Titel: | Bericht des Hrn. Edward Sang, Lehrer der Mathematik in Edinburgh, über die neueren Verbesserungen in der Teppichfabrikation. |
Fundstelle: | Band 59, Jahrgang 1836, Nr. XLVI., S. 293 |
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XLVI.
Bericht des Hrn. Edward Sang, Lehrer der Mathematik in Edinburgh,
uͤber die neueren Verbesserungen in der Teppichfabrikation.
Aus dem Edinburgh New Philosophical Journal. Oktober 1835,
S. 254.
Sang's Bericht uͤber die Verbesserungen in der
Teppichfabrikation.
Die Fortschritte, welche irgend eine der Kuͤnste macht, koͤnnen
fuͤglich als ein Kennzeichen des Standes der Civilisation betrachtet werden;
denn die Kuͤnste sind beinahe saͤmmtlich so innig mit eine ander
verwebt, daß kaum eine derselben emporbluͤhen kann, ohne zugleich auch andere
zu heben, und ohne der Unterstuͤzung und Beihuͤlfe anderer zu
beduͤrfen. Wollte man demnach einen allgemeinen Ueberblik des
gegenwaͤrtigen Zustandes unserer Gesellschaft geben, so duͤrfte man
die Kuͤnste nicht einzeln fuͤr sich und abgerissen in Betrachtung
ziehen; sondern man muͤßte sie vielmehr als ein compactes Ganzes allseitig
untersuchen. Anders verhaͤlt sich die Sache jedoch, wenn man zwei Zeitalter
in Hinsicht auf den Zustand der Civilisation mit einander vergleichen will; denn
hier kann man zur Vergleichung leicht einen jener Zweige auswaͤhlen, der der
Beihuͤlfe vieler anderer bedarf, und der folglich als genuͤgender
Maaßstab fuͤr den Stand der Dinge im Allgemeinen gelten kann. Es gibt zwar
allerdings Kuͤnste, die fuͤr sich so unabhaͤngig sind, daß sie
sich nicht zu einem solchen Vergleiche eignen; dazu gehoͤrt z. V. die
Glasfabrikation, welche wegen unserer geringen Vertrautheit mit den Wirkungen der
hohen Temperaturen, und wegen einiger Eigenschaften der Glasmasse selbst leider auch
von Seite der Chemie noch nicht alle jene Foͤrderung erfuhr, die man
vielleicht von ihr haͤtte erwarten duͤrfen. Ein ganz anderes
Verhaͤltniß findet dagegen bei der Teppichfabrikation Statt, die wie die
uͤbrigen Zweige der Weberei in so vielfache andere Zweige eingreift, und in
lezter Zeit auch sehr wesentliche Fortschritte gemacht hat. Diese wollen wir deßhalb
auch zum Gegenstande unserer gegenwaͤrtigen Eroͤrterung
waͤhlen; sie allein spricht mehr als ganze Baͤnde uͤber die
Zunahme unseres haͤuslichen Wohlbehagens.
