollenzeugen mit Kette aus Seide
                                 voraus haben. Ich fand jedoch in England mehrere neue Maschinen, welche ich nach
                                 Frankreich zu verpflanzen im Sinne habe, und welche ich in meiner
                                 Wollenspinnerei einzufuͤhren gedenke; denn wer in der Industrie nicht
                                 fortschreitet, der geht zuruͤk. – Sie wissen, daß in England die
                                 Ausfuhr aller Maschinen, welche zur Bearbeitung der Wolle, Baumwolle, Seide und
                                 des Flachses bestimmt sind, verboten ist. Es ist demnach sehr schwierig sie,
                                 ohne eine große Praͤmie zu zahlen, zu bekommen, und selbst dann muß man
                                 oft noch sehr lange darauf warten. Um diese Strenge der Englaͤnder noch
                                 zu steigern, belegt aber die franzoͤsische Regierung die zur Einfuhr
                                 kommenden Maschinen auch noch mit einem Zolle von 15 Proc., waͤhrend sie
                                 im Gegentheile Einfuhrpraͤmien dafuͤr ertheilen sollte, um die
                                 Vervollkommnung der franzoͤsischen Maschinen dadurch zu
                                 beguͤnstigen. Dieser Einfuhrzoll von 15 Proc. ist ein Unsinn, dem man
                                 endlich entsagen sollte. Es ist zwar wahr, daß die Regierung freie Einfuhr
                                 gestattet, wenn die Maschinen von neuer Erfindung sind; allein auf welche Weise
                                 erhaͤlt man diese Erlaubniß? Durch Mittheilung der Zeichnung dieser
                                 Maschinen, welche auf dem Conservatorium der Kuͤnste und Gewerbe
                                 niedergelegt, und dann in den technischen Journalen bekannt gemacht wird. Der
                                 Fabrikant, der gar keinen Kostenaufwand macht, genießt daher auf diese Weise
                                 dieselben Vortheile, wie jener, der keine Muͤhe und Anstrengung scheut.
                                 Dieß ist doch wahrlich nicht gemacht, um zu ermuthigen.
                              Fr. Man versichert uns, daß unsere Baumwollspinner
                                 die englischen Maschinen entbehren koͤnnen; wie kommt es also, daß dieß
                                 nicht auch bei Ihnen der Fall ist? – A. Die Baumwollspinnerei ist in
                                 Frankreich noch nicht so weit fortgeschritten, als in England. Ein Theil der
                                 Maschinen, die ich gerade jezt einfuͤhre, sind eigentlich fuͤr die
                                 Baumwollspinnerei bestimmt, und eigneten sich mehr fuͤr unsere
                                 Baumwollspinner, als fuͤr mich, der sie erst veraͤndern muß, um
                                 sie zum Spinnen der Kammwolle geeignet zu machen. Wenn ich die Maschinen, die
                                 ich in England kaufte, in Frankreich gefunden haͤtte, so wuͤrde
                                 ich sie nicht mit mehr Muͤhe und groͤßeren Kosten in jenem Lande
                                 gesucht haben. Die Verbindungen der Spinner zwangen mich zum Ankaufe dieser
                                 Maschinen, und meine Werkstaͤtten ruhen aus ebendiesen Gruͤnden
                                 nun seit 5 Monaten. Ich haͤtte zwar bei meiner Ruͤkkehr die
                                 Arbeiter, die mich verlassen hatten, wieder aufnehmen koͤnnen; allein
                                 nachdem ich die Maschinen, die mir dieselben ersezen sollten, ein Mal angekauft
                                 hatte, so wollte ich diese Leute nicht neuerdings aufnehmen, um sie nach kurzer
                                 Zeit abermals zu entlassen. Obschon mich diese Unterbrechung meiner
                                 Geschaͤfte theuer zu stehen kam, so unterzog ich mich doch lieber diesem
                                 Opfer, als daß ich mich in die ungerechten Anspruͤche der Arbeiter
                                 gefuͤgt haͤtte.
