Titel: | Untersuchungen über die chemische Zusammensezung der Fleischbrühe, von Chevreul. |
Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XXII., S. 124 |
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XXII.
Untersuchungen uͤber die chemische
Zusammensezung der Fleischbruͤhe, von Chevreul.
Auszug eines der Pariser Akademie der
Wissenschaften uͤbergebenen Berichtes.
Journal de Pharmacie,
Mai 1835, S. 231.
Chevreul, uͤber die Fleischbruͤhe.
Die Akademie hat einer Commission, an deren Spize Herr Chevreul stand, den speciellen Auftrag ertheilt: den Bouillon, welchen man
seit einigen Jahren unter dem Namen Bouillon de la Compagnie
Hollandaise in Paris verkauft, hinsichtlich seiner Bereitung, seiner
Vertheilung, seines Preises und seiner Eigenschaften zu untersuchen. Um die
Eigenschaften dieses Bouillons besser kennen zu lernen, hielt es Hr. Chevreul fuͤr noͤthig, vorerst sowohl
solchen Bouillon, der aus Fleisch und destillirtem, oder Kochsalz enthaltendem
Wasser bereitet worden ist, als auch das Product, welches man beim Kochen der zur
Bereitung von nahrhaftem Bouillon am haͤusigsten angewandten
Gemuͤsearten in destillirtem und salzigem Wasser erhaͤlt, genau zu
untersuchen.
Diese Untersuchungen fuͤhrten ihn zu Resultaten von hohem Interesse; wir lernen dadurch die
chemische Zusammensezung der Bouillons, den Ursprung ihrer verschiedenen
Bestandtheile und die zu ihrer guten Beschaffenheit guͤnstigsten Bedingungen
viel besser kennen.
Untersuchungen uͤber die fluͤchtigen Substanzen,
welche sich waͤhrend des Kochens des Fleisches absondern.
Wenn man Fleisch (sagt Hr. Chevreul) in einem
Destillirapparate kochen laͤßt, der aus einer Retorte und einem, mit einer
Roͤhre versehenen tubulirten Ballon besteht, so verfluͤchtigen sich
waͤhrend des Kochens folgende Producte:
1) Ammoniak, welches man erkennt, wenn man ein mit Campescheholztinctur
getraͤnktes Papier in die an dem Ballon angebrachte Roͤhre
haͤlt.
2) Eine Schwefelverbindung, die ein in den Ballon gebrachtes Silberblaͤttchen
schwaͤrzt und aller Wahrscheinlichkeit nach Schwefelwasserstoff ist.
3) Eine Substanz von charakteristischem Fleischgeruch, die sich an dem
Silberblaͤttchen festsezt.
4) Eine riechende Substanz, die schon in dem Ochsenfett aufgefunden wurde und
wahrscheinlich identisch ist mit der, welche dieses Thier ausduͤnstet, wenn
es schwizt. (Eine noch unbenannte, der Hircin- und Butyrinsaͤure mehr
oder weniger analoge Fettsaͤure.)
5) Eine fluͤchtige Saͤure, welche Analogie mit der Essigsaͤure
hat, sich aber nur in sehr geringer Menge bildet, da 5 Kilogramm Fleisch nur Spuren
davon liefern.
Untersuchung der naͤheren Bestandtheile des
Fleischabsuds.
500 Gramm von Knochen und so viel wie moͤglich auch von Sehnen und Fett
befreites Fleisch, wurden in 1 1/2 Liter destillirtes Wasser gethan. Die Temperatur
desselben wurde nach und nach bis zur Siedhize gesteigert und darauf 5 Stunden lang
erhalten, wobei man das verdampfende Wasser immer wieder durch neues ersezte. Der
decantirte und von Fett befreite Absud hatte einen Bouillongeruch, einen milden und
angenehmen Geschmak, eine schwach orangegelbe Farbe und eine Dichtigkeit von 1,0045.
Er enthielt:
Textabbildung Bd. 59, S. 124-125
Wasser und fluͤchtige
Substanzen (Spuren); Feste organische Stoffe, bei 20º C. im luftleeren
Raum getroknet; Unorganische in Wasser loͤsliche Substanzen: Natron;
Kali, welches urspruͤnglich ohne Zweifel zum Theil mit einer organischen
Saͤure verbunden war, wahrscheinlich mit Milchsaͤure;
Phosphorsaͤure; Schwefelsaͤure; an Kali oder Natron gebunden;
Chlor, im gebundenen Zustande; Unorganische im Wasser unloͤsliche
Substanzen; Phosphorsaure Bittererde; Kalk; Eisenoxyd
oder ungefaͤhr 12/1000 organische und ein wenig mehr
als 3/1000 unorganische Substanzen.
