| Titel: | Ueber Firnißbereitung. | 
| Fundstelle: | Band 56, Jahrgang 1835, Nr. LXIII., S. 349 | 
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                        LXIII.
                        Ueber Firnißbereitung.
                        Aus dem Dictionnaire technologique, Bd. XXII., S.
                              135.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VI.
                        Ueber Firnißbereitung.
                        
                     
                        
                           Unter dem Worte Firniß verstehen wir eine
                              Fluͤssigkeit oder jede andere Substanz, die auf die Oberflaͤche der
                              Koͤrper aufgetragen, darauf durchscheinend zuruͤkbleibt, ihnen ein
                              glaͤnzendes Ansehen ertheilt, etwa demjenigen aͤhnlich, welches sie
                              haben koͤnnten, wenn sie befeuchtet waͤren, und welche endlich
                              dasselbe bewirkt wie ein Spiegelglas, hinter welchem sie sich befaͤnden.Wir haben im vergangenen Jahre im Polyt. Journ. Bd. LII. S. 279 einen sehr
                                    schaͤzbaren Aufsaz eines englischen Fabrikanten uͤber
                                    Firnißbereitung mitgetheilt, welchen wir mit gegenwaͤrtiger
                                    Abhandlung zu vergleichen bitten. Zu einzelnen Firnissen fuͤr
                                    verschiedene Zweke findet man im Polyt. Journale Bd. VIII. S. 370, Bd. IX. S. 121 und 494, Bd. XIII. S. 151, Bd. XXII. S. 454, Bd. XXIV. S. 233, Bd. XXVII. S. 463, Bd. XL. S. 76, Bd. XLIII. S. 398 Vorschriften. A. d.
                                    R.
                              
                           Der Gebrauch der Firnisse ist bei den Indiern und Chinesen sehr alt, war aber den
                              Griechen zu der Zeit, wo die Kuͤnste bei ihnen bluͤhten, noch nicht
                              bekannt. Es scheint nach Plinius, daß Apelles der erste und einzige war, welcher sich ihrer
                              bediente; wir wissen aber nicht, ob er denselben Firniß wie die Chinesen oder eine
                              Composition von seiner eigenen Erfindung gebrauchte. Der Geschichtschreiber sagt
                              bloß, daß dieser beruͤhmte Kuͤnstler von Niemand nachgeahmt wurde,
                              weil er seine Gemaͤlde nach ihrer Vollendung mit einem atramentum uͤberzog, welcher ihnen ein glaͤnzendes Aussehen
                              ertheilte, die Farben lebhafter machte, und sie gegen Staub und alle anderen
                              nachtheiligen Einfluͤsse schuͤzte. Alle diese Eigenschaften
                              koͤnnen nur einem Firniß zukommen.
                           Der Firniß der Chinesen und Japaner ist ein Harz, welches die Aylanthus glandulosa aus dem Geschlechte der Terpenthinbaͤume
                              liefert; die Eingebornen nennen diesen Baum tsi-chou oder Firnißbaum. Derselbe waͤchst wild in vielen
                              Provinzen von China und Japan; er kommt auch sehr gut in Europa fort und erreicht
                              eine bedeutende Groͤße. Obgleich er in China und Japan aber sehr
                              haͤufig ist, so scheint es doch, daß die Bewohner dieser Laͤnder ihn
                              anbauen, und daß das Harz, welches sie von ihm erhalten, dann besser als das von dem
                              wild gewachsenen Baume ist. Dieses halbfluͤssige Harz, welches
                              ungefaͤhr die Consistenz des duͤnnfluͤssigsten Terpenthins hat,
                              wird in mehreren Jahreszeiten geerntet. Um es zu erhalten, braucht man nur in die
                              Rinde der Baͤume mittelst eines scharfen Messers Einschnitte zu machen, gerade so wie man
                              in Europa bei der Terpenthinernte verfaͤhrt.
                           Es scheint, daß dieses Harz nach der Jahreszeit, zu welcher es gewonnen wurde,
                              verschiedene Eigenschaften besizt. Die Eingeborenen des Landes vermischen es in
                              gewissen Verhaͤltnissen und nachdem es einige Veraͤnderungen erlitten
                              hat; dieses Gemenge ist dann der Firniß, dessen sie sich zum Ueberziehen der
                              niedlichen Kunstwerke bedienen, die uns die Kaufleute von Canton liefern: jener
                              Firniß ist bei uns unter dem Namen chinesischer oder japanischer Lak bekannt.
                           Die Aylanthus glandulosa, welche man in Frankreich zur
                              Zierde anbaut, liefert ebenfalls das fluͤssige Harz, wovon wir gesprochen
                              haben, und man kann es durch das oben angegebene Verfahren aus dem Baume erhalten;
                              veraͤndert aber unser Klima nicht die Eigenschaften dieses Harzes, und ist es
                              identisch mit dem in China gesammelten? Kennen wir wirklich die Operationen, welche
                              die Orientalen vor der Anwendung desselben mit ihm vornehmen, genau? Wir glauben
                              nicht. Wenn aber auch alle diese Fragen bejahend geloͤst wuͤrden, so
                              duͤrften wir doch schwerlich unseren ganzen Bedarf davon in Europa erzeugen
                              koͤnnen, da jeder Baum bei uns nur eine sehr kleine Menge davon liefert, und
                              unsere Industrie taͤglich eine ungeheure Masse von Firniß verbraucht.
                           Es geht in China und Japan mit der Firnißfabrikation wie mit allen anderen
                              Industriezweigen; sie wird so viel als moͤglich geheim gehalten; ja die
                              Vorsicht soll nach Aussage einiger europaͤischen Reisenden hinsichtlich der
                              Firnißfabrikation in China so weit getrieben werden, daß man aus diesem Lande nie
                              das zu derselben dienende Harz bekommt, ohne daß es durch die Handelsleute so
                              veraͤndert worden waͤre, daß es zum Firnissen untauglich ist.
                           Dieses Harz wird in Europa gar nicht angewandt, und bloß als Gegenstand der
                              Wissenschaft oder der Neugierde gesucht; wer sich uͤber seine Eigenschaften
                              und den Baum, der es liefert, weiter unterrichten will, lese die Abhandlung Dincarville's im III. Bd. der Memoires des savants étrangers.
                           Da die Missionaͤre des Jesuitenordens die ersten waren, welche in das Innere
                              von China eindrangen, so verdanken wir ihnen auch die ersten Nachrichten
                              uͤber die Fabrikation der Firnisse. Die europaͤischen Maler benuzten
                              die ersten Versuche, welche die Jesuiten anstellten, und uͤberfirnißten ihre
                              Kunstwerke nach dem Beispiele des beruͤhmten griechischen Malers, um deren
                              Glanz zu erhoͤhen, und sie gegen die aͤußeren Einfluͤsse zu
                              verwahren. Da der Geschmak und der Luxus aber die Anwendung der Firnisse auf eine
                              Menge verschiedenartiger Gegenstaͤnde ausdehnten, fuͤr die sie urspruͤnglich nicht
                              bestimmt waren, so mußte sich natuͤrlich eine große Anzahl von Leuten aus
                              verschiedenen Gewerben mit ihrer Bereitung beschaͤftigen.
                           Man aͤnderte die bereits bekannten Vorschriften zu verschiedenen Zweken auf
                              tausenderlei Art ab, und jeder hielt das Recept, dessen er sich bediente, sehr
                              sorgfaͤltig geheim. Es erschien endlich eine Menge von Buͤchern
                              uͤber die Bereitung der Firnisse, die meistens von einander abgeschrieben
                              waren, und alle die sonderbarsten, oft unausfuͤhrbare, Vorschriften
                              enthielten. Dieses war noch der Zustand unserer Kenntnisse in der Firnißfabrikation
                              gegen die Mitte des achtzehnten Jahrhunderts, obgleich man damals schon die
                              schoͤnen Arbeiten der beruͤhmten Lakirer Martin und Clément
                              Martin und Clément waren zwei Lakirer, die sich in ihrer Kunst
                                    beruͤhmt machten; sie waren jedoch nur gewoͤhnliche Arbeiter
                                    ohne Kenntnisse, die bloß mit groͤßerer Sorgfalt bei ihren
                                    Manipulationen verfuhren; ihre Verfahrungsarten hielten sie immer geheim;
                                    nur Martin hat eines oder zwei Recepte zur
                                    Bereitung des Copalfirnisses bekannt gemacht, welche jedoch bei weitem kein
                                    so vorzuͤgliches Product liefern, wie unser gegenwaͤrtiger
                                    Copalfirniß es ist. A. d. O. bewunderte. Gegen das Ende desselben Jahrhunderts erschien endlich das Werk
                              von Watin, welches freilich nicht frei von den
                              Irrthuͤmern und Vorurtheilen der damaligen Zeit ist, aber doch einiges Licht
                              uͤber die Kunst des Lakirens verbreitete. Nach diesem gab im Anfange des
                              neunzehnten Jahrhunderts Tingry, ein gelehrter Professor
                              der Chemie in Genf, ein Werk unter dem Titel Traité
                                 des vernis heraus, welches ganz dem damaligen Standpunkt der Wissenschaft
                              angemessen war, und in diesem Fache Epoche machte; er theilt darin eine Menge sehr
                              ins Kleinliche gehender Versuche mit, die er theils uͤber den Copal, theils
                              uͤber die anderen zur Firnißbereitung dienenden Substanzen anstellte.
                           Obgleich die Wissenschaften und die Kuͤnste seit der Herausgabe dieser beiden
                              Werke sehr große Fortschritte gemacht haben, so sind sie doch jezt noch das Beste
                              und Vollstaͤndigste, was wir uͤber diesen Gegenstand kennen.Von Tingry's Werk erschien im Jahre 1804 in
                                    Leipzig in 2 Baͤnden eine Uebersezung von Eschenbach unter dem Titel: Tingry's
                                    neues Handbuch fuͤr Maler und Lakirer. Außerdem sind empfehlenswerth:
                                    Stoͤckel's Handbuch fuͤr
                                    Kuͤnstler, Lakirliebhaber etc., Muͤnchen 1817; 4te Auflage, 4
                                    Bde.; Thon's vollstaͤndige Anleitung zur
                                    Lakirkunst, Ilmenau 1825, 3te Auflage. A. d. R.
                              
