Titel: | Einiges über die Dampfmaschinen in Cornwallis. |
Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. I., S. 2 |
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I.
Einiges uͤber die Dampfmaschinen in
Cornwallis.
Aus dem dritten Jahresberichte der polytechnischen
Gesellschaft von Cornwallis im Mechanics' Magazine, No. 661.
Einiges uͤber Dampfmaschinen.
Cornwallis war, wie alle Welt weiß, die Wiege und das Treibhaus der Dampfmaschine.
Die große Quantitaͤt Wasser, welche aus seinen reichen Gruben geschafft
werden mußte, um sie in betriebbarem Zustande zu erhalten, erheischte und belohnte
die Anstrengungen eines Savary, eines Newcomen und eines Watt. Noch
jezt behauptet daher auch Cornwallis in Hinsicht auf seine Maschinen eine
Superioritaͤt vor allen uͤbrigen Laͤndern und Gegenden; obschon
sie ihm an manchen Orten in Zweifel gezogen und abgelaͤugnet wurde. Wir
unsererseits hegen hingegen nicht den geringsten Zweifel, und halten die Daten, die
in folgender historischer Notiz des Hrn. Enys enthalten
sind, fuͤr vollkommen hergestellt und wissenschaftlich begruͤndet.
„Die Methode die Leistungen der Dampfmaschinen durch die Zahl der Pfunde
zu bezeichnen, welche bei dem Verbrauche eines Bushels Steinkohlen auf einen Fuß
Hoͤhe gehoben wurde, ward in Cornwallis zuerst von Hrn. Watt eingefuͤhrt. Denn da dieser sich den
dritten Theil der Ersparniß an Kohlen, die sich bei seiner Maschine im
Vergleiche mit jener Newcomen's ergab, als seinen
Antheil ausbedungen hatte, so mußte uͤber die vollbrachte Arbeit und
uͤber die verbrauchte Steinkohlenmasse regelmaͤßige Rechnung
gefuͤhrt werden. Die Leistung zweier Luftmaschinen in Poldice wurde zur
Vergleichung zum Grunde gelegt; spaͤter nahm man der Bequemlichkeit wegen
die gegenwaͤrtige dynamische Einheit an, wo dann die vollbrachte Arbeit
7,037,800 Pfund, die durch einen Bushel Steinkohlen auf einen Fuß gehoben
wurden, gleich war. Im Jahre 1798 entstand zwischen den HH. Boulton und Watt und den
Bergwerksbesizern in Cornwallis ein Streit, in Folge dessen die
Durchschnittsleistung (average duty) hergestellt
werden mußte. Sie betrug 17,671,000 Pfd., waͤhrend sie sich im Jahre 1793
nach einem von 17 Maschinen genommenen Durchschnitte auf 19,569,000 Pfd. belief.
Nach Ablauf des Patentes im Jahre 1800 wurden von den Bergwerkscompagnien keine
weiteren Register mehr uͤber die von ihren Maschinen vollbrachten
Arbeiten gefuͤhrt.
„Im August 1812 zeigte sich die Durchschnittsleistung mehrerer Maschinen bei einer einen
Monat lang fortgesezten Untersuchung nur mehr zu 13 1/2 Mill., so daß demnach
die herrschend gewordene Meinung, daß die Maschinen nun weniger leisteten als
zur Zeit, wo das Watt'sche Patent noch in Kraft war,
erwiesen war. Von dieser Zeit an ward von Hrn. Lean
ein monatlicher Bericht uͤber die Leistungen der Maschinen erstattet; und
da diese Berichte nach Lean's Tod von dessen Sohn
fortgesezt wurden, so besizen wir gegenwaͤrtig eine 22jaͤhrige
Reihe von Berichten, woraus die monatliche Leistung einer jeden der großen
Maschinen in Cornwallis mit Einschluß der Groͤße der Pumpen und ihrer
Tiefe, der Zahl der Kolbenhube, der verbrauchten Bushels Steinkohle etc.
hervorgeht, und aus deren Einsicht sich entnehmen laͤßt, zu welcher Zeit
und von wem jede Zunahme der Leistungen hervorgebracht wurde.