                              Fr. Wie viele Arbeiter beschaͤftigen Sie, und
                                 wie zahlen Sie dieselben? – A. Ich beschaͤftige in Paris 150 und
                                 auf dem Lande 800 bis 1000 Personen. In Paris zahle ich den Weibern und
                                 Stuͤklern 30 bis 40 Sous; die Spinner verdienen taͤglich von 3 bis
                                 zu 10 und 12 Fr., und gerade jene, die taͤglich 10 bis 12 Fr. Lohn
                                 hatten, verließen mich auf gemeinschaftliches Anstiften. Sie haͤtten sich
                                 selbst noch mehr verdienen koͤnnen, und bekennen jezt ihr Unrecht; allein
                                 sie wollten sich eine Herabsezung ihres Lohnes um einen Franken, den ich ihnen
                                 ankuͤndigte, um sie zu zwingen zur Erreichung ihres vollen Lohnes auch an
                                 dem sonst alle 14 Tage freien Dienstage zu arbeiten, nicht gefallen lassen. Jene
                                 Arbeiter, die nur 3 bis 5 Fr. verdienten, sind geblieben. Die Spinner zahlten
                                 alle 14 Tage 10 bis 20 Sous in eine Casse, die zur Unterstuͤzung
                                 ungluͤklicher Arbeiter dienen sollte, die aber zur Entschaͤdigung
                                 jener Arbeiter verwendet wurde, welche wegen Verminderung des Lohnes die
                                 Fabriken verließen, wie ungerecht dieß auch oft seyn mochte.
                              Fr. Geht von Ihren Gespinnsten welches in das
                                 Ausland? – A. Ja, nach Deutschland; die Ausfuhr ist jedoch nur gering,
                                 indem die Ausfuhrpraͤmie, wie ich oben bemerkte, keine hinreichende
                                 Entschaͤdigung fuͤr den Einfuhrzoll gewaͤhrt.
                              Fr. Es scheint, daß Sie die englische Concurrenz
                                 nicht scheuen? – A. In den Gespinnsten aus feiner Kammwolle haben wir
                                 einen großen Vorsprung vor den Englaͤndern voraus. Wir haben im Auslande
                                 nur die saͤchsischen Spinner zu scheuen, obschon wir auch feiner und
                                 besser als diese spinnen, indem sie mit einer Wolle, mit der wir bis auf Nr. 80
                                 spinnen, nur Nr. 45 bis 50 erreichen. In den feinen Nummern sind unsere Preise
                                 wohlfeiler, als die englischen; in den groben hingegen sind die englischen
                                 Gespinnste billiger.
                              Fr. Welche Nummern spinnen Sie? – A. Von Nr.
                                 30 bis zu den hoͤchsten Nummern. Ich spinne gegenwaͤrtig
                                 Kammwollen aus heiß gewaschenen Wollen, von denen das Kilogr. 8 bis 12 Fr. gilt;
                                 ich spinne selbst Wolle, wovon das Kilogr. 15 Fr. gilt, und das
                                 Kammwollgespinnst, welches ich daraus erzeuge, hat einen Werth von 20 bis zu 45
                                 Fr. das Kilogr.
                              Fr. Wie hoch schaͤzen Sie den Vortheil, den
                                 die Englaͤnder an den ordinaͤren Gespinnsten vor uns voraus haben?
                                 – A. Ich kann hieruͤber nicht genau Aufschluß geben, indem ich
                                 diese Qualitaͤt nicht spinne; was jedoch die feinen Nummern betrifft, so
                                 weiß ich, daß in England nur wenig davon gesponnen wird, und daß die
                                 Englaͤnder ihre Gespinnste theurer verkaufen, als wir die unserigen.
                              Fr. Glauben Sie, daß das Einfuhrverbot ohne Nachtheil
                                 fuͤr unsere Industrie durch einen Schuzzoll ersezt werden koͤnnte?
                                 – A. Allerdings; denn unsere feinen Kammwollgespinnste scheuen die
                                 Concurrenz keines Landes; und was den Zoll fuͤr die ordinaͤren
                                 Sorten betrifft, so muͤßte derselbe so eingerichtet seyn, daß er nicht
                                 nur den Einfuhrzoll der Wolle ausgliche, sondern uͤberdieß auch noch
                                 unseren neu errichteten Fabriken einen gewissen Schuz gewaͤhrte.
                                 Fuͤr Gespinnste von 20 Fr. Werth per Kilogr.
                                 und daruͤber, wie ich sie jezt fabricire, brauchen wir keinen Schuzzoll,
                                 wohl aber fuͤr groͤbere Sorten. Uebrigens bin ich nicht im Stande
                                 den Betrag des Schuzzolles fuͤr diese anzugeben.
                              Fr. Sie fabriciren auch Wollenzeuge? – A. Ja,
                                 Merinos.
