Titel: Ueber die Darstellung von Rubinglas durch Goldauflösung und Zinnoxyd.
Fundstelle: Band 60, Jahrgang 1836, Nr. LV., S. 284
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LV. Ueber die Darstellung von Rubinglas durch Goldaufloͤsung und Zinnoxyd. Ueber die Darstellung von Rubinglas durch Goldaufloͤsung und Zinnoxyd. Der Verein zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen schrieb im Jahre 1834 einen Preis, bestehend in der goldenen Denkmuͤnze und vierhundert Thalern, auf eine genaue Vorschrift zur Anfertigung von Rubinglas (nach welcher der Versuch stets gelingen muß) aus, und hat nun denselben dem Hrn. Dr. Fuß, Betriebsbeamten an der chemischen Fabrik in Schoͤnebeck zuerkannt, weil er 1) zeigte, daß die muͤhsame Darstellung des Cassius'schen Purpurs nicht noͤthig ist, um dem Glas eine Rubinfarbe zu geben, sondern daß vielmehr die Purpurbildung im Glas vorgenommen, die sicherste Wirkung bedingt; 2) ein betraͤchtliches Ersparniß an Gold gegen das fruͤhere Kunckel'sche Verfahren bewirkte, indem jezt 1/4 der fruͤher noͤthigen Goldmenge ausreicht; 3) bewies, daß ein Zusaz von Bleioxyd die Rubinfarbe nicht zerstoͤrt, vielmehr beguͤnstigt und 4) endlich das Vorurtheil widerlegte, als ob das Anraͤuchern, das Anblaken des fertigen Rubinglases, zur Erzeugung der Farbe nothwendig sey. Das Fuß'sche Verfahren, welches Hr. Regierungsrath Metzger durch geeignete Abaͤnderung erst fuͤr den Glasofen anwendbar machte, erhellt am besten aus den Versuchen, welche lezterer auf der Zechliner Glashuͤtte anstellte und die wir aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen (erste Lieferung 1836) mittheilen. Es wurde folgende Schmelze bereitet: 20 Pfund Kies aus schlesischem Quarz, 16    – englische Mennige,   2    – ungarische Potasche,   2 1/2    – Salpeter, welche nach 12stuͤndiger Schmelzung (waͤhrend der Glasschmelze) gehoͤrig geruͤhrt, abgefaͤhmt und darauf ausgeschraͤnkt wurde. Sie wurde dann sehr fein gestampft, ohne daß Eisen dazu gebraucht wurde. Die Schmelze hatte ein sehr schoͤnes, ganz farbenloses Glas, dem Krystallglas gleich, gegeben. An Gewicht hatte aber die Fritte so verloren, daß die Schmelzung wiederholt werden mußte, um groͤßere Versuche zu machen. Es wurde nun folgende Masse abgewogen: 18 Pfund feingestoßene Schmelze,   1    – 22 Loth krystallisirter Borax, ebenfalls fein gerieben,   3 3/8 Loth Zinnoxyd,   3 3/8    – Antimonoxyd, die Aufloͤsung von 24/80 eines Dukaten.Um die Goldaufloͤsung zu bereiten verfaͤhrt man folgender Maßen: Ein hollaͤndischer Dukaten (dessen Gewicht ungefaͤhr 58 Gran betraͤgt) wird in 2 1/2 Unzen Koͤnigswasser aufgeloͤst, die erhaltene Aufloͤsung in einen glaͤsernen Cylinder gegossen, welcher bis zu einem Strich 10 Unzen faßt, der Kolben, in welchem die Aufloͤsung gemacht worden, mit Koͤnigswasser ausgespuͤlt, und dasselbe der Goldsolution zugefuͤgt und so viel Koͤnigswasser in den Cylinder gegossen, bis die sehr saure Goldaufloͤsung denselben bis zu 10 Unzen Inhalt erfuͤllt. Auf diese Art wird die Menge des bei der Goldaufloͤsung befindlichen freien Koͤnigswassers regulirt, was von wesentlichem Nuzen zu seyn scheint; ein groͤßerer Ueberschuß an Saͤure schadet zwar nichts, ein Mangel an freier Saͤure kann aber schaden, weil dann das Zinnoxyd nicht gehoͤrig angegriffen wird. Die Aufloͤsung von 24/80 eines Dukaten erhaͤlt man nun am bequemsten auf die Art, daß man die ganze Goldsolution in einen Glascylinder gießt, der in 80 Maaßtheile eingetheilt ist, sie mit so viel Wasser verduͤnnt, daß die 80 Abtheilungen ergaͤnzt werden, gut