                           Ehe wir die Fabrikation der Firnisse beschreiben, wollen wir die Haupteigenschaften
                              der Substanzen, welche meistens zu ihrer Bereitung angewandt werden, angeben. Wir
                              werden daher zuerst von den Harzen und dann von den Fluͤssigkeiten reden,
                              welche als Aufloͤsungsmittel dienen.
                           
                           Der Asphalt, Judenpech, ist ein bituminoͤses Harz,
                              welches auf dem todten Meere schwimmt; das Wasser jenes Sees ist naͤmlich
                              sehr salzig und daher specifisch schwerer als reines Wasser, so daß der Asphalt
                              darauf schwimmen kann, obgleich er etwas schwerer als gewoͤhnliches Wasser
                              ist. Sein Bruch ist muschlig, schoͤn und glaͤnzend schwarz. Er bildet
                              feste, sehr sproͤde Stuͤke. Bei der gewoͤhnlichen Temperatur
                              riecht er nicht merklich, wohl aber beim Reiben, wobei er zugleich negativ
                              elektrisch wird; er verbrennt mit Flamme, und hinterlaͤßt wenig
                              Ruͤkstand.
                           Unter allen Harzen wird er am meisten zur Fabrikation schwaͤrzer Firnisse,
                              besonders der fuͤr eiserne Gegenstaͤnde bestimmten, angewandt.
                              Gehoͤrig zubereitet laͤßt er sich auch fuͤr die Oehlmalerei
                              benuzen, und obgleich seine Anwendung fuͤr die feine Malerei mit einigen
                              Schwierigkeiten verknuͤpft ist, so hat man ihn bis jezt doch noch durch keine
                              andere Substanz ersezen koͤnnen.
                           Am gewoͤhnlichsten verfaͤlscht man ihn mit Schwarzpech oder mit dem
                              Ruͤkstande, welcher bei der Bernsteinsaͤurebereitung durch
                              Destillation des Bernsteins bleibt. Diese beiden Substanzen sind leicht zu erkennen;
                              erstere ist viel sproͤder als der Asphalt; ihr Geruch ist auch verschieden;
                              sie erweicht sich zwischen den Fingern; wenn man sie in den Fluͤssigkeiten,
                              welche zur Firnißfabrikation dienen, zergehen laͤßt, troknet sie nur sehr
                              schwer aus. Die zweite ist haͤrter als der Asphalt; ihr Bruch ist muschlig,
                              strahlig und matt; sie schmilzt nicht. Erhizt man sie in einem Gefaͤße mit
                              fixen Oehlen, so verschlukt sie dieselben, erweicht sich, blaͤht sich wie ein
                              Schwamm auf, und bleibt in diesem Zustande, es sey denn, daß man die Temperatur sehr
                              stark erhoͤht.
                           Copal. Im Handel fuͤhren zwei Harze diesen Namen,
                              und gewoͤhnlich sind sie mit einander gemengt. Das eine ist sehr hart, und
                              das andere ist weich. Beide werden zur Firnißfabrikation angewandt, aber die
                              Resultate, welche sie liefern, sind so verschieden, daß man sie wohl von einander zu
                              unterscheiden wissen muß.
                           Harter Copal. Dieses Harz, welches geschaͤzter
                              ist, erhalten wir aus Indien. Je nachdem es mehr oder weniger gereinigt wurde, hat
                              es eine gelblichweiße, bisweilen auch citronengelbe Farbe. Es ist so hart, daß es
                              von den Naͤgeln keine Eindruͤke annimmt; man kann es nur mittelst
                              eines eisernen Instrumentes rizen. Sein Bruch ist glasig, und wenn es farblos ist,
                              gleichen die kleinen Stuͤke, welche beim Zerbrechen desselben abfallen,
                              vollkommen Krystallstuͤken. Seine aͤußere Kruste ist immer dunkler
                              gefaͤrbt, matt, und zeigt stets Eindruͤke von einem sehr groben Sande,
                              worin es gelegen zu haben scheint; bisweilen haͤngt dieser Sand sogar noch
                              daran. In der
                              Kaͤlte ist es geschmak- und beinahe geruchlos; beim Erhizen erweicht
                              es, und verbreitet einen eigenthuͤmlichen Geruch; es schmilzt erst bei einer
                              sehr hohen Temperatur; um es schmelzen zu koͤnnen, ohne daß es sich
                              faͤrbt, muß man sich eines glaͤsernen Kolbens bedienen, und den Boden
                              desselben uͤber Kohlengluth schnell zum Rothgluͤhen bringen. Es
                              erweicht dann, blaͤht sich auf und schmilzt. Der geschmolzene Theil kommt ins
                              Kochen, und blaͤht sich so stark auf, daß er einen drei bis vier Mal
                              groͤßeren Raum einnimmt; dieses Aufblaͤhen dauert so lange, bis das
                              Harz vollstaͤndig geschmolzen ist, worauf es nachlaͤßt und die Masse
                              ruhig kocht. Waͤhrend dieser ganzen Zeit entwikelt sich daraus ein
                              fluͤchtiges, sehr scharfes, den Augen und dem Halse nachtheiliges Oehl in
                              sehr großer Menge.
                           Die Zusammensezung des Copalharzes scheint sehr verwikelt zu seyn.Der afrikanische Copal enthaͤlt nach der Analyse von Unverdorben (Schweigger's neues Journal der Chemie Bd. XXIX. S. 460) nicht
                                    weniger als fuͤnf verschiedene Harze. A. d. R. Weingeist von 36° Baumé loͤst nur eine sehr geringe
                              Menge davon auf. Der unaufloͤsliche Ruͤkstand wird bei Behandlung mit
                              Aether ebenfalls nur zum Theil aufgeloͤst, und es bleibt, wenn man den Copal
                              mit Weingeist und Aether erschoͤpft hat, noch immer ein sehr
                              betraͤchtlicher Ruͤkstand. Lavendel-, Spik-,
                              Rosmarinoͤhl, in einem fluͤchtigen Oehle oder in Weingeist
                              aufgeloͤster Kampher, loͤsen in der Kaͤlte nur eine sehr
                              geringe Menge Copal auf. Terpenthinoͤhl, womit sich der Copal sehr leicht
                              verbinden laͤßt, wenn man ihn zuerst auf die weiter unten angegebene Art
                              schmilzt, wirkt in der Kaͤlte nicht auf ihn. Eben so verhalten sich die fixen
                              Oehle.
                           Das Copalharz hat viele Aehnlichkeit mit dem Bernstein; wie dieser enthaͤlt es
                              sehr oft Insecten. Bei der Destillation liefert es nach Hrn. Guibourt Wasser, Oehl und Kohle in eben so großer Menge, wie der
                              Bernstein; ferner dieselbe gelbe Substanz, welche Robiquet und Colin in den Producten von der
                              Destillation des Bernsteins auffanden, aber keine Bernsteinsaͤure.
                           Weicher Copal. Dieses Harz kommt ebenfalls aus Indien.
                              Mit hartem Copal gemengt, ist es weniger schwer, als reiner harter Copal; manche
                              Stuͤke sind schoͤn durchsichtig, andere etwas undurchsichtig und
                              milchig. Es ist leichter zu schmelzen, und kann auch mit einem harten Koͤrper
                              leicht gerizt werden; es riecht nur schwach, aber sehr angenehm. Die aͤußere
