Titel: Ansichten verschiedener französischer Fabrikanten über den gegenwärtigen Zustand ihres Industriezweiges in Frankreich, und über die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes für ihre Fabriken.
Fundstelle: Band 56, Jahrgang 1835, Nr. XXVI., S. 134
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XXVI. Ansichten verschiedener franzoͤsischer Fabrikanten uͤber den gegenwaͤrtigen Zustand ihres Industriezweiges in Frankreich, und uͤber die Folgen der Aufhebung des Prohibitivsystemes fuͤr ihre Fabriken. Im Auszuge aus dem Temps und Moniteur universel. (Fortsezung von Heft 1, S. 61.) Gegenwaͤrtiger Zustand einiger Industriezweige in Frankreich. IV. Ueber die Tuch- und Wollenwaaren-Fabrikation. 10. Aussagen des Hrn. Vayson, Teppichfabrikanten und Abgeordneten der Berathungskammer in Abbeville. Fr. Mit welchen Capitalien arbeiten Sie; wie viel fabriciren Sie, und wie groß ist Ihre Ausfuhr? – A. Mein in Gebaͤuden ruhendes Capital belaͤuft sich auf 200,000 Fr.; was aber die Einrichtung meiner Fabrik betrifft, so kann ich diese nicht genau schaͤzen, indem ich fortwaͤhrende Verbesserungen daran anbrachte, und das ganze Material der Maschinen zwei Mal erneuerte. Das Betriebscapital ist sehr bedeutend; denn wir Teppichfabrikanten muͤssen die Wollen, den Flachs und den Hanf ohne alle Zubereitung kaufen, und sie dann vom ersten Waschen an alle Manipulationen durchlaufen lassen, so daß wir die Rohstoffe demnach 1 1/2 bis 2 Jahre in Haͤnden haben. – In guten Jahren fabriciren wir in Abbeville fuͤr 250,000 Fr. Teppiche, wovon nur wenig ausgefuͤhrt wird. Am meisten geht noch nach der Schweiz, wo man gute Waare liebt, und wo ich deßhalb mit den Englaͤndern Concurrenz halten kann, obschon meine Fabrikate um 60 Proc. theurer sind, als die ihrigen. Meine Fabrikate behaupten sowohl an Geschmak, als an Dessein, Guͤte und Glanz der Farben den Vorzug vor den englischen, und deßhalb war ich im gegenwaͤrtigen Jahre so gluͤklich, auch einen Minister in England mit meinen Teppichen zu versehen. Fr. Was fuͤr Wollen verarbeiten Sie; wie theuer zahlen Sie sie, und was koͤnnen Sie uͤber die Schwankungen in deren Preisen sagen? – A. Ich verbrauche jaͤhrlich gegen 160,000 Pfd. Wolle, die ich saͤmmtlich aus Frankreich beziehe; nur zu Versuchen ließ ich Wolle aus England kommen. Rohe Wolle zahle ich zu 20 bis 22, Wolle, welche auf dem Ruͤken gewaschen worden, zu 45 Sous. Ich brauche lange, starke Wollen, die viel Koͤrper haben, und aus denen ich schoͤne Moketten fabricire; leider fehlt es in Frankreich aber an solchen Wollen. Die Schwankungen in den Preisen waren in den lezten Jahren enorm; denn Wollen, welche bei der Schur 38 bis 45 Sous galten, wurden im Spaͤtherbste zu 55 Sous und 3 Fr. verkauft. Im heurigen Jahre (1834) glaubte man, wuͤrden die Preise noch mehr steigen; man verkaufte sie zu 2 Fr. 50 Cent. bis zu 1 Fr. 25 Cent.; sie fielen jedoch spaͤter wieder bis auf 40 und 55 Sous herab. – Die gewoͤhnlichen Teppiche bestehen zu 2/3, die schoͤnen zu 3/4 aus Wolle. Fr. Welchen Einfluß schreiben Sie dem auf die fremden Wollen gelegten Zolle von 30 Proc. und der spaͤteren Herabsezung desselben zu? – A. Ich glaube, daß dieser Zoll den Fabrikanten sehr nachtheilig war, ohne den Oekonomen besondern Nuzen zu bringen. Die Herabsezung des Zolles scheine mir eine gute Maßregel zu seyn, obschon wir deren Wirkung noch nicht verspuͤren. Als man die fremden Wollen mit einem Zolle von 30 Proc. belegte, hatte man nur die feinen Sorten im Auge und vergaß daruͤber die ordinaͤren. Man vernachlaͤssigte daher die grobwolligen Heerden, und folglich wurde die ordinaͤre Wolle seltener und mithin verhaͤltnißmaͤßig theurer, als die feine. Fr. Wie hoch schaͤzen Sie den Betrag der Teppichfabrikation in Frankreich? – A. Ich kann dieß nicht beantworten, indem hiezu besondere Erkundigungen und Nachforschungen erforderlich sind. Ich erinnere mich jedoch im Jahre 1827 oder 28 eine Berechnung angestellt zu haben, bei der ich von der Zahl der arbeitenden Stuͤhle ausging, und wonach ich gefunden zu haben glaubte, daß in Frankreich jaͤhrlich fuͤr 900,000 Fr. Teppiche fabricirt wuͤrden. Heut zu Tage moͤchte sich die Fabrikation jaͤhrlich auf einen Werth von 1,500,000 Fr. gehoben haben. Uebrigens ist der Fabrikpreis von dem Verkaufspreise hoͤchst verschieden. Unsere Ausfuhr ist, wie mir scheint, sehr gering, und duͤrfte kaum mehr als 50 bis 60,000 Fr. betragen. Fr. Die Mauthregister weisen aber im Gegentheile fuͤr das Jahr 1833 nach, daß die Teppichausfuhr mit Praͤmie sich auf 272,000 Fr. belief? – A. Ich streite nicht gegen die Angaben der Mauth; aber ich glaube, daß der Unterschied von der Schaͤzung der Teppiche nach dem Gewichte herruͤhre. Der officielle Werth ist naͤmlich zu 25 Fr. angenommen, waͤhrend man ihn meiner Ansicht nach nicht hoͤher, als zu 9 bis 10 Fr. annehmen kann. Wir haben Teppiche, welche nur 4 Fr. 50 Cent. per Kilogr. gelten, und viele der