Titel: Ueber die Bereitung der rothen Lakfarben aus Fernambuk- und St. Martensholz; von I. G. Gentele.
Autor: Johan G. Gentele [GND]
Fundstelle: Band 63, Jahrgang 1837, Nr. XXVII., S. 140
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XXVII. Ueber die Bereitung der rothen Lakfarben aus Fernambuk- und St. Martensholz; von I. G. Gentele. Gentele, uͤber rothe Lakfarben. Die aus obigen Farbhoͤlzern bereiteten Farben kommen unter dem Namen Karmoisinlak, Kugellak, Wienerlak, Neuroth, Berlinerroth, Paklak etc. vor und sind in ihrer Nuͤance von einander oͤfters sehr verschieden. Sie werden besonders in Schweinfurt, Cassel, Eisenach, Saalfeld und Wien fabricirt. Ich beschreibe das Verfahren hiebei in 3 Abschnitten, wovon der erste von der Darstellung des Fernambukdecoctes, der zweite von dem Faͤrben des weißen Farbkoͤrpers oder des Grundes der Farbe, der dritte aber von der Nuͤancirung derselben handelt. I. Von der Bereitung und Behandlung des Fernambukdecoctes. 1) 100 Pfund geraspeltes oder gemahlenes Fernambuk- oder Martensholz werden, um es von anhaͤngendem Staube zu befreien, auf einem etwas engen Messingdrathsiebe gesiebt; das Durchfallende wird abgesondert und zu geringeren Farben benuzt, das groͤbere auf dem Sieb gebliebene Holz aber zum Abkochen verwendet. 2) Man bringt es zu diesem Behufe in einen großen kupfernen Kessel, der außer den 100 Pfund Fernambukholz noch 7 Butten Wasser (jede zu 75 Pfund gerechnet) faßt, und kocht es 7 bis 8 Mal nacheinander aus. Nach jedesmaligem Absieden des Holzes, welches unter einseitiger Bedekung des Kessels 5 bis 6 Stunden dauert, laͤßt man die Fluͤssigkeit (uͤber Nacht) erkalten und vereinigt sie dann in einer Gaͤhrungsstande oder einem Absazbottich, welcher alle 7 bis 8 Decocte aufnehmen kann. Man laßt sie hiebei durch ein Haarsieb laufen, um Holztheile, welche allenfalls durch den Hahn des Kessels drangen, zuruͤkzuhalten. Der Abkochkessel und alles Geraͤthe, welches mit dem Decoct in Beruͤhrung kommt, soll frei von Eisen seyn. 3) Das Decoct muß, wenn feurige und bestaͤndige Farben erzielt werden sollen, wenigstens 3 Wochen in Ruhe bleiben, nachdem man einen in etwas Decoct gemachten Kleister von 5 Pfund Staͤrke in dasselbe geruͤhrt hat. Waͤhrend dieser Zeit bildet sich auf der Oberflaͤche desselben ein schimmliger Ueberzug, und es sezt sich ein brauner Farbstoff auf dem Boden ab, welcher abgesondert werden muß. Die gegohrene Bruͤhe hat nun eine reinere roͤthlichere Farbe angenommen und ist heller; in diesem Zustande ist sie nun zum Ausfaͤrben anwendbar. Wuͤrde man das Fernambukdecoct vor der Gaͤhrung, also gleich nach dem Absezen des Kleisters verwenden, so erhielte man Farben, welche bei weitem nicht so feurig waͤren und mehr in Violett stechen wuͤrden; deßwegen pflegt man auch in den Faͤrbereien und Kattundrukereien den Fernambukabsud gewoͤhnlich altern zu lassen. II. Von der Farbengrundlage und Ausfaͤrbung derselben. Zur Farbengrundlage dient bei saͤmmtlichen genannten Farben ein Gemenge von schoͤner weißer kleberfreier Staͤrke und Kreide. Leztere muß eisenfrei, hoͤchst fein gemahlen, geschlaͤmmt, getroknet und durch Haarsiebe getrieben seyn. Bei der Ausfaͤrbung und zum Faͤllen der Farbe braucht man Alaun, welcher sehr fein zertheilt und eisenfrei seyn muß. Man loͤst daher den kaͤuflichen Alaun in Wasser zu einer concentrirten