Titel: Ueber die Erzeugung von Leuchtgas aus Torf. Von Hrn. Merle.
Fundstelle: Band 58, Jahrgang 1835, Nr. LXLIX., S. 318
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LXLIX. Ueber die Erzeugung von Leuchtgas aus Torf. Von Hrn. Merle. Aus dem Journal des connaissances usuelles. Mai 1835, S. 232. Merle's Erzeugung von Leuchtgas aus Torf. Man hat zwar schon seit sehr langer Zeit erkannt, daß guter Torf ein Gas geben koͤnne, welches sehr wohl zur Beleuchtung geeignet ist;Man vergleiche hieruͤber das Polyt. Journal Bd. XXIV. S. 277, und Bd. XXVII. S. 460.A. d. R. allein ungeachtet aller Bemuͤhungen der ausgezeichnetsten Chemiker gelang es bisher noch Niemandem, aus dem Torfe ein Gas zu gewinnen, welches die Leitungsroͤhren nicht mehr oder weniger verlegte. Alles Waschen und Reinigen des Gases war vergebens, und hatte kein anderes Resultat, als daß das Gas ein schwaͤcheres Licht gab. Bei diesen wenig entsprechenden Ergebnissen verzweifelte man daher auch an dem endlichen Gelingen dieser Benuzung eines Materiales, welches man so haͤufig an Orten findet, denen es an sonstigem Brennmateriale fehlt. Da ich selbst, als Director einer Gesellschaft, welche die Gasbeleuchtung in den Provinzialstaͤdten einfuͤhren will, sehr dabei interessirt war, den Torf in jenen Gegenden, wo man sich nur mit großen Kosten Steinkohlen zu verschaffen im Stande ist, zur Gasbereitung zu verwenden, so stellte ich Versuche an, bis ich endlich so gluͤklich war, zu einem genuͤgenden Resultate zu gelangen. Das wahre Princip meiner Entdekung besteht darin, daß ich der Qualitaͤt ein Opfer an der Quantitaͤt brachte, um ein sehr reines und glaͤnzendes Leuchtgas zu erhalten. Man befolgte bei der Destillation des Torfes bisher beinahe dasselbe Verfahren, nach welchem man die Steinkohlen der trokenen Destillation unterwirft, und nach welchem eine zwei- bis sechsstuͤndige Heizung erforderlich ist. Ich fand, daß mir der beste Torf auf 1000 Kilogramme bei einer zweistuͤndigen Destillation 7 bis 8000 Kubikfuß eines Gases gab, welches nur ein schwaches Licht erzeugte, und welches so sehr mit jener feinen Substanz, die man mit dem Namen der Asche zu bezeichnen pflegt, uͤberladen war, daß die Roͤhren schnell verlegt wurden, wenn ich mir bei der Reinigung des Gases auch alle moͤgliche Muͤhe gab. Es gelang mir zwar allerdings das Gas reiner herzustellen, indem ich dasselbe durch eine große Menge Wasser treten ließ; allein dabei verminderte sich auch der Gehalt des Gases an Kohlenstoff, der doch durchaus noͤthig ist, wenn das Gas die gehoͤrige Leuchtkraft besizen soll. Verwendete ich hingegen nur 3/4 Stunden Zeit zur Destillation des Torfes, so erhielt ich aus 1000 Kil. Torf 5500 Kubikfuß eines Gases, welches ein staͤrkeres und weißeres Licht gab, als das Steinkohlengas, und welches so rein war, als man es durch Destillation der Steinkohlen und des Oehles nicht zu erzielen im Stande ist. Um nun dieses Gas zu reinigen ließ ich mir einen Purificator bauen, der zugleich auch als Condensator oder Verdichter dient. Dieser zaͤhlt 18 Roͤhren, von denen eine jede in einen Behaͤlter mit fließendem Wasser untertaucht; waͤhrend das Gas durch diese Roͤhren stroͤmt, wird es 18 Mal schnell gewaschen und