Die festen Koͤrper nebst einer geringen Menge fluͤchtiger, in der
Aufloͤsung zuruͤkgebliebener Substanzen, ertheilten dem Bouillon einen
charakteristischen Geruch und Geschmak.
Die festen organischen Substanzen waren außer der mit Gallert (Leim) verbundenen
Milchsaͤure hauptsaͤchlich folgende:
1) Jene stikstoffhalige Materie, die Hr. Chevreul (Mémoires du Museum, Bd. 13, S. 166) gekochtes
Eiweiß nennt.
2) Eine Substanz von mildem und suͤßem Geschmak, welche nicht weiter
untersucht wurde.
3) Ein neuer Koͤrper, den Hr. Chevreul Kreatin (vom
griechischen κρέας,
κρέατος, Fleisch)
nennt.
Lezterer ist merkwuͤrdig durch die Klarheit seiner Krystalle, welche gerade
rechtwinkliche Prismen bilden und einen perlmutterartigen Glanz haben, der
vorzuͤglich gut an duͤnnen Krystallen zu bemerken ist. Sein
specifisches Gewicht betraͤgt 1,35 bis 1,84; er ist geruch- und fast
auch geschmaklos. Wenn man ihn mit Wasser zerrieben auf Campesche-,
Lakmus- und Curcumepapier bringt, aͤußert er keine Wirkung auf diese
Farben.
Bei einer Temperatur von 18º C. loͤsen 1000 Theile Wasser 12,04 Theile
davon auf und diese Aufloͤsung hat folgende Eigenschaften. Sie reagirt nicht
auf mittelmaͤßig verduͤnnte Aufloͤsungen von Chlorbarium,
kleesaurem Ammoniak, salpetersaurem Silber, schwefelsaurem Kupfer, schwefelsaurem
Eisenoxydul und basischessigsaurem Blei. Auch truͤbt sie nicht eine
concentrirte Aufloͤsung von Chlorplatin. Eine gemischte Aufloͤsung von
salpetersaurem Queksilberoxydul und Oxyd, welche bekanntlich beim Erhizen mit Wolle,
so wie vielen anderen stikstoffhaltigen organischen Substanzen rothbraun
gefaͤrbt wird, zeigt diese Farbenerscheinung nicht bei Erhizung mit
Kreatin.
1000 Theile Alkohol von 0,810 specifischem Gewicht, loͤsen bei 15° C.
kaum 0,5 Theile Kreatin auf.
In concentrirter Schwefelsaͤure loͤst sich das Kreatin langsam auf,
indem es dabei in der oberen Schichte der Fluͤssigkeit schroimmend
bleibt.
In Salpetersaͤure von 1,34 spec. Gew. sinkt es hingegen zu Boden und loͤst sich auch
darin auf; diese Aufloͤsung ist farblos, wenn sie aber im Wasserbad erhizt
wird, so entbindet sie untersalpetrigsaure Daͤmpfe und faͤrbt sich
gelb. Wird sie bis zur Trokne abgedampft, so bleibt ein fast farbloser
Ruͤkstand, der in Wasser aufloͤslich ist, mit Chlorplatin einen
Niederschlag gibt und in kleinen Koͤrnern krystallisirt.
In Salzsaͤure von 1,19 spec. Gew., sinkt das Kreatin unter und loͤst
sich darin ohne Faͤrbung auf; die Aufloͤsung gibt beim Abdampfen
farblose dendritenartig gruppirte Krystalle, welche das Chlorplatin nicht
faͤllen.
Wenn es in Wasser aufgeloͤst ist, so zersezt es sich allmaͤhlich, einen
ammoniakalischen unangenehmen Geruch ausstoßend und die Fluͤssigkeit verliert
dabei ihre Durchsichtigkeit.