umruͤhrt und dann 24 Maaßtheile aus dem Cylinder nimmt. Diese Ingredienzien wurden in einem glaͤsernen Gefaͤße mit einem glaͤsernen Loͤffel sehr genau gemischt; das Gemeng erhielt das Ansehen von grauem feuchtem Sand. Dieses Rubingeschmelz wurde in der Nacht um 2 Uhr in den Tiegel gelegt, welcher nach zweimaligem Einlegen ziemlich voll wurde. Es muß hier bemerkt werden, daß von 2 bis 4 im Glasofen die gewoͤhnliche Schmelzhize, von da ab aber gewoͤhnliches Arbeitsfeuer, welches viel geringere Hize haͤlt, unterhalten wurde. Die Schmelzung ging so rasch, als gewoͤhnlich, vor sich, und eine waͤhrend derselben genommene Probe zeigte ein zwar klares Glas, welches aber sogleich lebrig wurde und ins Blauviolette uͤberging (aus dieser Erscheinung darf man jedoch nicht auf ein Mißgluͤken des Glases schließen). Es wurde dieses Glas drei Mal stark geruͤhrt, und um 8 Uhr, also nach 6stuͤndiger Schmelzung (wovon 2 Stunden auf die Schmelz-, 4 Stunden auf die Arbeitshize fallen) gehoͤrig zur Arbeit abgefaͤhmt. Es wurden nun mehrere Stuͤke (als ein Pokal, Teller, von staͤrkerem Glas, und auch duͤnnere Trinkglaͤser) sogleich aus dem Tiegel ungefaͤhr von der Haͤlfte der Masse rasch gearbeitet. Die andere Haͤlfte der Masse wurde mit dem ganzen Tiegel um 9 Uhr aus dem Glasofen genommen und der Tiegel in einen angewaͤrmten Temperofen gesezt, in welchem er mit diesem zugleich abkuͤhlte. Bei der Bearbeitung des Glases aus dem Tiegel fand sich ein uͤberaus reines, voͤllig klares Glas vor, welches, da die Bearbeitung so schnell als moͤglich vor sich ging, nur einen gelblichen, topasartigen Stich zeigte. Bei der geringeren Hize des Glasofens ließ sich dasselbe zu allen Formen bearbeiten. Bei den aus freier Hand bearbeiteten Glaͤsern ist es natuͤrlich, daß der obere Theil, welcher die Gloke bildet, am haͤufigsten dem Temperaturwechsel waͤhrend der Arbeit ausgesezt war, und daher auch roth anlief. Die auf diese Art gearbeiteten Glaͤser erhielten, im Kuͤhlofen abgekuͤhlt, eine etwas gelbliche Farbe; dieß ist besonders der Fall, wenn sie in einen warmen, mit anderem Glas gefuͤllten Kuͤhltopf kommen. In einem ungefuͤllten Kuͤhltopf nahm aber ein Pokal schon waͤhrend der Abkuͤhlung im Kuͤhlofen eine dunklere, rauchtopasartige, ins Roͤthliche spielende Farbe an. – Es wurden auch Versuche gemacht, das aus dem Tiegel genommene Glas sogleich bei der Arbeit, durch oͤfteres Zuruͤkziehen und Braten, anlaufen zu lassen. Es nahm auch bald die schoͤne dunkle Rubinfarbe an, wurde aber lebrig, und zwar nicht allein auf der Oberflaͤche, sondern durch und durch. Bei duͤnnen Arbeiten zeigte sich auch die blauviolette Farbe. Am Abend wurde der sorgfaͤltig abgekuͤhlte Tiegel aus dem Temperofen genommen und zerschlagen. Es fand sich das schoͤnste reinste Glas, was von der Reinheit der Materialien und der vollstaͤndigen Schmelzung zeigt. Die Glasstuͤke, sobald sie von der Oberhaut und dem Hafenansaz gesaͤubert waren, glichen dem reinsten Bergkrystall, hatten die Farbe des besten Goldtopases und schienen wie zur Nachahmung desselben bereitet. Es kann dabei nicht unbemerkt bleiben, wie sichere Zeichen andeuten, daß es die hoͤchste Zeit gewesen ist, die Masse nicht laͤnger im Ofen zu schmelzen, als die angegebenen 7 Stunden, indem sich am Boden des Tiegels schon eine entfaͤrbte Schicht gebildet hatte. Es wurde nun zur weiteren Bearbeitung des oben erwaͤhnten Rubinglases geschritten. Die bereits aus dem Tiegel gearbeiteten Gegenstaͤnde wurden vorsichtig im Kuͤhlofen aufgewaͤrmt (welche Procedur in jeder Glashuͤtte hinreichend