                              Fr. Hr. Paturle hat uns so
                                 eben gesagt, daß die Einfuhr der fremden Wollenzeuge gegen einen Einfuhrzoll
                                 fuͤglich erlaubt werden koͤnne? – A. Ich bin, was die aus
                                 feiner Wolle verfertigten Zeuge betrifft, derselben Ansicht; in Hinsicht auf die
                                 Fabrikate aus ordinaͤrer Wolle, welche die Englaͤnder in großer
                                 Menge erzeugen, beduͤrfen wir aber eines hoͤheren Schuzzolles. Bei
                                 dem gegenwaͤrtigen Systeme erhaͤlt jedoch, ich wiederhole es, die feine Waare
                                 nicht die Praͤmie, auf die sie Anspruch zu machen haͤtte, und
                                 welche hergestellt werden muß, wenn unsere Verbindungen mit dem Auslande keine
                                 Unterbrechung erleiden sollen. Bei einem Einfuhrzolle von 30 Proc. sollten
                                 unsere superfeinen Merinos, welche aus heiß gewaschener Wolle verfertigt werden,
                                 die 12 bis 15 Fr. per Kilogr. gilt, und welche 4 bis
                                 5 Fr. Einfuhrzoll zahlt, beinahe 500 Fr. Praͤmie bekommen,
                                 waͤhrend man ihnen nur 360 Fr. bewilligt.
                              Fr. Wie viele Ellen Merinos gibt ein Kilogr. Wolle?
                                 – A. Ein Kilogr. Gespinnst gibt 4 Ellen Zeug; und zur Fabrikation eines
                                 Merinos, der roh 9 Fr. per Elle gilt, braucht man
                                 eine Wolle, welche heiß gewaschen 12 Fr. kostet, und welche bei dem neuen Zolle
                                 von 20 Proc. 2 Fr. 84 Cent. Einfuhrzoll zahlt. Dazu muß aber noch der Abfall
                                 beim Kaͤmmen, Spinnen und Weben geschlagen werden; kurz man fuͤhrt
                                 nach dem Faͤrben und Appretiren einen Werth von 36 bis 40 Fr. aus,
                                 wofuͤr mit Beruͤksichtigung des Abfalles, der bei den
                                 verschiedenen Operationen Statt fand, 2 Fr. 84 Cent. bezahlt werden.
                              Fr. Ihre Bemerkungen sollen bei der Revision des
                                 Tarifes beruͤksichtigt werden. Koͤnnen Sie auch noch uͤber
                                 einige andere franzoͤsische Wollenzeuge, welche nach England gehen,
                                 Auskunft geben? – A. Unsere Chalys, Bombasinen, feinen Alepinen und
                                 sonstigen Zeuge, deren Kette aus Seide, der Eintrag hingegen aus feiner Wolle
                                 besteht, finden in England sehr guten Absaz; eben so die aus Thibetgespinnst
                                 verfertigten Merinos, Wollenmousseline u. dgl. Alle diese Fabrikate sind in
                                 England mit einem Zoll von 20 bis 25 Proc. belegt, und dessen ungeachtet kauft
                                 der Englaͤnder gern franzoͤsische Merinos und franzoͤsische
                                 Chalys zum Beweise, daß wir in allen leichten Stoffen aus feiner Wolle den
                                 Vorrang behaupten.
                              Fr. Hatten Sie nicht auch Gelegenheit zu erforschen,
                                 welcher Unterschied zwischen unseren und den englischen Tuͤchern besteht?
                                 – A. Nein; ich besuchte aber mehrere franzoͤsische Fabriken, in
                                 denen ich dieselben Spinnmethoden bemerkte, die man vor 20 Jahren hatte,
                                 waͤhrend ich in Leeds weit vollkommenere Spinnereien sah, als die
                                 unserigen sind. Man arbeitet daselbst mit einfacheren Vorrichtungen und braucht
                                 dennoch weniger Menschenhaͤnde. Doch muß ich gestehen, daß man im
                                 Auslande in Hinsicht auf die Faͤrberei die franzoͤsischen
                                 Tuͤcher fuͤr vorzuͤglicher haͤlt. Was den Preis
                                 betrifft, so darf man uͤbrigens ja nicht glauben, daß in England Alles
                                 wohlfeil ist, wie man zu meinen scheint; dieses Vorurtheil verschwindet bald,
                                 wenn man sich an Ort und Stelle befindet, und sieht, daß, wenn auch einzelne
                                 Artikel sehr billig sind, im Allgemeinen doch Alles gut verkauft wird.