                              Kruste zeigt ebenfalls Eindruͤke von einem Sande, worin es lag. Obgleich es
                              denselben aͤußeren Einfluͤssen wie der harte Copal ausgesezt gewesen
                              zu seyn scheint, so
                              erlangte es doch nicht dieselben Eigenschaften. Es duͤrfte daher auch einem
                              anderen Baume aus der Gattung hymenea angehoͤren.
                              In kaltem Weingeist loͤst es sich zum Theil auf; der unaufloͤsliche
                              Theil erweicht sich betraͤchtlich, und erlangt denjenigen des Klebers analoge
                              Eigenschaften.
                           Unter den fluͤchtigen Oehlen loͤsen das Lavendel-, Spik-
                              und Rosmarinoͤhl nur wenig von diesem Harz auf; das Terpenthinoͤhl
                              erweicht es vollstaͤndig, und verwandelt es in eine zitternde Gallerte. Wenn
                              man es in diesem Zustande zwischen den Fingern ausdruͤkt, sondert sich der
                              gallertartige Theil ab, welcher sich wie sehr weicher Kautschuk verlaͤngert
                              und zusammenzieht. Kocht man es mit diesen fluͤchtigen Oehlen, so
                              loͤst es sich darin vollstaͤndig und in allen Verhaͤltnissen
                              auf.
                           Gummilak. Diese harzige Materie erhalten wir aus
                              Ostindien; sie quillt aus den jungen Zweigen der ficus
                                 religiosa, ficus indica und besonders des croton
                                 lacciferum aus, und zwar dadurch, daß die Weibchen einer Art Schildlaus
                              (coccus lacca) in dieselben im befruchteten Zustande
                              stechen. Dieses Insect huͤllt sich dann in den Saft ein und erzeugt darin
                              eine sehr große Menge Wuͤrmchen, die selbst wieder zu Insecten werden, welche
                              dann durch eine Oeffnung entweichen, die sie in den Saft, worin sie sich befanden,
                              bohren, nachdem derselbe Consistenz erlangt hat.
                           Man kennt im Handel drei Sorten von Lakharz: den Stoklak, Koͤrnerlak und
                              Tafellak; alle drei sind dieselbe Sache. Der Stoklak fuͤhrt diesen Namen,
                              weil er noch an den kleinen Zweigen des Baumes haͤngt, welcher ihn lieferte;
                              Koͤrnerlak heißt der von denselben getrennte; um Tafellak zu erhalten, kocht
                              man den Koͤrnerlak mit alkalischem Wasser, um den rothen Farbstoff daraus
                              abzusondern, und gießt ihn dann in duͤnner Schichte auf eine ebene
                              Flaͤche. Er ist nach dem Grade der Entfaͤrbung und der Dike der Tafeln
                              mehr oder weniger dunkel. Daher die Benennungen blonder, rother oder brauner
                              Lak.
                           Nach der Analyse von Hatchett enthaͤlt der Lak
                              außer dem Harze, welches die Basis mehrerer sehr gesuchter Firnisse ist, eine sehr
                              große Menge rothen Farbstoffs, dann Wachs und Kleber. Alle drei Laksorten werden
                              ohne Unterschied zur Firnißfabrikation angewandt; es scheint uns unnuͤz
                              anzugeben, welchem man den Vorzug geben muß, weil der Kuͤnstler sie nach dem
                              Gegenstande, fuͤr den der zu bereitende Firniß bestimmt ist,
                              auswaͤhlen koͤnnen muß.
                           Mastix. Wir erhalten dieses Harz aus mehreren
                              Laͤndern; auf der Insel Chios scheint man es in groͤßter Menge zu
                              ernten; daselbst wird sogar die pistacia lentiscus Lin.,
                              der Baum, welcher es
                              liefert, sorgfaͤltig angebaut. Man erntet es auf die Art, daß man in die
                              Baumrinde Einschnitte macht; ein Theil des ausfließenden Harzes haͤngt sich
                              dann an den Baum an und erstarrt daran; dieses ist der Mastix in Tropfen oder
                              Koͤrnern; dasjenige, welches auf den Boden faͤllt, macht den gemeinen
                              Mastix aus, den man am haͤufigsten im Handel antrifft. Dieses Harz kommt in
                              blaßgelben Koͤrnern vor; die groͤßten sind abgeplattet und von
                              unregelmaͤßiger Form. Ihre Oberflaͤche ist matt und mehlartig, weil
                              sich die Koͤrner bestaͤndig an einander reiben. Auf dem Bruch ist es
                              glatt; es ist nicht immer vollkommen durchsichtig. Sein Geruch ist mild und sehr
                              angenehm, der Geschmak aromatisch. Wenn man es kaut, zermalmt es sich unter den
                              Zaͤhnen, ohne an denselben kleben zu bleiben, und wird sehr geschmeidig.
                           Der Mastix besteht aus zwei besonderen Harzen, welche leicht von einander zu trennen
                              sind. Wenn man ihn mit Terpenthinoͤhl behandelt, so bleibt ungefaͤhr
                              ein Zehntel davon unaufgeloͤst; dieser Ruͤkstand loͤst sich in
                              Weingeist von 36° B. vollstaͤndig schon in der Kaͤlte auf.
                              Bringt man leztere Harzaufloͤsung dann in ein flaches Gefaͤß, und
                              stellt dasselbe, um den Weingeist zu verdunsten, entweder an die Sonne oder in eine
                              Trokenstube, so erhaͤlt man ein etwas braunes, nicht ganz durchsichtiges
                              Harz, welches angenehm, beinahe wie Weihrauch riecht. Der andere im
                              Terpenthinoͤhl aufgeloͤste Theil macht, wenn die Aufloͤsung
                              genug Harz enthaͤlt, den gewoͤhnlichen Gemaͤldefirniß aus.
                           Man verfaͤlscht den Mastix oft mit Sandarak; dieser Betrug ist aber leicht zu
                              entdeken, entweder durch bloßes Besichtigen oder durch Kauen. Der Sandarak erweicht
                              sich naͤmlich nicht unter den Zaͤhnen wie der Mastix, sondern zerreibt
                              sich. Um diese Verfaͤlschung ganz sicher zu entdeken, braucht man endlich nur
                              einen Theil Harz, ohne es zu pulvern, mit vier Theilen Terpenthinoͤhl im
                              Wasserbade zu behandeln; es wird sich dann nur der Mastix aufloͤsen, und die
                              Sandarakkoͤrner werden beinahe unversehrt zuruͤkbleiben. Den Mastix
                              muß man, ehe man ihn anwendet, waschen, um die Erde davon abzusondern und dann die
                              holzigen Theile und die gefaͤrbten Stuͤke aus ihm auslesen.
                           Sandarak. Der Sandarak ist ein Harz, welches wir aus
                              Afrika erhalten; es laͤuft aus der thuya
                                 articulata aus, und kommt in blaßgelben Koͤrnern vor, die mit einem
                              weißen Staube uͤberzogen sind, welcher durch die Reibung entstand. Auf dem
                              Bruch ist er glasig und durchscheinend. Er ist geschmaklos und riecht nicht
                              merklich.
                           In Wasser und Terpenthinoͤhl ist er unaufloͤslich.
                           
