Titel: Ueber die Bereitung des Neuwieder-, Mineral-, Braunschweiger- und Berggrüns.
Fundstelle: Band 62, Jahrgang 1836, Nr. XI., S. 59
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XI. Ueber die Bereitung des Neuwieder-, Mineral-, Braunschweiger- und Berggruͤns. Ueber die Bereitung des Neuwiedergruͤns etc. Die Kenntniß der Bereitungsart der genannten Farben kann besonders denjenigen Gewerbtreibenden nuͤzlich seyn, welche dieselben naß verarbeiten, also wie z.B. die Tapetendruker, sogleich nach dem Aussaͤßen anwenden, wo sie der groͤßten Zertheilbarkeit faͤhig sind, wodurch also bei der Selbstfabrication dieser Farben das Troknen und darauf noͤthige Abreiben derselben erspart wird. Wenn man diese gruͤnen Farben sogleich nach dem Aussuͤßen mit Leimaufloͤsung anruͤhrt, so erhaͤlt man dauerhafte, billige und sich gut ausnehmende Wasserfarben. Die zur Bereitung des Neuwieders, Mineral-, Braunschweiger- und Berggruͤns erforderlichen Apparate bestehen aus einigen kupfernen, mit Ablaßhaͤhnen versehenen Kesseln, welche beilaͤufig 600 Pfd. Wasser fassen; einigen großen Praͤcipitirstanden von Fichtenholz, die mit eisernen Reifen gebunden und an der Seite in verschiedenen Hoͤhen mit Abziehzapfen versehen sind; einigen Absezbottichen, die ebenfalls mit Abziehoͤffnungen versehen sind und beilaͤufig 1200 Pfd. Wasser fassen; endlich einigen feinen Haarsieben zum Durchtreiben der nassen Farben, Ruͤhrscheiten, Farbloͤffeln, Filtrirtuͤchern, und, wenn die Farben getroknet werden sollen, auch einer Presse und einer Anzahl Horden. Die Materialien zur Bereitung obiger Farben sind: a) Kupfervitriol (schwefelsaures Kupferoxyd); er muß rein, besonders eisenfrei seyn; b) weißer Arsenik (arsenige Saͤure); er wird in gepulvertem Zustande angewandt und darf weder Schwerspath noch Schwefelarsenik enthalten; c) Potasche; wenn sie so viel kohlensaures Kali enthaͤlt, daß sie aus ihrem gleichen Gewicht Kupfervitriol alles Kupferoxyd niederschlaͤgt, so ist sie hinreichend gut; d) reiner gebrannter Kalk. Um schoͤne Sorten dieser Farben geringhaltiger zu machen, versezt man sie mit sehr fein gemahlenem Schwerspath oder sehr fein geschlaͤmmtem weißem Thon (Pfeifenerde). Das unten angegebene Gewicht Kupfervitriol wird immer in 500 Pfd. reinen Wassers aufgeloͤst; man laͤßt die Aufloͤsung sich absezen und erst nach dem Erkalten in die Praͤcipitirstande laufen, welche das 20fache Gewicht Wasser faßt und mit solchem vorher zu 3/4 ihres Inhaltes angefuͤllt wurde. Die erforderliche Quantitaͤt Potasche wird immer in 600 Pfd. Wasser aufgeloͤst, worauf man die Fluͤssigkeit durch Absezen sich klaͤren laͤßt. Caustische Laugen erhaͤlt man, wenn man den Kalk statt mit Wasser, mit der noch heißen Potascheloͤsung abloͤscht, die entstandene Milch mit mehr Wasser verduͤnnt, die klare Fluͤssigkeit abzieht, den Bodensaz aussuͤßt und die ersten drei Aussuͤßwasser der Lauge beifuͤgt. Der Kalk wird immer als Kalkmilch, die man vorher durch ein Haarsieb passirt, angewandt. Der Arsenik wird entweder mit der Potasche oder in Wasser aufgeloͤst; in lezterem Falle muß die Menge des Wassers sein 140faches Gewicht betragen. Der anzuwendende Schwerspath oder weiße Thon muß den Farben in fein gemahlenem Zustande und mit Wasser angeruͤhrt zugesezt werden; die Vermengung wird gleichfoͤrmiger, wenn man den Farbebrei nach dem Vermengen mit Weiß nochmals mahlt. 