                              Fr. Glauben Sie, daß zwischen den englischen und
                                 franzoͤsischen Preisen ein so großer Unterschied bestehe, als man
                                 behauptet? – A. Es geschieht nicht selten, daß man in England etwas sehr
                                 billig gekauft zu haben glaubt, was aber, wie sich zeigt, auf Kosten der
                                 Qualitaͤt geht.
                              
                           
                              9) Aussagen des Hrn. Legros,
                                    Kaufmann in Paris.
                              Fr. Wie verhalten sich bei dem Tuchhandel, den Sie
                                 treiben, Ihre Geschaͤfte im Inneren zu jenen im Auslande? – A. Ich
                                 mache im Inlande weit mehr Geschaͤfte als im Auslande, denn meine Ausfuhr
                                 betraͤgt nur den 6ten Theil meines ganzen Verkehrs. Im Jahre 1833
                                 fuͤhrte ich fuͤr 200,000 Fr. Tuͤcher aus; dieses Jahr
                                 hingegen werde ich kaum diese Summe erreichen. Ich mache Sendungen nach
                                 Fernambucco, Bahia, Mexico, Martinique, Guadeloupe, St. Domingo, nach den
                                 Vereinigten Staaten und in die Suͤdsee. Mein Geschaͤft weicht
                                 uͤbrigens von jenem Anderer ab; denn es ist auf den Verbrauch der
                                 Laͤnder, nach denen ich ausfuͤhre, basirt. Ich habe in diesen
                                 Laͤndern Correspondenten, deren Auftraͤge sich jaͤhrlich
                                 erneuern; ich mache keine Sendung auf gut Gluͤk, sondern nur auf
                                 Bestellung; ja mehrere meiner Correspondenten senden mir sogar die Zahlung oder
                                 die Fonds im Voraus.
                              Fr. Von welchen Fabriken sind die Tuͤcher, die
                                 Sie versenden, und welche Tuͤcher treten auf den fremden Maͤrkten
                                 mit den Ihrigen in Concurrenz? – A. Ich handle mit Tuͤchern von
                                 allen Fabriken Frankreichs. Auf den fremden Maͤrkten treffe ich
                                 hauptsaͤchlich auf englische Tuͤcher; in Haiti und Mexico zuweilen
                                 auch auf belgische; in Brasilien hoͤrte ich nie von belgischen
                                 Tuͤchern und in den Vereinigten Staaten nur sehr wenig.
                              Fr. Zahlen Sie auf den fremden Maͤrkten mit
                                 den Englaͤndern gleiche Zoͤlle? – A. Ja; allein diese
                                 Zoͤlle sind unserer Ausfuhr sehr laͤstig und nachtheilig. In den
                                 Vereinigten Staaten sind sie außerordentlich hoch, und waͤre dieß nicht
                                 der Fall, so wuͤrden wir weit mehr Absaz daselbst haben, indem man unsere
                                 Tuͤcher in jenen Laͤndern hoͤher schaͤzt, als die
                                 englischen. In Spanien kommen die Zoͤlle beinahe einem Einfuhrverbote
                                 gleich. Wenn es der Regierung gelingen wuͤrde in Spanien eine
                                 Verminderung der auf unsere Tuͤcher gelegten Zoͤlle zu bewirken,
                                 so wuͤrde dieß unseren Absaz bedeutend vermehren, denn Spanien hat keine
                                 Industrie, und obschon man Versuche machte Fabriken daselbst zu errichten, so
                                 mußten diese doch aufgegeben werden, so daß die Spanier gezwungen sind zum
                                 Auslande ihre Zuflucht zu nehmen.
                              Fr. Sie fuͤrchten also die englische
                                 Concurrenz auf den Maͤrkten der Vereinigten Staaten nicht sehr? –
                                 A. Wir haben wenig von ihr zu fuͤrchten. Ich war der erste, der den
                                 englischen Handel in Bahia und Fernambuceo in Unruhe versezte, und ungeachtet
                                 des fortwaͤhrenden Steigens der Preise, welches in Folge des auf die
                                 Wolle gelegten Zolles eintrat, kann ich noch immer mit den Englaͤndern
                                 kaͤmpfen. Vor 18 Monaten hatten wir noch einen merklichen Vorsprung vor
                                 England voraus, seither haben aber unsere auswaͤrtigen Geschaͤfte
                                 abgenommen.
