Titel: Beschreibung eines Apparates, womit man in den Seidenzüchtereien die naß gepflükten Maulbeerblätter troknen kann. Von Hrn. d'Arcet, Mitglied der Akademie der Wissenschaften.
Fundstelle: Band 61, Jahrgang 1836, Nr. IX., S. 33
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IX. Beschreibung eines Apparates, womit man in den Seidenzuͤchtereien die naß gepfluͤkten Maulbeerblaͤtter troknen kann. Von Hrn. d'Arcet, Mitglied der Akademie der Wissenschaften. Aus dem Bulletin de la Société d'encouragement. Februar 1836, S. 61. Mit Abbildungen auf Tab. I. d'Arcet's Apparat Maulbeerblaͤtter zu troknen. Die in freier Luft auf Maulbeerbaͤumen, welche dem Thaue und dem Regen ausgesezt sind, lebenden Seidenraupen haben allerdings nur nasse Blaͤtter zu fressen, und scheinen auch im Zustande der freien Natur wegen der großen Ventilation, die unter diesen Umstaͤnden Statt findet, keine Nachtheile dadurch zu erleiden. Anders verhaͤlt sich die Sache jedoch in den gewoͤhnlichen Seidenzuͤchtereien oder Magnanerien, in welchen das Fuͤttern der Raupen mit nassen Blaͤttern einer langen Erfahrung gemaͤß als den Thieren nachteilig und den Ertrag bedeutend beeintraͤchtigend befunden ward. Es ist wahrscheinlich, daß der Nachtheil der Fuͤtterung mit feuchten Blaͤttern in gut ventilirten Anstalten viel geringer seyn oder wohl auch gar nicht Statt finden duͤrfte.Herr Huzard Sohn machte in dieser Hinsicht in dem Vortrage, den er vor der Société d'encouragement uͤber die in Frankreich fuͤr Foͤrderung der Seidenraupenzucht zu ertheilenden Preise hielt, folgende interessante Bemerkungen. „Der d'Arcet'sche Trokenapparat ist gewiß unter allen bisher bekannten Vorrichtungen und Methoden der beste, indem man mit dessen Huͤlfe eine große Masse Blaͤtter weit leichter und weit wohlfeiler troknen kann, als dieß durch das bisher uͤbliche Troknen (fanage) moͤglich ist. Aus diesem Grunde allein sind die waͤhrend der Seidenraupenzucht fallenden Regen nicht, wie man glauben machen wollte, als ein so großes Hinderniß zu betrachten, daß man sich dadurch von der Einfuͤhrung dieser Zucht in solchen Gegenden, wo sie bisher noch nicht bestand, abschreken lassen darf. Folgende Betrachtungen duͤrften dieß noch mehr bekraͤftigen. Wir erinnern zuerst, obwohl nur im Vorbeigehen, da die Erfahrung noch nicht uͤber die Zwekmaͤßigkeit dieser Methode abgesprochen hat, an die Maulbeerbaumzucht in Heken und Linien, bei welcher sich jedes Mal die fuͤr den naͤchstfolgenden Tag zur Fuͤtterung noͤthige Menge von Baͤumen im Voraus durch Rahmen, welche mit Zeug uͤberzogen sind, und welche auf Rollen laufen, oder die auch bloß mit Stangen in dem Boden befestigt werden koͤnnten, gegen Regen schuͤzen ließen. Durch die Erfahrung ist dagegen fest begruͤndet, daß die Fuͤtterung der Seidenraupen mit nassen oder schlecht getrokneten Blaͤttern schaͤdliche Wirkungen hervorbringt. Ruͤhrt dieß aber von den nassen Blaͤttern an und fuͤr sich, oder nicht vielmehr davon her, daß durch die Naͤsse der Blaͤtter eine raschere Gaͤhrung in dem Raupenkothe erzeugt wird, eine Gaͤhrung, die bekanntlich die Hauptursache der großen Sterblichkeit unter den Raupen ist? Meinungen und Thatsachen scheinen sich bereits dahin auszusprechen, daß die Raupen nicht sowohl durch die Naͤsse der Blaͤtter, sondern lediglich durch die daraus entwikelte Gaͤhrung leiden. Dieser