                           Man verfaͤlscht ihn oft mit grobem weißem Sande, kleinen Stuͤken von
                              Bergkrystall oder auch mit kleinen Stuͤken Copal, wenn dieser sehr wohlfeil
                              ist. Diese Verfaͤlschungen sind aber leicht zu erkennen, weil alle diese
                              Substanzen in Weingeist unaufloͤslich sind, waͤhrend sich der Sandarak
                              vollstaͤndig darin aufloͤst.
                           Der Candarak macht in Verbindung mit anderen Harzen, welche seine Duͤrre und
                              Sproͤdigkeit etwas verbessern, die Grundlage beinahe aller Weingeistfirnisse
                              aus. Um schoͤne Producte zu erhalten, muß man ihn aber vollstaͤndig
                              auswaschen und alle Holztheile und gefaͤrbten Stuͤke auslesen. Die
                              alten Firnißfabrikanten empfahlen ihn mit Weingeist zu waschen. Wir halten dieses
                              fuͤr unnuͤz und kostspielig, und glauben, daß Auswaschen mir Wasser
                              und gutes Sortiren genuͤgt.
                           Bernstein. Der Bernstein ist in Weingeist beinahe
                              unaufloͤslich. Die fixen und fluͤchtigen Oehle wirken in der
                              Kaͤlte nicht auf ihn; im geschmolzenen Zustande laͤßt er sich aber mit
                              lezteren leicht verbinden, wodurch man die Bernsteinfirnisse erhaͤlt. Dieser
                              Firniß wird wenig angewandt, obgleich er sehr dauerhaft und gut ist, wenn er in
                              geeigneten Verhaͤltnissen bereitet wurde; der Grund hievon ist, daß er immer
                              stark gefaͤrbt und uͤberdieß der Bernstein gewoͤhnlich theurer
                              als der Copal ist, welcher leztere ihn sehr wohl ersezen kann.
                           
