Titel: | Ueber die Baumwollwaaren-Fabrication in Frankreich. |
Fundstelle: | Band 61, Jahrgang 1836, Nr. XXVIII., S. 142 |
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XXVIII.
Ueber die Baumwollwaaren-Fabrication in
Frankreich.
(Fortsezung von Bd. LIX. S. 299.)
Ueber die Baumwollwaaren-Fabrication in
Frankreich.
§. 1. Baumwollspinnerei.
6. Auszuͤge aus den Aussagen
des Hrn. Sanson Davillier, Fabrikanten von Gisors und Abgeordneter der
Handelskammer in Paris.
Unser Haus besizt zwei hydraulische Spinnereien, welche zusammen mit 50 bis 60
Pferdekraͤften und mit 28 bis 30,000 Spindeln arbeiten. Ihr Werth
laͤßt sich auf 1 1/2 Millionen Franken schaͤzen, wovon die eine
Haͤlfte fuͤr Grund und Boden, Wasserkraft und Bauten, die andere
hingegen fuͤr die Maschinerien etc. in Anschlag zu bringen ist. In
England kommt ein aͤhnliches Etablissement im Ganzen nur auf 726,000 Fr.
zu stehen. Ein guter Spinner fuͤhrt bei uns mit einem Stuͤkler 400
Spindeln; die allerbesten fuͤhren ihrer mit 2 Stiklern 800. Ein guter
Spinner spinnt mit 400 Spindeln taͤglich 11 bis 12 Kil. Gespinnst von Nr.
30/33, und verdient 2 Fr. 50 Cent. bis 3 Fr. 50 C., waͤhrend der Stikler
75 bis 90 Cent. bezieht. Ein schlechter Spinner liefert um den dritten Theil
weniger. Ein guter englischer Spinner fuͤhrt 7 bis 800 Spindeln, und
erzeugt damit 30 bis 33 Kil. Gespinnst von Nr. 40; er verdient 5 Schill. 3 D.
bis 5 Schill. 6 D. – Gisors beschaͤftigt 460 bis 480 Arbeiter; in
einer englischen Fabrik von gleichem Umfang genuͤgen ihrer 400. In
Frankreich rechnet man das Capital zu 5 bis 6 Proc. Interessen, in England zu 4
bis 5. In Gisors zaͤhlen wir auf eine jaͤhrliche Capitaltilgung
von 10 Proc. an den Maschinen; die Englaͤnder rechnen auf 5 Proc. an
Gebaͤuden und 10 Proc. an Maschinen. – Das Betriebskapital
fuͤr eine Fabrik wie die fragliche betraͤgt in Frankreich und
England 5 bis 600,000 Fr., bei schlechtem Verkaufe auch 800,000 Fr. – Nr.
40 gilt gegenwaͤrtig in Manchester 4 Fr. 5 Cent. das Kilogr.; in Gisors
gilt unser dieser Nummer entsprechendes Garn von Nr. 30/33 5 Fr. bis 5 Fr. 20
Cent. per Kilogr. Es kommt uns selbst auf 4 Fr. 80
Cent. zu stehen; und da die Englaͤnder bei ihrem Preise doch gewiß auch
einen Vortheil haben, so ergibt sich, daß sie uns bei jedem Kilogramm um mehr
dann 80 Cent. voraus sind. – In England spinnt man alle Baumwollen zu
gutem Gespinnste; die schlechtesten, kuͤrzesten und unreinsten Sorten
werden gereinigt, mit anderen vermengt und so behandelt, daß sie gutes Gespinnst
liefern. In Frankreich hingegen gelingt es gewoͤhnlich nur aus guter
Baumwolle gutes Gespinnst zu erzielen; und mit einigen wenigen Ausnahmen weiß
man schlechtere Baumwolle nicht gehoͤrig zu benuzen. Wir haben zwar
einige nach den Modellen von Manchester gebaute Maschinen zum Zurichten der
Baumwolle; allein sie liefern uns noch keineswegs dieselben Resultate, die sie
den Englaͤndern gewaͤhren. Wir spinnen die kurzen amerikanischen
Wollen bis zu Nr. 40 und 50 gut; und die Nachfrage nach den damit erzeugten
Gespinnsten fuͤr mechanische Webereien sowohl, als fuͤr
Faͤrbereien beweist uns, daß sie wirklich von guter Qualitaͤt
sind. Dessen ungeachtet muͤssen wir gestehen, daß das gute englische Garn
eine Reinheit, eine Staͤrke und eine Glaͤtte besizt, die in
Frankreich noch nicht erreicht wurde; auch uͤbertreffen die englischen
Spulen die unserigen
an Regelmaͤßigkeit und Festigkeit. Uebrigens hat unsere Spinnerei
fortwaͤhrend große Fortschritte gemacht, Fortschritte, die noch rascher
gewesen seyn wuͤrden, wenn wir nicht gegen die Gewohnheiten unserer
ganzen Bevoͤlkerung anzukaͤmpfen gehabt haͤtten. Folgende
Tabelle mag einen Beleg fuͤr diese Fortschritte geben.