Gehen wir auf verhaͤltnißmaͤßig wenige Generationen zuruͤk, so
wird man finden, daß sich das englische Koͤnigthum damals mit einer Streue
aus Stroh begnuͤgte, und daß Laͤndereien unter der Bedingung vergeben
wurden, die koͤnigl. Gemaͤcher dafuͤr mit reinem Stroh zu
versehen. An die Stelle dieses wahren Infectionsmittels sind nun gegenwaͤrtig
schon nicht nur in den Haͤusern der Wohlhabenden, sondern selbst in den
Wohnungen des industrioͤsen Gewerbsmannes schoͤn gedielte Boden und
gute Teppiche getreten. Jene, die die Groͤße der Nationen lediglich nach
deren Furchtbarkeit im Kriege bemessen, und deren Ruhm in der Wuth nach Blut und
Zerstoͤrung finden, moͤgen zwar allerdings besorgen, daß die Nationen
im Falle sie handgemein werden, sich als schwach bewaͤhren duͤrften,
wenn selbst der Bauer auf einem guten Teppiche herumtritt, und wenn seine Wohnung
einen Luxus zeigt, den man vor zwei Jahrhunderten selbst in Pallaͤsten
vermißte. Allein sehr wuͤrde man sich irren, wollte man solche
Bequemlichkeiten fuͤr Verweichlichung halten. Wuͤrden wir unsere
Geraͤthe, unser Porzellan, unsere Teppiche etc. von den Gewerbsleuten einer
eroberten Provinz erpressen; bezoͤgen wir unsere Seide als Tribut, und unsere
Baumwolle als Beute; dann allerdings waͤren wir weibisch und lasterhaft; So
sind aber die Bequemlichkeiten, deren wir uns erfreuen, die Resultate unseres
Gewerbfleißes und unserer Arbeiten; die Fruͤchte unseres Verstandes, unserer
Geschiklichkeit und Energie; deren Herschaffung hat unsere Geduld und unsere Kraft
geuͤbt, waͤhrend deren Genuß uns von muthwilligen Angriffen unserer
Nachbarn zuruͤkhaͤlt, und uns zu unserer eigenen Vertheidigung
staͤrkt und kraͤftigt. Die Verbreitung von Bequemlichkeiten in jeder
Gasse sichert uns einerseits eben so sehr vor Tumult, als andererseits vor
Unterdruͤkung; und jede Verbesserung in den Fabrikationen ist auch ein
Schritt, den wir zur Erlangung von Gluͤk und Sicherheit vorwaͤrts
machen.
Die Teppichfabrikation beurkundet eben so sehr durch die Eleganz der bei ihr
befolgten Processe, als durch die Schoͤnheit ihrer Producte den
vorgeruͤkten Zustand unserer Gesellschaft.
Der gewoͤhnliche Teppich scheint sich in der oberflaͤchlichen Textur
nicht von einem gewoͤhnlichen Gewebe zu unterscheiden, und ein
oberflaͤchlicher Beobachter kann sich unmoͤglich versinnlichen, auf
welche Weise so mannigfache Farben erzeugt werden. Untersucht man die Sache und die
Figur hingegen genauer, so findet man, daß der Zeichner unter bedeutenden
Schwierigkeiten arbeiten mußte; denn an vielen Stellen, an denen Reinheit der Farbe
sehr wuͤnschenswerth gewesen waͤre, ist nur eine gemischte Farbe zu
finden, waͤhrend kaum irgend eine uͤbergehende Schattirung der Farben
nach der Natur der Zeichnung zu bemerken ist. Aus einer noch genaueren Untersuchung
ergibt sich jedoch sogleich die Quelle aller dieser Unvollkommenheiten. Der Teppich
besteht naͤmlich aus zwei an einander stoßenden Geweben, welche so mit
einander verbunden werden, daß das verlangte Muster zum Vorschein kommt. Jedes
dieser Gewebe wuͤrde einzeln fuͤr sich gewebt wie gestreift aussehen,
indem es im Eintrage zum Theil gefaͤrbt ist. Eine Reihe gefaͤrbter
Streifen wird auf diese Weise auf eine andere Reihe gelegt; und bei der Bezeichnung
des Musters kann uͤber die Anordnung dieser Streifen hinaus keine Wahl
getroffen werden. Die Zahl der vollen oder ganzen Farben ist hienach sehr
beschraͤnkt, indem sie nur dann erreicht werden koͤnnen, wenn ein
Eintrag von bestimmter Farbe durch eine Kette von gleicher Farbe gezogen wird. Um
also einen Theil einer Figur ganz oder voll roth zu machen, muß durch eine rothe
Kette von ganzer Breite in der ganzen Laͤnge des Musters rother Eintrag
gezogen werden. Diese Farben koͤnnen zwar unmittelbar beseitigt werden, indem
man die Faͤden in das andere Gewebe fuͤhrt; haben sie aber lange
daselbst zu bleiben, so werden beide Gewebe monoton. Es ist daher sehr schwer die
starke Neigung der Farben Streifen zu bilden zu vermeiden, und mit Ausnahme der
Hauptheile der Figuren koͤnnen die Farben nicht gehoͤrig angebracht werden, so daß
die secundaͤren oder untergeordneten Verzierungen groͤßten Theils
Sache des Zufalles sind.