lezteren laͤßt sich jedoch durch die taͤgliche Beseitigung des Unrathes, die bekanntlich mittelst der Neze sehr leicht, mit geringen Kosten und ohne Nachtheil fuͤr die Raupen geschehen kann, vorbeugen. – Alle Schwierigkeiten beseitigt jedoch endlich folgende Betrachtung. Bekanntlich macht man in China mehrere Seidenraupenernten nach einander; und alle Versuche, welche man in Italien und Frankreich mit dieser Methode anstellte, sind gleichfalls gelungen, da die Zeitepoche, zu der man die Raupen waͤhrend der guͤnstigen Jahreszeit erzieht und das Alter der Blaͤtter, wenn es nicht gar zu groß ist, keinen merklichen Einfluß aus das Gedeihen der Thiere uͤben. Der Vortheil, den man hat, je nachdem man eine oder zwei Ernten macht, scheint daher lediglich von der Quantitaͤt der Blaͤtter, uͤber die man verfuͤgen kann, von dem Locale und von der Zahl der zu Dienst stehenden Arme abzuhaͤngen. Es geht hieraus hervor, daß man den Zeitpunkt des Ausfallens der Eier nach Belieben waͤhlen, und verspaͤten oder vorruͤken kann, je nachdem die Witterung mehr oder minder guͤnstig ist. Da es nun in Frankreich wenige Gegenden gibt, in welchen die Fruͤhlingsregen nicht einen ziemlich regelmaͤßigen Gang nehmen, d.h. in welchen sich der Eintritt und die Dauer der Regenzeit nicht mit Wahrscheinlichkeit bestimmen ließe, so laͤßt sich der fuͤr das Ausfallen der Eier guͤnstigste Zeitpunkt leicht berechnen. Ich gelangte nach allen diesen Betrachtungen zu folgenden Schluͤssen: da wo die Seidenraupenzucht nur unter fortwaͤhrendem Regenwetter von Statten gehen koͤnnte, waͤre es unklug sie zu unternehmen; allein in unserem Klima sind die Fruͤhlingsregen gewiß kein Hinderniß, wenn man fuͤr einen guten Trokenapparat (namentlich fuͤr jenen des Herrn d'Arcet) sorgt; wenn man den Raupenkoth mittelst Anwendung der Neze schnell beseitigt, und wenn man das Ausfallen der Eier je nach dem Eintritte der Regenzeit vorruͤkt oder verspaͤtet.“ A. d. R. Ich habe jedoch die Frage aufgenommen, so wie sie ist, und will hier gleichsam als Anhang zu meiner fruͤheren Abhandlung die Mittel angeben, womit man die naß gepfluͤkten Maulbeerblaͤtter jeder Zeit so troknen kann, als waͤren sie unter den guͤnstigsten atmosphaͤrischen Verhaͤltnissen gesammelt worden. Der Apparat, den ich zu diesem Behufe ausgemittelt habe, und den ich, hier beschreiben will, ist ziemlich einfach, wohlfeil, leicht zu dirigiren, und vorzuͤglich in solchen Gegenden, wo die Regenschauer haͤufig sind, fuͤr die Seidenzucht sehr vortheilhaft. Er besteht aus einem Ofen, womit man die Temperatur des Luftzuges, wenn es noͤthig ist, um einige Grade erhoͤhen kann; aus einem hoͤlzernen oder besser blechenen nach Art der Puzmuͤhlen gebauten Windfange, womit sich dem Luftzuge der gehoͤrige Inpuls mittheilen laͤßt; und aus einem langen hoͤlzernen Behaͤlter, in welchem die Blaͤtter durch den starken Luftzug, dem sie von allen Seiten her ausgesezt sind, getroknet werden. Die Blaͤtter werden demnach in diesem Apparate gerade so getroknet, wie dieß an den Baͤumen durch die auf sie wirkenden Winde geschieht. Fig. 7 ist ein Laͤngendurchschnitt des Ofens nach der Linie A, B in Fig. 9, welche einen Grundriß des Ofens unter dem Roste vorstellt. Der leere bei r bemerkliche Raum ist ein Grundriß des Aschenloches des Ofens. Fig. 8 gibt einen horizontalen Durchschnitt des Ofens nach