Textabbildung Bd. 61, S. 143
Jahre; Preis von
Georgia-Baumwolle und Louisiana-Façon; Niedrigster per
Kilogramm; Hoͤchster per Kilogramm; Arbeitslohn, welcher an die
Arbeiter per Kilogr., abgesehen von allen uͤbrigen Kosten bezahlt
wurde; Verkaufspreis des Kilogramm Kettengarn von Nr. 30/33
Ich habe eine zu gute Idee von unserem Vaterlande, als daß ich nicht glauben
sollte, daß wir es mit der Zeit mit den Englaͤndern aufnehmen
koͤnnen; allein dazu ist nothwendig, daß der Zoll auf den Rohstoff
aufgehoben, daß der Preis des Eisens herabgedruͤkt, und daß die
Communicationsmittel moͤglichst erleichtert werden. In 10 Jahren, wenn
Friede bleibt, duͤrften wir unter diesen Bedingungen vielleicht der
fremden Concurrenz gewachsen seyn; doch duͤrfen die Fabrikanten durch
nichts gehindert werden ihren Gewinn fortwaͤhrend auf Verbesserungen
ihrer Fabriken zu verwenden. Ich bemerke nur noch, daß die Englaͤnder in
den lezten 10 Jahren keine bedeutenden Verbesserungen in der Spinnerei machten;
daß wir es hingegen in den lezten 16 Jahren dahin brachten, daß wir unseren
Arbeitern nur mehr 80 Cent. anstatt 1 Fr. 80 Cent. per Kilogramm bezahlen, und daß diese dessen ungeachtet eben so viel
verdienen als fruͤher.
7. Auszuͤge aus den Angaben
des Hrn. Ernest Feray vom Hause Feray und Comp. in Essonne und
Rouval.
Wir beschaͤftigen in unseren beiden Spinnereien in Chantemerle bei Essonne
und Rouval 1000 Arbeiter, und machen mit einem Betriebscapitale von
beilaͤufig einer Million Franken jaͤhrlich fuͤr 1,800,000
Fr. Geschaͤfte. In Rouval spinnen wir Kettengarn von Nr. 24 bis 40 und
Eintraggarn von Nr. 24 bis 50; in Chantemerle Kettengarn von Nr. 40 bis 70 und
Eintraggarn von Nr. 50 bis 100. Die Spinnerei des Kettengarnes von Nr. 40 bis 70
hat bei uns solche Fortschritte gemacht, daß es der Qualitaͤt nach dem
englischen Garne gleichkommt; haͤtten wir eben so wohlfeiles
Brennmaterial, wie die Englaͤnder, und waͤre das Material zu den
Maschinen billiger, so wuͤrden wir den englischen Fabrikanten eben so in
Hinsicht auf den
Preis nicht nachstehen. Die Englaͤnder verdanken die Moͤglichkeit
besser und wohlfeiler zu fabriciren uͤberdieß großen Theils ihren
Baumwoll-Zurichtmaschinen, die sie fortwaͤhrend jaͤhrlich
verbessern und deren Ausfuhr sie so sorgfaͤltig verhindern, daß mir eine
solche Maschine, die in Manchester nur 3000 Fr. kostete, auf das Doppelte zu
stehen kam. Unsere Mechaniker geben sich zwar allerdings alle Muͤhe
gleiche Maschinen herzustellen, allein sie haben so wie wir selbst
spaͤter angefangen, als unsere Inselnachbarn, und die ganze Zeit unter
dem Nachtheile theuerer Rohstoffe und theuren Brennmateriales gearbeitet.
– Wir spinnen gegenwaͤrtig mit gleicher Baum: wolle in Nr. 40 und
60 Kettengarn, wie die Englaͤnder; unser Garn kommt auch dem englischen
an Guͤte gleich, nur ist es aus den angefuͤhrten Ursachen
theuerer, und zwar im Vergleiche mit den Preisen von Manchester um 20 Proc.
Dessen ungeachtet glaube ich, daß die Einfuhrerlaubniß selbst bei einem Zolle
von 30 Proc. den franzoͤsischen Spinnereien gefaͤhrlich werden
wuͤrde, indem dieser Zoll vielfach umgangen werden koͤnnte. Man
sehe nur wie die Einfuhrerlaubniß der hoͤheren Nummern alle unsere
Spinnereien, die in diesen Nummern arbeiteten, erdruͤkte; und wenn sich
allerdings nicht laͤugnen laͤßt, daß diese Maßregel noch zu neu
ist, als daß ihre Wirkungen vollkommen ausgesprochen seyn koͤnnten, so
darf man andererseits nicht vergessen, daß sie gerade in eine den
franzoͤsischen Feinspinnern sehr guͤnstige Zeit fiel. Denn die
englischen Feingespinnste waren Anfangs des Jahres 1834 so gesucht, und der
Absaz war so rasch, daß die Magazine der Fabrikanten in Manchester beinahe immer
leer waren. Was waͤre demnach erst die Folge gewesen, wenn die englischen
Spinnereien sich im Zustande einer aͤhnlichen Krisis wie im Jahre 1825
und 26 befunden haͤtten, in welcher sie ihrer Fabrikate beinahe zu jedem
Preise los zu werden suchten? Man hat gesagt in England bestuͤnden nur 3
Spinnereien, welche mit Vortheil Garn uͤber Nr. 143m/m spinnen; aber in Manchester allein
befinden sich ihrer 13, und unter diesen zaͤhlt jene des Hrn.
Mac-Connel 180,000 Spindeln! Dieß mag genuͤgen um zu zeigen, daß
die Englaͤnder in Faͤllen der Krise ihre Gespinnste um jeden Preis
bei uns losschlagen wuͤrden, so lange Frankreich nur noch etwas davon
aufzunehmen im Stande ist. – Will man jedoch von Zeiten der Krise Umgang
nehmen, so zeigt folgende vergleichende Zusammenstellung die
Verhaͤltnisse, unter denen eine Spinnerei von 25,000 Spindeln in
gewoͤhnlichen Zeiten in Essonne und in Manchester arbeitet.
In Essonne.
Anschaffungskosten der Gebaͤude
und Maschinen
800,000 Fr.
