Titel: Bericht des Hrn. Th. Olivier über einen von Hrn. Lefaucheux erfundenen, und von der Kammer aus ladbaren Karabiner oder Musketon.
Fundstelle: Band 58, Jahrgang 1835, Nr. XVI., S. 142
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XVI. Bericht des Hrn. Th. Olivier uͤber einen von Hrn. Lefaucheux erfundenen, und von der Kammer aus ladbaren Karabiner oder Musketon. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement, Maͤrz 1835, S. 106. Mit Abbildungen auf Tab. II. Bericht uͤber einen von der Kammer aus ladbaren Karabiner. Die Vorzuͤge der von der Kammer aus ladbaren Feuergewehre wurden schon in so mannigfachen Berichten auseinandergesezt, daß ich hier in keine neue Eroͤrterung derselben einzugehen brauche. Schon seit langer Zeit beschaͤftigt man sich bei der Armee mit der Einfuͤhrung der Feuergewehre mit Kapselfeuer; weiter entfernt scheint man hingegen noch von der Annahme jener Gewehre, die von der Kammer aus geladen werden. Ohne hier die Ansichten, welche von den mit der Verfertigung der Armee-Waffenstuͤke beschaͤftigten Militaͤrs aufgestellt wurden, zerlegen zu wollen, muͤssen wir uns dahin aͤußern, daß die Gewehre mit Kapselfeuer, obschon sie im Allgemeinen vortheilhafter sind als jene mit Steinfeuer, doch noch immer mehrere wesentliche Fehler haben. Die durch die Explosion umhergeschleuderten Kapseltruͤmmer verlezen die Mannschaft nicht selten; die Rauchfaͤnge zerbrechen oͤfter und sind schwer auszubessern; die Zuͤndkapseln sind von den Patronen getrennt etc. Wenn man daher ein von der Kammer aus ladbares Feuergewehr auf dieselbe Weise abfeuern lassen will, wie dieß bisher an den Gewehren mit Kapselfeuer geschah, so werden sich alle die eben angefuͤhrten Maͤngel auch hier ergeben. Zu deren Beseitigung sind einige neue und gluͤkliche Combinationen erforderlich, und uͤber eine solche Erfindung, die eine wesentliche Verbesserung und von unbestreitbarem Nuzen ist, haben wir der Gesellschaft nunmehr zu berichten. Hr. Lefaucheux hat naͤmlich eine Patrone erfunden, die ihre Zuͤndkapsel und ihren Rauchfang selbst mit sich fuͤhrt; die Moͤglichkeit hiezu ergab die von ihm ausgedachte Unterschale oder Kapsel, uͤber welche Hr. Baron Séguier bereits berichtet hat. Die neue Vorrichtung, welche aus einer kleinen, eisernen Spindel besteht, die in der Kapsel und zwar senkrecht gegen die Laͤnge der Patrone angebracht ist, und die an ihrem unteren Ende im Inneren der Patrone mit einer kleinen Zuͤndkapsel ausgestattet ist, ist so einfach, daß es wahrlich zu wundern ist, daß man erst so spaͤt auf sie kam. Wenn der Lauf am Pulversake abgebogen worden, und wenn man denselben um seine Zapfen gedreht, so bringt man die Patrone an Ort und Stelle, wobei die erwaͤhnte kleine Spindel in einen halbcylindrischen, senkrechten, an dem rechten Durchschnitte des Laufes angebrachten Ausschnitt gelangt, der die Stelle des fruͤheren, horizontal gebohrten Zuͤndloches vertritt. Wenn nun der Hammer, nachdem der Lauf wieder in seine fruͤhere Stellung gebracht worden, auf die Spindel schlaͤgt, so entzuͤndet sich die Kapsel und mit ihr die Ladung. Daß das Versagen bei diesem Verfahren viel seltener vorkommen muß, als bei der alten Art von Kapselfeuer, ist offenbar. Die Spindel dient auch dazu, daß man unmittelbar nach dem Abfeuern und mit Huͤlfe des Fingers sehr schnell die Unterschale oder Kapsel und die entzuͤndeten Papieruͤberreste der Patrone