Titel: Einiges über das Ausfetten der Wollentücher. Von Hrn. Martin, Färber in Paris.
Fundstelle: Band 62, Jahrgang 1836, Nr. XXVI., S. 137
Download: XML
XXVI. Einiges uͤber das Ausfetten der Wollentuͤcher. Von Hrn. Martin, Faͤrber in Paris. Aus dem Journal des connaissances usuelles. Julius 1836, S. 40. Martin, uͤber das Ausfetten der Wollentuͤcher. Das Wollentuch, so wie es vom Webestuhle kommt, enthaͤlt noch das Oehl, womit man die Wolle impraͤgnirte, um sie kardaͤtschen und spinnen zu koͤnnen, und eben so befindet sich an demselben noch die geringe Quantitaͤt Leim, womit man die Kette schlichtete, um ihr zum Behufe des Webens groͤßere Festigkeit zu geben. Von diesen beiden Stoffen soll das Tuch durch das Ausfetten, welches auf verschiedene Weise bewerkstelligt wird, gereinigt werden. Das in Frankreich beinahe allgemein angenommene Verfahren besteht darin, daß man das Tuch 14 Tage und selbst drei Wochen lang in einem eigens dazu bestimmten Wasserbeken dem fließenden Wasser aussezt, und daß man es dann mit Walkererde, die mit Wasser angeruͤhrt worden ist, begossen in die Walkmuͤhle bringt, damit das Oehl des Tuches von der Erde aufgesogen werde. Das Tuch wird zulezt in reinem Wasser ausgewaschen. Dieses Verfahren hat das Unangenehme, daß es viele Zeit kostet, indem beinahe ein Monat daruͤber verloren geht; und daß, wenn bei zarten Farben ein Theil des Tuches aus dem fließenden Wasser hinauszuragen kommt, dasselbe leicht geflammt wird. Seit einigen Jahren befolgt man auch noch eine andere Methode, die einen bedeutend geringeren Zeitaufwand bedingt, und die man in der Normandie deßhalb das beschleunigte Ausfetten (degraissage accéléré) nennt. Man impraͤgnirt naͤmlich das Tuch, so wie es aus dem Webestuhle kommt, mit einem Gemenge aus Potasche und Walkererde, welche mit Wasser angeruͤhrt worden sind, oder mit Schweinsmist und Urin, und sezt es dann der Stampfe aus, bis es vollkommen entfettet ist. Dieses Ausfetten wird viel theurer bezahlt als ersteres; dennoch findet der Fabrikant aber seinen Vortheil dabei. Die beiden angegebenen Methoden, besonders jedoch die leztere, haben den Nachtheil, daß das Tuch dabei eine beginnende Filzung erleidet, in Folge deren die Beseitigung einer großen Menge leichter, in dem Tuche enthaltener Unreinigkeiten sehr schwer und selbst unmoͤglich wird. Eine neue Methode, bei der dieß nicht der Fall ist, und welche auch aͤußerst schnell und leicht ausfuͤhrbar ist, besteht nun darin, daß man das Tuch, um es von der Schlichte zu reinigen, in lauem Wasser auswaͤscht, daß man es dann mit angeruͤhrter Walkererde, oder mit einem Gemenge aus Potasche, Walkererde und Kleie, oder mit Schweinsmist und Urin, oder mit irgend einer anderen alkalischen Substanz impraͤgnirt; daß man es hierauf in diesem Zustande in einen Bottich bringt, an dessen inneren Waͤnden sich Staͤbe befinden, die dem Tuche als Stuͤze dienen; und daß man es endlich in diesem Bottiche und zugedekt einige Minuten lang der Einwirkung des Dampfes aussezt, um es endlich in Wasser zu werfen und dann zum Behufe der vollkommenen Reinigung durch zwei Walzen laufen zu lassen. Man koͤnnte anstatt des Dampfes auch heißes Wasser anwenden; doch waͤre die Wirkung in diesem Falle eine weit langsamere. Das Tuch erleidet bei diesem Verfahren keine Filzung, und man kann mit Huͤlfe eines kleinen Dampfkessels, dessen Anschaffung nicht hoch kommt, leicht weit mehr Arbeit vollbringen, als in einer großen Walkanstalt, deren Errichtung 100 Mal hoͤher zu stehen kommt. Sechs Stuͤk Tuch lassen sich leicht in einen Bottich von mittlerer Groͤße bringen, und sind in wenigen Minuten ausgefettet; fuͤnf Arbeiter koͤnnen auf diese Weise leicht taͤglich 50 Stuͤk ausfetten; und diese Zahl ließe sich sogar noch auf das Dreifache bringen, wenn man noch um einen oder zwei Bottiche mehr anbraͤchte, die saͤmmtlich mit einem einzigen Dampfkessel gespeist werden koͤnnten.