In einer kleinen Glasroͤhre erhizt, knistert es, entbindet Wasserdampf, wird
undurchsichtig, schmilzt dann ohne sich zu faͤrben, zersezt sich und
entbindet Ammoniak nebst einem Geruch nach Blausaͤure und Phosphor; zulezt
endlich stoͤßt es einen gelben Dampf aus, der sich im oberen Theil der
Roͤhre theils in fluͤssiger, theils in fester und prismatischer
Gestalt verdichtet. Der kohlige Ruͤkstand dabei ist unbedeutend und
hinterlaͤßt bei der Einaͤscherung nur eine Spur von Asche, die keine
chlorwasserstoffsauren Salze enthaͤlt. Es enthaͤlt Krystallwasser,
welches es bei 100° C. verliert, dann Sauerstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff
und Stikstoff, deren Gewichtsverhaͤltniß noch nicht bestimmt wurde.
Man erhaͤlt es, wenn man das waͤsserige Extract des im luftleeren Raume
getrokneten Fleisches mit Alkohol behandelt. Leider verhindern die es begleitenden
in Wasser sehr loͤslichen Substanzen, daß es sich mit Leichtigkeit aus seiner
Aufloͤsung abscheidet, daher der groͤßte Theil davon in der
Mutterlauge zuruͤkbleibt.
Diese Substanz hat, wie man sieht, Analogie mit dem Asparagin, unterscheidet sich
aber davon durch folgende Eigenschaften:
1) Sie krystallisirt unter gleichen Umstaͤnden verschieden von jenem.
2) Sie ist loͤslicher in Alkohol und weniger loͤslich in Wasser.
3) Ihre Aufloͤsung in Schwefelsaͤure faͤrbt sich nicht bei einer
Temperatur, wobei die des Asparagins sich braͤunt.
4) Ihre Aufloͤsung in Salpetersaͤure wird gelb und entbindet
untersalpetrigsaure Daͤmpft, waͤhrend die des Asparagins keine dieser
Erscheinungen zeigt.
5) Durch Einwirkung des Baryts erzeugt sie eine Saͤure, die sehr verschieden
von der Asparaginsaͤure ist.
Vielleicht besteht sie aus einem Ammoniaksalz, worin die Basis mit einer
kohlenstoffhaltigen Saͤure verbunden ist.
Einfluß der verschiedenen Wasser auf das Kochen des
Rindfleisches und Eigenschaften des dabei gebildeten Bouillons.
Wenn man den oben beschriebenen Versuch statt mit destillirtem Wasser, mit Wasser
anstellt, das 1/123 seines Gewichts Kochsalz aufgeloͤst enthaͤlt, oder
mit pariser Brunnenwasser, das eine Aufloͤsung von schwefelsaurem und
kohlensaurem Kalk ist, so werden die Resultate im Wesentlichen hinsichtlich der
Beschaffenheit der fluͤchtigen oder aufgeloͤsten Substanzen mit jenen
uͤbereinstimmen. Aber das in kochsalzhaltigem Wasser gekochte Fleisch wird,
ohne gerade zarter zu seyn, doch schmakhafter und der Absud gleichfalls schmakhafter
und von staͤrkerem Geruche seyn. Dagegen ist das in Brunnenwasser gekochte
Fleisch haͤrter, weniger schmakhaft, und der dabei erhaltene Bouillon von
schwaͤcherem Geruch und Geschmak. Der schwefelsaure Kalk hat besonders einen
unguͤnstigen Einfluß auf die Zartheit und den Geschmak des Fleisches und eben
so auch auf den Geruch und Geschmak des Bouillons.
Aus dem ersten dieser Versuche darf man jedoch nicht schließen, daß, je mehr Kochsalz
das Wasser aufgeloͤst enthaͤlt, desto schmakhafter auch das Fleisch
und der Bouillon seyn werden. Und in der That hat sich auch Hr. Chevreul uͤberzeugt, daß mit Kochsalz
gesaͤttigtes Wasser haͤrteres Fleisch von einem
eigenthuͤmlichen, dem Schinken aͤhnlichen Geschmake, und einen
Bouillon von schwaͤcherem Geruch und Geschmak gibt.
Einfluß, den die Art des Kochens von Rindfleisch auf seine
Eigenschaften hat.