der Linie C, D in Fig. 9. Hier ist h die Eintrittsoͤffnung fuͤr den Luftstrom, welcher erwaͤrmt werden soll; i eine gußeiserne Kuppel, womit der Heerd bedekt ist, und welche den Ofen bildet; l ist die Austrittsoͤffnung fuͤr die erwaͤrmte Luft. s stellt den Rost vor, der, wie man sowohl hier als in Fig. 9 ersieht, aus beweglichen Stangen besteht. Das vordere Ende dieser Stangen ragt uͤber das Ofenthuͤrchen hinaus; bei dieser Einrichtung koͤnnen sich die Stangen frei ausdehnen ohne sich zu verbiegen; auch ist der Rost leicht zu reinigen. t ist ein Grundriß der vier gemauerten Pfeiler, welche, wie Fig. 9 und 10 zeigen, die gußeiserne Platte v tragen. u sind Scheidewaͤnde, die bis zur Haͤlfte der Feuerzuͤge emporsteigen, und welche den bei h eintretenden Luftzug zwingen sich vor seinem Austritte bei l mit der ganzen Oberflaͤche der gußeisernen Kuppel i in Beruͤhrung zu sezen. Fig. 9 zeigt einen senkrechten Durchschnitt des Ofens nach der in Fig. 7 und 8 angedeuteten Linie G, H. Hier ist i die den Herd bedekende gußeiserne Kuppel; v das Aschenloch; s der Rost, dessen Stangen frei sind, und nach Vorne bloß auf einer gußeisernen Platte, nach Ruͤkwaͤrts hingegen auf einem einfachen Balken ruhen. t, t sind zwei der gemauerten Pfeiler, welche die den Heerd bedekende gußeiserne Platte v tragen. u, u die bereits oben erwaͤhnten Scheidewaͤnde. v eine gußeiserne Platte, welche dazu dient die aus dem Heerde emporsteigende Flamme nach allen Seiten gegen die innere Wand und gegen die Basis der gußeisernen Kuppel i zu dirigiren. Bei der Beweglichkeit dieser Platte ist das Innere des Ofens und der Roͤhre x sehr leicht zu reinigen. x ist die Ofenroͤhre, und y ein in dieser angebrachtes Ventil, womit der Luftzug nach Belieben regulirt werden kann, je nachdem man das Feuer auf dem Heerde bethaͤtigen, oder nach dem Ausloͤschen dieses Feuers die Hize im Ofen erhalten will. z ist das Ofenthuͤrchen. Fig. 10 zeigt einen senkrechten Durchschnitt des Ofens nach der Linie E, F, in Fig. 7 und 8 von dem Punkte H aus gesehen. Dieselben Gegenstaͤnde sind hier mit denselben Buchstaben bezeichnet.Der hier beschriebene Ofen eignet sich fuͤr eine große Anstalt, in kleineren Anstalten genuͤgt es, wenn man in einer Eke eine kleine Kammer von 3 bis 4 Kubikmeter Rauminhalt anbringt, und wenn man in diese einen gewoͤhnlichen Windofen oder einen gußeisernen Ofen sezt. Es braucht dann nichts weiter, als in diese Kammer die noͤthige Quantitaͤt Luft einzufuͤhren, sie darin auf den gehoͤrigen Grad zu erwaͤrmen, und das Innere dieser Trokenstube mit dem Windfange in Verbindung zu bringen. A. d. O. Fig. 11 ist ein Hauptgrundriß des Apparates. a ist der Ofen; b der Windfang; c der Kasten, in welchen die nassen Blaͤtter, die man troknen will, gebracht werden; d eine Roͤhre, durch die der Luftstrom, der durch den Kasten gegangen, und sich in diesem mit Feuchtigkeit beladen hat, wieder austritt. e ein hoͤlzerner Antritt, auf welchen der Arbeiter hinaufsteigt, um die nassen Blaͤtter in den Kasten c zu bringen, sie darin umzukehren, und nach dem Troknen wieder herauszuschaffen. f eine hoͤlzerne Stiege, um auf diesen Antritt hinaufsteigen zu koͤnnen. Die in dem Ofen a erwaͤrmte Luft dringt demnach mittelst des Gehaͤuses g durch die Mittelpunkte der Seitenwaͤnde in den Windfang b. Der Dekel des Kastens c besteht aus mehreren