Lauge auf, welche man beim Erkalten in einem hoͤlzernen Bottiche mit einer Kruͤke stets bewegt, um den daraus anschießenden Alaun in Pulverform als Alaunmehl zu gewinnen, welches man dann von der Mutterlauge befreit, troknet, zerreibt und durch ein feines Haarsieb siebt, worauf es zu obigem Behufe tauglich ist. Das Ausfaͤrben der Grundlage fuͤr obige Farben geschieht, mag das Verhaͤltniß zwischen Kreide und Staͤrke seyn, welches es wolle, auf folgende Weise: Man bringt in jedes von vier hoͤlzernen Staͤndchen (welche 3 Schuh hoch, 2½ Schuh weit und mit mehreren Abziehzapfen versehen sind) 50 Pfund des unten angegebenen Gemenges von Staͤrke und Kreide. Sie werden dann nach einer Richtung mit A, B, C und D bezeichnet; in A wird sogleich so viel gelaͤuterte und durch ein Haarsieb gelaufene Fernambukbruͤhe geschoͤpft, als sie fassen kann und mit der eingewogenen Masse aufgeruͤhrt. Die Staͤrke und Kreide saugt von der Bruͤhe ein, und wenn man glaubt, daß sie gehoͤrig durchweicht seyn koͤnnten (beilaͤufig nach zwei Stunden), sezt man 2 Pfund Alaunmehl hinzu, worauf man das Ganze waͤhrend des Tags durch Aufruͤhren immer in Unruhe erhaͤlt. Die Nacht wird zum Absezen der so behandelten Fluͤssigkeit benuzt und dazu Alles in Ruhe gelassen. Nach Verlauf einer Nacht hat sich gewoͤhnlich die Staͤrke und Kreide abgesezt und man kann nun die viel heller gewordene Bruͤhe abziehen und in das Staͤndchen B bringen, worauf man sogleich A wieder mit frischem Fernambukvecoct fuͤllt. Man hat dann am zweiten Tag zwei Staͤndchen zu behandeln; A versezt man nach gutem Aufruͤhren wieder mit 2 Pfund, B aber nur mit 1 Pfund Alaunmehl, laͤßt wie den Tag zuvor bestaͤndig umruͤhren und uͤber Nacht die Fluͤssigkeit absezen. Dadurch wird nun die Farbbruͤhe in B noch mehr entfaͤrbt und der Niederschlag in A dunkler; um die Farbe noch hoͤher zu treiben, zieht man die hell gewordene Bruͤhe von B nach C und die von A nach B, waͤhrend in A wieder frisches Decoct kommt, dem dann nach dem Aufruͤhren mit der Staͤrke und Kreide wieder 2 Pfund Alaun beigegeben werden, B und C aber ½ Pfund. Nach Verlauf einer Nacht werden die Fluͤssigkeiten zum Uebertragen wieder abgezapft und die von C in D, die von B in C, die von A in B gebracht, A aber noch ein Mal mit neuem Decoct gefuͤllt. Es hat also das zuerst eingefuͤllte Decoct jezt die vier Staͤndchen A, B, C und D durchgegangen und ist fast vollkommen entfaͤrbt; es wird nun, da es der Benuzung nicht mehr werth ist, fortgelassen, waͤhrend der fernere Uebertrag von C nach D, von B nach C, von A nach B, und das Fuͤllen von A mit frischem Decoct fortgesezt wird, indem man jedes Mal nach dem Uebertrag in A 2 Pfund, in B, C und D aber 1 Pfund Alaun gibt, das Ruͤhren am Tage bestaͤndig unterhaͤlt und die Nacht zum Absezen benuzt. Da alle Decocte die vier Staͤndchen durchlaufen, so werden sie alle fast vollkommen entfaͤrbt, und der Bodensaz wird um so gefaͤrbter, je oͤfter er mit Decoct behandelt worden ist. Da in A immer das mit Farbstoff gesaͤttigte Decoct kommt, so wird hier die Farbe zuerst am dunkelsten; man nimmt sie daher heraus und bringt sie auf leinene Filter, sobald sie tief genug ist. In diesem Falle veraͤndert man die Buchstaben der Staͤndchen; man bringt naͤmlich in A eine neue Portion der Farbengrundlage, bezeichnet es aber nun mit dem Buchstaben D, und macht B zu A, C