Die Erfindung der sogenannten dreifachen Teppiche (triple
carpet) von Hrn. Morton in Kilmarnock hat
beinahe allen diesen Schwierigkeiten ein Ende gemacht. Diese Teppiche bestehen aus
dreifachen Geweben, deren Faͤden zur Erzeugung des Musters unter einander
gewebt werden. Die erste Absicht bei der Einfuͤhrung des dritten Gewebes
scheint Erzielung groͤßerer Mannigfaltigkeit und Pracht der Farben gewesen zu
seyn; uͤbrigens, ergab sich aber auch noch eine andere Folge daraus:
naͤmlich die, daß die beiden Seiten der Teppiche nicht nothwendig
Gegenstuͤke sind. Die Figur des unteren Gewebes muß zwar, indem Faͤden
von diesem zur Erzeugung des Hauptmusters benuzt werden, bis auf einen gewissen Grad
von der Figur des oberen Gewebes abhaͤngen; allein es bleibt dessen
ungeachtet immer noch ein Austausch zwischen den Faͤden der beiden unteren
Gewebe moͤglich. Es erhellt offenbar, daß die Neigung zur Streifenbildung
hier weit geringer seyn muß, als an dem gewoͤhnlichen Teppiche; und daß,
indem dem Zeichner nunmehr eine groͤßere Auswahl von Farben zu Gebot steht,
nothwendig auch schoͤnere Muster hervorgebracht werden koͤnnen, als
fruͤher. Es scheint mir, daß, wenn ein Mal die Hauptfigur bestimmt ist, der
Zeichner hauptsaͤchlich mit der Kehrseite des Teppiches beschaͤftigt
ist.
Die Schoͤnheit der dreifachen Teppiche ist anerkannt, denn sie besizen in
Hinsicht auf Farbenanwendung beinahe dieselbe Freiheit wie die Papiertapeten,
waͤhrend sie bei ihrer groͤßeren Dike und ihrer
verhaͤltnißmaͤßigen Wohlfeilheit mit den kostbareren Arten von
Teppichen wetteifern koͤnnen. Der Erfinder dieser Teppiche hat demnach sehr
zur Verzierung des Inneren unserer Wohnungen beigetragen; und offenbar muß demselben
bei der Ausbildung und Ausfuͤhrung seiner Idee ein noch groͤßeres
Vergnuͤgen geworden seyn, als allen denen, die sich der Fruͤchte
derselben bedienen.
Nachdem ein Mal fuͤr die Boͤden unserer Wohnungen eine Bedekung
erfunden worden ist, welche dem Rasen an Weichheit gleichkam, und ihn an
Glaͤtte uͤbertraf, mußten nothwendignothwenig auch noch die Zierden, die die Natur diesem verlieh, nachgeahmt werden. Zu
diesem Behufe wurden mancherlei verschiedene Teppichgewebe ersonnen, uͤber
welche ich, abgesehen von dem bereits Erwaͤhnten, Folgendes bemerken
will.
Der Bruͤsseler Teppich unterscheidet sich von dem gewoͤhnlichen durch
sein Haar, so wie auch dadurch, daß an ihm sowohl die Figuren, als die Farben gaͤnzlich
mit dem Eintrage erzeugt werden. Das Haar wird hervorgebracht, indem man zwischen
den Koͤrper der Kette und die vorher aufgezogenen, zur Erzeugung der Farben
dienenden Faͤden einen Draht einzieht. Diese Faͤden werden
herabgefuͤhrt und mit dem Eintrage befestigt; nachdem dieser Proceß einige
Male wiederholt worden ist, werden die Draͤhte ausgezogen. Die
Wilton-Teppiche unterscheiden sich von den Bruͤsselern nur dadurch,
daß das Haar etwas laͤnger ist, und daß sie nach Art des Sammets
aufgeschnitten werden. Wuͤrde die gefaͤrbte Kette jedoch bei jedem
Schlage zur Haarbildung aufgezogen, so wuͤrde das Gewebe nur ein gestreiftes
Aussehen bekommen; und wuͤrde die Kette nur in Zwischenraͤumen
aufgezogen, so wuͤrde die Figur zwar erhaben, aber doch immer noch gestreift