Theilen, um nicht den ganzen Kasten auf ein Mal oͤffnen zu muͤssen; hauptsaͤchlich aber damit das Oeffnen und Schließen des Dekels ohne großen Kraftaufwand und ohne Schwierigkeit geschehen koͤnne. Die Dekel muͤssen, wenn der Apparat gute Dienste leisten soll, genau schließen, und deßhalb sollen die Raͤnder des Kastens, auf denen die Dekel ruhen, mit Tuchenden oder mit Leder uͤberzogen werden, waͤhrend man die vorderen Raͤnder der Dekel mittelst eiserner Schließhaken und hoͤlzerner Zapfen an dem Kasten befestigt. Jeder der Zapfen soll mit einer Schnur oberhalb seinem Schließhaken festgemacht seyn, damit man sie immer schnell bei der Hand hat. Fig. 12 ist ein Hauptdurchschnitt des Apparates nach der Linie E, F in Fig. 7, woran zur Bezeichnung der einzelnen Gegenstaͤnde dieselben Buchstaben gewaͤhlt sind, wie in Fig. 11, und woraus das Innere des Ofens, des Windfanges und des Kastens, in welchen die feuchten Blaͤtter gebracht werden, ersichtlich ist. Wenn man das Feuer auf dem Heerde anzuͤndet, und wenn man den Windfang spielen laͤßt, so dringt die aͤußere atmosphaͤrische Luft durch die Oeffnung h in den Ofen, um auf ihrem Durchgange durch denselben bei ihrem Hinziehen uͤber die Oberflaͤche der Kuppel i erwaͤrmt zu werden, erwaͤrmt durch den Canal l in den Windfang zu gelangen, und aus diesem durch die Oeffnung m in das Innere des Kastens c getrieben zu werden. Ein Theil des warmen Luftstromes gelangt, wie man bei n sieht, in den unteren Theil des Kastens und unter das Nez oder den Rost o, worauf die nassen Blaͤtter in duͤnnen Schichten ausgebreitet sind; der andere Theil hingegen tritt bei p in den oberen Theil des Kastens und kommt daselbst mit den Blaͤttern in Beruͤhrung. Nachdem beide Luftstroͤme der ganzen Laͤnge des Kastens nach uͤber und unter den Blaͤttern hingezogen sind, vereinigen sie sich bei q, um daselbst durch die fortgesezte Wirkung des Windfanges aus dem Apparate und durch die Roͤhre in die atmosphaͤrische Luft getrieben zu werden. Man wird von selbst einsehen, daß die in den Kasten eingetriebene Luft nicht immer vorher erwaͤrmt zu werden braucht; sondern daß, wenn die aͤußere Luft nicht zu feucht ist, die Thaͤtigkeit des Windfanges allein zum Troknen der Blaͤtter hinreicht. Ist man jedoch zur Heizung des Ofens gezwungen, so genuͤgt es, wenn die eingetriebene Luft nur um ein Paar Grade erwaͤrmt wird, um die Blaͤtter schnell in so weit zu troknen, als dieß an den Baͤumen durch einen schwachen Wind zu geschehen pflegt. Das Troknen soll sogar immer bei der moͤglich niedrigsten Temperatur geschehen, damit man nicht Gefahr laͤuft die Blaͤtter welk zu machen, oder sie staͤrker zu troknen, als es gut ist. Es handelt sich demnach hier nicht um die Anwendung einer bedeutend erwaͤrmten Luft, sondern um die Anwendung einer großen Menge Luft von unbedeutend erhoͤhter Temperatur. Die Erfahrung wird auch hier bald lehren: wenn der Luftzug erwaͤrmt zu werden braucht; um wie viele Grade die Temperatur erhoͤht werden soll; welche Geschwindigkeit dem Windfange, und welche Dike der Blaͤtterschichte zu geben ist; wie die Blaͤtter in dem Kasten umgewendet werden muͤssen; wie viel Kilogramm Blaͤtter man in einer Stunde per Quadratmeter des Rostes troknen kann; und endlich welche Vorsichtsmaßregeln noͤthig sind, um die Operation zu einem guten Ende zu fuͤhren. Fig. 13 zeigt die