Titel: Ueber die Fabrication des Strohpapiers; von Hrn. Piette, Besizer einer Papierfabrik in Dillingen.
Fundstelle: Band 64, Jahrgang 1837, Nr. LXXIII., S. 359
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LXXIII. Ueber die Fabrication des Strohpapiers; von Hrn. Piette, Besizer einer Papierfabrik in Dillingen.Aus den Verhandlungen des Vereins zur Befoͤrderung des Gewerbfleißes in Preußen. 1ste Lieferung 1837, S. 51. Piette, uͤber die Fabrication des Strohpapiers. Wenn man die verschiedenen Substanzen, bei welchen man die Moͤglichkeit vermuthet, Papier aus ihnen zu machen, betrachtet, so bemerkt man keine, welche mehr dazu geeignet zu seyn scheint, als Stroh. Es gehoͤrt, wie Hanf, Flachs und Baumwolle, zum Pflanzenreich, besteht wie Hanf und Flachs aus starken Langenfasern, ist wie sie der Faͤulniß wenig ausgesezt und laͤßt sich uͤberall um geringen Preis in großer Menge haben. Wir wollen daher genauer untersuchen, in wie weit das Stroh nach seiner natuͤrlichen Beschaffenheit wirklich zur Papierfabrication dienlich seyn kann, und welche Verrichtungen noͤthig sind, um es zu verarbeiten und zu bleichen. Eine Substanz, welche zur Papierfabrication geeignet seyn soll, muß sehr feine und fein zertheilte Fasern haben, welche von der Fluͤssigkeit durchdrungen werden koͤnnen, die man anwendet, um einen Brei aus ihnen zu machen. Diese Fasern muͤssen sich leicht von einander trennen lassen, ohne zu zerreißen und einen duͤnnen Brei geben, dessen Theilchen weich, fein und flokig sind; sie muͤssen sich von Neuem in einander schließen und nach ihrer Vereinigung durch Troknen fest werden. Bei der Untersuchung zeigt sich nun, daß das Stroh aus gelben Fasern besteht, die durch eine harzige Materie mit einander verbunden sind. Diese Materie loͤst sich in Alkalien auf. Die in Freiheit gesezten Fasern sind weich und flokig, wie die des Hanfes, lassen sich von Fluͤssigkeiten durchdringen, zu einem Brei umschaffen und wieder zu duͤnnen Blattern vereinigen. Es ist also vorauszusehen, daß es moͤglich ist, Papier aus Stroh zu verfertigen, und man hat auch daruͤber schon seit vielen Jahren eine Menge verschiedener, mit mehr oder weniger Erfolg gekroͤnter Versuche angestellt. Da aber sowohl die von mir in meinem Traité de la fabrication du papier angegebenen, als auch die von anderen empfohlenen Methoden, Papier aus Stroh zu verfertigen, mir großen Schwierigkeiten verbunden sind und eine besonders kostspielige Verarbeitung erfordern, so habe ich die Versuche wiederholt, um eine Abkuͤrzung jenes weitlaͤufigen Verfahrens zu finden, und im Großen danach zu arbeiten. Das Resultat meiner Versuche will ich hier mistheilen. Das Pflanzenreich liefert uns zweierlei Stroh, das von Getreide und das von Huͤlsenfruͤchten. Die erstere Art ist Stroh von Roggen, Weizen, Gerste oder Hafer, die zweite Art kommt von Bohnen, Erbsen oder Linsen. Der Mais reiht sich wegen seiner Blaͤtter, die man allein zur Verfertigung des Papiers gebrauchen kann, den Huͤlsenfruͤchten an. Dieser Ordnung nach wollen wir nun untersuchen: 1) wie man die einzelnen Arten von Stroh in ihrem natuͤrlichen Zustande zu Papier oder Pappendekeln verarbeiten kann, und welche Eigenschaften die so erhaltenen Producte haben; 2) wie man Stroh bleicht, um weißes Papier daraus zu erhalten. 