Teppiche, welche ausgefuͤhrt werden, gelten nur 8 Fr. Die gewoͤhnlichen Knotenteppiche haben einen Werth von 9 Fr., und die Moketten gelten nicht uͤber 10 bis 12 Fr. Wendet man diesen Werth auf den Betrag der Ausfuhr an, so wird man finden, daß meine Angabe beinahe richtig ist. Fr. Glauben Sie, daß das Einfuhrverbot, welches auf gewissen Teppichen lastet, durch einen gehoͤrigen Schuzzoll ersezt werden koͤnnte? – A. Aus einer solchen Maßregel wuͤrden uns allerdings Nachtheile erwachsen. Welchen Zoll man auch auf die tuͤrkischen und indischen Teppiche legen moͤchte, so wuͤrde uns dock schwer werden, Concurrenz mit ihnen zu halten, weil sie nicht nur in der Mode, sondern auch warm, gut und wohlfeil sind. Nehmen wir einen franzoͤsischen velutirten Teppich, wovon die Elle 10 Pfd. wiegt, so kommt die Wolle, von der man die gewoͤhnliche Sorte zubereitet, im Werthe von 3 Fr. anschlagen kann, auf 30 Fr. zu stehen; rechnet man hiezu noch die Façon, die Kette etc., so gibt dieß als Gestehungspreis eine Summe von 40 bis 45 Fr. per Elle, wozu natuͤrlich noch der Gewinn des Kaufmanns geschlagen werden muß. Die Teppiche, welche in Smyrna verkauft werden, haben 20 Ellen und kommen auf 400 bis 450 Fr. zu stehen, wonach also nicht mehr als 20 bis 24 Fr. auf die Elle treffen. Der Unterschied ist hienach allein schon einleuchtend. Ich bemerke nur noch, daß man in Marseille und Toulon viele tuͤrkische Teppiche findet; ich selbst sah einen solchen, welcher nur 500 Fr. kostete, und den wir nicht unter 1500 Fr. zu liefern im Stande waͤren. Der Arbeitslohn ist bei uns nicht nur viel theurer, obwohl wir von Weibern arbeiten lassen, die nur 15 Sous verdienen; sondern wir muͤssen auch noch unsere Kuͤnstler, wie die Dessinateurs und Maler, theurer bezahlen. Fr. Glauben Sie, daß bei der Zollerhebung Unterschleife vorkommen? – A. Nein; allein man weiß den Zoll ganz zu umgehen, indem man die Teppiche als Moͤbel declarirt, oder indem man sie als Emballage verwendet. Die Quantitaͤt, welche auf diese Weise nach Frankreich ihren Weg findet, ist nicht so ganz klein, als man glauben moͤchte. Fr. Welcher Unterschied besteht zwischen den franzoͤsischen und englischen Teppichen? – A. Die englischen Teppiche sind von derselben Art, wie jene, welche ich fabricire. Die englischen Wilton-Teppiche sind unsere Moquette coupée; die sogenannten Bruͤsseler-Teppiche sind unsere Moquette bouclée oder à point rond; nur die Einfuhr dieser beiden ist bei uns gestattet. Die Teppiche von Arminster und Kidderminster, so wie jene Teppiche, welche die Englaͤnder als Venezianer-Teppiche verkaufen, sind die franzoͤsischen velutirten, doppelten und Venezianer-Teppiche. An allen diesen Fabrikaten haben die Englaͤnder einen großen Vortheil vor uns voraus; denn sie koͤnnen ihre Moketten z.B. wohlfeiler nach Paris stellen, als ich es zu thun im Stande bin. Die Rohstoffe sind in England nicht nur wohlfeiler, sondern auch besser; die Wollen sind staͤrker, glaͤnzender und in reichlicherer Menge. Gute Arbeiter kaͤmmen davon taͤglich 25 bis 30 Pfd., waͤhrend unsere Leute kaum halb so viel leisten. Die Kosten des Spinnens und des Faͤrbens sind gegen die Kosten, die diese Arbeiten bei uns veranlassen, unbedeutend. Wir muͤssen in unseren Fabriken eigene Dessinateurs und Zettler besolden, waͤhrend es in England eigene Fabriken gibt, wo sich der Teppichfabrikant nach Belieben seine Muster auswaͤhlt, und im Durchschnitte zu 1 bis 5 Guineen bezahlt. In Frankreich hingegen kommt uns die schlechteste Zeichnung auf 50 Fr. zu stehen. Die Moketten mit runden Pointen werden in London in allen Magazinen zu 4 Schill. 6 Den. bis 6 Schill. 9 Den. der Yard bezahlt, was in Frankreich so viel ist als 7 Fr. 40 Cent. bis 9 Fr. 50 Cent. die Elle. Fuͤgt man hiezu noch den gegenwaͤrtigen Zoll und die Transportkosten, so gibt dieß 11 Fr. 14 Cent., zu welchem Preise dieses Fabrikat auch von den Englaͤndern in Paris verkauft wird. Dem franzoͤsischen Fabrikanten waͤre es unmoͤglich, eine gleiche Waare um denselben Preis zu liefern; gluͤklicher Weise neigt sich der Geschmak in Paris aber nicht auf Seite des englischen Fabrikates, und aus diesem Grunde machen die Englaͤnder demnach keine großen Geschaͤfte bei uns. Fr. Welcher Zoll waͤre Ihrer Ansicht nach noͤthig, im Falle das Einfuhrverbot aufgehoben werden sollte? – A. Ich glaube, daß die Teppiche im Jahre 1816 vor der Einfuͤhrung des hohen Zolles auf die fremden Wollen 4 oder 500 Fr. zahlten; ein solcher Zoll koͤnnte genuͤgen. Allein selbst hiebei, obschon dieser Zoll beinahe 100 Proc. betraͤgt, wird man auf Widerstand stoßen; ich fuͤr meinen Theil verlange nur, daß man einen Zoll zugesteht, bei welchem ich meine zahlreichen Arbeiter beschaͤftigen kann. Fr. Glauben Sie, daß sich der Zoll, der gegenwaͤrtig auf den Moketten von Tournay lastet, wohl reduciren ließe? Sie wissen, daß diese Moketten fruͤher nur 160 Fr. zahlten, daß sie aber spaͤter mit anderen Teppichen in jene