vordere Seite des Windfanges, von dem Punkte F in Fig. 7 aus gesehen. Man sieht hier bei g, g das hoͤlzerne Gehaͤuse, in welchem die in dem Ofen erwaͤrmte Luft an die Mittelpunkte der beiden kreisrunden Seitenwaͤnde des Windfanges gebracht wird.Da der Luftstrom in dem Ofen hoͤchstens nur um einige Grade erwaͤrmt wird, so schadet dieß dem hoͤlzernen Windfange auch nicht im Geringsten. Zu aller Vorsicht kann man uͤbrigens auch sowohl den Windfang als sein Gehaͤuse g aus Eisenblech verfertigen lassen; oder man kann das Gehaͤuse allein aus Blech bauen, und den hoͤlzernen Windfang mit einer diken Schichte einer aus Leim, Alaun und Oker zusammengesezten Farbe uͤberstreichen. A. d. O. Fig. 14 ist ein Querdurchschnitt des Apparates nach der Linie I, K, Fig. 11, von dem Punkte F aus gesehen. Es erhellt hieraus die Einrichtung der Stiege, so wie jene des Antrittes e und der aͤußeren und inneren Details des Kastens c. Man ersieht hieraus auch, wie die Kastendekel offen erhalten werden koͤnnen, theils indem man sie gegen die Mauer, an der der Kasten angebracht ist, lehnt; theils indem man sie mit Schnuͤren, Rollen und Gegengewichten auf der erforderlichen Hoͤhe erhaͤlt. Das bereits oben Gesagte ist jedoch zur Erlaͤuterung dieser Figuren vollkommen genuͤgend, so daß nunmehr nur noch gezeigt werden muß, wie man sich dieses Apparates zu bedienen hat, und wie derselbe arbeitet. Ich habe bereits oben gesagt, daß der Luftstrom je nach dem Grade der Feuchtigkeit der Luft erwaͤrmt werden muß oder nicht. Wir wollen jedoch hier annehmen, man habe das Troknen unter den unguͤnstigsten Umstaͤnden, d.h. bei Regenwetter und hoͤchst feuchter Luft vorzunehmen, um zu zeigen, wie man hiebei zu verfahren hat. Man schuͤttelt die Blaͤtter, nachdem sie gepfluͤkt, um sie mechanisch von der moͤglich groͤßten Menge des ihnen anhaͤngenden Wassers zu befreien, und macht waͤhrend dieß geschieht, in dem Ofen ein Feuer von solcher Staͤrke an, als eben noͤthig ist, um die Temperatur des Luftzuges um 5 bis 6° des hundertgraͤdigen Thermometers zu erhoͤhen. Dann breitet man die Blaͤtter gleichmaͤßig auf der Oberflaͤche des Gitters oder Nezes o aus, ohne sie dabei zusammenzudruͤken und ohne die Schichte zu dik zu machen, worauf man die Dekel schließt und alsogleich den Windfang spielen laͤßt. Ein Thermometer, dessen Kugel man bei dem Austritte des Canales g aus dem Ofen, oder bei m da einsenkt, wo die Luft aus dem Windfange austritt, um in den Kasten c zu gelangen, dient zur Regulirung des Feuers im Ofen. Mit dem in der Roͤhre x angebrachten Ventile kann man naͤmlich die auf dem Roste vor sich gehende Verbrennung genau in dem durch den Gang des Thermometers angedeuteten Verhaͤltnisse reguliren. Ist diese Regulirung geschehen, so faͤhrt man fort dem Windfange jene Geschwindigkeit zu geben, bei der er das moͤglich groͤßte Volumen Luft abgibt. Man untersucht dabei von Zeit zu Zeit die Blaͤtter, die sich zunaͤchst an dem Windfange in dem Kasten befinden, und erneuert so oft es noͤthig ist, deren Oberflaͤche. Sollten die in der Naͤhe der Eintrittsstelle der Luft befindlichen Blaͤtter merklich schneller troknen, als jene, die sich an dem anderen Ende befinden, so koͤnnte diesem Uebelstande dadurch abgeholfen werden, daß man oben auf die trokenen Blaͤtter einige feuchte Blaͤtter aufstreut; oder daß man die Blaͤtterschichte