Jaͤhrliche Verminderung des
Werthes zu 7 1/2 Proc
60,000 –
Interessen des Capitals zu 5
Proc
40,000 –
Brennmaterial fuͤr die
Triebkraft fuͤr 300 Tage
33,750 –
Brennmaterial zum Heizen
8,000
–
Beleuchtung mit Oehl
8,000
–
Zoll fuͤr 172,500 Kilogr.
Baumwolle zu 22 Fr.
57,950 –
Ankaufspreis der Baumwolle mit Zuschlag
der Transportkosten bis zur Fabrik
574,425 –
Assecuranz
5,000
–
–––––––––
Summa
787,725 Fr.
In Manchester.
Anschaffungskosten der Gebaͤude
und Maschinen
500,000 Fr.
Jaͤhrliche Verminderung des
Werthes zu 7 1/2 Proc.
37,500 –
Interessen des Capitales zu 4
Proc.
20,000 –
Brennmaterial fuͤr die
Triebkraft fuͤr 300 Tage
4,875
–
Brennmaterial zum Heizen
1,200
–
Beleuchtung mit Gas
2,000
–
Zoll fuͤr eine gleiche
Quantitaͤt Baumwolle
6,000
–
Ankaufspreis der Baumwolle
517,500 –
Assecuranz
2,500
–
–––––––––
Summa
604,075 Fr.
Hieraus ergibt sich zum Nachtheile der franzoͤsischen Fabrik ein
Unterschieb von 183,650 Fr., oder ein Nachtheil von 20 Proc. den Preis des
Kilogramms Gespinnst zu 6 Fr. gerechnet. Ich habe hier in dieser Berechnung den
Arbeitslohn nicht in Anschlag gebracht, indem er nach den lezten Tarifen, die
ich sah, in Manchester beinahe eben so hoch steht, wie in Essonne. Die
Englaͤnder haben aber noch einen anderen Vortheil, und dieser
erwaͤchst daraus, daß in einer Spinnerei gewoͤhnlich nur eine
Reihe von Nummern, wie z.B. Nr. 40 bis 50 gesponnen wird; daß sie demnach den
Maschinen die diesen Nummern entsprechendsten Einrichtungen geben
koͤnnen; und daß sie folglich mit ihren Maschinen das Maximum des besten
Fabrikates erzielen koͤnnen. In Frankreich ist dieß nicht der Fall; denn
hier spinnt eine Fabrik bei dem weniger ausgedehnten Markte, der ihr zu Gebot
steht, gewoͤhnlich alle Nummern von 20 bis zu 100. – Ich bin nach
Erwaͤgung aller Umstaͤnde der Ueberzeugung, daß
gegenwaͤrtig kein Schuzzoll, wie hoch er auch seyn mag, uns hinreichend
schuͤzen wuͤrde; bin jedoch weit entfernt zu glauben, daß dieß mit
der Zeit nicht anders kommen wird und muß.
8. Auszuͤge aus den Angaben
des Hrn. Anquetil, Abgeordneten der Handelskammer in Paris.
Bei den Verbesserungen, welche seit einigen Jahren in den franzoͤsischen
Fabriken vorgenommen worden sind, sind die Gespinnste derselben bis auf Nr. 100
eben so gut, wie die englischen; da die englischen Fabriken jedoch
groͤßer sind, als die unseligen, so koͤnnen sie schon deßhalb
wohlfeiler arbeiten. Im Elsaß wird bei uns am besten gesponnen, dann zu Lille,
Saint-Quentin und Paris. Manche Spinnereien spinnen nicht so gut, und
daher kommt es, daß wenn englisches Garn nach Frankreich kommt, diesem im
Allgemeinen der Vorzug vor dem unseligen eingeraͤumt wird. Unsere
Arbeiter vervollkommnen sich sehr, und zwischen den Produkten eines Spinners der
im ersten und jenen eines Spinners, der im vierten Jahre arbeitet, besteht ein
Unterschied von 7 bis 8 Proc. In einigen Spinnereien fuͤhrt ein Spinner
432 Spindeln; gewoͤhnlich ist deren Anzahl jedoch geringer. In England
fuͤhrt ein guter Spinner 800 bis 1000 Spindeln; dahin duͤrfte es
jedoch bei uns nie kommen, weil unsere Arbeiter nicht so kraͤftig sind,
als die englischen. – Seit dem Jahre 1828 hat sich die Production unserer
Spinnereien beinahe verdoppelt, nachdem im Jahre 1826 und 27 die Krisen dieselbe
bedeutend vermindert hatten. – Was den Schmuggelhandel betrifft, so ist
mir nicht bekannt, daß unter Nr. 80 Gespinnst geschmuggelt wird; auch ist dieß
nicht wohl moͤglich. Ueber dieser Nummer hingegen wird allerdings geschmuggelt; doch
glaube ich, daß unsere Fabrication bald solche Fortschritte gemacht haben wird,
daß unter Nr. 120 keine Schmuggelei mehr fuͤglich moͤglich seyn
wird. Von den hoͤheren Nummern werden seit Aufhebung des Einfuhrverbotes
bedeutende Quantitaͤten geschmuggelt; und zwar um einen Fr. per Kilogramm niedriger, als die Summe des
Schuzzolles ist. Gegenwaͤrtig wuͤrde nach meiner Ueberzeugung aus
der Aufhebung des Einfuhrverbotes ein großer Nachtheil erwachsen, da die
Englaͤnder nur 2 bis 3 Jahre lang Opfer zu bringen haͤtten, um
unsere Fabriken zu erdruͤken.
9. Auszug, aus den Angaben des Hrn.
Pihet, Maschinen-Fabrikanten in Paris.