                              Fr. Von welchem Preise sind die Tuͤcher, die
                                 Sie ausfuͤhren? – A. Durchaus von geringem Preise; feine
                                 Tuͤcher gehen beinahe gar keine in jene Laͤnder. Vor 18 Monaten
                                 versendete ich Tuͤcher, wovon die Elle 13 bis 14 Fr. galt. Ein einziges
                                 Mal gab mir mein Correspondent einen Auftrag auf feine Tuͤcher;
                                 spaͤter versicherte er mich jedoch, daß er sich in seiner Speculation
                                 getaͤuscht habe.
                              Fr. Was koͤnnen Sie uͤber den Preis der
                                 belgischen und englischen Tuͤcher im Vergleiche mit den
                                 franzoͤsischen Preisen angeben? – A. Ich reiste zur Zeit als
                                 Belgien mit Frankreich vereinigt war, fuͤr ein Handelshaus, und hatte
                                 Muster von franzoͤsischen und belgischen Tuͤchern. Damals war der
                                 Unterschied zwischen beiden Fabrikaten sehr bedeutend; wer Tuch von
                                 glaͤnzendem Aeußeren wollte, verlangte belgisches Tuch; wer etwas Gutes
                                 wollte, gab Auftraͤge auf Tuch von Elbeuf. Seither hat die
                                 Tuchfabrikation an lezterem Orte aber solche Fortschritte gemacht, daß die von
                                 dort kommenden Tuͤcher auch an Schoͤnheit und Glanz den belgischen
                                 nicht nachstehen. Was uͤbrigens die Bestimmung der Preise
                                 aͤhnlicher oder analoger Tuͤcher in Frankreich, Belgien und
                                 England betrifft, so halte ich eine solche ohne Anstellung einer
                                 foͤrmlichen Untersuchung nicht fuͤr moͤglich. Ich kenne
                                 viele belgische Fabrikanten, allein ich glaube nicht, daß man sich bloß aus
                                 ihren Musterkarten eine vollkommene Idee von ihren Fabrikaten machen
                                 koͤnne. Man muͤßte sich um das Verhaͤltniß kennen zu
                                 lernen, welches Sie zu wissen wuͤnschen, an Ort und Stelle begeben, und
                                 daselbst nicht bloß die Producte untersuchen, sondern auch in alle Details der
                                 Fabrikation eingehen. Aus einer Thatsache, naͤmlich daraus, daß
                                 gegenwaͤrtig bei uns keine belgischen Tuͤcher eingeschmuggelt
                                 werden, laͤßt sich jedoch annaͤherungsweise ein Schluß ziehen. Im
                                 Jahre 1815 schmuggelte man belgische Tuͤcher gegen eine
                                 Assecuranzpraͤmie von 15 Proc., im Jahre 1816 stieg diese Praͤmie
                                 bis auf 20 Proc., zum Beweise, daß selbst bei dieser Praͤmie noch der
                                 Vortheil auf Seite der belgischen Fabriken war. Seither haben sich unsere
                                 Fabriken vervollkommnet, und daher wird seit dem Jahre 1818 auch kein belgisches
                                 Tuch mehr nach Frankreich geschmuggelt; nur vor 2 Jahren erschien eine Partie
                                 belgischer Tuͤcher in Frankreich, die jedoch keine Kaͤufer fanden
                                 und von Hand zu Hand gingen, so daß sich der Unternehmer dieser Speculation sehr
                                 betrogen fand.
                              Fr. Was halten Sie von dem Einfuhrverbote, und
                                 glauben Sie, daß man einen Schuzzoll statt desselben einfuͤhren
                                 koͤnne? – A. Der Handel verwirft das Prohibitivsystem. Ich glaube,
                                 daß man eines Zolles beduͤrfe, der unseren Fabriken Schuz gewahrt, der
                                 ihnen aber zugleich auch den Antrieb gibt, der ihnen fehlt. Ich kann
                                 uͤbrigens den Betrag dieses Schuzzolles nicht bestimmen; nur glaube ich,
                                 daß sich derselbe auf keine andere Weise, als dadurch ermitteln laͤßt,
                                 daß man in jenen Laͤndern, welche einen Handelsvertrag mit uns einzugehen
                                 wuͤnschen, eine Untersuchung hieruͤber anstellt. Bis diese
                                 Documente gesammelt waͤren, koͤnnte man einen Zoll von 25 Proc.