da, wo sie bereits troken geworden, mit einem Tuche bedekt.Sollte sich diese Unannehmlichkeit in hoͤherem Grade kund geben, so kann man in den vorderen Theil des Kastens die naͤsseren Blaͤtter bringen, oder hier eine dikere Blattschichte eintragen, als an dem anderen Ende. Endlich kann man, wie ich dieß bereits in meiner fruͤheren Abhandlung angegeben habe, anstatt des Rostes o auch ein endloses Tuch in dem Kasten c anbringen, und dieses uͤber bewegliche Walzen laufen lassen. Wuͤrde man dieses Tuch von Zeit zu Zeit von der Rechten zur Linken bewegen, so koͤnnte man die dem Windfange zunaͤchst gelegenen und fruͤher getrokneten Blaͤtter immer herausnehmen und dafuͤr an dem entgegengesezten Ende feuchte Blaͤtter hineinbringen, wodurch die Arbeit erleichtert und auch regelmaͤßiger gemacht wuͤrde. A. d. O. Haben die Blaͤtter sammt und sonders den fuͤr passend erachteten Grad von Trokenheit erlangt, so schafft man sie aus dem Kasten heraus und bringt sie an einem kuͤhlen und selbst etwas feuchten Orte in Haufen, damit sich der Grad ihrer Feuchtigkeit vollkommen ausgleiche. Man verfuͤttert sie dann in diesem Zustande an die Seidenraupen gleichsam als waͤren sie unter den guͤnstigsten atmosphaͤrischen Verhaͤltnissen gepfluͤkt worden. Der geleerte Kasten wird sogleich wieder mit feuchten Blaͤttern gefuͤllt, und auf diese Weise wird so lange fortgefahren, als man noch Blaͤtter zu troknen hat. Aus dem Gesagten geht hervor, daß man bei der Anwendung des hier beschriebenen Apparates alle Wahrscheinlichkeit fuͤr einen guͤnstigen Erfolg hat, und daß man nicht ein Mal eines gewandten Arbeiters bedarf, um allen moͤglichen Nuzen aus demselben zu ziehen; denn die Erfahrung lehrt in Kuͤrze, was man Alles zu wissen braucht, um seinen Zwek vollkommen zu erreichen. Die Bedienung des Kastens c laͤßt sich bedeutend vereinfachen, wenn man den Ofen und den Windfang um so vieles tiefer anbringt, daß sich der Dekel des Kastens nur so hoch uͤber dem Boden befindet, als noͤthig ist, damit der Arbeiter die Blaͤtter leicht in den Kasten hinein- und wieder herausschaffen kann; denn dann waͤre das Hinaufsteigen auf der Treppe und auf den Antritt unnoͤthig. Da der Apparat bei dieser Anordnung uͤberdieß auch noch wohlfeiler zu stehen kaͤme, so soll man diese uͤberall, wo es das Local zulaͤßt, befolgen. Ich schließe hier meine Beschreibung noch mit der Bemerkung, daß der von mir in Vorschlag gebrachte Apparat, nachdem man sich seiner waͤhrend der Seidenraupenzucht zum Troknen der Maulbeerblaͤtter bedient hat, auch noch zum Erstiken der Cocons und zu mannigfachen anderen, bei großen Wirthschaften bestaͤndig sich ergebenden Operationen mit Vortheil benuzt werden kann. So z.B. zum Troknen von Bohnen, Erbsen und Linsen, welche vor der vollkommenen Reife geerntet werden; zum Troknen der zur Aussaat bestimmten Samen; zur Zubereitung von Zwetschgen und Rosinen; zum Troknen von Schwaͤmmen, Kaͤsen, nasser Waͤsche, kurz zu allen jenen Trokenprocessen, die in Haus- und Landwirthschaften so haͤufig vorkommen, und zu denen es gewoͤhnlich an geeigneten Vorrichtungen fehlt. Ich glaube daher, daß diese Betrachtungen wesentlich dazu beitragen duͤrften meinem Apparate bei allen Seidenzuͤchtern, und namentlich in den noͤrdlicheren Gegenden, in welchen es waͤhrend der zur Raupenzucht bestimmten Zeit so haͤufig regnet, Eingang zu