werden. Um nun ein gehoͤrig gefaͤrbtes Muster erzeugen zu
koͤnnen, werden mehrere verschieden gefaͤrbte Garne,
gewoͤhnlich fuͤnf, so vorbereitet, daß jedes derselben zwischen zwei
bleibenden Kettenfaͤden zur Haarbildung aufgezogen werden kann. Obschon durch
das unregelmaͤßige Emporsteigen dieser gefaͤrbten Garne an die
Oberflaͤche das gestreifte Aussehen großen Theils aufgehoben wird, so bleiben
doch noch immer Streifen; und obschon der Zeichner in Hinsicht auf Wahl der Farben
weit weniger gebunden ist, als an den Kidderminster-Geweben, so ist er doch
noch immer bedeutend in seiner Wahl beeintraͤchtigt. Man denke sich ein Brett
sey mit kleinen Streifen bemahlt, und nach jedesmaligem Troknen seyen noch 5 andere
Streifenschichten aufgetragen worden, von denen jede in der Farbe abweicht, so wird
sich der Mahler eine Idee von den Schwierigkeiten, mit denen der Teppichzeichner zu
kaͤmpfen hat, machen koͤnnen. Dazu kommt jedoch noch ein anderer
Uebelstand; denn um den kleinsten Fleken von irgend einer bestimmten Farbe zu
erzeugen, muß durch das ganze Muster ein Faden von dieser Farbe laufen, und dieser
Faden muß nothwendig einige andere verdraͤngen, welche mit mehr Vortheil
haͤtten angebracht werden koͤnnen. Wegen der hoͤchst
verschiedenen Zeitraͤume, in welchen die gefaͤrbten Faͤden
aufgenommen werden, ist es auch nicht moͤglich diese auf einen einzigen Baum
aufzuwinden, so daß daher jeder auf eine eigene Spule gebracht werden muß.
Um den Maͤngeln dieser Methode abzuhelfen, kam Hr. Whytock auf die Idee, die Garne theilweise zu faͤrben. Der Werth
dieser Erfindung duͤrfte jedoch erst dann vollkommen zu wuͤrdigen
seyn, wenn man vorher einen Blik auf die tuͤrkischen Teppiche geworfen hat,
welche unter allen die einfachsten sind, und dabei dennoch die groͤßte
Auswahl von Farben zulassen. Man denke sich, um diese zu verstehen, an einen
gewoͤhnlichen Webestuhl, und man denke sich, daß unmittelbar, nachdem ein
Schuß gemacht worden, an jeden Kettenfaden ein kleiner Buͤschel beliebig
gefaͤrbten Baumwollgarnes gebunden wird; daß dann zwei oder drei
Schuͤsse gemacht werden, und daß hierauf wieder eine neue Reihe
gefaͤrbten Wollengarnes angebunden wird. Es ist klar, daß auf diese Weise
jedes beliebige Muster hervorgebracht werden kann, und daß von keiner Farbe mehr in
Anwendung kommt, als eben zur Erzielung der bestimmten Wirkung erforderlich ist.
Diese Methode gewaͤhrt demnach alle Vortheile mit Ausnahme eines einzigen von
hoͤchster Wichtigkeit, und dieses ist: Geschwindigkeit der Fabrikation.
Whytock's Methode vereint nun die Vortheile des
tuͤrkischen Verfahrens mit einer noch groͤßeren Geschwindigkeit, als
sie bei den Bruͤsseler Fabrikaten erzielt werden kann. Sie laͤßt sich
folgender Maßen beschreiben. Wenn man statt der fuͤnferlei gefaͤrbten
Garne der Bruͤsseler Teppiche ein einziges, stellenweise verschieden
gefaͤrbtes anwenden koͤnnte, so waͤre der ganze, zur Erzielung
des Musters erforderliche Apparat entbehrlich, und das ganze Gewebe koͤnnte
mit einem einzigen Koͤrper erzeugt, und wie gewoͤhnlicher Sammet
gearbeitet werden. Die einzige Schwierigkeit laͤge demnach hier im
Faͤrben des Fadens.