                                 einfuͤhren, der zum Schuze unserer Fabriken hinreichen wuͤrde,
                                 indem man gegenwaͤrtig bekanntlich keinen Vortheil mehr dabei findet,
                                 fremde Tuͤcher gegen eine Praͤmie von 20 Proc. einzuschmuggeln.
                                 Ich glaube, daß der Zoll nicht zu hoch seyn sollte, weil ein solcher
                                 zuverlaͤssig zur Schnuggelei fuͤhren wuͤrde; wegen eines
                                 Gewinnes von 5 Proc. wird sich aber nicht leicht Jemand den hoͤchst
                                 schwankenden Garantien der Schmuggler hingeben.
                              Fr. Auf welche Weise glauben Sie, daß der Zoll
                                 erhoben werden koͤnnte? – A. Ich bin seit 10 Jahren bei der der
                                 Mauth zugegebenen Commission von Sachverstaͤndigen, und glaube hienach,
                                 daß die Bestimmung des Zolles nach dem Werthe, der Bestimmung desselben nach dem
                                 Gewichte vorzuziehen ist.
                              Fr. Allein der Werth der Tuͤcher laͤßt
                                 sich nur sehr schwer schaͤzen? – A. Da die Regierung das Recht des
                                 Verkaufes hat, so darf sie keine falschen Declarationen befuͤrchten; oder
                                 der Betrug wird wenigstens sehr gering seyn, wenn sie sich mit 5 Proc., anstatt
                                 wie bisher mit 10 Proc. uͤber dem declarirten Werthe den Verkauf
                                 vorbehaͤlt.
                              Fr. Glauben Sie nicht, daß es gut waͤre, ein
                                 Minimum des Preises anzunehmen, unter welchem keine Declarationen Statt finden
                                 duͤrften; es waͤre dieß eine Garantie mehr fuͤr die
                                 wohlfeilsten Tuchsorten, die des Schuzes am meisten beduͤrfen? –
                                 A. Allerdings; allein um dieses Minimum bestimmen zu koͤnnen,
                                 muͤßte man mit der Fabrikation des Auslandes ganz vertraut seyn, und ganz
                                 genau den niedrigsten Gestehungspreis wissen.
                              Fr. Die Wegnahme unverzollten Tuches im Inneren wurde
                                 immer als eine der
                                 besten Garantien gegen die Schmuggelei betrachtet; glauben Sie, daß diese
                                 Maßregel beibehalten werden koͤnnte, wenn man die Tuͤcher bei der
                                 Einfuhr mit einer Marke versaͤhe? – A. Da die Wegnahme
                                 unverzollter Waare, wo man dieselbe immer finden mag, eines der besten Mittel
                                 gegen die Schmuggelei ist, so bin ich allerdings fuͤr diese Maßregel,
                                 kein achtungswerthes Haus wird sich der Gefahr der Wegnahme aussezen.
                              Fr. Steht nicht zu befuͤrchten, daß die
                                 fremden Spediteure falsche Marken beisezen? – A. Diese Besorgniß darf
                                 nicht vor einer guten und heilsamen Maßregel zuruͤkschreken. Im Jahre
                                 1816 fabricirte man im Auslande Tuͤcher mit dem Namen unserer Fabriken,
                                 und diese Tuͤcher gingen wirklich fuͤr inlaͤndische. Einige
                                 franzoͤsische Fabrikanten boten selbst die Hand zu diesem Betruge, der
                                 noch groͤßer ist, als die Beisezung einer fremden Marke.
                              Fr. Es braͤchte also Ihrer Ansicht nach der
                                 franzoͤsischen Industrie keinen Nachtheil, wenn man statt des
                                 Einfuhrverbotes einen Schuzzoll einfuͤhren wuͤrde? – A. Ich
                                 glaube vielmehr, daß ein Vortheil fuͤr dieselbe daraus erwachsen
                                 muͤßte, und daß unsere Fabriken nur dabei gewinnen wuͤrden.