                        
                           Ueber die Fluͤssigkeiten, welche man zur
                                 Firnißfabrikation anwendet.
                           Nur zwei Fluͤssigkeiten dienen bei der Fabrikation der Firnisse als
                              Aufloͤsungsmittel der Harze: der Weingeist und das Terpenthinoͤhl.
                              Lein- und Nußoͤhl, die man austroknend gemacht hat, kommen auch zu
                              gewissen Firnissen, koͤnnen aber nicht als Aufloͤsungsmittel
                              betrachtet werden, da sie nur dazu dienen, die Eigenschaften der Firnisse
                              abzuaͤndern. Manchmal wendet man zur Firnißbereitung zwar auch Aether,
                              fluͤchtige Oehle und sogar Wasser an; aber solche Firnisse werden nur selten
                              gebraucht.
                           Weingeist. Der Weingeist, welchen man in der Regel zur
                              Firnißbereitung anwendet, ist gewoͤhnlicher nicht entfuselter, wie man ihn
                              aus Cider, Bier, Kartoffeln, Melasse etc. erhaͤlt. Er muß jedoch nach dem
                              Firniß, wozu er bestimmt ist, die gehoͤrige Staͤrke haben, und auch
                              ganz klar seyn. In der Regel nimmt man solchen, der 33° an Cartiers Araͤometer oder 85° am
                              Centesimalalkohometer zeigt. Weingeist von dieser Staͤrke loͤst bei
                              einer Temperatur von 36° bis 40° R. die meisten Harze sehr leicht
                              auf.
                           
                           Terpenthinoͤhl. Dieses fluͤchtige Oehl ist
                              eine der wichtigsten Substanzen fuͤr die Firnißfabrikation; es wird nicht nur
                              bei allen sogenannten Terpenthinoͤhlfirnissen, sondern auch bei denjenigen,
                              welche man fette Firnisse nennt, angewandt.
                           Das im Handel vorkommende ist immer schwach gruͤnlich gelb gefaͤrbt;
                              man muß stets solches auswaͤhlen, welches am schnellsten troknet und am
                              wenigsten gefaͤrbt ist. Bisweilen ist es klebrig, entweder wegen eines
                              Gehaltes von Terpenthin oder in Folge einer Art von Verharzung, die mit der Zeit
                              eintritt; in diesem Zustande troknet es schwer, und kann nicht zur Firnißfabrikation
                              angewandt werden.
                           Um mittelst Terpenthinoͤhl farblose und schnell austroknende Firnisse
                              darstellen zu koͤnnen, wie z.B. Gemaͤldefirniß, muß man es nochmals
                              destilliren, damit man es farblos und von dem wenigen Terpenthin, den es immer
                              enthaͤlt, ganz frei erhaͤlt. Man schreibt es der Gegenwart dieses
                              Harzes zu, daß Terpenthinoͤhlfirniß, welcher nicht mit Sorgfalt bereitet
                              wurde, in kurzer Zeit gelb und sproͤde wird. Fuͤr Firnisse zu den
                              Malereien der Gebaͤude braucht man das Terpenthinoͤhl hingegen nicht
                              zu destilliren, weil diese Firnisse immer stark gefaͤrbt sind, und das im
                              Oehl allenfalls enthaltene Harz nicht schadet.
                           Leinoͤhl. Unter allen fixen Oehlen wird das
                              Leinoͤhl am meisten zur Bereitung gewisser Firnisse, die man fette nennt, angewandt; man gibt ihm deßwegen den Vorzug,
                              weil es fettiger als die anderen Oehle ist, an der Luft schneller in festen Zustand
                              uͤbergeht, und beim Austroknen durchsichtiger bleibt. Es mag kalt oder warm
                              aus den Leinsamen dargestellt worden seyn, so ist es immer deutlich gelb
                              gefaͤrbt. Diese Farbe, welche man der das Oehl enthaltenden
                              Samenhuͤlle zuschreibt, kann ihm leicht benommen werden; man braucht dazu das
                              Oehl bloß in duͤnnen Schichten der directen Einwirkung der Sonnenstrahlen
                              auszusezen. Durch Bleisalze laͤßt sich die Entfaͤrbung zwar auch
                              bewirken, aber dieses Verfahren ist langwierig, und dann ist auch das so
                              entfaͤrbte Oehl niemals klar, weil sich nach und nach eine kleine Menge
                              Bleioxyd abscheidet und darin suspendirt bleibt. Das Leinoͤhl hat an und
                              fuͤr sich schon in hohem Grade die Eigenschaft auszutroknen; diese kann aber
                              leicht noch erhoͤht werden, was man behufs seiner Anwendung zu Firnissen
                              immer thun sollte; bekanntlich geschieht dieß dadurch, daß man das Oehl mit mehr
                              oder weniger Bleioxyd verbindet. In allen aͤlteren Werken uͤber die
                              Firnißbereitung findet man schon Recepte, um das Leinoͤhl austroknend zu
                              machen; sie sind aber fast alle von einander abweichend; in den einen wird Knoblauch
                              als eine sehr nuͤzliche Substanz empfohlen, in anderen die Brodkrume; in vielen endlich
                              wird gepulverter Talkstein und Umbraerde in betraͤchtlicher Menge
                              vorgeschrieben: einige dieser Recepte enthalten sogar alle diese Stoffe mit
                              einander. Im Grunde laufen diese Vorschriften jedoch auf dasselbe hinaus, indem sie
                              alle die Anwendung des Bleioxyds oder eines Bleisalzes, und bisweilen auch eines
                              Zinksalzes verordnen, welches eigentlich allein die Substanzen sind, die die
                              Eigenschaften des Oehles, indem sie sich mit ihm verbinden, etwas veraͤndern
                              koͤnnen. Jezt, wo wir in der organischen Chemie groͤßere Fortschritte
                              gemacht haben, und durch die schoͤnen Untersuchungen des Hrn. Chevreul die Wirkung der verschiedenen Metalloxyde auf
                              die fetten Koͤrper kennen, laͤßt man alle als unnuͤz erkannten
                              Substanzen weg, und wendet nur noch das Bleioxyd an, um das Leinoͤhl
                              austroknend zu machen.
                           Die Trokenoͤhle werden entweder fuͤr sich allein oder mit einigen
                              Farbstoffen vermengt, in gewissen Faͤllen als Firnisse angewandt. Sie sind
                              nicht schwer zu bereiten, wenn eine Faͤrbung, welche sie durch die Einwirkung
                              des Feuers erleiden koͤnnten, bei der Anwendung, wozu sie bestimmt sind,
                              nicht in Betracht kommt; anders verhaͤlt es sich aber, wenn man sie wenig
                              oder gar nicht gefaͤrbt zu erhalten wuͤnscht. Im ersten Falle
                              verfaͤhrt man ganz einfach folgender Maßen: man bringt eine gewisse Menge
                              Leinoͤhl in einen kupfernen Kessel, versezt es mit einem oder zwei Procent
                              (dem Gewichte nach) sehr fein gepulverter Bleiglaͤtte, und macht unter dem
                              Kessel ein schwaches Feuer, so jedoch, daß das Oehl ins Sieden kommen kann, worin
                              man es erhaͤlt, waͤhrend man es sehr oft mit einer Spatel
                              umruͤhrt, damit sich das Bleioxyd nicht auf den Boden niederschlagen und an
                              denselben anhaͤngen kann. Bei etwas starkem Sieden blaͤht sich das
                              Oehl so auf, daß es uͤber den Rand des Kessels laͤuft, wenn man
                              denselben nicht fruͤhzeitig genug vom Feuer nimmt, und er nicht so groß ist,
                              daß er zwei Mal so viel Oehl faßt, als man hineinbrachte. Nach einstuͤndigem
                              Kochen ist die Operation gewoͤhnlich beendigt, jedenfalls ist dieß der Fall,
                              wenn der Schaum beinahe ganz verschwunden ist. Man laͤßt das Oehl in dem
                              Kessel erkalten, und gießt es dann in Steingutgefaͤße, worin es einen sehr
                              betraͤchtlichen Saz bildet. Dieses Oehl ist, je nachdem es mehr oder weniger
                              stark und lange erhizt wurde, auch mehr oder weniger schwarz, wird aber nach
                              mehrtaͤgigem Stehen klar genug, so daß man es zu den verschiedenen Malereien
                              in Gebaͤuden anwenden kann. Soll es aber zu zarten Operationen gebraucht
                              werden, so filtrirt man es durch Papier; diese Operation ist langwierig, kann aber
                              dadurch sehr beschleunigt werden, daß man den Filtrirapparat in ein warmes Zimmer
                              bringt. Im zweiten Falle, wenn es sich darum handelt, moͤglichst wenig
                              gefaͤrbte Trokenoͤhle zu bereiten, kann man auf verschiedene Art
                              verfahren.
                           Erstens kann man wie oben das mit Bleiglaͤtte vermengte Oehl ungefaͤhr
                              zwei Stunden lang uͤber einem sehr maͤßigen Feuer lassen, so daß es
                              nicht ins Kochen kommt, wobei man bestaͤndig mit einer Spatel
                              umruͤhrt, damit sich das Bleioxyd nicht niederschlagen kann; der Kessel muß
                              aber sogleich vom Feuer genommen werden, wenn man bemerkt, daß der Schaum ein wenig
                              roͤthlich wird. Man erhaͤlt auf diese Art freilich ein Oehl, welches
                              nicht so schnell austroknet, wie das nach der oben angegebenen Methode gewonnene; es
                              besizt jedoch diese Eigenschaft in einem fuͤr die feine Malerei und selbst
                              fuͤr die Verzierungsmalerei hinreichenden Grade. In diesem Zustande kann es
                              sogar zur Bereitung fetter Firnisse vortheilhafter angewandt werden, als jenes, weil
                              es weniger gefaͤrbt ist. Bei diesem Verfahren muß man aber sogleich nach
                              Beendigung der Operation das Oehl sehr schnell abkuͤhlen, indem man den Boden
                              des Kessels in einen mit Wasser gefuͤllten Trog taucht, und es dann sogleich
                              in erwaͤrmte Steingut- oder Glasgefaͤße gießen, die man gut
                              verschließt. Wenn man naͤmlich diese Vorsicht nicht gebraucht, sondern das
                              Oehl langsam erkalten laͤßt, so gesteht es zu einer Masse von der Consistenz
                              einer halb zitternden Gallerte; es koͤnnte sich daher in der Ruhe nicht mehr
                              klaͤren, und waͤre folglich auch nicht mehr anwendbar. Bringt man es
                              in diesem Zustande auf ein Filter, so scheidet sich daraus langsam eine sehr große
                              Menge Trokenoͤhl ab, welches alle erforderlichen Eigenschaften besizt; der
                              auf dem Filter bleibende Theil erlangt, indem sich das fluͤssige Oehl von ihm
                              trennt und hindurchgeht, eine salbenartige Consistenz, wodurch man einen
                              betraͤchtlichen Verlust erleidet.
                           Wenn man das Gemenge von Leinoͤhl und Bleiglaͤtte noch mit Wasser
                              vermischt, und lezteres in dem Maaße, als es verdampft, wieder ersezt, so wirkt
                              dasselbe gleichsam als Marienbad, und man erhaͤlt ein Oehl, welches beinahe
                              eben so austroknend ist, wie das nach dem vorhergehenden Verfahren gewonnene; es ist
                              etwas weniger gefaͤrbt als das natuͤrliche Leinoͤhl, und
                              entfaͤrbt sich mit der Zeit noch ein wenig. Dieses Verfahren ist mit mehr
                              Schwierigkeiten verbunden, als das erste. Wurde die Operation etwas zu weit
                              getrieben, so wird das Oehl beinahe so schwer wie Wasser, und ein Theil desselben
                              aͤndert sich in eine Art Pflaster um, welches sich sehr schwer von ihm
                              trennen laͤßt.
                           Wenn man endlich in ein auf 20° R. geheiztes Zimmer ein aus gleichen Theilen
                              vorher entfaͤrbten Leinoͤhls und fein gepulverter Bleiglaͤtte
                              bestehendes Gemenge bringt, und dasselbe 15 Tage oder drei Wochen lang auf dieser
                              Temperatur erhaͤlt, wobei man es von Zeit zu Zeit umruͤhrt, so
                              erhaͤlt man ein hinreichend austroknendes farbloses Oehl, das sich
                              vortheilhaft zur Bereitung der farblosen fetten Firnisse anwenden laͤßt.
                           Was wir hier uͤber das Leinoͤhl gesagt haben, laͤßt sich auch
                              auf das Nußoͤhl anwenden und auf alle anderen Oehle, die man austroknend
                              machen kann.
                           
