Titel: Auszug aus einem Berichte, den Hr. Ch. Derosne über den Concurs erstattete, den die Société d'encouragement in Paris auf das Jahr 1835 für Errichtung von Runkelrübenzuker-Fabriken auf Landgütern ausgeschrieben hatte.
Fundstelle: Band 60, Jahrgang 1836, Nr. XLIII., S. 219
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XLIII. Auszug aus einem Berichte, den Hr. Ch. Derosne uͤber den Concurs erstattete, den die Société d'encouragement in Paris auf das Jahr 1835 fuͤr Errichtung von Runkelruͤbenzuker-Fabriken auf Landguͤtern ausgeschrieben hatte. (Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Decbr. 1836, S. 583.) Derosne, uͤber Lacroix's Runkelruͤbenzuker-Fabrik. Der Preis von 1500 Fr., der die Société d'encouragement etc. in Paris fuͤr das Jahr 1835 fuͤr Errichtung von Runkelruͤbenzuker-Fabriken auf Landguͤtern ausgeschrieben, zog nur einen einzigen Concurrenten, Hrn. Lacroix Sohn, Mitglied der Handelskammer in Toulouse, an, welcher in Roquetaille ein Landgut von 60 Hectaren Akerland besizt. Derselbe bestellt seit dem Jahre 1828 den sechsten Theil dieses Flaͤchenraumes mit Runkelruͤben, und zwar auf solche Weise, daß die Ruͤben nur alle 4 Jahre auf denselben Boden kommen. Das Landgut trug bei der fruͤheren gewoͤhnlichen Bewirthschaftung nur 6000 Fr. jaͤhrlich; im Jahre 1824 fuͤhrte er zuerst die kuͤnstlichen Wiesen ein, und im Jahre 1827 war der Ertrag bereits auf 13,000 Fr. gestiegen. Seit dem Jahre 1828 erzeugt er im Durchschnitte 30,000 Kilogr. Runkelruͤben per Hectare, wovon er die 1000 Kilogr. fuͤr 14 Fr. an die Zuker-Fabrik abgibt. Durch diese Bewirtschaftung, bei der er einen groͤßeren Viehstand halten kann, und bei der er eine groͤßere Menge Duͤnger erzielt, hat sich der Ertrag nunmehr bis auf jaͤhrlich 25,000 Fr. gehoben, d.h. auf das Vierfache des fruͤheren Ertrages bei der Wirthschaft mit Brache. Was die Zuker-Fabrikation betrifft, so ist Hr. Lacroix mit allen Verbesserungen, welche bis zu der Zeit, zu der er seine Abhandlung schrieb, in derselben gemacht wurden, vollkommen bekannt. Die Krystallisationsgefaͤße verwerfend, basirte er sein Verfahren aus die Anwendung des Kalkes zur Laͤuterung, auf die rasche Eindikung der zukerhaltigen Saͤfte, auf deren Filtration durch gekoͤrnte Kohle, welche er in großer Dosis und drei Mal wiederholt anwendet; auf das Versieden der Syrupe in den Schaukelkesseln, und auf das Formen des Zukers beim Austritte aus den Kuͤhlkammern. Die Dampfapparate scheinen ihm fuͤr so kleine Fabriken, wie z.B. die seinige ist, nicht geeignet, auch haͤlt er dieselben nicht mehr fuͤr so unumgaͤnglich nothwendig, seit man mit der Anwendung der thierischen Kohle und besonders mit der Filtration mit dem Dumont'schen Filter bekannt ist. Die Dampfapparate koͤnnen wohl in groͤßeren Fabriken, in denen man mit großen Massen arbeitet, in Hinsicht auf Zeit und Brennmaterial Ersparnisse abwerfen; allein fuͤr kleine Fabrikanten werden diese Vortheile gewiß durch die Kostspieligkeit dieser Apparate mehr als aufgewogen werden. Uebrigens bieten diese Dampfapparate in den Haͤnden Unerfahrener bedeutende Gefahren; sie sind schwer auszubessern, und die geringste Unordnung, in welche sie gerathen, bedingt eine Unterbrechung saͤmmtlicher Arbeiten. Hr. Lacroix gibt nach allem diesen fuͤr kleine Fabriken den Kesseln, in denen uͤber Feuer versotten wird, und die sich schaukeln, den Vorzug; und die Commission muß ihm in dieser Hinsicht beistimmen. Hr. Lacroix gewinnt im Durchschnitte nur 4 1/2 Proc. Zuker aus den Runkelruͤben, wobei ihm das Kilogramm auf 39 bis 40 Centimen zu stehen kommt. Es laͤßt sich gegen seine Rechnungfuͤhrung uͤbrigens Manches einwenden, und zwar um so mehr, als er