Kategorie geworfen wurden, welche 300 Fr. zahlen mußten. Belgien remonstrirt gegen diese Maßregel, welche nicht begruͤndet zu seyn scheint. – A. Es wird immer sehr schwer seyn, die belgischen Moketten von anderen Moketten-Teppichen zu unterscheiden; und wenn man auch behauptet, die Fabrikate von Tournay haͤtten einen eigenthuͤmlichen Charakter, so weiß ich doch auch, daß die Teppichfabrik in Tournay in andere Haͤnde uͤberging, und daß deren Fabrikationssystem Aenderungen erlitt. Ueberdieß werden in Belgien auf englische Kosten neue Teppichfabriken errichtet, und diese wuͤrden offenbar die Vortheile theilen, die man der Fabrik von Tournay zugestehen will. Fr. Gesezt jedoch die Fabrik in Tournay behielte ihre Fabrikzeichen bei, durch welches sich ihre Fabrikate unterscheiden; haͤtten Sie auch dann noch einige Gruͤnde sich der Verminderung ihrer Ueberlastung um 140 Fr. zu widersezen? – A. Als die Regierung im Jahre 1829 den auf die fremden Teppiche gelegten Zoll erhoͤhte, lag der Grund hiefuͤr darin, daß der Einfuhrzoll auf die Holle so erhoͤht worden war, daß die zur Teppichfabrikation bestimmte rohe Wolle beinahe doppelt so viel zahlte, als die fertigen Teppiche. Man darf nicht glauben, daß die 300 Fr., so hoch diese Summe auch scheinen mag, vollen Schuz gewaͤhren; denn dadurch wird auf die fremden Teppiche eigentlich nur ein Zoll von 25 Proc. gelegt; und selbst hievon kommt noch Folgendes abzuziehen: der auf die Wollen gelegte Zoll von 22 Proc.; der auf das Garn gelegte Zoll von 25 Proc.; der auf die Farbstoffe gelegte Zoll etc. Fr. Koͤnnen Sie uns auch noch uͤber andere Gegenstaͤnde der Wollenwaarenfabrikation Aufschluß geben? – A. Die Berathungskammer von Abbeville hat mich beauftragt zu erklaͤren, daß sie um die Beibehaltung der bestehenden Zoͤlle nachsuche. Ich weiß sehr wohl, was das Prohibitivsystem ist, aber ich sage nicht, daß dieses System meine Meinung repraͤsentire. Sie haben, was die Tuchfabrikation betrifft, Hrn. Randoing von Abbeville angehoͤrt, der die große Tuchfabrik der HH. Lemaire und Randoing dirigirt. Uebrigens gibt es in Abbeville auch noch viele kleine Tuchmacher, welche 30, 40, 50 Stuͤke fabriciren und selbst verkaufen; alle diese verlangen, daß die Dinge so bleiben, wie sie sind, indem sie sich schon dabei nicht uͤbergluͤklich fuͤhlen. Fr. Wie groß ist die Zahl dieser Fabrikanten, und wie hoch belaͤuft sich ihre Fabrikation? – A. Ich war nicht im Stande, mir hieruͤber genaue Aufschluͤsse zu verschaffen; nur nach der Wolle, welche gekauft und verarbeitet wird, schließe ich, daß der Gesammtwerth der fabricirten Zeuge 5 bis 600,000 Fr. betragen duͤrfte, worunter beilaͤufig 100,000 Ellen Kalmuk zu 3 bis 5 Fr. die Elle begriffen sind. Es werden ungefaͤhr 250,000 Pfd. ungewaschene Wolle verarbeitet, und diese kommen 130,000 Pfd. gewaschener Wolle gleich. Man fabricirt groͤßten Theils Kalmuks, Alepinen, weiße und wollgefaͤrbte Bercans, Grenadinen und Circassiennen, wovon hauptsaͤchlich in das suͤdliche Frankreich versandt wird; auch nach Spanien geht eine geringe Menge davon. Fr. Glauben Sie, daß diese Fabrikate durch einen gehoͤrigen Zoll geschuͤzt werden koͤnnten? – A. Ich glaube, daß gerade die gemeinsten Artikel die Concurrenz des Auslandes am meisten zu fuͤrchten haben. Alle kleinen Fabrikanten sind der Meinung, daß das Einfuhrverbot fuͤr ihre Existenz durchaus noͤthig sey; allein sie geben sich nicht selbst gehoͤrig Rechenschaft hieruͤber, sondern halten sich an das, was man ihnen vorsagte: daß naͤmlich gegenwaͤrtig nicht die Zeit zu Veraͤnderungen sey, und daß zu befuͤrchten stehe, daß das Gluͤk des Volkes, welches ohnedieß nicht sehr groß sey, hiedurch nur noch mehr leiden wuͤrde. Fr. Und welches ist denn Ihre persoͤnliche Ansicht hieruͤber? – A. Ich glaube, daß man mit einem gehoͤrig und nach dem Gewichte berechneten Schuzzolle unsere Fabrikation schuͤzen, und zugleich die franzoͤsischen Fabrikanten antreiben koͤnnte, bessere Artikel zu liefern. Haͤtte ich nicht die belgische Concurrenz auf den Fersen gehabt, so waͤre meine Fabrikation gewiß noch nicht das, was sie jezt ist. Gezwungen alle Verbesserungen Schritt fuͤr Schritt zu verfolgen, um die Concurrenz halten zu koͤnnen; und nur auf einen sehr kleinen Gewinn beschraͤnkt, mußte ich besser fabriciren, als die anderen, um mein Haus gehoͤrig erhalten zu koͤnnen. Fr. Koͤnnen Sie uͤber die Preise der in Abbeville verfertigten Wollenzeuge einige Aufschluͤsse geben? – A. Der mittlere Preis der Kalmuks und Bercans betraͤgt 3 bis 3 1/2 Fr. per Elle; jener der Grenadinen 6 Fr.; das Gewicht ist je nach der Qualitaͤt und Breite der Zeuge verschieden. Fr. Haben Sie sonst noch etwas zu bemerken? – A. Die Berathungskammer von Abbeville, die mich zu ihrem Abgeordneten ernannte, hat mich beauftragt. Ihnen auch noch von dem Flachs- und Hanfgarne zu sprechen, welches zu den gewoͤhnlichen Leinewanden verwendet wird. Die in der Naͤhe von Abbeville befindliche