verschaffen. Man hat mir seit der Bekanntmachung meiner ersten AbhandlungSiehe Polyt. Journal Bd. LIX. S. 241. A. d. R. den Vorwurf gemacht, daß die von mir in Vorschlag gebrachten Mittel und Vorrichtungen zu kostspielig und zu complicirt seyen; ich glaube, daß auch der hier beschriebene Apparat seine Gegner finden, und den mir gemachten Vorwurf hie und da noch bestaͤrken wird. Dagegen ermuntert mich aber das vollkommene Gelingen aller meiner Vorschlaͤge in der Seidenzuͤchterei des Hrn. Camille Beauvais waͤhrend des Jahres 1835, und die Gewißheit, die ich als ein alter Techniker habe, daß ich nur sehr leicht ausfuͤhrbare und sehr leicht zu dirigirende Methoden empfohlen habe. Erwaͤgt man ferner, daß sich der Geschmak an der Landwirthschaft gegenwaͤrtig immer mehr und mehr unter der reicheren Classe verbreitet, daß demnaͤchst allen landwirthschaftlichen Unternehmungen groͤßere Capitalien zugewendet werden duͤrften, und daß die Wissenschaften diesen gluͤklichen Impuls nur erhoͤhen koͤnnen, so darf man glauben, daß nunmehr allerdings auch der Augenblik gekommen ist, in welchem die Seidenraupenzucht aus dem Zustande der Kindheit gerissen werden kann und soll, in welchem sie seit ihrer Verpflanzung nach Europa fortwaͤhrend verblieb. Uebrigens will ich damit keineswegs sagen, daß man zur Erzeugung einer Waare, welche fuͤr niedrigen Preis verkauft wird, großen Kostenaufwand machen soll. Eine gut eingerichtete Seidenzuͤchterei wird auch nicht um den fuͤnften Theil mehr kosten, als eine schlecht eingerichtete, wie man sie gegenwaͤrtig hat. Die Leitung der Arbeiten wird allerdings mehr Sorgfalt erfordern; allein dieß duͤrfte unter unseren gegenwaͤrtigen Zeitumstaͤnden, wo die Industrie so große Fortschritte gemacht hat, nur fuͤr diejenigen als ein Hinderniß erscheinen, die nicht mit dem Zeitgeist fortschreiten wollen. Und was die Erhoͤhung der taͤglichen Kosten waͤhrend der Zeit der Seidenraupenzucht betrifft, so kann diese gewiß keinen Einwurf bedingen, wenn man dagegen die Zunahme der Quantitaͤt und des Werthes der Producte in Anschlag bringt. Man wird sich hievon uͤberzeugen, wenn man bedenkt, daß die Seidenraupenzuͤchter in Europa aus einer Unze Eier oder Samen im Durchschnitte nur 50 Pfd. Cocons erziehen; daß sich dieser Ertrag in einer gut geleiteten Anstalt verdreifachen laͤßt; daß die Rohseide im Durchschnitte zu 60 Fr. per Kilogramm verkauft wird; und daß Frankreich fuͤr mehr dann 40 Mill. Fr. Seide aus dem Auslande bezieht, waͤhrend es leicht seinen eigenen Bedarf erzeugen und uͤberdieß auch noch seinen Ueberschuß leicht in England, Rußland und uͤberhaupt im ganzen Norden, wo die Seidenweberei große Fortschritte machte, obschon die Erzeugung des Rohstoffes daselbst nicht thunlich ist, verwerthen ließe. Betrachtungen dieser Art werden hoffentlich die gegen mich erhobenen Einwuͤrfe in Kuͤrze beseitigen, und die groͤßeren Guͤterbesizer veranlassen die Seidenzucht als einen Industriezweig zu betrachten, der in Verbindung mit der Landwirthschaft, der Runkelruͤbenzuker-Fabrication, und der Erzeugung vieler anderer Produkte, welche die Chemie auf eine Stufe brachte, wie man vor 50 Jahren noch kaum ahnte, ganz geeignet ist die Agrikultur aus dem schmachtenden Zustande zu reißen, in welchem sie sich so lange Zeit uͤber befand.

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