1. Von der Verarbeitung des Strohes im natuͤrlichen Zustande. a) Getreidestroh. Einige vorlaͤufige Operationen, die man fuͤr jede Art von Getreidestroh anwenden muß, sind das Sortiren, das Schneiden und das Wannen. Viele Pflanzen, die im Getreide wachsen, widersezen sich den Mitteln, die man anwendet, um das Stroh zu erweichen und weiß zu machen; sie muͤssen also nothwendiger Weise entfernt werden. Das ausgesuchte Stroh wird in Stuͤke geschnitten, welche 2 bis 3 Linien lang sind. Dazu kann man mancherlei Maschinen gebrauchen, die bekannteste ist die gewoͤhnliche Haͤchsellade. Auf ihr kann ein Mann in 12 Stunden gegen 6 Entr. schneiden. Die angegebene Groͤße von 2 bis 3 Linien ist noͤthig, damit man die Gliedknoten besser von den Roͤhrchen scheiden kann. Laͤßt man die Knoten unter den Roͤhrchen, so erhaͤlt man ein unvollkommenes Product und leidet einen bedeutenden Verlust. Die Roͤhrchen verwandeln sich naͤmlich leichter in einen Brei, und wuͤrden beim Waschen groͤßten Theils verloren, wenn man die ganze Masse so verarbeiten wollte, daß auch die Knoten weich wuͤrden. Wenn aber die Knoten nicht hinreichend erweicht werden, so erhaͤlt man ein sehr rauhes Papier. Mit einer guten Wannmuͤhle, wie man sie gewoͤhnlich gebraucht, um das Getreide zu wannen, ist die Sonderung der Knoten von den Roͤhrchen leicht, da ein Mann und ein Kind in einer Stunde 4 bis 5 Cntr. wannen. Nach diesen vorlaͤufigen Verrichtungen fangen diejenigen an, welche zum Zwek haben, die Fasern des Strohes durch Zersezung der klebrigen Materie in Freiheit zu sezen. Versuche haben mir gezeigt, daß es voͤllig unmoͤglich ist, aus geradeweg gemahlenem Stroh Papier zu machen. Roggenstroh. Das Roggenstroh, welches an klebrigen oder harzigen Materien am reichsten und deßwegen am haͤrtesten ist, erfordert die meiste Arbeit, um jene Materie zu zerstoͤren, behaͤlt aber immer noch einen bedeutenden Theil derselben zuruͤk und liefert deswegen das haͤrteste Papier. Nachdem man das Stroh, wie wir oben bemerkt haben, sortirt, zerschnitten und gewannt hat, werden die Roͤhrchen in einem großen Kessel durch Dampf oder directes Feuer in reinem Wasser gekocht. Man druͤkt das Stroh ein und wendet einige Kraft an, um den Kessel so voll als moͤglich zu bringen, beschwert auch den Dekel. Wenn das Wasser anfaͤngt zu kochen, so drangt sich das Wasser nach Oben, bald aber sezt sich das Stroh so, daß es kaum mehr die Haͤlfte des Raums einnimmt. Man verstaͤrkt nun das Feuer, und laͤßt die Masse waͤhrend 3 Stunden kochen. Diese erste Operation, welche zum Zwek hat, das Stroh so zu erweichen, daß man es zu Halbzeug umarbeiten kann, um dessen Fasern fuͤr die Wirkung der Lauge vorzubereiten, nimmt dem Stroh seine natuͤrliche hellgelbe Farbe und aͤndert sie in rothbraun. Das Stroh ist zwar noch hart, hat aber wegen der Feuchtigkeit, die es ganz durchdringt, seine Elasticitaͤt verloren, und schon scheint die Oberhaut sich loszuheben. Das aus dem Kessel genommene Stroh wird nun wie die Lumpen in Halbzeug verwandelt, in eine Lauge von 2 Pfd. Potasche und 50 Pfd. frischen Kalk auf 100 Pfd. Stroh gebracht- und wieder waͤhrend 3 Stunden gekocht. Die Lauge, welche starker auf das in Halbzeug verwandelte Stroh einwirkt, hat nach diesen 3 Stunden ihre aͤzende Kraft verloren, nachdem sie angefangen hat die klebrige Materie zu zerstoͤren und die Roͤhrchen zu erweichen. Sie ist doch nicht hinreichend, um dem Roggenstroh die noͤthige Biegsamkeit geben zu koͤnnen. Deßwegen vermindert