Bevoͤlkerung lebt im Winter hauptsaͤchlich von dieser Art von Spinnerei, und ist um so mehr zu beruͤksichtigen, als derselben durch die Maschinenspinnerei bereits das Verdienst bei der Wollenspinnerei mir der Hand entzogen wurde. Ein Weib, welches sich fruͤher durch das Wollenspinnen 8 bis 12 Sous verdiente, verdient gegenwaͤrtig durch das Spinnen von Flachs und Hanf nur mehr 4 bis 6 Sous, und daher duͤrfte dieser Umstand bei der Regulirung der Zoͤlle sehr zu beruͤksichtigen seyn. 11. Aussagen des Hrn. Hindenlang Sohnes, Caschemirwollenspinner und Abgeordneten der Handelskammer in Paris. Fr. Wie viel Garn spinnen Sie und wie hoch kommt Ihnen das Tibethaar zu stehen? – A. Ich spinne in meiner Fabrik, welche 5 bis 600 Arbeiter beschaͤftigt, taͤglich 80 und jaͤhrlich 24,000 Pfd.; davon die eine Haͤlfte zu Kammgarn, Kette und Eintrag, die andere zu Wirkgarn. Der Preis des rohen Materiales, welches ich aus Rußland beziehe, ist außerordentlich wechselnd; gegenwaͤrtig stehen die Preise sehr hoch; in gewoͤhnlichen Jahren ist der Mittelpreis 7 bis 8 Fr. das Kilogr. Ich verfertige aus meinem Garne selbst glatte Zeuge, und spinne fuͤr die Shawlfabrikanten. Fr. Wie hoch belaͤuft sich die Ausfuhr und wohin findet sie Statt? – A. Beilaͤufig die Haͤlfte unserer Fabrikate wird ausgefuͤhrt: und zwar nach Deutschland, Rußland und England. Die Englaͤnder nehmen uns etwas Garn ab; sie versuchten sich zwar selbst in der Caschemirspinnerei; allein sie gelang ihnen nicht, indem diese Art von Spinnerei die kleinlichste Sorgfalt erfordert. Die russische Regierung macht seit einem Jahre ungeheure Anstrengungen und bringt große Opfer, um diesen Industriezweig nach Rußland zu ziehen, und um uns unsere Arbeiter abwendig zu machen; eine truͤbe Zukunft haben wir daher in dieser Hinsicht vor Augen. Andererseits unterscheidet unser Tarif nicht zwischen den gekaͤmmten Wollen und den Wollen in Masse, so daß das Kaͤmmen in Frankreich gar nicht geschuͤzt ist. Diese Arbeit kostet in Rußland einen Rubel per Pfund, waͤhrend sie uns 5 bis 6 Fr. kostet. Ich sehe mich deßhalb veranlaßt, einen eigenen Zoll auf die gekaͤmmten Wollen zu verlangen, unter welchen dann auch die gekaͤmmten Caschemirwollen gereiht werden koͤnnten. Ich muß bemerken, daß das Kaͤmmen in Frankreich eine große Menge von Individuen beschaͤftigt, die keine andere Arbeit kennen, und daß diese Classe in großes Elend gestuͤrzt werden wuͤrde, wenn der Einfuhr fremder gekaͤmmter Wollen kein Hinderniß entgegengesezt wuͤrde. Fr. Glauben Sie, daß das Einfuhrverbot, womit noch gewisse Caschemirzeuge belegt sind, durch einen Schuzzoll ersezt werden koͤnne? – A. Allerdings; allein die indischen Shawls muͤßten mit einem Zolle belegt werden, der bei den Shawls uͤber 1000 Fr. im Werthe nur sehr gering, bei den wohlfeileren Shawls hingegen sehr hoch waͤre. Fr. Sie wissen doch, daß der Einfuhrzoll auf die Shawls durch eine neuere Ordonnanz auf 22 Proc. festgesezt wurde, und daß dabei das Minimum des Werthes zu 500 Fr. angenommen ist, wodurch also der Zoll fuͤr die wohlfeilsten Shawls auf nicht weniger als 110 Fr. kommt. – A. Dieß betraͤgt jedoch nicht einmal 25 Proc., und ist mithin nicht bedeutend. Fr. Und doch scheint es, daß seit Aushebung des Verbotes der Einfuhr indischer Shawls nur sehr wenige dergleichen eingefuͤhrt wurden? – A. Ich sah ihrer viele, denn die Schmuggelei derselben ist sehr leicht. Fr. Ist Ihre Fabrikation im Fortschreiten begriffen? – A. Ich kann nicht mehr weiter gehen; denn ich habe bereits alle moͤglichen Ersparungen gemacht, und auch der Arbeitslohn ist so niedrig, daß der Arbeiter mit genauer Muͤhe dabei zu leben hat. Die Wollenpuzerinnen verdienen taͤglich 15 bis 20 Sous, die Tagarbeiterinnen 30 Sous, die Wollenkaͤmmer 2 Fr. 50 C. bis 3 Fr., und die Spinner 4 bis 5 Fr. Fr. Bestehen außer der Ihrigen auch noch andere Fabriken, und wie hoch schlagen Sie deren Production an? – A. Es gibt außer der meinigen noch mehrere andere Fabriken, die jedoch zusammen nicht mehr fabriciren, als ich. Fr. Haben Sie sonst noch etwas zu bemerken? – A. Ich muß noch ein Mal an eine Revision des Tarifes der gekaͤmmten Wollen erinnern, damit uns der Schuz werde, dessen wir beduͤrfen; wenn dieß auch gegenwaͤrtig nicht so dringend scheinen mag, so wird es dennoch bei den Anstrengungen, welche Rußland macht, um sich diesen Industriezweig anzueignen, schon binnen einem Jahre sich als hoͤchst nothwendig zeigen. Gegenwaͤrtig ist unsere Fabrikation noch auf Paris allein beschraͤnkt, wo sie geschaffen und mit außerordentlichen Opfern groß gezogen wurde. Wir koͤnnen den Rohstoff, den wir verarbeiten, nur von den Maͤrkten von Moskau, Mukarieff und Orenburg beziehen; so wie uns Rußland den Zutritt zu diesen verweigerte, muͤßten wir zu fabriciren aufhoͤren. Endlich glaube ich, daß die Regierung, nachdem sie die Einfuhr der indischen Shawls gegen einen Zoll erlaubt hat, uns bei der Ausfuhr der glatten sowohl