den Gestehungspreis auf 39 Cent., den Verkaufspreis hingegen auf 1 Fr. 55 Cent. fixirt: ein Abstand, der viel zu bedeutend ist. Hr. Lacroix arbeitet jaͤhrlich mit 300,000 Kilogr. Runkelruͤben, und der von ihm erzeugte Zuker laͤßt nichts zu wuͤnschen uͤbrig. Die Bauten seiner Fabrik kamen ihm auf 6000 Fr. zu stehen; die Anschaffungskosten des Materiales beliefen sich beilaͤufig auf 4350 Fr. Mit diesem Materiale verarbeitet er taͤglich 3000 Kilogr. Runkelruͤben mit einem taͤglichen Kostenaufwands von 105 Fr. 50 Cent. Der Werth der taͤglich erzielten Producte berechnet sich dagegen auf 260 Fr., so daß sich ein taͤglicher Gewinn von 154 Fr. 50 Cent. herauswirft. Uebrigens laͤßt sich auch hier Manches gegen die Rechnungsfuͤhrung einwenden, obwohl Hr. Lacroix die Ausgaben und Einnahmen gewissenhaft eingetragen hat. Die Commission ist zwar uͤberzeugt, daß die Ruͤbenzuker-Fabrication, wenn sie gut geleitet wird, bei den von Hrn. Lacroix in Anwendung gebrachten Elementen große Vortheile abwerfen muß; allein man darf sich deßhalb ja nicht verhehlen, daß zur Erzielung obiger Resultate ein Zusammentreffen aller guͤnstigen Umstaͤnde erforderlich ist. Man glaube ja nicht, daß die Zuker-Fabrication so gar leicht sey; denn es duͤrfte wenige Fabricationen geben, die eine so thaͤtige Ueberwachung erheischen. Die große Leichtigkeit, mit der die Syrupe verderben, machen die fortwaͤhrende groͤßte Sorgfalt noͤthig; die geringste Vernachlaͤssigung kann die ganze Arbeit stoͤren, so daß man statt Zuker nur werthlose Melassen bekommt. Wenn daher auch Hr. Lacroix bei einer Fabrication, welche taͤglich 3000 Kilogr. Runkelruͤben braucht, einen taͤglichen Gewinn von mehr als 150 Fr. annimmt, so glaube man deßhalb noch ja nicht, daß sich die Jahresbilanz in demselben guͤnstigen Verhaͤltnisse herausstellen wird. Uebrigens muͤssen wir allerdings gestehen, daß die Zuker-Fabrication gegenwaͤrtig auf so einfache Elemente zuruͤkgefuͤhrt ist, daß ein verstaͤndiger und sorgfaͤltiger Mann, wenn er Alles selbst uͤberwacht und wenn er es mit guten Runkelruͤben zu thun hat, des Gelingens gewiß seyn kann. Hr. Lacroix gewinnt aus 100 Kilogr. Runkelruͤben nur 4 1/2 Kilogr. Zuker und 3 1/2 Kilogr. Melasse. Der Grund hievon liegt darin, weil er mit den ihm zu Gebote stehenden Apparaten nur 65 Proc. Saft aus den Ruͤben auszuziehen vermag. Der Ertrag wuͤrde daher weit groͤßer ausfallen, wenn, wie zu hoffen steht, der Dombasle'sche Macerationsproceß auch kleineren Fabriken angepaßt werden kann; denn dann koͤnnte man statt 65 mehr als 90 Proc. Saft gewinnen. Zu beruͤksichtigen kommt auch noch, daß zur Zeit, wo Hr. Lacroix seine Abhandlung schrieb, der wohlfeile Wiederbelebungsproceß der thierischen Kohle noch nicht bekannt war; und daß ihm die Kohle taͤglich eine Ausgabe von 16 Fr. 20 Cent. verursachte, waͤhrend dieser Betrag bei Annahme des neuen Verfahrens kaum den achten Theil hievon ausmachen duͤrfte. Es steht nunmehr zu erwarten, daß die Fabrication des inlaͤndischen Zukers in Kuͤrze ganz populaͤr werden wird, und daß die hieraus erwachsende Concurrenz die Preise herabdruͤken und die Consumtion zum Vortheile der minder bemittelten Classe bedeutend erhoͤhen wird. Die Regierung wird, zu besserer Einsicht gelangt, den Augenblik, in welchem sie diese Fabrication mit einer Auflage besteuern zu muͤssen glaubt, gewiß weiter hinausschieben, und sich durch moͤglich groͤßte Ermaͤßigung dieser Auflage ein Einkommen sichern, welches um so groͤßer seyn muß, als die Zukerconsumtion allgemeiner wird. Da Hr. Lacroix saͤmmtliche in dem Programm gemachte Bedingungen erfuͤllt hat, so schlaͤgt die Commission vor, ihm den ausgeschriebenen Preis von 1500 Fr. zuzuerkennen.