Titel: | Ueber ein System versezbarer oder beweglicher, bei verschiedenen Erdarbeiten anwendbarer Eisenbahnen. Von Hrn. Emil Dollfus. |
Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. LXIII., S. 321 |
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LXIII.
Ueber ein System versezbarer oder beweglicher,
bei verschiedenen Erdarbeiten anwendbarer Eisenbahnen. Von Hrn. Emil Dollfus.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen, No. 46.
Dollfus's System versezbarer oder beweglicher
Eisenbahnen.
Man benuzt in mehreren Gegenden bei der Ausfuͤhrung mannigfacher Erdarbeiten,
so wie auch bei der Ausbeutung von Steinbruͤchen und manchmal auch beim
Bergwerksbetriebe kleine versezbare oder bewegliche Eisenbahnen, welche den
Transport der verschiedenen Materialien und Producte außerordentlich erleichtern,
und die es moͤglich machen, daß man diese Bauten mit einer Ersparniß an Zeit
und Kosten ausfuͤhren kann, wovon sich jene, die sich nicht mit eigenen Augen
davon uͤberzeugten, kaum einen gehoͤrigen Begriff machen
duͤrften. Das was auf den bleibenden Eisenbahnen im Großen vorgeht, dasselbe
ergibt sich auch hiebei im Kleinen. Da man sich in unserer Gegend noch keiner derlei
Vorrichtung bediente, obschon sich manche Gelegenheit dazu ergab, so glaube ich der
Gesellschaft in Kuͤrze einen skizzirten Umriß einer solchen beweglichen Bahn
vorlegen zu muͤssen: und zwar in der Ueberzeugung, daß, wenn nur ein Mal ein
Versuch gemacht worden ist, man sich dieses Systemes uͤberall, wo sich
Gelegenheit dazu ergibt, ausschließlich bedienen duͤrfte.
Der Bau dieser beweglichen Bahnen ist ein hoͤchst einfacher, so daß er eben so
leicht verstaͤndlich als ausfuͤhrbar ist. Die beiden Bahnlinien sollen
mit Eisenstaͤben von beilaͤufig 27 Linien Breite, 6 Linien Dike und 6
bis 9 Fuß Lange gelegt werden, indem man ihnen von 3 zu 3 Fuß eichene Unterlagen von
5 bis 6 Zoll im Gevierte gibt, und indem man sie mittelst Falzen, welche 18 Linien
tief der Quere nach in diese Unterlagen geschnitten sind und worin sie mittelst
eines hoͤlzernen Pflokes fixirt werden, in Parallelismus und in
gehoͤriger Entfernung von einander erhaͤlt. Zum Transporte der
Materialien muͤssen Wagen oder Karren genommen werden, deren gußeiserne
Raͤder mit einem Randvorsprunge, welcher das Abweichen der Raͤder von
den Schienen verhindert, versehen sind. Die Aneinanderfuͤgung der Schienen
muß jederzeit so geschehen, daß die Enden von je zwei Schienen in der Mitte einer
Unterlage an einander graͤnzen.
Die Neigung der Bahnflaͤche haͤngt von dem Terrain, auf dem der Bau zu
fuͤhren ist, ab; sie kann eine sehr verschiedene seyn, ohne daß daraus ein
anderer Nachtheil als der erwaͤchst, daß die Wagen eine um so groͤßere
Zugkraft erfordern, je steiler der Abhang ist. Die Curve, die eine solche Bahn
beschreiben kann, haͤngt von der Entfernung der vorderen von den Hinteren
Wagenraͤdern ab; immer wird es gut seyn, diese Entfernung nicht gar zu kurz
zu machen, damit die Curve wenigstens einen Radius von 60 Fuß bekommt.
In horizontaler Richtung kann ein Arbeiter leicht einen mit 1000 Kilogr. beladenen
Wagen mit der Geschwindigkeit eines frei gehenden Menschen auf der Bahn vor sich her
schieben. Waren die zu transportirenden Gegenstaͤnde von großem Umfange, so
koͤnnte man anstatt der Wagen oder Karren leicht auch eine andere geeignete
Vorrichtung auf die Raͤder sezen.