Der Preis des englischen Mulejennys wechselt zwischen 4 und 9 Schill. die
Spindel; ich verkaufe sie je nach der Qualitaͤt zu 7 bis 9 Fr.; in
Belgien stehen die Preise beinahe eben so wie in Frankreich. Vor dem Jahre 1830
lieferten wir fuͤr das Ausland eben so viele Maschinen wie fuͤr
Frankreich selbst; wir machten vorzuͤglich Versendungen nach Belgien,
Rußland, Preußen und Spanien. Gegenwaͤrtig bestehen in Gent
Werkstaͤtten, die mit uns rivalisiren, obschon Unsere Maschinen der
Transportkosten ungeachtet immer noch vorgezogen werden. – Die
Fabrication ist bei uns im Zunehmen, und im Jahre 1833 habe ich fuͤr
nicht weniger als 2,256,665 Fr. 88 Cent. Maschinen an die Fabrikanten
abgeliefert, wie meine Buͤcher ausweisen. Ich habe englische Maschinen
gesehen, und besize deren selbst, und kann versichern, daß in Hinsicht auf
Vollkommenheit kein Unterschied zwischen diesen und den unserigen besteht.
Etwas wohlfeiler arbeiten die Englaͤnder aber allerdings, besonders was
das Gußeisen betrifft. Ich kann demnach die Regierung nur bitten, uns das
Gußeisen, das schwedische Eisen und die Steinkohlen wohlfeiler zu
verschaffen.
§. 2. Fabrication von
Baumwolltull.
Die Tullfabrication datirt sich in Frankreich erst vom Jahre 1820 her; und doch
bestanden in Frankreich im Jahre 1833 nach den Aussagen des Hrn. Robert Belin bereits 1500 Tullwebestuͤhle:
naͤmlich 600 in Calais, 450 in Saint-Quentin und in der Umgegend, 100
in Lyon, Sedan, Paris, Rouen und Caën, und 350 in Lille, Roubair und Douai.
Von den Aussagen der 7 Deputirten, welche die Tullfabrikanten bei den lezten
Handelsuntersuchungen vertraten, ist Folgendes das Wesentlichste.
1. Auszuͤge aus den Aussagen
des Hrn. Mimerel, Abgeordneten der Tullfabrikanten von Roubaix.
Frankreich zaͤhlt beilaͤufig 1500 Tullstuͤhle, und da man
auf jeden Stuhl ein Capital von 5000 Fr. rechnen kann, so steken 7 1/2 Mill. in
diesen Stuͤhlen. Es ist jedoch zu bemerken, daß dieß nicht der
Ankaufspreis ist; denn viele Stuͤhle haben so sehr an Werth verloren, daß
sie, obschon sie fruͤher 10,000 Fr. kosteten, gegenwaͤrtig nur
mehr 4, 3 und 2000 Fr. gelten. Das Betriebcapital laͤßt sich
ungefaͤhr eben so hoch anschlagen wie das liegende Capital, so wie es der
Haͤlfte der Production gleichkommt. Mit Einschluß der Stikereien
beschaͤftigt die Fabrication gegen 50,000 Personen.
Vor der Aufhebung des Einfuhrverbotes der feinen Baumwollgespinnste arbeiteten
beinahe 2/3 der Stuͤhle mit geschmuggeltem Garne. Seit der Aufhebung des Verbotes Werden
gegen 12,000 Kilogr. Garn vermauthet und dieses Quantum ist das, was unsere
Fabrikanten in einem Monate verarbeiten koͤnnen. Da die Schmuggelei diese
Einfuhr bedeutend uͤberstieg, so folgte hieraus ein solches Sinken der
Preise, daß unsere Spinnereien die feineren Nummern aufgeben mußten.
Die Tullfabrication duͤrfte wahrscheinlich abnehmen, indem die Mode eine
andere Richtung zu nehmen scheint. Wir fuͤhren keinen Tull aus, im
Gegentheile wird englischer bei uns eingefuͤhrt; ich glaube auch, daß
unsere Fabrikanten das Einfuhrverbot der fremden Tulle unter keinerlei
Umstaͤnden entbehren koͤnnen. Vergebens wendet man dagegen ein,
daß, indem englischer Tull eingeschmuggelt wird, es besser waͤre, das
Verbot in einen Schuzzoll umzuwandeln. Denn der Schmuggelei ungeachtet finden
die Fabrikate unserer 1500 Stuͤhle dennoch Absaz; ja die Zahl der
Stuͤhle ist vom Jahre 1827 bis zum Jahre 1833, ungeachtet fremdes Garn
geschmuggelt werden mußte, von 400 auf 1500 gestiegen.
Was die Gestehungspreise der franzoͤsischen und englischen Fabrikate
betrifft, so kommt dasselbe Stuͤk glatter ordinaͤrer Tull von 10
Ellen und 6/4 Breite, welches dem englischen Fabrikanten 19 Fr. 30 Cent. kostet,
dem franzoͤsischen auf 30 Fr. 60 Cent. zu stehen. Es ergibt sich also ein
Unterschied von 11 Fr. 30 Cent. oder von 58 1/2 Proc., wovon der groͤßte
Theil auf Rechnung des hoͤheren Preises, den wir fuͤr die
Baumwolle zahlen, zu sezen ist. Jedes Mal nun, wo bei einem so leichten Artikel,
wie der Tull ist, ein Unterschied von 58 1/2 Proc. Statt findet, wird es der
Mauth nie gelingen, die Schmuggelei zu unterdruͤken. Gegenwaͤrtig
ist dieselbe uͤberdieß auch noch deßhalb sehr bedeutend, weil die
Englaͤnder große Tullvorraͤthe aufgehaͤuft haben, und sie
auf jede moͤgliche Weise, selbst mit Verlust, loszubringen suchen
muͤssen. Die Lage der franzoͤsischen Fabrikanten hat sich hiedurch
in lezter Zeit auch wesentlich verschlimmert. Wollte man das Einfuhrverbot durch
einen Schuzzoll von 30 Proc. ersezen, so hieße dieß die franzoͤsischen
Tullfabrikanten, die, wie gesagt, um 58 1/2 Proc. theurer arbeiten, vernichten.