herausnehmen kann. Man kann bei Nacht eben so leicht laden, als am Tage. Die Zuͤndkapseln brauchen nicht von so starkem Kaliber zu seyn, wie jene, deren man sich gewoͤhnlich an den Flinten mit Kapselfeuer bedient, weil die Entzuͤndung unmittelbar geschieht, und das Feuer nicht erst durch den Rauchfang zu gehen braucht. Die Schwierigkeiten, auf die man immer stoͤßt, wenn alte eingewurzelte Gewohnheiten eine Aenderung erfahren sollen, lassen sich nur dann uͤberwinden, wenn die neuen Verbesserungen nicht allzu sehr gegen den Schlendrian und die Vorurtheile verstoßen. Ich halte es daher fuͤr ein Gluͤk, daß Hr. Lefaucheux den Karabiner bloß durch die Abaͤnderung der Patrone wesentlich verbessert hat, ohne dabei an dem Schloßblatte etwas zu veraͤndern; ja ich glaube sogar, daß man nunmehr hoffen darf, die von der Kammer her ladbaren Feuergewehre endlich auch bei der Armee eingefuͤhrt zu sehen. Die gluͤkliche Idee des Hrn. Lefaucheux ist uͤbrigens nicht ganz neu; denn er hatte schon seit laͤngerer Zeit eine Vorrichtung erfunden, die zwar dieselbe Wirkung hervorbrachte, die aber viel kostspieliger war und uͤberdieß einige Maͤngel darbot, die nunmehr beseitigt sind. Er machte naͤmlich lange Zeit Versuche mit sogenannten Zuͤndroͤhren, ersezte die Zuͤndpfanne durch einen Ambos und den Hahn durch einen Hammer, und stekte in das Zuͤndloch eine Zuͤndroͤhre. Dasselbe Verfahren brachte man um dieselbe Zeit, wenn ich recht berichtet bin, um das Jahr 1816, auch in England in Anwendung. Als Hr. Lefaucheux hierauf den Lauf am Pulversake gebrochen hatte, befestigte er die Zuͤndroͤhre senkrecht an der Patrone; und da er das Zuͤndloch damals noch horizontal angebracht ließ, so vollbrachte er die Ladung, indem er die Patrone in die Kammer und die Zuͤndroͤhre in das horizontale Halbzuͤndloch brachte, gleichwie er gegenwaͤrtig die eiserne Spindel in das senkrechte Zuͤndloch bringt. Dieses einfache und sinnreiche Verfahren des Hrn. Lefaucheux ward jedoch fruͤher verworfen, weil die Zuͤndroͤhren viel theurer kamen, als die Zuͤndkapseln; weil man bei der Verfertigung derselben nicht immer gewiß ist, daß sie durch und durch gleichmaͤßig mit Knall- oder Zuͤndpulver gefuͤllt sind; weil daher das Versagen haͤufiger vorkommen mußte, als bei Anwendung der Zuͤndkapseln; weil zur gehoͤrigen Fuͤllung der Kapseln weniger Zuͤndpulver erforderlich ist, als zur Fuͤllung der Zuͤndroͤhren; und weil durch das Umherschleudern von Stuͤken der Zuͤndroͤhren noch weit haͤufiger Verlezungen zu befuͤrchten waren. Hr. Gévelot, Zuͤndkapselfabrikant, versicherte, daß die sogenannten Zuͤndroͤhren (tubes à la Manton) 7 Mal hoͤher zu stehen kaͤmen, als die Zuͤndkapseln. Wir muͤssen noch bemerken, daß die von Hrn. Lefaucheux befolgte Methode auch in Betreff der Auswahl des zu den Karabinern zu verwendenden Holzes eine Ersparniß darbietet. Der Kolben und der Schaft, der den Lauf zur Haͤlfte umgibt, bestehen naͤmlich aus zwei Stuͤken, welche durch ein Eisenstuͤk mit einander verbunden sind; lezteres traͤgt den Zapfen, um den sich der Lauf dreht, wenn man das Gewehr laden will. Der Kolben kann bei dieser Einrichtung auch weit mehr gebrochen werden, man kann ihm leichter eine zum Zielen noch bequemere Kruͤmmung geben. Die geraden Kolben, die man an den fuͤr das Militaͤr bestimmten Feuergewehren trifft, und die deßwegen angenommen wurden, damit man nicht zu sehr gegen die Faser des