als der broschirten Caschemir-Wollenzeuge eine Praͤmie bewilligen sollte, gleichwie sie dieß bei den uͤbrigen Wollenzeugen thut. Fr. Die Praͤmie oder der Ruͤkzoll, welcher bei der Ausfuhr der Wollenzeuge von der Regierung bezahlt wird, ist nichts Anderes, als eine Verguͤtung des Zolles, den die rohe Wolle bei der Einfuhr bezahlt. Wenn daher die gekaͤmmte Wolle oder die Caschemirfloke, wie Sie selbst zugestanden, bei der Einfuhr gar keinen oder nur einen hoͤchst unbedeutenden Zoll zahlen, so kann wohl von keinem Ruͤkzolle die Rede seyn. – A. Da die Caschemirshawls zu unserem Nachtheile eingefuͤhrt werden, so glaube ich, daß der Staatsschaz uns wohl das zum Besten geben koͤnnte, was bei dieser Einfuhr gezahlt wird. Es schiene mir sehr billig, wenn man auf diese Weise uns in den Stand zu sezen trachtete, auf den fremden Maͤrkten Concurrenz zu halten. 12. Aussagen des Hrn. Cunin-Gridaine, Tuchfabrikanten in Sedan, und Abgeordneten der dortigen Berathungskammer. Fr. Wie groß ist das Capital, welches in Sedan in den Tuchfabriken stekt? – A. Das Capital, welches in Gebaͤuden, Wasserwerken und Maschinen stekt, kann zu 70 bis 80 Mill. Franken angeschlagen werden. Die Masse der Geschaͤfte betraͤgt von 18 bis zu 20 Mill. Fr., und zu deren Betrieb ist ein beinahe gleiches Capital erforderlich. Es erklaͤrt sich dieß durch die zehn- bis zwoͤlfmonatlichen Credite, welche wir geben, und die allerdings von großem Belange sind; denn wuͤrden wir unsere Capitalien schneller wieder zuruͤk bekommen, so koͤnnten wir unseren Fabriken mehr Thaͤtigkeit geben, und wohlfeiler fabriciren. Diese Bemerkung bezieht sich insbesondere nur auf Sedan; denn Elbeuf verkauft gewoͤhnlich auf drei Monate Zeit. Was den gegenwaͤrtigen Werth unserer Fabriken betrifft, so laͤßt sich dieser nicht wohl schaͤzen; da sie jedoch 15 bis 20 Jahre lang bestehen, und da im Durchschnitte jaͤhrlich 4 bis 5 Proc. amortisirt oder geloͤscht werden mußten, so glaube ich, daß auf diese Weise eine Reduction von 50 Proc. eingetreten seyn muß. Die Tilgung muͤßte sogar noch groͤßer seyn, wenn sie in jenen Jahren, die nicht nur keine Gewinne, sondern vielmehr Verluste brachten, haͤtte Statt finden koͤnnen. Ich muß bemerken, daß die jaͤhrliche Tilgung hauptsaͤchlich durch die Erneuerung der Maschinen, so wie auch durch die schnelle Einfuͤhrung der an ihnen angebrachten Verbesserungen beeintraͤchtigt wird. Sie wissen uͤbrigens, daß die Fabriken nur einen relativen und in so fern guͤltigen Werth haben, als Thaͤtigkeit in denselben herrscht. Ich erlaube mir bei dieser Gelegenheit eine Thatsache anzufuͤhren. Einer unserer Fabrikanten, der den ersten Rang in Sedan behauptete, und ein Vermoͤgen von 4 bis 5 Mill. Fr. besaß, hatte in eine einzige Fabrik 1 1/2 Mill. Fr. gestekt. Diese Fabrik wurde, nachdem der Eigenthuͤmer fallirt hatte, im J. 1831, also in der unguͤnstigsten Zeitperiode, verkauft, und von dem Syndikate der Generaleinnehmer, welches eine Hypothekenschuld von 300,000 Fr. darauf hatte, fuͤr diese niedrige Summe erstanden! Sie sehen hieraus, wie das urspruͤngliche Capital beinahe ganz vernichtet wurde. Es befinden sich zwar, was die Amortisirung oder Tilgung ihres Capitales betrifft, nicht alle Fabriken unter gleichen Umstaͤnden; allein ich glaube, daß die Tilgung heut zu Tage dennoch zu 50 Proc. angenommen werden koͤnne. Es liegt im Interesse des Fabrikanten, so viel als moͤglich zu tilgen; denn thut man dieß nicht, so fordert man von einem vermeintlichen Capitale ein Interesse; man fabricirt zu hoͤheren Preisen, kann nur schwer Concurrenz halten, und findet sich in falscher Lage. Fr. Wie groß sind die Capitalien Ihrer Fabrik, die, wie wir wissen, die groͤßte in Sedan ist, und wie viel fabriciren Sie in derselben? – A. Ich gab fuͤr Maschinen und Bauten gegen 700,000 Fr. aus; allein ich habe von dem urspruͤnglichen Material viel getilgt, indem ich mich an meine oben aufgestellte Regel hielt. Ich mache jaͤhrlich fuͤr mehr dann 2 Mill. Fr. Geschaͤfte, und brauche hiezu ein beinahe eben so großes Betriebscapital. Von den 28 bis 30,000 Stuͤken Tuch, welche Sedan jaͤhrlich erzeugt, fabricire ich 2800 bis 3000 Stuͤke, jedes zu 32 bis 34 Ellen und zu 22 Kilogr. Gewicht. Fr. Woher beziehen Sie die Wollen und zu welchen Preisen? – A. Drei Viertel unserer Fabrikate bestehen aus franzoͤsischer Wolle; der Rest wird aus deutscher, d.h. schlesischer, saͤchsischer und maͤhrischer Wolle erzeugt. Die Mitteltuͤcher fabriciren wir gegenwaͤrtig aus Wolle, welche uns auf 10 Fr. zu stehen kommt, waͤhrend wir sie im Jahre 1831 nur zu 5 Fr. bezahlten. Die mittelfeinen Wollen sind naͤmlich seither bedeutend im Preise gestiegen, waͤhrend die feinen Sorten beinahe von gleichem Preise blieben. Fr. Welchen Einfluß uͤbte Ihrer Ansicht nach der auf die fremden Wollen gelegte Zoll von 30 Proc.? – A. Nach meiner Ueberzeugung brachte dieser Zoll eine sehr nachtheilige Wirkung hervor; denn wir verloren, und die