„Woolf fuͤhrte die Anwendung von
Hochdrukdampf, der in zwei Cylindern ausdehnungsweise arbeitete, ein, und
brachte die Leistungen zuerst auf 50 Mill. Andere Mechaniker ließen den Dampf
nur in einem Cylinder ausdehnungsweise wirken, und diese Methode wurde auch bei
der Einfuͤhrung von Trevithick's cylindrischen
Kesseln allgemein. Gegenwaͤrtig betraͤgt die Leistung mehrerer
Maschinen regelmaͤßig uͤber 70 Mill., also das Doppelte der
Leistung der besten Watt'schen Maschine; ja der
Praͤsident unserer Gesellschaft legte Documente vor, gemaͤß denen
eine Maschine im Maximum einen Monat lang eine Leistung von 97,800,000 und im
Durchschnitte eine Leistung von 90 Mill. vollbrachte.
„Ein Theil der Zunahme der Leistungen muß den verbesserten Grubenbauten
zugeschrieben werden; die rascheste Zunahme verdankt man jedoch der
Vervollkommnung der Bekleidung der Maschinen. Diese Vollkommenheit ist in
mehreren Faͤllen so groß, daß, obschon der Dampf innerhalb des Mantels
eine Temperatur von wenigstens 270° hat, das aͤußere
Gehaͤuse doch nicht uͤber 78° F. Waͤrme zeigt. Die
Temperatur der Luft betrug hiebei 56° F., jene im Maschinenhause
66° F., und jene der Oberflaͤche der Asche uͤber den
Kesseln 90° F.
Hr. Enys laͤßt auf diese Einleitung mehrere
Tabellen uͤber die Eigenschaften und die praktische Anwendung des Dampfes
folgen, welche uns von so allgemeinem Interesse zu seyn scheinen, und welche einen
so ausgedehnten Nuzen erlangen duͤrften, daß wir sie zur allgemeinen Kenntniß
bringen zu muͤssen glauben. Hr. Enys schikt diesen
Tabellen zur Vermeidung von Mißverstaͤndnissen folgende Bemerkung voraus:
„Der Ausdruk Effect oder Leistung (efficiency), dessen ich mich in diesen Tabellen bediene, wurde zuerst
von Davies Gilbert in einer Abhandlung, welche im
Jahre 1827 in den Abhandlungen der Royal Society
erschien, gebraucht. Dieses Wort verhuͤtet die Verwechslung mit der Pferdekraft,
welche eigentlich der Nuzeffect oder die Nettokraft der Maschine, die der
Eigenthuͤmer verwenden kann, ist; es ist gleichbedeutend mit Tredgold's Dampfkraft zur Erzeugung von Bewegung (the power of steam to produce motion); mit Wood's Dampfkraft (the power
exerted by steam); und mit der mechanischen Kraft
des Dampfes (mechanical power of steam)
anderer Schriftsteller. Ein aͤhnlicher Unterschied muß auch zwischen der
Bruttoarbeit, welche die natuͤrliche Traͤgheit, die Reibung etc.
in sich schließt, und der Nettoarbeit gemacht werden; erstere kann Effect (effect), leztere Nuzeffect (duty) genannt werden.
Tabelle I.
Textabbildung Bd. 61, S. 3
Atmosphaͤren; Druk per
Quadratzoll in Pfunden; Kubikf. Dampf durch Verdampfung v. einem Kubikf. Wasser
erzeugt; Gran Wasser, die in einem Kubikf. Dampf enthalten sind; Temperatur nach
Fahrenheit; Druk per Quadratzoll in Pfunden; Effect oder Leistung (Kraft und
Raum.)
Die aus einem Volumen Wasser erzeugten Volumen Dampf sind hier in dieser Tabelle aus
Clement Desormes's Tabellen entnommen. Der Effect oder
die Leistung ist in Pfunden, welche auf einen Fuß Hoͤhe gehoben werden,
beigesezt; sie ist die Kraft und der Raum des Dampfes, der durch Verdampfung eines
Kubikfuß Wassers erzeugt wird.
Tabelle II.