Holzes schneiden darf, machen, daß diese Gewehre weit mehr stoßen oder schlagen; und das Unbequeme und Schmerzliche dieses Schlagens ist auch Ursache, warum die Soldaten gar haͤufig feuern ohne zu zielen. Das Abbrechen des Laufes am Pulversake, in Folge dessen sich der Lauf und der Kolben nicht mehr in einer geraden Linie befinden, hat allerdings fuͤr die Musketen den Nachtheil, daß man sich dann der Bajonette nicht so vortheilhaft bedienen kann; allein bei den Karabinern oder Musketons, die niemals mit Bajonetten versehen werden, und die nie zu einer derlei Verteidigung dienen, hat dieß nichts zu sagen. Mit besonderem Vortheile scheinen sich die neuen Karabiner oder Musketons auch zur Bewaffnung der Marinesoldaten anwenden zu lassen. Die bei den Versuchen beigezogenen Militaͤrs, welche die Musketons des Hrn. Lefaucheux genau untersuchten, zeigten gleichfalls ihre vollkommene Zufriedenheit mit denselben. Die Commission glaubt daher sich auch in Betreff dieser Erfindung des Hrn. Lefaucheux dem von Hrn. Séguier erstatteten Berichte uͤber dessen Jagdflinten anschließen zu muͤssen. Fig. 25 zeigt den mit allen dazu gehoͤrigen Theilen ausgeruͤsteten Karabiner oder Musketon. Fig. 26 zeigt ihn mit abgebogenem Laufe in der zum Laden erforderlichen Stellung. Fig. 27 gibt einen in doppelt groͤßerem Maaßstabe gezeichneten Laͤngendurchschnitt. Fig. 28 zeigt die Schenkel im Grundrisse. Fig. 29 ist eine Abbildung des Schluͤssels im Aufrisse und Grundrisse. Fig. 30 zeigt den Hinteren Theil des Laufes im Aufrisse. Fig. 31 gibt eine Ansicht desselben von Unten. Fig. 32 zeigt den offenen, vom Ruͤken her gesehenen Lauf. Fig. 33 gibt einen Aufriß der Patrone mit der Zuͤndkapsel. Fig. 34 zeigt die mit der Zuͤndkapsel versehene Unterschale oder Kapsel von Innen. a ist der Lauf; b, b sind die Haken, die mit ersterem aus einem Stuͤke bestehen; c ist eine pfeifchenartig abgeschnittene Spindel; d eine im Grunde des rechtwinkelig gebogenen Eisens angebrachte Feder, die sich gegen das T stemmt; e der Schluͤssel; e' ein Knopf, womit man diesen den Buͤgel bildenden Schluͤssel faßt; f das sogenannte T: f' der obere, schraͤg abgeschnittene Theil dieses Stuͤkes, an den sich die Haken b, b schieben; g eine Schraube, welche den Schluͤssel am T befestigt; h ein ausgeschnittener Ring, der den unteren Theil des T umgibt; i ein rechtwinkelig gebogenes Stuͤk, in dessen Grund sich das T dreht; j ein Zapfen, der dem Laufe als Mittelpunkt der Bewegung dient; k der Hahn; l ein im Grunde des Stuͤkes i angebrachtes Zuͤngelchen, welches in den ausgeschweiften Theil des Ringes h eingreift, damit die Bahn des Hebels e dadurch beschraͤnkt wird; in der Druͤker; n ein in dem Laufe angebrachter Ausschnitt, der zur Aufnahme der kleinen Spindel s, welche das Zuͤndkraut entzuͤndet, dient; o, o das Charniergelenk des Stuͤkes i, welches den Zapfen p des Laufes traͤgt; q die Patrone; r deren Unterschale oder Kapsel; s die kleine Spindel, auf welche der Hammer schlaͤgt; t die im Grunde der Unterschale angebrachte Zuͤndkapsel, gegen welche die Spindel s stoͤßt. Dieses Gewehr wird auf dieselbe Weise gehandhabt, wie bereits bei der Jagdflinte des Hrn. Lefaucheux beschrieben worden. Wir haben daher hier auch die gleichen Theile mit denselben Buchstaben bezeichnet, mit denen sie an lezterer bezeichnet sind.

Tafeln

Tafel Tab.
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Tab. II