Landwirthschaft gewann nichts dabei. Unsere Ausfuhr nach Deutschland und nach Spanien litt darunter Schaden, indem das Verbot daselbst Fabriken hervorrief. Daß auch die Landwirthschaft nicht den erwarteten Vortheil daraus zog, ergibt sich aus einer Vergleichung der Preise. Im Jahre 1831 war der mittlere Preis der rohen Wolle ungeachtet des Zolles von 30 Proc. 18 Fr.; im Jahre 1833 stieg er unter dem Schuze desselben Zolles bis auf 34 Fr. Ich bin hienach uͤberzeugt, daß die Schwankungen im Preise unserer inlaͤndischen Wolle nicht dem Zolle von 30 Proc. zugeschrieben werden koͤnnen; der Bedarf der Fabriken ist es vielmehr, der die Preise des Rohstoffes regulirt, und diesem allein ist das eingetretene Steigen desselben beizumessen. Es haben hienach bei uns mehrere Ursachen zur Vertheuerung der Wolle mitgewirkt; naͤmlich die Organisation der Nationalgarden, die Vermehrung der Armee, die Anschaffung von Bettdeken fuͤr die Spitaͤler und die Cholera, welche den Verbrauch an Wolle verzehnfachte. Uebrigens ziehe ich hieraus noch keineswegs den Schluß, daß der Landwirth des auf die Wolle gelegten Zolles ganz entbehren kann; im Gegentheile wuͤrde ich die gaͤnzliche Aufhebung fuͤr eine demselben sehr nachteilige Maßregel halten. Denn wenn dieser Zoll auch die Menge der inlaͤndischen Wolle nicht im mathematischen Verhaͤltnisse seiner Groͤße vermehrte, so muß man doch zugeben, daß wir ohne denselben mehr auslaͤndische als franzoͤsische Wolle verarbeiten wuͤrden. Ich verlange daher nicht, daß der Schuzzoll, welcher zu Gunsten unserer inlaͤndischen Wolle besteht, ganz aufgehoben werde, indem der ohnedieß schon von vielen Plagen heimgesuchte Landmann hiedurch empfindlich leiden wuͤrde; ich wollte hier bloß den Stand der Dinge so zeigen, wie er ist. Fr. Sie billigen aber doch die Herabsezung dieses Zolles, welche in neuerer Zeit verordnet ward? – A. Allerdings; auch hege ich die Ueberzeugung, daß der Akerbau hiebei nicht zu Schaden kommen wird, denn diese leichte Ermaͤßigung beugt einem weiteren Steigen der Tuchpreise vor, durch welches der Verbrauch an Tuͤchern, folglich der Verdienst der Arbeiter, und mithin auch wieder der Absaz der Lebensmittel geschmaͤlert worden waͤre. Ich glaube sogar, daß der Zoll mit Schonung und Klugheit noch mehr ermaͤßigt werden koͤnnte, und erlaube mir hier meine Ansicht ganz auszusprechen. Die Landwirthschaft ist in Frankreich, was die Wollenerzeugung betrifft, gegenwaͤrtig im Stillstande oder gar im Ruͤkschreiten; in Deutschland hingegen hat man Wollen, welche vorzuͤglicher sind, als die unseligen, indem man sie auf jede moͤgliche Weise zu verbessern bemuͤht war. Unsere Landwirthe waren durch die niedrigen Wollenpreise, die eine Zeit uͤber Statt fanden, entmuthigt, mehr auf die Quantitaͤt bedacht, und darunter litt natuͤrlich die Qualitaͤt, so daß wir die Schwierigkeiten, die uns diese schlechtere Wolle veranlaßt, nur dadurch zu beseitigen vermoͤgen, daß wir mehr Zeit und Geld auf den Appret verwenden. Die Englaͤnder verarbeiten hauptsaͤchlich saͤchsische, maͤhrische und schlesische Wollen, welche sehr elastisch und sehr markig sind, und nicht so viel Appret brauchen. Waͤren die deutschen Wollen mit gar keinem Zolle belegt, so wuͤrden wir eine sehr große Menge davon arbeiten, und da dieß allerdings unserer Landwirthschaft zum Nachtheil gereichen wuͤrde, so gehe ich nicht hierauf ein. Fr. Welchen Theil des Werthes Ihrer Tuͤcher bildet denn die Wolle? – A. Im Durchschnitte die Haͤlfte; jedoch ist dieß nach der Qualitaͤt des Tuches verschieden. In der Denkschrift, welche die Stadt Sedan bekannt machte, ist der Werth der Wollengewebe in allen ihren Transformationen auf 400 Mill. geschaͤzt, wovon 250 Mill. auf die Tuͤcher und 150 Mill. auf die uͤbrigen Wollenzeuge kommen. An gewissen Tuͤchern kommt nun der Rohstoff mit zwei Dritthellen und der Arbeitslohn mit einem Drittheil in Anschlag; an den feinen Tuͤchern von Louviers und Sedan betraͤgt der Arbeitslohn etwas mehr, als der Rohstoff; und an gewissen Artikeln der Mode und der Phantasie betraͤgt der Arbeitslohn gar 2/3 des Werthes. Fr. Sie schaͤzen also den Werth aller Wollenzeuge, welche gegenwaͤrtig in Frankreich fabricirt werden, auf 400 Mill.? – A. Es fehlt uns ungluͤklicher Weise noch immer eine gute Statistik, und daher koͤnnte die mathematische Richtigkeit meiner Angabe in Zweifel gezogen werden; uͤbrigens halte ich sie fuͤr so genau, als es gegenwaͤrtig moͤglich ist. Die Elemente, welche mir dieses Resultat gaben, sind folgende. Frankreich zaͤhlt 35 Mill. Schafe, deren Fließ im Durchschnitte zu 6 Fr. geschaͤzt werden kann; dieß gibt also einen Betrag von 210 Mill. Fremde Wolle wird fuͤr 20 Mill. Fr. eingefuͤhrt, so daß die Wolle einen Betrag von 230 Mill. Fr. ausmacht. Rechnet man nun hiezu noch 170 Mill. fuͤr Arbeitslohn, so gibt dieß die angegebenen 400 Mill. Zur Bestaͤtigung dieser Angabe dient auch noch folgende Berechnung. Frankreich zaͤhlt 33 