Wenn Fleisch in kaltes Wasser gebracht wird, dessen Temperatur man allmaͤhlich
bis zum Sieden steigert, oder gleich in siedendes Wasser, so wird man feste und
fluͤchtige Substanzen von derselben Art, wie vorher erhalten, aber in
verschiedener Quantitaͤt; auch wird das Gewicht des gekochten Fleisches
anders ausfallen. Man waͤhlte zwei Stuͤke Fleisch, die so viel wie
moͤglich ganz gleich waren, brachte das eine davon in einen irdenen Topf mit
1 1/2 Liter destillirten kalten Wassers, dessen Temperatur nach und nach bis zum
Sieden gesteigert und darin 5 Stunden lang erhalten wurde, waͤhrend das
andere in 1 1/2 Liter destillirtes siedendes Wasser gethan und ebenfalls 5 Stunden
lang sieden gelassen wurde. Der Geschmak des auf leztere Art erhaltenen Bouillons
war nach dem einstimmigen Urtheile von zehn Personen weniger gut, als der von auf
gewoͤhnliche Art bereitetem Bouillon, nachdem uͤberdieß beide auf
gleichen Concentrationsgrad gebracht worden waren; er gab auch bei der Analyse nur
10/1000 organische Substanzen und 2/1000 feste Salze, waͤhrend man aus dem anderen 13/1000,
organische Substanzen und 3/1000 feste Salze erhielt.
Andererseits waren von 500 Gramm Fleisch, welches allmaͤhlich bis zum Sieden
erhizt worden war, 326 Gr. gekochtes Fleisch und 325 Gramm Fett, das man davon
trennen konnte, uͤbrig geblieben, waͤhrend 500 Gr. Fleisch, welches in
siedendes Wasser gebracht worden war, 375 Gr. gekochtes Fleisch lieferten, das fast
noch alles Fett enthielt. Dieß ruͤhrt daher, daß das Eiweiß und der
thierische Faserstoff durch die ploͤzlich darauf einwirkende Waͤrme
sogleich erhaͤrten, ehe sie sich noch aufloͤsen konnten, und dadurch
eine Art von Ueberzug bilden, welcher sich dem freien Eindringen des Wassers in das
Innere des Fleisches widersezt.
Nimmt man endlich statt Rindfleisch, Kalb-, Hammel-,
Huͤhner- oder Rebhuhnfleisch, und behandelt sie mit kaltem Wasser, so
wird man beim Abdampfen im luftleeren Raume Extracte erhalten, die zwar analog, aber
nicht identisch mit dem auf gleiche Art bereiteten Rindfleischextract seyn werden.
Die Extracte aus Kalb- und Hammelfleisch geben, wie die aus Rindfleisch, mit
Ammoniak einen krystallinischen, aus phosphorsaurer Ammoniak-Bittererde
bestehenden Niederschlag. Alle drei reagiren sauer auf Lakmuspapier und enthalten
außer anderen Salzen phosphorsauren Kalk, der durch Ammoniak nicht niedergeschlagen
wird.
Das Extract aus Huͤhnerfleisch ist farblos, sauer, von schwachem Geruch und
Ammoniak schlaͤgt daraus phosphorsaure Ammoniak-Bittererde und
gelatinoͤsen phosphorsauren Kalk nieder. Ruͤhrt man dasselbe mit
Wasser an und erhizt es, so entwikelt es einen sehr deutlichen Geruch nach
Huͤhnerbouillon.
Das Extract aus Rebhuhnfleisch ist roͤthlichgelb gefaͤrbt und hat einen
staͤrkeren Geruch als die vorhergehenden. Wenn aber auch der
eigenthuͤmliche Geruch nach Rebhuhn beim Erhizen desselben hervortritt, im
Fall vorher Wasser zugesezt wurde, so kann man doch nicht behaupten, daß sich nicht
schon ein solcher auch aus dem Extracte entwikelt habe, ehe es noch der Einwirkung
der Waͤrme unterworfen wurde; denn es scheint dieses riechende Princip in der
Haut des Rebhuhns zu seyn, wenigstens dann, wenn es einige Zeit an der Luft gelassen
wurdeHr. Chevreul bemerkt bei dieser Gelegenheit, daß
der freie Zutritt der Luft viel Einfluß auf das Entstehen mehrerer
riechender organischer Stoffe zu haben scheint; denn bei der Analyse des
Bisams erhielt er ein Product, welches im Augenblike der Bereitung
vollkommen geruchlos war und dann in Flaschen, worin noch Luft war,
aufbewahrt, nach Verlauf einiger Monate einen sehr starken Bisamgeruch
aushauchte.A. d. O..