Die Eisenstangen oder Schienen platten sich nach einiger Zeit in Folge des Drukes,
den sie erleiden, ab. Man kann sie dann mit geringem Kostenaufwands durch neue
ersezen, indem das Eisen nur wenig an Gewicht verliert, und bei der geringen
Formveraͤnderung, die es erleidet, beinahe eben so gut, wie ganz neues Eisen
verwendet werden kann. Uebrigens kann man die Schienen, bevor man sie auswechselt,
auch umkehren; auch kann man ihnen, wenn man will, wieder ihre fruͤhere
Gestalt geben, indem man sie an dem abgeplatteten Theile neuerdings einem
Schmiedeprocesse unterwirft.
Die Wagenraͤder muͤssen gehaͤrtet seyn, indem sie sich sonst zu
schnell abnuͤzen wuͤrden. Die Wagen oder vielmehr deren Kaͤsten
ruhen auf zwei Riegeln, in denen sie sich schaukeln, wenn man zum Behufe ihrer
Entleerung eine ihrer Fuͤgungen, welche sich in Charnieren bewegen,
geoͤffnet hat. Die Riegel sind auf einem hoͤlzernen Rahmen, der selbst
wieder auf den Raͤdern ruht, fixirt. Die beiden Seiten- oder
Laͤngentheile dieses Rahmens reichen um 1 Fuß oder 18 Zoll uͤber den
Wagen hinaus, so daß, wenn auch die Rahmen zweier Wagen mit ihren Seitentheilen an
einander stoßen, zwischen den beiden Wagen doch noch immer ein freier Raum von
2–3 Fuß bleibt, und daß also der den Wagen fortschiebende Arbeiter seinen
Plaz behalten kann, ohne daß er fuͤrchten darf gequetscht zu werden.
Die Raͤder, welche zu groͤßerer Sicherheit der Arbeiter innerhalb des
erwaͤhnten Rahmens anzubringen sind, muͤssen von den Achsen
unabhaͤngig umlaufen koͤnnen. Die Achsen selbst sollen in dem
Halsringe, in welchem sie mittelst eines Zapfens erhalten werden, umlaufen. Diese
doppelte Bewegung oder freie Reibung ist hauptsaͤchlich beim Durchfahren der
Curven noͤthig, indem dann die innerhalb angebrachten Raͤder gezwungen
sind minder schnell umzulaufen, als dieß mit den außerhalb befindlichen der Fall ist.
Uebrigens werden die Wagen bei dieser Anordnung der Theile auch weit leichter
laufen, indem sich immer der Theil, der am wenigsten Reibung erleidet,
naͤmlich die Achse oder das Rad, umdrehen wird.
Eine Streke von 100 Fuß einer solchen Bahn kommt in Muͤlhausen auf 400 Fr. zu
stehen. Ein vollkommen fertiger und beschlagener Wagen von der beschriebenen Art auf
250 Fr. Einfachere und leichtere, aber auch minder dauerhafte Wagen ließen sich
fuͤr 150 Fr. herstellen. Eine Bahn von 1200 Fuß (und eine groͤßere
lange duͤrfte selten noͤthig seyn) wuͤrde sich also mit 10
Wagen, eine Zahl, welche selbst fuͤr große Arbeiten ausreicht, auf
ungefaͤhr 7000 Fr. berechnen, und an Interessen und Unterhaltungskosten
jaͤhrlich gegen 1000 Fr. erfordern. Diese scheinbar große Summe wird Niemand
erschreken, wenn man bedenkt, daß sich bei der Anwendung einer solchen Bahn im
Vergleiche mit den gewoͤhnlichen Kosten eine Ersparniß von 75 Proc. an
Arbeitslohn ergibt, abgesehen von dem Gewinne, der daraus erwachst, daß die Arbeiten
unendlich rascher von Statten gehen. Uebrigens darf man nicht vergessen, daß man in
den meisten Fallen auch mit einer weit kuͤrzeren Bahnlaͤnge ausreicht,
und daß die Anlagekosten in demselben Maaße geringer ausfallen wuͤrden. Es
gibt daher gewiß wenige Faͤlle, in welchen diese Transportmethode nicht mit
großem Vortheile gegen die Fortschaffung der Materialien mit Schubkarren
ausgetauscht werden koͤnnte.
Ich schließe mit dem Wunsche, daß diese Mittheilung, in welcher durchaus nichts Neues
enthalten ist, von sehr vielen Bauunternehmern etc. beherzigt werden
moͤge.