Das Garn wird zu diesem Behufe auf die Oberflaͤche einer großen Trommel
gewunden, deren Umfang der Laͤnge, welche zu einer Copie des Musters
erforderlich ist, gleichkommt. Diese Trommel ist so graduirt, daß die Farbwalze an
jeder Stelle, an der es noͤthig ist, uͤber das Garn gefuͤhrt
werden kann. Die Zeichnung, welche auf dem gewoͤhnlichen linirten Papiere
ausgebreitet ist, sezt den Arbeiter in Stand alle jene Stellen zu entdeken, an denen
eine bestimmte Farbe angebracht werden soll; ist dieß geschehen, so aͤndert
er die Farbenbuͤchse, und auf diese Weise wird fortgefahren, bis die ganze
Faͤrbung vollbracht ist. Hierauf wird der Faden von der Trommel genommen und
auf die zur Fixirung der Farben noͤthige Weise behandelt, und solcher Maßen
wird fortgefahren, bis die ganze Kette fertig ist. Die naͤchste und
schwierigste Arbeit ist dann, alle diese Faͤden neben einander auf den Baum
aufzuziehen. Man windet sie zu diesem Behufe auf einzelne Spulen, wo dann der
Arbeiter durch weiße Stellen, welche beim Faͤrben absichtlich gelassen
werden, in Stand gesezt ist, die farbigen Faͤden gehoͤrig zu ordnen.
Wenn die Faͤden auf den Baum gewunden worden sind, so geht das Weben dann
rasch von Statten. Hr. Whytock bedient sich hiebei
ausgefurchter Draͤhte, und schneidet die Augen, welche das Haar bilden, auf
dieselbe Weise, auf welche dieß an den Wilton-Teppichen zu geschehen pflegt,
auf.
Diese Methode gewaͤhrt alle die Vortheile der tuͤrkischen Teppiche, nur
braucht man auch bei ihr Muster. Die farbigen Stellen koͤnnen an jedem
beliebigen Punkte erzeugt werden, und brauchen durchaus nicht in Reihen zu laufen,
wie dieß bei anderen Teppichen der Fall ist. Man hat nach diesem Verfahren bereits
Teppiche mit bewundernswerthen Mustern fabricirt, und diese Fabrikation findet auch
bereits die Unterstuͤzung, die ihr in so hohem Grade gebuͤhrt.
Ich erlaube mir hier am Schlusse dieser unvollstaͤndigen Notiz uͤber
zwei Erfindungen neuerer Zeit nur noch auf zwei allgemein verbreitete Vorurtheile
aufmerksam zu machen. Man betrachtet naͤmlich jene, die ihre Aufmerksamkeit
auf mehrere Zweige der Kuͤnste und Gewerbe zugleich richten,
gewoͤhnlich mit unguͤnstigen Augen; und doch ist es eine Thatsache,
daß beinahe alle Personen, denen wir Erfindungen und Verbesserungen verdanken, in
mehreren Faͤchern bewandert waren. Zur Erfindung neuer Operationen ist auch
wirklich die Bekanntschaft mir den meisten der bereits vorhandenen am
zutraͤglichsten; und wer weiß nicht, welche große Fortschritte wir schon oft
lediglich der Uͤbertragung eines gewissen Verfahrens aus einer Kunst auf eine
andere verdankten? Die neue Patent-Teppichweberei gibt ein neues Beispiel
hiefuͤr; denn waͤre der Erfinder mit der Faͤrberei nicht eben
so vertraut gewesen, wie mit der Weberei, so waͤre er wohl nie im Stande
gewesen, seine Idee auch zur Ausfuͤhrung zu bringen: die im Wege stehenden
Schwierigkeiten waren auch wirklich so groß, daß die Ueberwindung eines jeden
einzelnen schon als eine Erfindung betrachtet werden kann. Ein anderes allgemein
verbreitetes Vorurtheil ist, daß die Erfindungen das Werk des Zufalles sind: ein
Vorurtheil, in welchem einige beinahe so weit zu gehen scheinen, daß sie glauben, es
sey um so wahrscheinlicher etwas Neues in einer Sache zu entdeken, je weniger man
damit bekannt ist. Wenn sich allerdings nicht laͤugnen laͤßt, daß in
einem Jahrhunderte unter 10 Millionen Menschen ein Mal einer bloß durch Zufall eine
große Entdekung macht, so ist doch gewiß, daß die große Masse unserer Erfindungen
die Fruͤchte angestrengter, emsiger und gut geleiteter Forschungen sind; und
daß der Geist noch mehr als der Koͤrper seine Nahrung im Schweiße seines
Angesichtes verdienen muß.