                        
                           Bereitung der Firnisse.
                           Alle Firnisse werden mit Substanzen bereitet, die sich sehr leicht entzuͤnden;
                              man muß daher alle Vorsichtsmaßregeln anwenden, um Unfaͤlle, welche dadurch
                              veranlaßt werden koͤnnten, zu verhindern. Eben deßhalb duͤrfen
                              Firnißfabriken nie in den Staͤdten angelegt werden.
                           Die Weingeistfirnisse, von welchen wir zuerst sprechen
                              wollen, sind leicht zu bereiten, und erheischen nur sehr einfache Apparate. Wenn man
                              nur kleine Quantitaͤten davon darstellen will, reicht ein Glaskolben hin; bei
                              Bereitung großer Massen bedient man sich eines vollstaͤndigen
                              Destillirapparates, d.h. einer vollkommen ausgeruͤsteten Blase, und nimmt die
                              Operation stets bei der Temperatur des Marienbades vor. Durch den Helm dieser Blase,
                              welcher uͤbrigens demjenigen der gewoͤhnlichen Destillirapparate ganz
                              aͤhnlich ist, geht unten quer ein Eisenstuͤk, das an beiden Enden am
                              inneren Rande des Helms befestigt ist. In der Mitte ist dasselbe mit einem Loch
                              versehen, welches einer oben im Helm angebrachten Dille senkrecht
                              gegenuͤbersteht. Auf diese Art kann man eine zugerundete Eisenstange, die in
                              die Dille und das Loch des Querstuͤkes paßt, in senkrechter Lage erhalten.
                              Diese Eisenstange, welche bis auf den Boden des Marienbades reicht, wird unten mit
                              einem eisernen Kreuz versehen; oben reicht sie zwei Zoll uͤber den Helm
                              hinaus, und endigt sich in ein kleines Vierek, auf welchem sich eine Schraube mit
                              Mutter befindet: auf dieses Vierek paßt eine kleine Kurbel, welche man leicht
                              wegnehmen koͤnnen muß. In die Dille des Helms stekt man einen
                              Korkstoͤpsel, welcher in der Mitte so durchbohrt ist, daß die Eisenstange
                              (die an ihrem oberen Theile gut zugerundet seyn muß) fest hindurch geht. Diesen
                              Theil der Stange schmiert man auch ein wenig ein, um die Reibung zu vermindern. (Man
                              sehe Fig. 6,
                              7, 8, 9 und 10.)
                           Um Firniß in diesem Apparat zu bereiten, bringt man die Substanzen, woraus er
                              zusammengesezt werden soll, in das Marienbad, sezt den Helm auf, verbindet mit ihm
                              das Kuͤhlrohr, und schuͤrt dann das Feuer an; man erhizt die Masse,
                              bis der Weingeist ins Sieden kommt, was man daran erkennt, daß er anfaͤngt
                              uͤberzudestilliren; dann loͤscht man das Feuer aus, und laͤßt
                              den Apparat laͤngere oder kuͤrzere Zeit in diesem Zustande, je nachdem
                              die Harze schwerer oder leichter zergehen. Muß man sie umruͤhren, um ihre
                              Aufloͤsung zu erleichtern, so geschieht dieses, indem man die Kurbel dreht.
                              Die Operation ist beendigt, wenn man die Kurbel ohne Schwierigkeit umdrehen kann.
                              Man nimmt dann den Apparat aus einander, seiht den Firniß durch Leinewand und gießt
                              ihn in große Steingutgefaͤße, wo er sich absezt und klaͤrt; will man
                              ihn aber sogleich anwenden, so filtrirt man ihn durch Papier. Lezteres Verfahren
                              laͤßt sich im Kleinen gut anwenden, denn es liefert ein viel besseres
                              Produkt; im Großen aber ist es langwierig, kostspielig und unanwendbar.
                           Waͤhrend der Aufloͤsung der Harze destillirt immer eine gewisse Menge
                              Weingeist uͤber; da diese also dem Firniß abginge, so vermischt man sie mit
                              ihm, um ihm wieder die gehoͤrige Fluͤssigkeit zu geben.
                           Das Marienbad darf man nur zur Haͤlfte oder zu zwei Drittel anfuͤllen,
                              denn wenn der Weingeist etwas klebrig geworden ist, so kann er beim Kochen leicht so
                              schaͤumen, daß er in den Hals des Helms treten wuͤrde, welcher also
                              durch das mitgerissene Harz verstopft werden koͤnnte; es waͤre dann
                              den Daͤmpfen jeder Ausgang versperrt, sie wuͤrden folglich den Helm
                              aufheben, und koͤnnten dadurch einen Brand verursachen, der bei einer etwas
                              betraͤchtlichen Masse Firniß sehr schwer zu loͤschen waͤre.
                           
