Titel: Ueber die Behandlung der Seidenwürmer und das Abhaspeln der Cokons in China.
Fundstelle: Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XXXIV., S. 226
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XXXIV. Ueber die Behandlung der Seidenwuͤrmer und das Abhaspeln der Cokons in ChinaAus einer kleinen Schrift, welche den Titel fuͤhrt: The Means of ameliorating India, by Arch. Graham. London 1835.. Mit Abbildungen aus Tab. III. Ueber die Behandlung der Seidenwuͤrmer und das Abhaspeln der Cokons in China. Die Seidenraupen werden in China nicht auf dieselbe Art gefuͤttert, wie in Italien. Die Chinesen geben naͤmlich den Raupen, um die Bildung der Cokons moͤglichst zu beschleunigen, bei jeder Fuͤtterung eine viel groͤßere Menge Blaͤtter als die Italiaͤner. Ihr Verfahren sie zu reinigen und von einer Stelle zur anderen zu bringen, ist auch viel einfacher. Nachdem sie naͤmlich aus den Blaͤttern eine feste Masse formirt haben, indem sie dieselben zusammenrollten und dabei fest gegen einander preßten, schneiden sie sie mit einem großen Messer in kleine Stuͤke. Die so zertheilten Blaͤtter saͤen sie leicht uͤber die Raupen, worauf die Insecten sogleich die alten Blaͤtter verlassen und sich auf die neuen begeben. Der Chinese rollt bann die Raupen sanft in dieses Bett von frischen Blaͤttern, indem er den Unrath mit den alten Blaͤttern und den allenfalls vorhandenen kranken Raupen darunter zuruͤklaͤßt; er bringt dann seine Rolle mit den Raupen in einen neuen reinen Korb oder Behaͤlter und breitet sie sorgfaͤltig aus. Die kranken Raupen, welche er auf den alten Blaͤttern zuruͤkgelassen hatte, werden davon weggenommen und mit frischen Blaͤttern an einen besonderen Plaz gebracht. Man achtet sehr darauf den Raupen in dem Maaße als sie groͤßer werden, hinreichenden Raum zu verschaffen. Der Rahmen, auf welchen die Chinesen ihre Raupen bringen, wenn sie eine goldgelbe Farbe anzunehmen und sich einzuspinnen anfangen, ist merkwuͤrdig und besteht aus einer großen Anzahl kleiner, mit einander verbundener Bambusstuͤke, auf welchen sich die Raupen sehr gedraͤngt befinden, um ihre Cokons zu bilden. Waͤhrend dieser Zeit sezt man jene Rahmen der freien Luft aus: die Luft welche sich zwischen den Bambusstuͤken stets erneuern kann, troknet die gummige Fluͤssigkeit, welche die Raupen bei ihrem Einspinnen in Menge liefern, ganz ein, so daß die Cokons hart und zur spaͤteren Operation des Abhaspelns geeignet werden. In drei oder vier Tagen haben die Raupen ihre Cokons vollendet und diese werden dann in einen angemessen erhizten Ofen gebracht, um die Puppen zu toͤdten. Das Abhaspeln der Cokons geschieht in China auf eine sehr einfache Weise (man sehe Fig. 44 und 45). Zuerst befestigt der Chinese auf dem Boden einen kleinen Krug, macht darin ein Kohlenfeuer an und stellt ein Beken mit Wasser darauf; sobald lezteres eine angemessene Temperatur angenommen hat, wirft er die Cokons hinein. Waͤhrend diese sich aufweichen, stellt er auf den breiten Rand des Bekens ein kleines, sehr leichtes Rad, welches gewoͤhnlich aus Bambusspaͤnen verfertigt ist und nur zwei und einen halben Zoll im Durchmesser hat. An der Vorderseite seines Gestelles ist ein kleiner Ring angebracht, durch welchen der Seidenfaden beim Aufsteigen aus dem Beken gehen muß, wobei er zum Theil von seiner Feuchtigkeit und von allen fremdartigen Substanzen gereinigt wird. Endlich befestigt der Arbeiter zur linken Seite des Feuers und Bekens den Haspel, auf welchen die Seidenfaͤden von dem kleinen Rade gewunden werden. Nachdem Alles so vorbereitet ist, sezt sich der Arbeiter dem Apparate gegenuͤber nieder und nimmt in seine rechte Hand zwei kleine flache Holzstuͤke, wovon er eines zwischen den Zeige- und Mittelfinger und das andere zwischen den Mittel- und Ringfinger bringt. Mit diesen beiden kleinen Staͤben kann er ohne sich zu verbrennen die Cokons in dem heißen Wasser des Bekens so lange bewegen und drehen, bis das Gummi, welches die Seidenfaͤden zusammenklebt, aufgeloͤst ist und sie also einzeln abgewunden werden koͤnnen; er verbindet dann acht oder zehn solcher Faͤden mit einander und laͤßt sie durch den Ring am Gestell des kleinen Rades uͤber den oberen Theil des lezteren und von da unter demselben hindurch gehen, waͤhrend er sie mehrmals dreht, um sie in einen einzigen Faden zu vereinigen, dessen Ende er an einem Fluͤgel des Haspels befestigt. Er dreht nun mit seiner linken Hand sanft den Haspel, wodurch der zusammengesezte Seidenfaden (die Strehne) auf diesen gewunden und zugleich das kleine Rad in Bewegung gesezt wird; auf diese Art haspelt er die Cokons ab. Waͤhrend seine linke Hand so beschaͤftigt ist, ertheilt er den Cokons in dem Beken mit den flachen Staͤben in seiner rechten Hand eine schwache drehende Bewegung, indem er einen kleinen Wirbel in dem Wasser erzeugt, um den er sie bestaͤndig drehend erhaͤlt. Nach und nach beschleunigt er die Bewegung des Haspels und zeigt dabei die groͤßte Geschiklichkeit im Gebrauch der Staͤbe. Er unterhaͤlt naͤmlich den Wirbel im Wasserbeken, beseitigt daraus die Unreinigkeiten oder Haͤute, welche nach dem Ablaufen des Fadens zuruͤkbleiben, erhaͤlt die Faͤden waͤhrend ihres Laufs in Ordnung, verhindert das Brechen oder Verwikeln derselben und die Vermehrung oder Verminderung ihrer Anzahl. Wenn ein Cokon beinahe ganz abgewunden ist, treibt er mit seinem Stab einen anderen in die Mitte des Wirbels und gesellt dessen Faden unverzuͤglich der Strehne bei. Unter allen Methoden die Cokons abzuhaspeln eignet sich wohl keine so gut wie die chinesische zur haͤuslichen Beschaͤftigung.

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