Beim Kochen des Fleisches auf gewoͤhnliche Weise loͤst sich das Eiweiß
auf, ehe noch die Temperatur des Wassers den Punkt erreicht hat, wobei diese
Substanz gerinnt; wird die Temperatur hinreichend gesteigert, so verkocht sich alles
Eiweiß und verwandelt sich theils in eine feste unloͤsliche Masse, welche das
Campeschepapier ein wenig faͤrbt (dieß ist die Substanz, die den Schaum
bildet), theils in eine loͤsliche Substanz, die im Wasser
zuruͤkbleibt.
Das Zellgewebe, welches durch alle Theile des Fleisches verbreitet ist und
vorzuͤglich das, welches das Fett umgibt, das sehnige Zellgewebe, verwandelt
sich beim Kochen in zwei verschiedenartige Substanzen; die eine loͤst sich in
einem gelatinoͤsen Zustand auf, die andere aber bleibt als eine feste, mehr
oder weniger weiche und aufgeschwollene Masse zuruͤk.
Das hauptsaͤchlich aus thierischem Faserstoff bestehende Muskelgewebe erleidet
zuerst wie das Eiweiß, eine Verhaͤrtung, ohne daß sich etwas davon
aufloͤst; so daß, wenn zwischen den einzelnen Theilchen nicht Eiweiß,
gelatinoͤses Gewebe, und selbst Stearin, Olein und die fette Substanz des
Gehirns abgelagert waͤren, dieses Gewebe viel zu zaͤhe seyn
wuͤrde, um ein gesuchtes Nahrungsmittel abzugeben.
Das aus Olein und Stearin bestehende Fett scheint keine Veraͤnderung zu
erleiden; es bleibt zum Theil im Fleische zuruͤk und zum Theil schwimmt es
oben auf dem Bouillon.
Die fette Substanz scheint sich auch nicht weiter zu veraͤndern und sie
traͤgt dazu bei, dem Bouillon und vorzuͤglich dem noch warmen
gekochten Fleische den bekannten Geruch zu geben.
Das den charakteristischen Fleischgeruch besizende Princip, die Schwefelverbindung,
das riechende Princip und die fluͤchtige, der Essigsaͤure analoge
Saͤure, scheinen hingegen in Folge eines neuen Gleichgewichtszustandes, der
sich zwischen den entfernteren Bestandtheilen eines oder mehrerer in Wasser
loͤslicher Substanzen herstellt, gebildet worden zu seyn.
Bekanntlich laͤßt sich das Fleisch conserviren, nachdem man entweder eine
Temperatur von 100º C. darauf einwirken, oder es an der Luft bei
gewoͤhnlicher Temperatur austroknen ließ; es ist nun klar, daß es im ersteren
Falle, sobald es im Wasser erhizt wird, nicht mehr die Faͤhigkeit besizen
kann, eben solchen Bouillon zu geben, wie das an der Luft getroknete Fleisch, weil
hier das geronnene Eiweiß die Einwirkung des Wassers auf die im Fleische enthaltenen
Substanzen hindert, waͤhrend dieser Umstand im lezteren Falle nicht Statt
findet. Hievon ruͤhrt auch der große Unterschied zwischen den
Bouillontaͤfelchen und dem Bouillon her, weil die Abdampfung, wodurch man denselben in ein
trokenes Extract verwandelt, ihn zum groͤßten Theil der aromatischen
Substanzen beraubt, die ihn so schaͤzbar machen.
Untersuchung der fluͤchtigen Substanzen, die sich
waͤhrend des Kochens von Gemuͤse in destillirtem und kochsalzhaltigem
Wasser entbinden.
Hr. Chevreul fand, daß der violette Kohl und
wahrscheinlich alle Varietaͤten, die sich diesem anreihen, in destillirtem
Wasser gekocht, ein riechendes mehreren Cruciferen eigenthuͤmliches Princip
entbindet, welches mit Bleiaufloͤsung getraͤnktes Papier stark
schwaͤrzt, was vom Schwefel als Schwefelwasserstoff vielleicht oder auch von
Schwefel in Verbindung mit dem riechenden Principe und Ammoniak herruͤhren
kann. Die Stekruͤbe und die Pastinake verhalten sich auf aͤhnliche
Weise, nur mit dem Unterschiede, daß das Product weniger geschwefelt ist,
vorzuͤglich wenn man mit Pastinakwurzel den Versuch anstellt.