                        
                           Weißer Weingeistfirniß Nr. 1.
                           
                              
                                 Sandarak
                                 8 1/3
                                 Unzen.
                                 
                              
                                 Mastix in Koͤrnern
                                 2
                                    –
                                 
                              
                                 Elemiharz
                                 1
                                    –
                                 
                              
                                 Terpenthin
                                 2
                                    –
                                 
                              
                           Weingeist von 33° Cartier (0,8598 specif. Gew.) 1
                              Maaß.Ein Loth ist = 240 Gran Apothekergewicht; 1 Maaß = 2 Pfd. Wasser.
                              
                           Man bringt den Sandarak, den Mastix und das Elemiharz in einen Kolben oder in ein
                              Marienbad, je nach der Quantitaͤt, die man in Arbeit nimmt, gießt den
                              Weingeist darauf und verfaͤhrt auf angegebene Weise; den Terpenthin schmilzt
                              man fuͤr sich im Marienbade, und sezt ihn dann der Aufloͤsung der
                              anderen Harze zu, wenn diese vollstaͤndig erfolgt ist; hierauf filtrirt man
                              den Firniß durch Leinewand oder Papier, und bewahrt ihn in gut schließenden
                              Gefaͤßen auf. Dieser Firniß ist sehr glaͤnzend, wenig gefaͤrbt,
                              und kann gebimst und
                              polirt werden, obgleich er keine sehr große Haͤrte hat. Man wendet ihn
                              meistens im Innern fuͤr das Taͤfelwerk der Zimmer an, oder auf
                              farbigem Papiere, welches polirtes Holz nachahmen soll, und im Allgemeinen
                              fuͤr alle Gegenstaͤnde, welche nicht mit harten Koͤrpern
                              gerieben werden.
                           Im Handel kommen noch zwei andere, mit Nr. 2 und Nr. 3 bezeichnete Firnisse vor, die
                              nach demselben Verfahren bereitet werden. Sie unterscheiden sich von dem oben
                              angegebenen nur dadurch, daß bei Nr. 2 das Elemiharz durch die doppelte Menge weißen
                              Fichtenharzes, und bei Nr. 3 der Mastix durch sein gleiches Gewicht Fichtenharz
                              ersezt ist; der Terpenthin ist in beiden bloß solcher von Bordeaux.Man unterscheidet in Frankreich folgende Qualitaͤten von Terpenthin:
                                    1) Térébenthine de Strasbourg,
                                    Straßburger Terpenthin, aus dem Elsaß, Schwarzwald etc.; 2) de Provence, aus der Gegend von Cuges, zwischen
                                    Marseille und Toulon: er ist van sehr geringer Art; 3) de Bordeaux oder de
                                       Bayonne, aus den Heidestreken zwischen Bordeaux nach Bayonne zu.a.
                                    d. R. Diese beiden Firnisse sind weder so schoͤn noch so dauerhaft wie Nr.
                              1, und werden fuͤr Gegenstaͤnde von geringerem Werthe angewandt.
                           
                        
                           Firniß fuͤr hoͤlzerne Kunstwerke.
                           
                              
                                 Weicher Copal
                                 25 Unzen.
                                 
                              
                                 Mastix in Koͤrnern
                                   4   –
                                 
                              
                                 Venetianischer Terpenthin
                                   2   –
                                 
                              
                                 Alkohol von 40° Cartier
                                   1 Maaß.
                                 