man nach 3stuͤndigem Kochen das Feuer, laͤßt die Lauge durch einen am Boden befindlichen Hahn ablaufen, dreht den Hahn wieder zu und gießt, ohne das Stroh wieder herauszunehmen, sogleich eine frische Lauge in den Kessel. (1 Pfd. Potasche und 30 Pfd. Kalk fuͤr 100 Pfd. Stroh). Nachdem die Masse 3 Stunden gekocht hat, wiederholt man noch zwei Mal die naͤmliche Operation mit derselben Lauge. Es kommen also k laugen auf das Stroh. Nach dem vierten Kochen ist das Stroh weich, die Fasern trennen sich von einander und geben nach ihrer Zermahlung einen gehoͤrigen Brei. Die Lauge hat die klebrige Materie des Strohes aufgeloͤst und fuͤhrt sie mit sich, wodurch sie syrupartig, dunkelbraun geworden ist, und einen Bodensaz liefert. Dieser besteht aus Strohtheilchen und den Substanzen, welche die Lauge und die harzige Materie bilden, als Potasche, Kalk, Kieselerde und mehreren Salzen. Obschon die Potasche bei den verschiedenen Laugen in geringer Quantitaͤt zugesezt wird, so wirkt sie doch merklich auf die klebrige Materie; wollte man keine Potasche anwenden, so wuͤrde das Stroh nicht ganz erweicht, und man erhielte kein vollkommenes Product. Was die Knoten betrifft, so werden sie auch in reinem Wasser, aber waͤhrend 12 Stunden gekocht, dann als Halbzeug, wie die Roͤhrchen, in die Lauge gebracht und sechs Mal hintereinander unter den naͤmlichen Umstaͤnden, wie jene gekocht. Dann lassen sie sich verarbeiten. Sie erfordern also beinahe noch ein Mal so viel Arbeit als die Roͤhrchen. Das Roggenstrohpapier ist gelblichbraun, hat eine außerordentliche Staͤrke und kann in mancher Hinsicht mit dem Pergament verglichen werden. Ungeleimt haͤlt es die Tinte beinahe so gut, wie ganz geleimtes Papier, besonders wenn der Zeug wenig gewaschen wurde, und die durch die Lauge aufgeloͤste Materie groͤßten Theils in der Masse zuruͤkbleibt. Es ist nicht so biegsam als Weizenstrohpapier, ist aber staͤrker und zu Pakpapier ganz besonders geeignet. Weizenstroh. Das Weizenstroh ist weicher, als das Roggenstroh. Es wird zuerst waͤhrend 3 Stunden in reinem Wasser gekocht, hierauf in Halbzeug verwandelt und 3 Stunden in einer Lauge von 2 Pfd. Potasche und 50 Pfd. frischem Kalk auf 100 Pfd. Stroh gekocht. Die Lauge wird abgegossen und noch zwei Mal (1. Pfd. Potasche und 30 Pfd. Kalk auf 100 Pfd. Stroh) erneuert. Dann ist das Weizenstroh ebenfalls brauchbar. Die Gliedknoten werden wie die des Roggenstrohes verarbeitet. – Das Weizenstroh zermahlt sich leicht, es bildet einen sehr magern Zeug, der auf der Form bald troknet und schnell verarbeitet seyn will. Das Papier hat eine helle, lebhaft gelbe Farbe, ist nicht so stark, als Roggenstrohpapier, bricht aber nicht so leicht, wenn man es biegt und hat auch einen, wiewohl schwaͤcheren, natuͤrlichen Leim. Gerstenstroh. Das Gerstenstroh naͤhert sich viel dem Weizenstroh, obschon es weicher und reicher an Blattern ist. Doch hat es das Eigene, daß seine Gliedknoten, wenn sie auch nicht so zahlreich sind, als bei dem anderen Stroh, vielmehr den Erweichungsmitteln widerstehen. Nachdem die Knoten in Wasser gekocht und in Halbzeug reducirt sind, werden sie mit 8 frischen Laugen waͤhrend 24 Stunden gekocht. Um die viele Muͤhe zu sparen, kann man die Gliedknoten nach dem ersten Kochen in einen Faulkeller werfen und waͤhrend 4 Wochen maceriren lassen, wie man fruͤher den Gebrauch fuͤr die Lumpen hatte. Die Roͤhrchen