zu B und B zu C, worauf die Ausfaͤrbung wieder so bewerkstelligt wird, wie oben angegeben wurde. Man wird leicht einsehen, daß dieß die sicherste Methode ist, die Fernambukbruͤhe gehoͤrig zu entfaͤrben und der Farbengrundlage jede gewuͤnschte und erreichbare Tiefe zu geben. Starkes Ruͤhren befoͤrdert die Entfaͤrbung der Bruͤhe und das Absezen der Farbe; denn wenn es nicht lange genug unterhalten wird, so kann sich die aus der Kreide durch den Alaun freigemachte Kohlensaͤure nicht vollstaͤndig entbinden, wo sodann im Niederschlag Blasen zuruͤkbleiben, die bei der geringsten Beruͤhrung desselben aufstehen, und den Vodensaz aufwuͤhlen. Der auf das Filter gekommene Farbenbrei wird zuerst an der Luft und dann in einer Waͤrme von 32° R. getroknet; er bildet dann den gewoͤhnlichen Carmoisinlak, wenn der Grund aus 60 Theilen Staͤrke und 20 Theilen Kreide bereitet war; hingegen den Wiener-, Florentiner- und Kugellak oder auch das Neuroth, wenn bloß Staͤrke als Grundlage angewandt, und zur jedesmaligen Zersezung des Alauns concentrirte Potascheloͤsung waͤhrend des Ruͤhrens zugesezt wurde, bis die Farbe in Violett stach, also die Potasche vorherrschte. Leztere Farben muͤssen nun aber noch nuͤancirt werden. III. Von dem Nuͤanciren der in Violett stechenden Lake. Hiezu bedient man sich des salzsauren Zinnoxyduls, welches man erhaͤlt, wenn man eisenfreie Salzsaͤure von 10° Beaumé mit uͤberschuͤssigem reinem Zinn digerirt. Wenn man die schon mit einem Bindungsmittel angeruͤhrten violetten Lake mit dieser Zinnaufloͤsung versezt und durcharbeitet, so wird ihre Farbe je nach der Menge der angewandten Zinnsolution mehr in Roth, in Carmoisin, in Scharlachroth oder endlich in Braunroth uͤbergefuͤhrt; so daß man waͤhrend des Umruͤhrens durch langsam vermehrten Zusaz jede der erwaͤhnten Nuͤancen bei einiger Fertigkeit, die man in Beurtheilung des Verhaͤltnisses der nassen Farbe zur trokenen erlangt haben muß, leicht erzielen kann. Bindungsmittel fuͤr diese Farben sind: a) zu Kugellak und Paklak, welcher leicht seyn soll, in Terpenthinoͤl aufgeloͤstes weißes oder rothes Harz oder Colophonium, als zaͤher Firniß angewendet. Der Geruch desselben verliert sich durch das Troknen fast vollkommen, und wird eingehuͤllt durch Verwahrung der Kugeln in Kaͤstchen, worin eine Schale mit Lavendeloͤhl enthalten ist. b) fuͤr Wiener- und Florentinerlak, wovon ersterer in vierekige Stuͤkchen geschnitten, lezterer durch Trichter in Huͤtchen geformt wird, ein geringer Zusaz von Staͤrkekleister, wie beim Neuroth. Wenu die Farben aus Fernambuk glaͤnzend und feurig werden sollen, muß: 1) das zum Abkochen genommene Wasser moͤglichst rein seyn. Abkochungen mit Wasser, welches Alaun oder Potasche oder sonst ein Salz enthaͤlt, liefern zwar eine gesaͤttigtere, also dunklere Bruͤhe, aber in ihnen ist der Farbstoff schon zum Theil veraͤndert. Das verdampfte Wasser soll nie durch Nachgießen ersezt werdeu. 2) Das Decoct muß uͤber 3 Wochen alt seyn, bevor es verwendet wird. Es darf nie mit Eisen in Beruͤhrung kommen, so wie uͤberhaupt keine eisernen Geschirre bei Bereitung dieser Farben angewandt werden duͤrfen. c) der Alaun und die Kreide zum Praͤcipitiren muͤssen gleichsfalls eisenfrei seyn, eben so das Zinn und die Salzsaͤure, womit man die Zinnsolution bereitet. Leztere darf etwas, aber nicht zu viel freie Saͤure enthalten.