Selbst wenn man die Garneinfuhr ganz freigeben wollte, was ich uͤbrigens
fuͤr unmoͤglich halte, wuͤrde zum Nachtheils der
franzoͤsischen Fabrication noch ein Unterschied von mehr als 30 Proc.
bestehen; und dieser Unterschied wuͤrde durch den Zoll nicht ausgeglichen
werden, da der englische Tull mit einer Assecuranzpraͤmie von
15–20 Proc. eingeschmuggelt wird. Die franzoͤsischen
Tullfabrikanten wuͤrden daher im aͤußersten Falle lieber in
Erneuerung des Einfuhrverbotes der feinen Baumwollgarne, als in Umwandlung des
Einfuhrverbotes der englischen Tulls in einen Schuzzoll willigen. Was endlich
die Anwendung einer Marke zur Verhuͤtung der Schmuggelei betrifft, so muß
ich bemerken, daß dieß unmoͤglich ist, indem der Tull streifenweise
verkauft wird, und indem jede Breite mehr als 100 Streifen enthaͤlt.
2. Auszuͤge aus den Aussagen
des Hrn. Robert Belin, Abgeordneten der Tullfabrikanten in
Saint-Quentin.
Unsere Fabrication hat innerhalb 15 Jahren große Fortschritte gemacht, so daß wir
gegenwaͤrtig fuͤr 75 Cent. herstellen, was wir im Jahre 1823 zu 6
Fr. 50 Cent. verkauften, und daß wir die Façon, die damals 3 Fr. galt,
jezt zu 3 Sous bezahlen. Obwohl das Material in den lezten Jahren 75 Proc. an
Werth verlor; und obschon die Fabrikate selbst seit 6 Monaten um 40 Proc. fielen, so
zweifle ich doch nicht, daß, wenn die Regierung uns beherzigt, wir einer
guͤnstigen Zukunft entgegensehen duͤrfen. Folgende Tabelle gibt
eine Zusammenstellung des allmaͤhlichen Sinkens der Preise.
Textabbildung Bd. 61, S. 148
Jahre; Preis eines
kreisfoͤrmigen Stuhles von 76/11; Preis eines Kilogr.
Baumwollgespinnst; Preis eines Rack Tull von 76/11; Façon fuͤr
einen Rack Tull von 76/11; Fr.; Maͤrz; Novb.
Das in unseren Tullfabriken stekende Capital kann zu 31 1/2 Mill. Fr. angenommen
werden, wovon 15 Mill. auf das Material, 1 1/2 Mill. auf den Werth der
Gebaͤude, und 15 Mill. auf Betriebscapital kommen. Unsere Arbeiter
verdienen taͤglich 1 1/2 – 3 Fr., die Weiber 1 – 1 1/2 Fr.,
und die Kinder 50–75 Cent.
Die Reduction des Preises der Façon ruͤhrt großen Theils davon her,
daß unsere Maschinen bedeutend verbessert wurden, und daß der Arbeiter daher
weit mehr erzeugt; zugleich ist aber auch der Arbeitslohn bedeutend gefallen. Im
Jahre 1823 verdiente ein Arbeiter des Tages oft 15 bis 20 Fr.; ja wir mußten
manchen englischen Mechanikern 50 Fr. des Tages bezahlen. Wir zahlen 3 Fr.
fuͤr den Rack und dergleichen vollendete der Arbeiter 7–8;
gegenwaͤrtig erzeugt er ihrer 15–20.
Unsere 1500 Stuͤhle koͤnnen 13 Mill. Racks rohen Tull erzeugen,
welche zu 75 Cent. gerechnet, eine Summe von 9,750,000 Fr. vorstellen. Rechnet
man hiezu das Stiken mit 20 Mill. Fr. und das Appretiren etc. mit 10 Proc. oder
mit 2,975,000 Fr., so gibt dieß im Ganzen eine Summe von 32,725,000 Fr. Wir
verwenden dazu 390,000 halbe Kilogr. gedrehtes Garn von Nr. 180 bis 200, und
eine geringe Menge von Nr. 120 zu Saͤumen etc.
In Saint-Quentin und in der Umgegend, wo 12 Hauptfabriken (von denen drei
mit Triebkraͤften arbeiten) und viele kleine zu 4 Stuͤhlen und
darunter bestehen, zaͤhlt man 450 Stuͤhle, welche 4 1/2 Mill. Fr.
kosteten; der Werth der Gebaͤude laͤßt sich auf 450,000, jener von
drei Appretirfabriken auf 300,000; das Betriebscapital auf 5 Mill. Fr.
anschlagen. Damit werden 4 Mill. Racks roher Tull zu 75 Cent., also im Werthe
von 3 Mill. erzeugt; rechnet man hiezu noch die Stikerei mit 4 Mill., und das
Bleichen und Appretiren mit 700,000 Fr., so gibt dieß einen Werth von 7,700,000
Fr. Der Verbrauch an Baumwolle belaͤuft sich auf 117,000 halbe Kilogr.
Das Personal besteht aus 800 Tullisten, 160 Helfern, 150 Bleichern und
Appretirern, 15,000 Stikerinnen etc., im Ganzen aus 16,100 Arbeitern.