                              
                           Man laͤßt zuerst den Alkohol auf den Copal wirken, wobei sich der in Alkohol
                              unaufloͤsliche Theil dieses Harzes in eine Substanz verwandelt, die weich und
                              elastisch wie Kautschuk ist; man seiht die Masse durch Leinewand, um das
                              Unaufgeloͤste abzusondern, und sezt dann den Mastix zu; nachdem derselbe
                              zergangen ist, sezt man auch den Terpenthin zu, welchen man vorher im Marienbade
                              zergehen ließ; nach einigem Schuͤtteln vereinigt er sich mit den
                              uͤbrigen Substanzen; man braucht nun diesen Firniß nur noch zu filtriren.
                              Alle diese Manipulationen muͤssen in der Kaͤlte oder bei einer
                              niedrigen Temperatur vorgenommen werden, wenn man ein schoͤnes Product
                              erhalten will.
                           Dieser fuͤr kleine hoͤlzerne Kunstwerke bestimmte Firniß muß weiß seyn,
                              schnell troknen, und gebimst und polirt werden koͤnnen.
                           
                        
                           Firniß fuͤr Kutschengestelle.
                           
                              
                                 Sandarak
                                 6 1/3
                                 Unzen.
                                 
                              
                                 Blondes Gummilak
                                 3
                                    –
                                 
                              
                                 Kolophonium
                                 4
                                 Unzen.
                                 
                              
                                 Terpenthin von Bordeaux
                                 6
                                    –
                                 
                              
                                 Weingeist von 33° Cartier
                                 1
                                 Maaß.
                                 
                              
                           Man loͤst die Harze im Weingeist auf, sezt dann den Terpenthin zu, seiht den
                              Firniß durch, und bewahrt ihn in gut verschlossenen Gefaͤßen auf.
                           Dieser Firniß dient zum Anruͤhren der Farben, womit man das Gestell und die
                              Raͤder kostspieliger Kutschen zulezt anstreicht.
                           
                        
                           Firniß fuͤr musikalische Instrumente.
                           
                              
                                 Sandarak in Koͤrnern
                                 4 Unzen.
                                 
                              
                                 Gummilak in Koͤrnern
                                 2   –
                                 
                              
                                 Mastix in Koͤrnern
                                 2   –
                                 
                              
                                 Venetianischer Terpenthin
                                 2   –
                                 
                              
                           Dieser Firniß wird ganz wie die vorhergehenden bereitet; er muß durch Papier filtrirt
                              werden.
                           
                        
                           Firniß der Kunstschreiner.
                           
                              
                                 Blonder Gummilak
                                 25 Unzen.
                                 
                              
                                 Mastix in Koͤrnern
                                   2   –
                                 
                              
                                 Weingeist von 36° Cartier (0,843
                                    specif. Gew.)
                                   1 Maaß.
                                 
                              
                           Die Harze werden in der Kaͤlte in einem Kolben unter oͤfterem
                              Umruͤhren aufgeloͤst; dieser Firniß, welcher dauerhaft und stark
                              gefaͤrbt ist, dient um Meubles den Glanz von Mahagoniholz zu geben. Die
                              Kunstschreiner wenden ihn an, ohne ihn durchzuseihen; er ist immer
                              truͤbe.
                           Mit denselben Harzen erhaͤlt man, wenn man sie in dem angegebenen
                              Verhaͤltniß in absolutem Alkohol aufloͤst, einen Firniß, welcher viel
                              schneller troknet und von den Buchbindern angewandt wird. Nach Beendigung aller
                              Operationen beim Einbinden der Buͤcher hat der Glanz des Saffians immer, so
                              sorgfaͤltig der Buchbinder auch verfahren mochte, gelitten; er laͤßt
                              sich aber sehr leicht wieder herstellen, wenn man mit einem baumwollenen
                              Tupfbaͤllchen eine sehr schwache Schichte von jenem Firniß darauf streicht.
                              Hiezu muß der Firniß aber sorgfaͤltig bereitet und filtrirt worden seyn.
                           
                        
                           Watin's Firniß fuͤr die Vergoldung.
                           
                              
                                 Gummilak in Koͤrnern
                                 4 Unzen.
                                 
                              
                                 Gummigutt
                                 4   –
                                 
                              
                                 Drachenblut
                                 4   –
                                 
                              
                                 Orlean
                                 4   –
                                 
                              
                                 Safran
                                 1   –
                                 
                              
                           
                           Man laͤßt jedes Harz in der Kaͤlte in 56 Loth Weingeist von 36°
                              Cartier zergehen; das Drachenblut und den Orlean
                              loͤst man jedes fuͤr sich in 28 Loth Weingeist von derselben
                              Staͤrke auf; diese verschiedenen Aufloͤsungen und Tincturen filtrirt
                              man, und bewahrt sie in besonderen Gefaͤßen auf. Vor dem Gebrauche vermischt
                              man sie in den geeigneten Verhaͤltnissen, um die gewuͤnschten
                              goldgelben Nuͤancen zu erhalten.
                           Man bereitet noch viele Firnisse dieser Art fuͤr die Folienfabrikation; Tingry gibt dazu in seinem Werke mehrere Vorschriften,
                              welche uns die Aufmerksamkeit derjenigen zu verdienen scheinen, die sich mit diesem
                              Industriezweige beschaͤftigen.
                           
                        
                           Firniß fuͤr Gegenabdruͤke.
                           Um die Kupferstiche oder Lithographien auf dem Holze zu befestigen, worauf man sie
                              uͤbertragen will, wendet man einen im Handel unter dem Namen Beize bekannten Firniß an, den man wie die anderen
                              bereitet; nur kommt dazu eine groͤßere Menge Terpenthin, um ihn klebriger zu
                              machen.
                           
                              
                                 Sandarak
                                 8 1/3
                                 Unzen.
                                 
                              
                                 Mastix in Koͤrnern
                                 2
                                   –
                                 
                              
                                 Weißes Fichtenharz in
                                    Koͤrnern
                                 4
                                   –
                                 
                              
                                 Venetianischer Terpenthin
                                 8
                                   –
                                 
                              
                           Dieser Firniß troknet langsam; er muß sorgfaͤltig bereitet und filtrirt
                              werden, damit er die Lithographien, worauf man ihn auftraͤgt, nicht
                              beschmuzt.
                           Man bereitet auch einige Firnisse mit Aether, in welche Copal oder Kautschuk kommt;
                              wir lassen sie hier weg, weil sie nur in seltenen Faͤllen angewandt werden,
                              und man in Tingry's Werke mehrere Vorschlaͤge
                              findet, die einen Leitfaden zur Bereitung anderer abgeben koͤnnen.
                           
                              
                                 (Fortsezung und Beschluß im naͤchsten
                                    Hefte.)
                                 
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