gereinigt, ohne seinen Kohlenstoff dabei zu verlieren. Nachdem das Gas durch diese Roͤhren gegangen, und bevor es noch in die als Gasometer dienenden Behaͤlter uͤbergeht, tritt es auch noch durch zwei Schichten trokenen Kalkes. Ich erhalte auf diese Weise ein Gas, welches so rein ist, daß man es ohne Nachtheil einathmen kann, und welches sogar bei manchen Lungenkrankheiten mit Vortheil angewendet werden duͤrfte, wie ich bemerkt zu haben glaube. Ich opfere bei diesem meinem Verfahren allerdings den vierten Theil der Quantitaͤt; allein man darf nicht vergessen, daß dieses Viertheil nur dazu dienen wuͤrde die uͤbrigen drei Viertheile zu verderben. Da nun die drei Viertheile weit mehr Licht geben, als die ganze Quantitaͤt, so ist selbst bei diesem Verluste des einen Viertheiles noch Gewinn; und zwar um so mehr, als ich bei meiner Methode Torfkohks erhalte, die, wenn sie beim Herausnehmen aus der Retorte gehoͤrig geloͤscht werden, einen hoͤheren Werth haben, als der angewendete Torf, waͤhrend nach dem gewoͤhnlichen Destillationsprocesse der Torf in ein beinahe werthloses Pulver verwandelt wird. Meine Kohks eignen sich ganz vortrefflich fuͤr den Kuͤchengebrauch; sie geben um ein Drittheil mehr Hize, als die besten Holzkohlen, und lassen sich dabei leicht entzuͤnden. Das Gas kostet also eigentlich nur das Brennmaterial und den Arbeitslohn, wonach sich die Kosten per 1000 Kilogr. Torf auf hoͤchstens 10 Franken, oder per 1000 Kubikfuß Gas, dessen Licht jenem von 30 Pfd. Kerzen gleichkommt, auf 2 Fr. belaufen. Da jedoch die Errichtungskosten einer Gasbeleuchtungs-Anstalt bedeutend sind, und da die Destillation taͤglich von Statten gehen muß, um die durch eine Unterbrechung der Arbeit erwachsenden Nachtheile und Kosten zu vermeiden, so duͤrfte sich eine derlei Beleuchtungsmethode nur fuͤr große Fabriken oder groͤßere Anstalten eignen. Dagegen wuͤrde sich dieselbe sehr gut in kleineren Staͤdten, in deren Naͤhe es eine hinreichende Menge Torf gibt, einfuͤhren lassen. Fuͤr 30,000 Franken lassen sich ein Destillirapparat, ein Gasometer, und 3/4 Meilen Leitungsrohren herstellen, und erhebt man nur 5 Proc. vom Capitale, so ließen sich saͤmmtliche Haͤuser 10 Mal wohlfeiler und 100 Mal angenehmer beleuchten, als dieß bisher mit Kerzen geschah. Eine noch weitere Ausdehnung ließe sich der Unternehmung geben, wenn man das Torfgas auch zum Kochen und Heizen verwenden wollte, wobei sich dieselben Vortheile ergeben wuͤrden, wie bei der Gasbeleuchtung. Statt des traurigen Torffeuers waͤre gewiß ein lebhaftes Feuer, welches nicht bloß Waͤrme gibt, sondern zugleich auch beleuchtet, ohne irgend einen Geruch oder Dampf oder Staub zu verbreiten, hoͤchst wuͤnschenswerth. Das Kochen mit Gas geht bekanntlich auf eine eben so einfache, als bequeme Weise von Statten, und man kann sich hiezu entweder eines gewoͤhnlichen Apparates oder eines solchen bedienen, wie ich ihn aus England eingefuͤhrt habe. Da es einige Gegenden gibt, wo der Torf zwar viel, aber nur ein schwaches Gas gibt, so bemerke ich schließlich nur noch, daß ich eine Methode ausfindig gemacht habe, wonach sich dessen Gehalt an Kohlenstoff vermehren laͤßt, ohne daß sein Preis dadurch um mehr als den achten Theil erhoͤht wuͤrde.