Was den Unterschied zwischen den englischen und franzoͤsischen
Gestehungspreisen betrifft, so betraͤgt dieser bei der Baumwolle, Nr. 180
als Mittel angenommen, 5 Fr. 48 Cent. oder 42 Proc.; bei dem Tull hingegen,
einen Rack zu 76/11 als Mittel genommen, 19 Cent. oder 35 Proc. Wuͤrde
der auf das Baumwollgespinnst gelegte Zoll aufgehoben, so wuͤrden wir nur
mehr um 10 Proc. theurer fabriciren als die Englaͤnder, und zugleich
waͤre der Schmuggelei der Todesstoß gegeben, da die englischen Tulls nur mit 33
Proc. Kosten und Praͤmie auf unseren Markt gelangen koͤnnen. Meine
Angaben, welche ganz genau sind, weichen deßhalb von jenen der Fabrikanten in
Lille ab, weil diese von Gespinnst Nr. 170 ausgingen, wobei allerdings der
Unterschied bis auf 50 Proc. steigt. Der meiste Tull wird jedoch aus Nr. 180
erzeugt.
Obschon der auf die hoͤheren Baumwollgespinnste gelegte Zoll noch immer zu
hoch ist, so halte ich es doch fuͤr eine großherzige Maßregel, daß die
Regierung das Einfuhrverbot fuͤr die uͤber Nr. 143 steigenden
Nummern auf, hob. Nirgendwo zeigte sich auch diese Notwendigkeit schlagender,
als hierin; denn eine 18jaͤhrige Erfahrung offenbarte hier die
Absurditaͤt des absoluten Verfahrens, indem die Tullfabrication immer
11/12 ihres Bedarfes an Gespinnst aus England bezog. Durch diese Wohlthat wurde
die Schmuggelei bedeutend vermindert, indem die Preise um Vieles sanken. Ich
weiche hierin von mehreren meiner Vorgaͤnger, namentlich von Hrn. Abiet ab, der behauptet, die Schmuggelei sey nie
groͤßer gewesen, als in den lezten 6 Monaten. Der Tull muß auch wirklich
gegenwaͤrtig in geringerer Menge eingeschmuggelt werben, als
fruͤher, weil die englische Waare durch die Praͤmie und die
uͤbrigen Kosten um 33 Proc. theurer wird, und also der unserigen gleich,
wo nicht hoͤher zu stehen kommt. Anders verhaͤlt sich dieß mit den
Baumwollgespinnsten, welche bei dem Zolle von 42 Fr., den sie noch immer zahlen,
immer mit Vortheil geschmuggelt werden. Ich verlange daher Herabsezung des
Zolles auf die feinen Gespinnste; denn dann koͤnnten wir wohlfeiler
fabriciren, und dann koͤnnten wir unsere Kraͤfte mit mehr Erfolg
gegen die fremde Concurrenz richten.
Ich nehme lebhaften Antheil an unserer Baumwollspinnerei; allein ich habe ihr
auch jederzeit bewiesen, daß sie fuͤr die Tullfabrication nur wenig
lieferte, und daß ihr Fabrikat so schlecht ist, daß wir das englische lieber um
10 bis 15 Proc. theurer bezahlen, als das ihrige. Das Baumwollgespinnst
betraͤgt beinahe zwei Dritttheile des Gestehungspreises der Tull.
Die Ausfuhr unserer Tullfabrikanten beschrankt sich auf einige Stikereien von
Metz, Nancy und Saint-Quentin; einige 50 Stuͤhle ungefaͤhr
erzeugen schwarzen Seidentull fuͤr Spanien.
Die Vorzuͤge, welche die englische Fabrication vor der unseligen voraus
hat, beruhen auf den niedrigeren Baumwollpreisen, auf der groͤßeren
Gewandtheit der Arbeiter und auf der groͤßeren Guͤte der
Maschinen. Was unsere Maschinen betrifft, so sind die Gerippe
franzoͤsische Arbeit, waͤhrend wir einige der inneren Theile aus
England kommen lassen; doch sind die Schwierigkeiten und Kosten hiebei so groß,
daß man sich oft lieber mit franzoͤsischen, wenn auch minder vollkommenen
Maschinen begnuͤgt. Unsere Mechaniker haben zwar die englischen Systeme
nachgeahmt, allein sie sind immer noch etwas hinterdrein. Wie weit
uͤbrigens die Vervollkommnung der Maschinen gediehen, ergibt sich daraus,
daß man fruͤher des Tages nur 8–10 Racks Tull auf einem Stuhle
erzeugte, waͤhrend gegenwaͤrtig zwei Arbeiter 30 bis 40 und selbst
50 Racks liefern.
Franzoͤsischer appretirter Tull ist in den niedrigeren Sorten von dem
englischen nicht zu unterscheiden; in den hoͤheren Sorten gibt es
zuweilen einige leichte Unterschiede, die auf den Ursprung fuͤhren
koͤnnen. Leichter ist der Ursprung zu entdeken, wenn die Waare noch roh
ist. Die belgische Concurrenz haben wir wenig zu fuͤrchten; denn nur in
Gent und Antwerpen sind mir einige Tullfabriken bekannt; diese beziehen das
Gespinnst aus England gegen einen Zoll von 3 Proc.
Ich glaube, daß die Aufhebung des Einfuhrverbotes der franzoͤsischen
Weberei, besonders aber der Tullfabrication sehr nachtheilig werden
muͤßte. Leztere ist naͤmlich noch nicht weit fortgeschritten, von
ziemlich neuem Urspruͤnge, und entbehrte oft des zu ihrem Betriebe
noͤthigen Materiales, oder konnte sich dasselbe nur um 42 Proc. theurer
verschaffen, als die Eng-linder. Ein Schuzzoll ließe sich bei einem so
leichten Artikel, wie der Tull, nicht ausfuͤhren; denn alle Marken etc.
sind hier unthunlich oder unzureichend. Unsere Tullfabrikanten verlangen daher
Beibehaltung des Verbotes; Aufhebung der Zoͤlle, die auf die Gespinnste
uͤber Nr. 143 gelegt sind, oder wenigstens Verminderung derselben um 3/4;
groͤßere Wachsamkeit an der Graͤnze; Aufrechterhaltung der
Verordnungen, und Revision der Geseze uͤber die Jury, welche uͤber
verbotene Waaren zu entscheiden hat.