Textabbildung Bd. 61, S. 4
Ausdehnung; Vortheile der
Ausdehnung, den hyperbolischen oder natuͤrlichen Logarithmus zur Einheit
hinzugerechnet. Effect im Verhaͤltnisse zum verbrauchten Dampfe; Kraft
eines bestimmten Volumens Dampf, der ausdehnungsweise benuzt wird, im
Verhaͤltnisse zu einem ganzen (full) Hube; Kraft des Dampfes in
Atmosphaͤren, welche erforderlich ist, um einen expansiven Hub zu geben,
der einem ganzen Hube von atmosphaͤrischem Druke gleich ist; Dieselbe in
Pfunden per Quadratzoll ausgedruͤkt; die Atmosphaͤre zu 14,75
Pfund angenommen; Dichtheit in Pfund per Quadratzoll am Schlusse des expansiven
Hubes; Druk in Pfund per Quadratfuß; Zahl der Fuße Dampf, welche fuͤr
einen Cylinder von 360 Kubikfuß Rauminhalt erforderlich sind; Effect in Pfunden
auf einen Fuß Hoͤhe gehoben, oder Kraft und Raum des
urspruͤnglichen beim Schließen des Dampfventiles abgesperrten Dampfes;
Effect des expandirten oder ausgedehnten Dampfes nach Schließung des
Dampfventiles; Gesammteffect oder ganze Kraft, welche der Dampf in einem
Cylinder von 360 Kubikfuß Rauminhalt ausuͤbt
Aus dieser zweiten Tabelle ersieht man die gewoͤhnliche Theorie des Vortheiles
den Dampf ausdehnungsweise zu benuͤzen, in einer verschiedenen Form. Der Druk
des Dampfes ist bei jeder Expansion hoͤher angenommen, so daß in dem Cylinder
ein gleicher mittlerer Druk entsteht, wobei der Dampf zur Erzeugung der
gehoͤrigen Ausdehnung an einem Bruchtheile des Cylinders abgesperrt wird;
anstatt daß das unthunliche System die Laͤnge des Cylinders bei jeder
Ausdehnung zu vermehren befolgt ist. Es ist in dieser Tabelle vorausgesezt, daß sich
der Druk umgekehrt wie die Ausdehnung verhaͤlt, obschon dieß nicht ganz
richtig ist.
In der dritten Tabelle gibt die erste Columne den Druk des Dampfes, welcher der
Theorie nach erforderlich ist, um einen mittleren Druk von 16 Pfund per Quadratzoll in dem Cylinder zu erzeugen. Die Tabelle
ist jedoch nach der zweiten Columne berechnet, in welcher der Dampfdruk
hoͤher angenommen ist, um dadurch eine rohe Correction des Irrigen in der
Annahme bei Verminderung der Temperatur zu erzielen.
Tabelle III.
Textabbildung Bd. 61, S. 6
Druk des Dampfes in Pfund per
Quadratzoll, welcher der Theorie nach erforderlich ist, um nach der Ausdehnung
einen mittleren Druk von 16 Pfd. per Quadratzoll zu erzeugen; Druk, welcher per
Quadratzoll angenommen wird, damit der Dampf nach der Ausdehnung einen mittleren
Druk von 16 Pfd. per Quadratzoll erzeugt; Bruchtheil des Cylinders, bei welchem
der Dampf abgesperrt wird; Temperatur nach Fahrenheit; Pfund uͤber dem
atmosphaͤrischen Druke per Quadratzoll beim Eintritte des Dampfes in den
Cylinder; Zahl der Kubikfuß Dampf, welche durch Verdampfung von 1 Kubikfuß
gleich 621/2 Pfd. oder 437,500 Gran erzeugt werden; Druk des Dampfes auf den
Kolben beim Eintritte in den Cylinder in Pfund p. Quadratzoll
ausgedruͤkt; Effect; Kraft und Raum; Bruttokraft des aus einem Kubikfuß
Wasser erzeugten Dampfes; in Pfund auf einen Fuß gehoben, ausgedruͤkt;
Zahl der Hube, welche in einem Cylinder von einem Kubikfuß Rauminhalt durch
Verdampfung von einem Kubikfuß Wasser erzeugt werden; Vortheil des
ausdehnungsweise wirkenden Dampfes, den ganzen Hub von 16 Pfund als Einheit
angenommen; Grane Wasser, die in jedem Kubikfuß Dampf enthalten sind;