Mill. Einwohner, von denen man, da noch nie so viel Wollenzeug getragen wurde, als heut zu Tage, annehmen kann, daß jeder fuͤr 12 Fr. Wollenzeug verbraucht. Dieß allein gaͤbe schon eine Summe von 396 Mill. Fr., abgesehen von den 28 Mill., welche an verschiedenen Wollenstoffen ausgefuͤhrt werden. Fr. Koͤnnen Sie uns vergleichende Aufschluͤsse uͤber die Preise der franzoͤsischen und der auslaͤndischen Wollen geben? – A. Ein solcher Vergleich ist sehr schwer anzustellen; wenn wir die Wolle roh nehmen, so ist der Unterschied enorm, und nehmen wir sie gewaschen, so ist der Vergleich noch schwieriger. Die Wolle erleidet beim franzoͤsischen Waschen in der Fabrik einen neuen Verlust von 12 bis 15 Proc. Die deutsche Wolle kommt so unrein zu uns, daß sie bis zur vollkommenen Reinigung 33 Proc. verliert. Deutsche und franzoͤsische Wolle auf gleiche Reinheit gebracht, und in moͤglich gleicher Qualitaͤt zusammengestellt und verglichen, ergibt als Resultat: daß die deutsche Wolle nach Frankreich gestellt und den Zoll mit in Anschlag gebracht, hoͤher kommt, als franzoͤsische. Fr. Man sagte uns, im Laufe der Untersuchung, daß eine der nachtheiligsten Folgen des Zolles darin bestehe, daß er die Schwankungen im Preise vermehrt. Der Schuz scheint auch in umgekehrtem Verhaͤltnisse mit dem Schuzbedarfe der Landwirthschaft zu stehen; der Zoll steigt naͤmlich im Verhaͤltnisse des Werthes der Wolle, und hieraus folgt: daß, wenn die Wolle theuer ist, das Steigen des Zolles die Einfuhr fremder Wolle, und mithin die Ausgleichung des Preises hindert; ist die Wolle hingegen wohlfeil, so sinkt der Zoll verhaͤltnißmaͤßig, waͤhrend der Landmann doch gerade unter diesen Verhaͤltnissen eines groͤßeren Schuzes beduͤrfte. – A. Ich kann diese Folgerung nicht zugeben; ich seze zwar nicht voraus, daß die Wollenpreise in Frankreich und im Auslande immer verhaͤltnißmaͤßig gleich sind; allein es kann auch nicht wohl seyn, daß die Wolle in Frankreich sehr theuer ist, waͤhrend sie in Deutschland sehr niedrig im Preise steht. Fr. Es ist offenbar, daß die natuͤrlichen Handelsbewegungen, abgesehen von dem Unterschiede, der durch die Zoͤlle bedingt ist, das Gleichgewicht der Preise herzustellen suchen. Allein vergleichen Sie das Zollsystem, welches bei der Wolle befolgt wird, mit jenem, welches beim Getreide in Anwendung gebracht ist, so ergibt sich, daß der Zoll des Getreides in dem Maße sinkt, in welchem dessen Preis steigt, waͤhrend bei der Wolle das Umgekehrte Statt findet. Glauben Sie nicht, daß ein nach dem Werthe bestimmter Zoll die Graͤnzen der Schwankungen in den Wollenpreisen beschraͤnken wuͤrde? – A. Ich glaube nicht, daß dieß zu dem fraglichen Resultate fuͤhren wuͤrde, und meiner Ansicht nach findet zwischen den gewaͤhlten Vergleichspunkten auch gar keine Identitaͤt Statt. Der Werth des Rohstoffes regulirt nicht immer den Preis des Tuches; sondern derselbe haͤngt hauptsaͤchlich davon ab, ob die Umstaͤnde, unter denen der Verkauf geschieht, gut oder schlecht sind. Diese Umstaͤnde sind allmaͤchtig. Der Kaͤufer kuͤmmert sich nicht, aus welchen Gruͤnden der Preis der Wolle waͤhrend der Fabrikation fiel; man muß hier dem Geseze nachgeben, welches die Concurrenz dictirt. Ich erlaube mir als Beweis hiefuͤr nur die gegenwaͤrtigen Umstaͤnde anzufuͤhren, wo die Abnehmer Anforderungen machen, die wirklich unvernuͤnftig sind, und wo sie dessen ungeachtet den Sieg davon tragen. Man muß mit Verlust oder wenigstens ohne Gewinn verkaufen, bloß um seine Kundschaften nicht zu verlieren und den Gang der Fabrik nicht in Stoken zu bringen, und sich mit einer besseren Zukunft vertroͤsten. Uebrigens ist auch noch zu bemerken, daß das Sinken der Wollenpreise oft nur scheinbar ist; indem eine mit mehr Fett beladene Wolle beim Waschen mehr verliert, und also im Grunde oft eben so hoch kommt. Fr. Um wie viel erhoͤht der Zoll, womit das Oehl, der Indigo und andere Farbstoffe belegt sind, den Preis Ihrer Fabrikate? – A. Ich glaube, daß man dieß zu 1 bis 2 Proc. des Werthes anschlagen kann. Fr. Welche Triebkraͤfte haben Sie? – Wir besizen in Sedan 18 Dampfmaschinen und 30 Wasserwerke, die jedoch nicht ausschließlich zur Fabrikation der Sedaner Tuͤcher verwendet werden, sondern von denen ein Theil auch fuͤr Rheims und Rethel arbeitet. Als Brennmaterial bedienen wir uns der Steinkohlen von Charleroy und Luͤttich, wovon uns der Hectoliter mit Einschluß der Mauth auf 4 Fr. 20 C. zu stehen kommt. Der Zoll betraͤgt 1 Fr. 50 C. fuͤr 500 Kilogr. Wir beziehen nicht Steinkohle von erster Qualitaͤt, welche fett ist; sondern sogenannte flammende Kohle (houille flambante), wovon wir die Tonne oder 10 Hectoliter an Ort und Stelle mit 11 bis 12 Fr. bezahlen. Ich selbst verbrauche taͤglich 4000 Kil.; ganz Sedan mag taͤglich 40,000 Kil. verbrennen. Da ich jaͤhrlich fuͤr 55,000 Fr. Steinkohlen verbrauche, und jaͤhrlich fuͤr mehr als 2 Mill. Fr. Geschaͤfte mache, so kommen also die Kosten des