1. Neuwiedergruͤn. a) 100 Pfd. Kupfervitriol werden mit 2 Pfd. krystallisirtem Weinstein in dem angegebenen Gewicht kochenden Wassers aufgeloͤst; die erhaltene Loͤsung laͤßt man erkalten und durch Absezen sich klaͤren, worauf man sie in die zu 3/4 ihres Hohlraumes mit reinem Wasser angefuͤllte Praͤcipitirstande bringt. b) 2 1/2 Pfd. Arsenik werden in dem oben angegebenen Gewicht Wasser durch Kochen aufgeloͤst und die klare Fluͤssigkeit wird dann zur Kupfervitriolloͤsung in die Praͤcipitirstande gebracht. Gelblichere Nuͤancen erzielt man durch eine groͤßere Quantitaͤt Arsenik. c) 22 Pfd. Kalk werden mit Wasser abgeloͤscht, hierauf mit Wasser zu einer Milch angeruͤhrt und durch ein Haarsieb passirt. d) 60 Pfd. hoͤchst fein gemahlenen Schwerspaths werden mit Wasser zu einer Milch angeruͤhrt und ebenfalls durch ein Haarsieb passirt. Die mit der Arsenikaufloͤsung vermischte Kupfervitriolloͤsung, so wie die Kalkmilch, muß, ehe man zur Praͤcipitation schreitet, ganz erkaltet seyn, indem sonst keine schoͤne Farbe erzielt werden koͤnnte. Die vorgerichtete Kalkmilch wird nun wieder aufgeruͤhrt, und, waͤhrend einige Arbeiter an der Praͤcipitirstande ruͤhren, aus dem hiezu bequem gestellten Gefaͤße auf Einmal in die Kupfervitriolloͤsung geschuͤttet, wodurch ein schoͤn gruͤner Niederschlag entsteht, der um so feuriger und lebhafter ist, je kaͤlter die Fluͤssigkeiten waren und je schneller die Praͤcipitation erfolgte. Nachdem er sich abgesezt hat, wird das uͤberstehende Wasser abgezogen und nun die angegebene Menge Schwerspath unter die Farbe geruͤhrt, worauf dieselbe sogleich verwendet oder gepreßt und getroknet werden kann. Durch einen groͤßeren Zusaz von Schwerspath erhaͤlt man die geringeren Sorten; obiges Verhaͤltniß liefert die im Handel vorkommende erste Qualitaͤt Neuwiedergruͤn, wovon man 135–140 Pfd. erhaͤlt. 2. Mineralgruͤn. a) 100 Pfd. Kupfervitriol werden mit 2 Pfd. Weinstein in der angegebenen Menge Wasser aufgeloͤst, und nachdem die Fluͤssigkeit klar geworden ist, in die Praͤcipitirstande gebracht. b) 20 Pfd. Potasche und 10–12 Pfd. Arsenik werden gemeinschaftlich aufgeloͤst; nachdem die Fluͤssigkeit klar geworden ist, filtrirt man den Saz ab und stellt sie zum Erkalten hin. c) Man bereitet dann von 90 Pfd. calcinirter Potasche und 90 Pfd. Kalk eine Aezlauge. Die erkaltete Kupfervitriolloͤsung wird nun der ebenfalls kalten Arsenikaufloͤsung unter Umruͤhren zugesezt und sogleich darauf saͤmmtliche Aezlauge beigegeben. Nach laͤngerem Umruͤhren laͤßt man den Niederschlag sich absezen, zieht die Fluͤssigkeit ab und suͤßt jenen drei bis vier Mal mit Wasser aus; filtrirt, stark ausgepreßt und scharf getroknet, stellt er das schoͤnste Mineralgruͤn dar, wovon man 49–50 Pfd. erhaͤlt. Um eine geringere Sorte Mineralgruͤn zu erzeugen, ruͤhrt man dasselbe wie das Neuwiedergruͤn mit Schwerspath an, von welchem man auf die mit obigen Substanzen erzeugte Quantitaͤt Farbe 20, und fuͤr eine noch geringere Sorte 30 Pfd. nimmt. Durch einen groͤßeren Zusaz von Arsenik erzielt man ein gelblicheres Gruͤn. 3. Braunschweigergruͤn. a) Man loͤst 100 Pfd. Kupfervitriol mit 2 Pfd. Weinstein in der vorgeschriebenen Menge Wasser auf und bringt die Fluͤssigkeit dann in die Praͤcipitirstande. b) 6 Loth Arsenik werden mit 10 Pfd. Potasche aufgeloͤst. c) 22 Pfd. Kalk werden abgeloͤscht und mit Wasser angeruͤhrt. Die Kupfervitriolloͤsung wird nun zuerst mit der Arsenikaufloͤsung und hierauf mit der Kalkmilch vermischt. Um geringere Sorten zu erzielen, vermengt man die Farbe mit mehr Schwerspath oder Thon. Durch ein groͤßeres Verhaͤltniß von Arsenik erhaͤlt man sie mehr in Gruͤn stechend. Wenn man den mit den angegebenen Quantitaͤten erhaltenen Niederschlag mit 60 Pfd. Schwerspath versezt, so betraͤgt die Ausbeute an Farbe 135 bis 140 Pfd. 4. Berggruͤn. Die verschiedenen Sorten Berggruͤn werden gerade so wie das Neuwiedergruͤn dargestellt; die feineren Sorten vermengt man mit etwas Schweinfurtergruͤn, um die Farbe zu erhoͤhen. Die zur Bereitung dieser Farbe erforderlichen Substanzen werden fuͤr die gangbaren Qualitaͤten in folgenden Verhaͤltnissen angewandt: Blaͤuliche Sorten. Gelbliche Sorten.     I.   II.  III.    I.   II.  III. Kupfervitriol 100 Pfd. 100 100 100 100 100 Weinstein     2     2     2     2     2     2 Arsenik   12   12   12   12   12   12 Potasche     5     5     4   11   11   10 Kalk   22   26   30   22   26   30 Schwerspath   30   40   50   30   40   50 ––––––––––––––––––––––––––––––––––––– Ausbeute 125 Pfd. 135. 145. 125 Pfd. 135. 145.