                                 Erlauben Sie mir bei Gelegenheit der Tuͤcher Ihre Aufmerksamkeit auf
                                 einen. Artikel zu lenken, der fuͤr uns von großer Wichtigkeit ist:
                                 naͤmlich auf die Casimire. Ich weiß nicht, ob England viel von diesem
                                 Fabrikate erzeugt; allein Belgien fabricirte davon ehemals große Massen. Seit
                                 dem Jahre 1814 sind jedoch alle Fabriken, die sich damit beschaͤftigten,
                                 und die sich in Aachen befanden, preußisch geworden; sollte es sich daher um
                                 einen Handelsvertrag mit Preußen handeln, so waͤre die Concurrenz dieser
                                 Fabriken sehr zu beruͤksichtigen. Ich habe zwar schon lange keine
                                 Aachener Casimire mehr gesehen; als jedoch Aachen noch franzoͤsisch war,
                                 bestand zwischen seinen Casimiren und den franzoͤsischen ein
                                 groͤßerer Unterschied, als zwischen den Tuͤchern von Verviers und
                                 jenen Frankreichs. Ich sah im Jahre 1816 Aachener Casimire, die mit einer
                                 Praͤmie von 20 Proc. eingeschmuggelt wurden, und an denen die Fabriken
                                 doch noch 20 Proc. gewannen. Die Casimirefabrikation hat zwar seither bei uns
                                 Fortschritte gemacht; allein ich glaube doch nicht, daß sie den Leistungen
                                 Aachens gleichzustellen ist. Gegenwaͤrtig, wo der Absaz an Casimiren sehr
                                 abgenommen hat, wird nichts mehr davon eingeschmuggelt.
                              Fr. Ist das Erloͤschen der Schmuggelei nicht
                                 ein Beweis, daß kein Vortheil mehr bei ihr ist? – A. Die Ursache davon
                                 duͤrfte wohl in dem verminderten Verbrauche zu suchen seyn; allein die
                                 Mode wechselt, und wenn Casimirpantalons Mode wuͤrden, so koͤnnte
                                 die Einfuhr von fremden Casimiren unseren Fabriken großen Schaden
                                 zufuͤgen. Wir fuͤhren zwar selbst Rheimser Casimire aus; diese
                                 sind jedoch nur zu Gilets bestimmt; Casimir zu Pantalon wird aus Frankreich nur
                                 sehr wenig ausgefuͤhrt.
                              Fr. Unsere Casimire, so wie alle unsere croisirten
                                 Wollenzeuge sind in Belgien verboten; glauben Sie, daß eine merkliche
                                 Quantitaͤt Casimir aus Frankreich nach Belgien gehen wuͤrde, wenn
                                 dieses Verbot aufgehoben werden wuͤrde? – A. Ich zweifle sehr;
                                 denn ich glaube, daß die Aachener uns noch immer voraus sind, und daß sie daher
                                 auf den belgischen Maͤrkten den Vorrang behaupten koͤnnten.
                              Fr. Halten Sie einen Zoll von 25 Proc., der nach
                                 Ihrer Ansicht auf die fremden Tuͤcher gelegt werden soll, bei den
                                 unguͤnstigen Verhaͤltnissen, unter denen sich unsere Fabriken befinden, auch
                                 fuͤr genuͤgend? – A. Ja; ich nehme dabei unsere Fabriken so
                                 wie sie sind.
                              Fr. Wie fanden Sie im Allgemeinen die Declarationen,
                                 die Ihnen als der Mauth beigegebener Sachverstaͤndiger vorkamen? –
                                 A. Ich habe dieses Amt seit einem Jahre aufgegeben; doch muß ich gestehen, daß
                                 die Declarationen im Allgemeinen ziemlich genau gemacht wurden. Der
                                 geuͤbteste Kenner kann den Werth der Tuͤcher nach einem Muster
                                 nicht genau bestimmen, und wir gestanden daher in zweifelhaften Faͤllen
                                 bei der Bestimmung der Praͤmie dem Ausfuͤhrenden immer 10 Proc.
                                 mehr zu. Anfangs beklagten sich einige Fabrikanten; ich schlug ihnen vor, ihnen
                                 Ersaz und Entschaͤdigung zu leisten, wenn sie mich von ihren
                                 Buͤchern Ein sicht nehmen ließen, und dieß brachte sie zum Schweigen.
                              Fr. Haben Sie bei den Versendungen, welche die
                                 suͤdlichen Fabriken machten, keine uͤbertriebenen
                                 Preisdeclarationen bemerkt? – A. Ja, in der ersten Zeit; da wir aber
                                 keinen Anstand nahmen, diese Declarationen herabzusezen, so gaben sie dieß
                                 auf.
                              
                                 
                                    (Fortsezung folgt.)