Brennmateriales auf 2 1/2 bis 3 Proc.; dieselbe Berechnung duͤrste auch fuͤr unsere uͤbrigen Fabriken gelten. Fr. Sind Ihre Maschinen eben so gut, wie jene, deren man sich im Auslande bedient? – A. Meine Dampfmaschinen sind saͤmmtlich aus der Fabrik der HH. Coqueril in Luͤttich; sie arbeiten mit minderem Druke, und verbrauchen daher etwas mehr Brennmaterial als die Hochdrukdampfmaschinen; allein sie bringen auch keine Gefahr. Ich glaube nicht, daß es in Sedan auch nur zwei Dampfmaschinen gibt, die in Frankreich gebaut wurden. Die Maschinenfabrikation hat zwar bei uns in Frankreich sehr große Fortschritte gemacht; allein dessen ungeachtet erhellt von selbst, daß aus einer Fabrik wie die Coqueril'sche dennoch vollkommenere Maschinen hervorgehen muͤssen, als aus einer Anstalt, welche in ihren Fabrikationsmitteln noch beschraͤnkt ist. In allen großen Fabriken sind fuͤr jede einzelne Arbeit eigene Individuen bestellt, und aus dieser Vertheilung der Arbeiten ergibt sich eine Vollkommenheit, welche man sich an den Maschinen um jeden Preis zu verschaffen suchen muß. Wir werden es zwar bei uns in Frankreich eben so weit bringen, allein einige Zeit ist hiezu immer noch erforderlich. Fr. Wie viele Arbeiter haben Sie; wie bezahlen Sie sie, und welche Schwankungen fanden in dem Arbeitslohne innerhalb einer bestimmten Anzahl von Jahren Statt? – A. Die Fabrikation von Sedan beschaͤftigt 11 bis 12,000 Individuen, wovon gegen 1200 in meinem Geschaͤfte arbeiten. Der Arbeitslohn der Maͤnner betraͤgt im Durchschnitte 2 bis 2 1/4 Fr.; jener der Weiber 1 bis 1 1/4 Fr., und jener der Kinder 75 Cent. Dabei ist der Tag zu 15 Stunden Arbeit gerechnet. Der Arbeitslohn erfuhr entweder gar keine oder nur sehr unbedeutende Schwankungen; denn wir koͤnnen hierin keine Veraͤnderungen vornehmen, ohne unsere Arbeiter in eine sehr mißliche Lage zu versezen; wenn daher auch die Fabrikation etwas stokte, wenn der Gewinn auch aus was immer fuͤr Gruͤnden vermindert wurde, so wurde der Lohn der Arbeiter dadurch doch nur unmerklich beeintraͤchtigt. Unsere Arbeiter sind deßhalb auch in einer sehr schoͤnen Lage, und besonders wenn sie in der Stadt wohnen, gut genaͤhrt, gut gekleidet und gut logirt, so daß man sie am Sonntage kaum von ihren Vorstaͤnden wegkennt. Vergleicht man den gegenwaͤrtigen Zustand der Arbeiter mit jenem vor 25 bis 30 Jahren, so wird man einen ungeheuren Unterschied finden, und sich uͤberzeugen, daß sich derselbe sowohl in moralischer Hinsicht, als in Hinsicht auf Gesundheit bedeutend verbessert hat. Die Scrophelkrankheit ist hoͤchst selten geworden, weil unsere Leute jezt gut genaͤhrt und gut logirt sind. Kurz in allen diesen Dingen bemerkt man ein Voranschreiten der Civilisation, welches jedoch auch Beduͤrfnisse erzeugt, zu deren Befriedigung der Arbeiter eines angemessenen Arbeitslohnes bedarf. Zwischen dem Arbeitslohne, der bei uns, und jenem, der in Belgien gezahlt wird, ist ein großer Unterschied, indem die Belgier als Stuͤkler Kinder verwenden, die sich kaum aufrecht zu halten vermoͤgen, und welche nur 3 bis 4 Sous des Tages verdienen. Wir verwenden keine so jungen Kinder, sondern wir schiken sie zur Schule, und lassen sie kraͤftiger und verstaͤndiger werden, ehe wir ihnen Arbeit geben. Ich machte vor 4 Jahren eine Reise nach Belgien eigens um zu erforschen, warum die Belgier wohlfeiler fabriciren, als wir; und ich habe unter Anderem hiebei gefunden, daß in Belgien der Arbeitslohn viel niedriger und der Arbeiter nicht so gluͤklich ist, als bei uns. Ich sah daselbst oͤfter drei Familien in ein einziges Zimmer zusammengedraͤngt, und aus einer Schuͤssel essen; die Maͤnner trugen selbst im Winter nur Kleider aus Baumwoll- oder Leinenzeugen. Unter solchen Umstaͤnden wird es nicht Wunder nehmen, wenn ein Arbeiter, der sich bei uns 35 Sous verdient, in Belgien nur 18 bis 20 Sous Lohn hat. Will man, daß auch wir hierauf zuruͤkkommen, und in der Civilisation Ausschritte machen sollen? Unmoͤglich! Wir koͤnnten auch den Arbeitslohn nicht antasten, ohne in allen Fabrikstaͤdten Frankreichs allgemeine Gaͤhrung zu veranlassen. Ich glaube, daß zwischen dem franzoͤsischen und dem belgischen Arbeitslohne ein Unterschied von 35 bis 40 Proc. bestehe, und um diesen Anschlag gehoͤrig wuͤrdigen zu koͤnnen, darf man nicht vergessen, was oben von der Classification unserer Arbeiter im Vergleiche mit jenen Belgiens gesagt worden. Bei allem dem machen unsere Arbeiter keine Ersparnisse, sondern sie vermehren nur ihr Mobiliar. Wir haben zwar eine Sparcasse, allein die Arbeiter haben einen Widerwillen dagegen. Ich erkundigte mich bei meinen Leuten, woher denn dieß kaͤme, und erhielt zur Antwort: daß man, wenn sie Ersparnisse machen wuͤrden, ihren Lohn bald zu hoch finden und herabsezen wuͤrde. Ich suchte ihnen dieß auszureden, allein es gelang mir nicht, sie zu uͤberzeugen. Mit der Zeit wird aber, wie ich hoffe, auch dieses Vorurtheil verschwinden. (Fortsezung folgt.)