3. Auszuͤge aus den Aussagen
des Hrn. Smith, Abgeordneten der Tullfabrikanten in Calais.
In Calais und in der Umgegend bestehen gegenwaͤrtig 600
Tullstuͤhle; eine groͤßere Anzahl zaͤhlte man nie. Ein
kleiner Theil dieser Stuͤhle gehoͤrt den Arbeitern; der
groͤßere Theil ist Eigenthum von Capitalisten. In den Maschinen
moͤgen 3 1/2 Mill. Fr. steken; auf jeden Stuhl kann man ein
Betriebscapital von 1000 Fr. rechnen. Wir zahlen den Arbeitern 42 Cent. per Elle fuͤr die Façon, womit sie
jedoch kaum leben koͤnnen; ginge die Fabrication besser, so
wuͤrden wir 69 Cent. zahlen, und dann koͤnnte jeder Arbeiter des
Tages 50 Sous verdienen. Auf unsere 600 Stuͤhle kommen 1200 Arbeiter, und
außerdem noch 3600 Weiber und Kinder. Calais mag woͤchentlich 900
Stuͤk Tull zu 33 Ellen erzeugen.
Unsere Maschinen kosteten uns anfaͤnglich bis gegen 20,000 Fr.; seit sie
in Calais verfertigt werden, kommen sie auf 5000 Fr.; die Maschinen mit Rotation
gelten noch 10 bis 11,000 Fr. Von England beziehen wir zum Theil noch das Innere
der Maschinen, wofuͤr wir jedoch in England die Schmuggelpraͤmie
und bei uns 15 Proc. Einfuhrzoll bezahlen muͤssen.
Wir verarbeiten nur wenig Garn von Nr. 170; meistens Nr. 180 oder 190; je
wohlfeiler der Tull wurde, um so hoͤhere Nummern nahm man, so daß wir
gegenwaͤrtig selbst Nr. 219 und 220 verarbeiten. Vor Aufhebung des
Einfuhrverbotes kamen diese hohen Nummern beinahe nie in Anwendung, indem wir
unsere ordinaͤren Tulls gut verkauften, waͤhrend die feinen, mit
denen wir nicht Concurrenz halten konnten, eingeschmuggelt wurden. Wir
verarbeiteten vor Aufhebung des Verbotes der englischen Gespinnste dennoch
solche, die jedoch fuͤr franzoͤsische ausgegeben wurden. Die
Assecuranzpraͤmie der Schmuggler betrug fruͤher 25–30
Proc.; gegenwaͤrtig, wo die Schmuggelei organisirt ist, ist sie auf 10
Proc. gesunken. Die meisten Schmuggeleien geschehen im Einverstaͤndnisse
mit einigen gewonnenen Individuen von der Mauth; so zwar, daß man
gegenwaͤrtig das Paket englischen Gespinnstes innerhalb der ersten
Mauthlinie fuͤr 2 Fr. 50 Cent. haben kann. Die franzoͤsischen
Spinnereien verloren hiebei nichts; denn sie verkauften keine so feinen Nummern.
Ihre feinen Gespinnste taugen auch nicht fuͤr eine gangbare Waare, da die
franzoͤsischen Baumwollen kurz, ungleich gesponnen und ungleich gedreht
sind.
Die feineren Gespinnste sollen unserer Ansicht nach zollfrei eingefuͤhrt
werden
duͤrfen, indem wir sonst zu fabriciren aufhoͤren muͤssen.
Gegenwaͤrtig stehen bereits 300 unserer Stuͤhle, und die
uͤbrigen erzeugen kaum die Haͤlfte von dem, was sie erzeugen
koͤnnten. Paris ist nur geschmuggelten Tulls uͤberfuͤhrt;
Lyon erhalt sie uͤber die Schweiz aus England, und Calais, welches
fruͤher beide Orte versorgte, erhaͤlt keine Auftraͤge mehr.
Seit einem Jahre werden die Tulls von Nottingham mit 92 Proc. Rabbat, d.h. von
dem Preise, wo das Sinken begann, verkauft. Die Assecuranzpraͤmie bei der
Tullschmuggelei ist beinahe dieselbe, wie jene bei der Gespinnstschmuggelei. Der
rohe Tull wird zum Behufe des Schmuggelns so zusammengepreßt, daß ein
Stuͤk von 100 Racks kaum ein groͤßeres Paket ausmacht als eines
von 2 Pfd. Garn.
Das einzige Mittel gegen die Schmuggelei ist Freigeben der Einfuhr der Garne
uͤber Nr. 180, wodurch auch der franzoͤsischen Spinnerei kein
Nachtheil erwuͤchse, da die angeblich franzoͤsischen Gespinnste
von hoͤheren Nummern saͤmmtlich aus England kamen und in
Frankreich nur schlecht gedreht wurden. Allein selbst bei diesem Freigeben des
Materiales muͤßte das Verbot der fremden Tulls noch mehrere Jahre
beibehalten werden, damit wir uns von den seit 3 Jahren erlittenen Verlusten
erholen koͤnnten. Fuͤnf Jahre vom Datum der Freigebung an
duͤrften vielleicht genuͤgen. Koͤnnen wir unser Gespinnst
ohne Zoll beziehen, so sinkt der Unterschied zwischen den englischen und unseren
Fabrikaten auf 22 bis 23 Proc. herab; und rechnet man die Schmuggelassecuranz zu
15 Proc., so bleibt nur mehr ein Gewinn von 8 Proc., der nicht sehr zur
Schmuggelei ermuntert. Gegenwaͤrtig koͤnnen wir uns
unmoͤglich mit einem Schuzzoll von 23 Proc. begnuͤgen; denn wir
verlieren gegenwaͤrtig 10 Proc. an den Erzeugnissen unserer
Stuͤhle, und 75 Proc. an dem in unsere Fabrikation gestekten
Materiale.