bekannt ist) und wieder am Nabel angeheftet, und so dem Arbeitsfeuer aufs Neue ausgesezt. Die Erwaͤrmung, welche durch oͤfteres Zuruͤkziehen unterbrochen wird, erreicht den Grad, daß auf die Form noch gewirkt und dieselbe veraͤndert werden kann. Die stark gearbeiteten Gegenstaͤnde, als der Pokal, Teller etc. liefen sehr gut und gleichmaͤßig in der orangeartigen Rubinfarbe Der Goldpurpur, bemerkt Dr. Fuß, welcher sich unter Mitwirkung der freien Saͤure der Goldaufloͤsung auf das Zinnoxyd waͤhrend der Schmelzung des Glases bildet, befindet sich im Glas nicht in chemischer Verbindung, sondern nur in mechanischer Aufloͤsung. Wird roher Rubin angewaͤrmt, so tritt wahrscheinlich der in demselben mechanisch aufgeloͤste Goldpurpur aus der Aufloͤsung heraus in den mechanisch fein verteilten Zustand, und ertheilt so, in feiner Vertheilung, dem Glas die rubinrothe Farbe. Befindet sich der Goldpurpur in wirklich chemischer Verbindung im Glas, dann zeigt sich lezteres wasserhell, und das Anlaufen beim Erwaͤrmen erfolgt nun sehr schwer, vielleicht gar nicht mehr. Wird angewaͤrmter, voͤllig fehlerfreier, purpurroter Rubin wieder eingeschmolzen, so verliert er seine Rubinfarbe, er wird matt, der in ihm fein vertheilte Goldpurpur wird zerstoͤrt, metallisches Gold scheidet sich aus; er erhaͤlt Leberfleke, wird lebrig. Die Leberfleke im Rubin sind nichts Anderes als metallisches Gold. Schmelzt man Glas mir Goldpurpur, oder mit Goldaufloͤsung ohne Zusaz von Zinnoxyd, so wird jedes Mal ein voͤllig mit metallischem Gold impraͤgnirtes Glas erhalten, welches aber beim Anwaͤrmen nicht anlaͤuft. Mit der Zunahme der Leber nimmt die Intensitaͤt des Rubins ab, indem die Erzeugung der Leber von der Zerstoͤrung des Goldpurpurs bedingt wird. Fehlt es, beim Schmelzen des Rubins, dem Gold an Zinnoxyd, wenn eine der zugesezten Menge Goldaufloͤsung nicht entsprechende Menge Zinnoxyd vorhanden ist, so wird das uͤberfluͤssige Gold sich metallisch ausscheiden, waͤhrend der andere Theil des Goldes mit dem vorhandenen Zinnoxyd Purpur bildet; man wird dann einen rohen Rubin erhalten, der beim Anwaͤrmen zwar anlaͤuft, aber ganz voll Leber ist. an, so daß in dieser Hinsicht nichts zu wuͤnschen uͤbrig blieb. Bei den duͤnner gearbeiteten Sachen, besonders den Gloken der Wein- und Wasserglaͤser, war das aber nicht der Fall, indem gerade nach Verhaͤltniß der Schwaͤche des Glases ein viel langsameres, ungleiches Anlaufen Statt fand. Sobald dieses Aufwaͤrmen aber uͤbertrieben wurde, zeigte sich an duͤnnen Stellen die violettblaue Farbe, welche mit Leber verbunden ist. Ueber die Rubinfarbe ist zu bemerken, daß sich dieselbe im Glas nur dann gut ausnimmt, wenn sie voͤllig gesaͤttigt, kraftvoll erscheint, und daß eine Verduͤnnung derselben immer keinen angenehmen Eindruk macht. Es ist dieß bei mehreren Glasfarben der Fall; die blaue Farbe muß z.B. ganz gesaͤttigt seyn, um schoͤn zu erscheinen, bei einer Verduͤnnung entsteht eine sehr unangenehme, ins Gruͤnliche uͤbergehende Farbe. Es wurde auch ein Versuch gemacht, durchs bloße Anraͤuchern mit Kienholz die Farbe hervorzubringen, welcher nur bestaͤtigte, daß der Rauch selbst keine Wirkung hat. Es wurde zur Bearbeitung der aus dem Hafen geschlagenen schoͤnen Stuͤke Glas geschritten, nachdem dieselben sorgfaͤltig in der Schleiferei von allem Hafenansaz und der Oberhaut gereinigt waren. Schon bei der Aufwaͤrmung vor den Arbeitsloͤchern veraͤnderte sich die Farbe sehr stark, und ging immer mehr ins Rubinrothe uͤber. Dieses vermehrte sich waͤhrend der ganzen Arbeitszeit, da solche