Quantitaͤt Dampf, welche, in Kubikfuß ausgedruͤkt, in einem
Cylinder von 360 Kubikfuß Rauminhalt fuͤr jeden Hub erforderlich ist;
Grane Wasser, die fuͤr jeden Hub verbraucht werden; Druk per Quadratfuß
am Ende des Hubes nach der Ausdehnung, aus der ersten Columne abgeleitet, und in
Pfunden ausgedruͤkt; Temperatur des Dampfes nach Fahrenheit, wenn sich
derselbe bis unter den atmosphaͤrischen Druk ausgedehnt hat; Zahl der
Kubikfuß Dampf, die durch Verdampfung eines Kubikfuß Wasser erzeugt werden; Druk
des Dampfes per Quadratfuß am Ende des Hubes, in Pfund ausgedruͤkt;
Effect; Kraft und Raum; Grane Wasser, die in einem Kubikfuß Dampf enthalten
sind; Grane Wasser, die am Ende des Hubes in einem Cylinder von 360 Kubikuß
erforderlich sind; Diese Columnen beziehen sich aus Dampf von groͤßerem
als atmosphaͤrischem Druke; Diese auf Dampf unter der
Atmosphaͤre
„Aus diesen Tabellen scheint hervorzugehen, daß Dampf von hohem Druke,
abgesehen von der Ausdehnung, vorteilhaft ist. Es darf jedoch nicht vergessen
werden, daß bei seiner Erzeugung die Luft und der Rauch in einer hoͤheren
Temperatur aus den Feuerzuͤgen entweicht, wodurch der Vortheil einiger
Maßen wieder aufgehoben wird. Ich bin daher noch am meisten fuͤr Dampf
von so niederem Druke, als er in jedem einzelnen Fall der vollen Zugutbringung
der Ausdehnung entspricht, gestimmt.“
Wir koͤnnen nicht umhin bei dieser Gelegenheit zu bemerken, daß die
Gesellschaft, die schon so viel fuͤr die Dampfmaschinen that, im vergangenen
Jahre einen ihrer Preise einem Hrn. M. Loam fuͤr
seine Methode die Laͤnge der Kolbenhube zu messen, ertheilte. Der fragliche
Apparat, der in den United Consols Mines
eingefuͤhrt ist, hat jedoch noch zwei Maͤngel: denn 1) registrirt er
nur die Zahl der Hube, welche der Kolben vollbrachte und nicht nothwendig auch den
Raum, durch den er sich bewegte; und 2) erhaͤlt er seine Bewegung durch einen
Hebel von dem Balancier (bob) mitgetheilt, so daß er
einen Kreisbogen anstatt der Tangente desselben mißt; d.h. er gibt die von dem Ende
des Balancier und nicht die von dem Kolben durchlaufene Streke an.
Der Wunsch nach einer genauen Methode die dem Kessel zugefuͤhrte
Quantitaͤt Wasser zu messen und zu registriren, scheint im vergangenen Jahre
durch den Wassermesser des Hrn. Capitaͤn T. Richards an der Grube Wheel Vor, welche man in dem bereits
angefuͤhrten Berichte beschrieben und abgebildet findet, erfuͤllt
worden zu seyn. Das Princip dieses Wassermessers besteht in einer senkrechten
Meßstange, an welcher die mit ihr verbundenen Theile jedes Mal außer
Thaͤtigkeit kommen, so oft die Speisung aufhoͤrt, waͤhrend die
Stange beim Eintritte des Wassers in den Kessel jedes Mal herabgetrieben und
uͤberwaͤltigt wird. Dieß Leztere kann aber nicht geschehen, ohne daß
die Stange zugleich auf einen Zaͤhler wirkt, der die Quantitaͤt des
gelieferten Wassers registrirt, indem er die Zahl der Zolle, durch welche sich die
Stange bewegte, andeutet. Nach Hrn. Richards Vorschlag
soll man der Meßstange einen solchen Durchmesser geben, daß jeder Laͤngenzoll
desselben einem Quart Wasser entspricht, wo dann der Zaͤhler die gelieferte
Quantitaͤt Wasser in Quarten andeutet. Es sind bei diesem Apparate keine
eigenen Ventile und Haͤhne noͤthig; nur bedarf man fuͤr die
Meßstange einer eigenen Stopfbuͤchse.