4. Auszuͤge aus den Aussagen
des Hrn. Vaillant, Abgeordneten der Fabrikanten von Calais.
Ich stimme meinem Collegen Hrn. Smith bei, und
verlange fuͤr die Tullfabrikanten Aufhebung oder bedeutende Herabsezung
des Zolles der englischen Feingespinnste und kraͤftigere
Unterdruͤkung der Schmuggelei, wo dann vielleicht nach einiger Zeit das
Einsuhrverbot fremder Tulls aufgehoben werden kann. Gegenwaͤrtig ist
unsere Fabrication in einem sehr traurigen Zustande; denn sie hat sich um 2/3
vermindert und Alles ist gesunken. Vor 14 Tagen (Oktober 1834) bot man einem
Lyoner Kaufmann 4 Tullstuͤhle, die wenigstens 20,000 Fr gekostet hatten,
zu 5000 Fr. an, und er fand sie noch zu theuer!
Den ersten Tullstuhl brachte ein Englaͤnder nach Calais, wo er sich
niederließ. Dieser Stuhl diente fuͤr die uͤbrigen als Muster.
Seither befinden sich in Calais mehrere englische Fabrikanten, die jedoch
groͤßten Theils mit dem ersten Stuhle als einfache Arbeiter zu uns kamen.
Als die Fabrication emporkam, verwendeten einige unserer Fabrikanten zur Kette
Garn von Nr. 160, welches in Lille gesponnen ward, einen ziemlich gleichen Faden
zeigte, und in Hinsicht auf den Preis einige Vortheile darbot, indem damals die
Schmuggelpraͤmie auf englisches Garn sehr hoch stand. So wie aber die
Einfuhr hoͤherer Nummern gestattet wurde, verlangte die Mode
schoͤnere Tulls; wir nahmen daher Nr. 170 und stiegen bald zu
hoͤheren, so daß wir jezt nur mehr halb und ganz feine Tulls fabriciren.
Selbst wenn aber die Mode wieder groͤbere Tulls verlangte, wuͤrden
wir statt des Liller Gespinnstes von Nr. 160 lieber englisches von Nr. 170 anwenden,
indem dieses in Bezug auf Feinheit und Staͤrke einen Vortheil von
wenigstens 5 Proc. gewaͤhrt. Der englische Faden aus den besseren
Fabriken von Manchester ist viel besser gedreht als der
franzoͤsische.
Selbst bei freier Einfuhr des feinen Gespinnstes muͤßte fuͤr unsere
Fabriken das Verbot der fremden Tulls wenigstens noch 5 Jahre aufrecht erhalten
werden; denn sonst wuͤrden sich in Paris, wo man jezt wenigstens offen
keinen englischen Tull zu verkaufen wagt, gleich englische Niederlassungen
bilden, die die bei uns eingerissene Anglomanie zu unserem Nachtheile ausbeuten
wuͤrden, obschon der Tull von Calais dem englischen nicht nachsteht.
Unsere Fabrication ist seit der Juliusrevolution fortwaͤhrend gesunken;
vor dieser verkauften wir unsere Waare leicht und mit einigem Vortheile; seither
aber scheint in England eine Krise eingetreten zu seyn, oder England hat
vielleicht einen seiner Absazwege in Spanien und Portugal verloren, so daß
Frankreich dafuͤr mit geschmuggelten englischen Tulls
uͤberschwemmt ist. In Frankreich hat der Verbrauch an Tull unter der
wohlhabenden Classe abunter der mittleren zugenommen; er ist jedoch bisher noch
nicht bis dahin gedrungen, wohin er dringen koͤnnte, und wo er angelangt
unserem Industriezweige großen Aufschwung geben wuͤrde.
Das Freigeben der Einfuhr feinerer Gespinnste wuͤrde unseren Spinnereien
nicht schaden; denn sie spannen des Verbotes ungeachtet hoͤchstens nur so
viel als noͤthig war, um die Schmuggelei, die sie mit den feinen
englischen Gespinnsten trieben, und bei der sie 10–20 Proc. Gewinn
machten, zu bemaͤnteln. Sie konnten uͤbrigens auch keine so guten
feinen Gespinnste liefern, wie die Englaͤnder; denn die hiezu
noͤthige Georgia-Baumwolle wird von den Englaͤndern an Ort
und Stelle aufgekauft, so daß nur die zweite, von diesen ausgeschossene
Qualitaͤt nach Lille kommt. Uebrigens muß auch ich bemerken, daß
gegenwaͤrtig, wo das Verbot aufgehoben, der Zoll aber noch zu hoch ist,
die Schmuggelei der englischen Feingespinnste mit Einverstaͤndniß von
Mauthbeamten so organisirt ist, daß man in Duͤnkirchen und Bergues
englisches Garn, Nr. 180, welches in Dover 25 Fr. kostet, zu 27–27 1/2
Fr. in Menge haben kann. Die Schmuggelei geschieht uͤber Belgien, und hat
seit der Trennung Belgiens von Holland sehr zugenommen, so daß die
Praͤmie von 30 auf 10 Proc. herabfiel.
(Fortsezung folgt.)