Stuͤke erst aufgewellert und dann auf die Pfeife gebracht werden muͤssen, daher bei der eigentlichen Formirung des Glases keine Farbenveraͤnderung mehr Statt finden konnte. Man versuchte ebenfalls Teller, Pokale, Weinglaͤser etc. zu fertigen, es fand sich aber, daß die Bearbeitung aus freier Hand mehreren Schwierigkeiten unterworfen war, indem schon die Weiche der Substanz viele Hindernisse in den Weg legte. Wenn mehrere Glasstuͤke, zum Zwek noͤthig, zusammengeschmolzen wurden, so fanden sich oft Luftblasen vor, welche das Glas verunzierten. Auch im boͤhmischen Rubin findet man gewoͤhnlich diesen Fehler. Auf diesem Weg laͤßt sich aber das Glas duͤnner bearbeiten, ohne die Fehler des ungleichen Anlaufens zu zeigen, die oben bemerkt sind, jedoch nimmt sich so das duͤnne Rubinglas nicht vortheilhaft aus. Selbst die schoͤnsten Glasstuͤke, so rein das Glas auch war, zeigten nach der Bearbeitung einen wellenartigen Eindruk, besonders in der Gloke, welches nicht von Schlieren, sondern von der Bruchseite der Stuͤke entstand. Die Zusammensezung einzelner Glasstuͤke zu einem Glas war etwas schwierig, daher auch nach der Abkuͤhlung, so sorgfaͤltig diese auch bewirkt wurde, die angesezten Fuͤße der Weinglaͤser und Pokale zersprangen. Hieraus ergibt es sich deutlich, daß die Bearbeitung des Rubinglases aus dem Tiegel große Vorzuͤge vor der aus zerschlagenen Glasstuͤken hat. Bei einer genauen Pruͤfung findet man, daß die ersten Arbeiten aus dem vollen Tiegel schwerer anlaufen und leichter ins Violette und Lebrige uͤbergehen, als was aus der Mitte des Tiegels gearbeitet wird; daß dagegen der Tiegelgrund fast zu geschwind roth anlaͤuft. Diese Erscheinung ist um so mehr zu beruͤksichtigen, als sie zeigt, daß man nicht zu große Gefaͤße mit Rubin sezen darf, obgleich es den Arbeitern leichter wuͤrde, groͤßere Gegenstaͤnde daraus zu machen. Ferner gibt diese Erscheinung auch wohl den Beweis, daß zu manchen Arbeiten das Abkuͤhlen des ganzen Schmelzgefaͤßes nothwendig seyn mag, da man alsdann die Glasstuͤke schon unangelaufen nach der gelben Farbe sortiren kann. Nach oͤfters wiederholten voͤllig gelungenen Versuchen, laͤßt sich das Gelingen des Rubinglases auf keiner Glashuͤtte bezweifeln, welche genau diese Vorschriften befolgt. Um den gelblichen Stich dieses Rubinglases zu beseitigen, kann man zu 20 Pfd. Geschmelz 1/2 Quentchen reines schwarz gegluͤhtes Kobaltoxyd nehmen, wodurch ein Glas hervorgebracht wird, das ungeachtet der blauen Farbe sehr leicht ganz roth anlaͤuft, ohne jedoch in den dikeren Stellen den gelblichen Stich ganz zu verlieren. Endlich ist noch ein Versuch gemacht worden, Klingglas mit Rubinglas zu uͤberfangen; die so plattirten Glaͤser haben in den boͤhmischen Badern dieses Jahr sehr gefallen, und da man den Abgang des Rubinglases dazu brauchen kann, so mag die Anfertigung wenig kostbar seyn.Die Zechlin'sche Glashuͤtte besizt drei alte Recepte zur Anfertigung des Rubins, wovon Hr. Regierungsrath Metzger a. a. O. S. 35 das probateste (v. J. 1738) mittheilt. Da Kunckel – bemerkt Hr. Prof. Schubarth – uͤber die Anfertigung seines Goldrubins nichts hinterlassen hat, so ist die Mittheilung des Recepts, welches in Zechlin als ein Huͤttengeheimniß bisher aufbewahrt wurde, um so schaͤzbarer, obschon dasselbe jezt durch die Angaben des Hrn. Dr. Fuß an praktischem Werth verloren hat. Jenes Recept lehrt Purpur bereiten, aber den so eben gebildeten, noch in der Fluͤssigkeit suspendirten, Purpur mit dem Glassaz mengen, und dadurch aufs Feinste zertheilt den Ingredienzien beisezen. A. d. R.