Geroͤstete Zwiebeln entbinden Ammoniak und ein fluͤchtiges Oehl,
welches noch schwefelhaltiger als das von Kohl zu seyn scheint.
Die Mohrruͤbe entbindet ein sehr stark riechendes Princip und Ammoniak, welche
aber auf das mit Bleiaufloͤsung getraͤnkte Papier nicht wirken.
Kocht man die angefuͤhrten Gemuͤse in destillirtem Wasser, welches
1/125 seines Gewichts Kochsalz enthaͤlt, so entbinden sie dieselben Producte,
wobei der Geruch der Ruͤben allemal lieblicher und der der Cruciferen
staͤrker hervortritt.
Untersuchung der festen Substanzen, die in reinem oder
gesalzenem Wasser aufgeloͤst sind, welches zum Kochen von Gemuͤse
diente.
Reines Wasser, das zum Kochen dieser Gemuͤse benuzt wurde, ist
roͤthlichbraun gefaͤrbt, enthaͤlt eine merkliche Menge nach
Moͤhren, Stekruͤben und Zwiebeln riechender Principien, und
hinterlaͤßt beim Abdampfen und Austroknen bei 100º C. ein Extract,
hauptsaͤchlich bestehend aus:
1) Nach Zwiebeln, Stekruͤben und Moͤhren riechenden Substanzen;
2) rothfaͤrbender Materie aus der Mohrruͤbe und braunfaͤrbender
aus den geroͤsteten Zwiebeln;
3) freien organischen Saͤuren;
4) fluͤssigem Zuker;
5) einer stikstoffreichen, in Wasser und Alkohol loͤslichen Substanz;
6) zwei stikstoffhaltigen Substanzen (in geringer Menge);
7) Salzen, naͤmlich schwefelsaurem und phosphorsaurem Kalk, phosphorsaurer
Bittererde und Kalisalzen.
Das gesalzene Wasser, welches bei einem zweiten Versuche zum Abkochen derselben
Gemuͤsearten gedient hatte, war roͤthlichbraun und besaß einen
staͤrkeren Geruch, als beim reinen Wasser der Fall war; sein Geschmak war,
abgesehen von dem dem Salze eigenthuͤmlichen, gleichfalls staͤrker und
doch enthielt es, was merkwuͤrdig ist, im Ganzen weniger von Extractivstoffen
(in dem Bericht 1 bis 1,4). Man muß daraus schließen, daß das Salz einen starken
Einfluß auf die Schmakhaftigkeit des Extracts, das es begleitet, ausuͤbt, ihn
hervortreten laͤßt und erhoͤht. Dadurch erklaͤren sich auch die
Vortheile, welche die Anwendung des Salzes beim Kochen von Gemuͤse
gewaͤhrt und die Unmoͤglichkeit, es durch spaͤteres
Zufuͤgen von Salz an dasselbe Gemuͤse, das in ungesalzenem Wasser
gekocht ist, vortheilhaft zu ersezen.
Einfluß der verschiedenen Wasser auf die Eigenschaften der
gekochten Gemuͤse.
Ueberdieß bemerkt man bei demselben Gemuͤse, das in destillirtem und
gesalzenem Wasser gekocht ist, einen Unterschied hinsichtlich des Geruchs, des
Geschmaks und vorzuͤglich der Zartheit. In reinem Wasser gekocht, ist es
unendlich weniger schmakhaft und riechend, und dieß geht so weit, daß z.B. Zwiebeln,
die in destillirtem Wasser gekocht wurden, so zu sagen geruch- und
geschmaklos sind, waͤhrend die in gesalzenem Wasser gekochten, abgesehen von
dem salzigen Geschmak, einen suͤßen Geschmak und ein sehr starkes Arom nach
Zwiebeln besizen, außerdem aber fast noch mehr loͤsliche Substanzen
enthalten.
Wasser also, welches 1/125 seines Gewichts Kochsalz enthaͤlt, ist viel
geeigneter als reines Wasser zum Kochen von Gemuͤsen, weil durch das Kochsalz
seine Aufloͤsungskraft verringert wird und es deßhalb dem Gemuͤse die
aufloͤslichen Substanzen weniger entzieht und ihnen auch mehr Zartheit,
Geruch und Geschmak verleiht.