werden nach dreistuͤndigem Kochen in reinem Wasser in Halbzeug verwandelt, und noch ein Mal in 2 frischen Laugen hintereinander gekocht. Die Masse von Gerstenstroh arbeitet sich eben so leicht, als die von Weizenstroh. Das Papier ist etwas dunkler und hat ungefaͤhr die naͤmliche Staͤrke und den naͤmlichen Leim. Da es nun weniger Arbeit erfordert, so ist es dem Weizenstroh vorzuziehen, wenn man es uͤbrigens so billig haben kann. Haferstroh. Die Materie, welche die Fasern des Haferstrohes zusammenhaͤlt, ist nicht so reich an Bindungsstoff, als bei dem anderen Stroh, enthaͤlt weniger Salze, aber mehr Wasser und befindet sich darin in geringer Menge. Deßwegen ist dieses Stroh das zarteste und erfordert weniger Arbeit, um weich genug zu werden. Nachdem es sortirt, geschnitten, gewannt, in Wasser gekocht und in Halbzeug verwandelt ist, wird es ein Mal waͤhrend 3 Stunden in einer Lauge, die aus 2 Pfd. Potasche und 50 Pfd. Kalk bereitet ist, gekocht. Dann zerreibt es sich unter den Fingern und hat die erforderliche Biegsamkeit. Dieser Zeug verarbeitet sich noch leichter, als der von dem anderen Stroh, troknet so schnell, daß er anstatt auf dem Filz zu kleben, leicht an der Form hangen bleibt. Deßwegen muß er mit kaltem Wasser und schnell verarbeitet werden. Er gibt vorzuͤgliche Pappendekel, welche biegsam sind ohne zu brechen und eine gehoͤrige Staͤrke haben. Das Papier hat eine angenehme, hellgelbe Farbe, ist vielleicht nicht so stark als das fruͤher beschriebene, dient aber gut zum Einpaken und Schreiben und besizt eine natuͤrliche halbe Leimung. Da das Haferstroh so wenig Arbeit erfordert, so ist zu bedauern, daß man es nicht in großer Menge haben kann, indem es meistens zum Fuͤttern verbraucht wird. – Eben so ist es auch mit dem Stroh von Huͤlsenfruͤchten; manche Art derselben ist besonders zur Papierfabrication geeignet, aber nicht in bedeutender Masse vorhanden. b. Stroh von Huͤlsenfruͤchten. Obschon das Stroh von Huͤlsenfruͤchten, wenigstens das der Erbsen, Bohnen und Linsen, einige Aehnlichkeit mit dem Getreidestroh hat, so naͤhert es sich doch mehr dem Hanfstroh. Mit ihm hat es nicht nur die Fasern, und die klebrige Materie, sondern auch noch das gemein, daß es Sprossen gibt. Da es aber schwierig waͤre, die Fasern von den Sprossen zu trennen, und diese lezteren auch wegen der Hoͤhlung des Halms nicht so betraͤchtlich sind, so kann man alles zusammenlassen und verarbeiten. Die Sprossen bilden, wenn sie gemahlen sind, zwar kein Gewebe, doch tragen sie mit den Fasern gemischt zur Ausfuͤllung des Papiers bei und schaden seiner Staͤrke nur wenig. Die vorlaͤufigen Operationen, von welchen beim Getreidestroh die Rede war, das Sortiren, Schneiden und Wannen sind hier weder noͤthig, noch anwendbar; man findet darunter wenig fremde Pflanzen. Die Unregelmaͤßigkeit dieser Gewaͤchse laͤßt es nicht zu, sie wie Stroh in regelmaͤßige Stuͤkchen zu schneiden; auch sind die Knoten beinahe nicht haͤrter, als die Roͤhrchen und koͤnnen darunter bleiben. Das Stroh wird zuerst in unregelmaͤßige Stuͤke von 3 bis 8 Zoll gehakt, nachher durch einen gewoͤhnlichen Lumpenschneider, oder eine Maschine der Art zerrissen. Erbsenstroh. Dieses Stroh scheint durch einige besondere Eigenschaften zur Papierfabrication geeignet. Es hat an sich etwas Klebriges, welches den Leim des Papiers vermehren koͤnnte, seine Gliedknoten sind nicht so hart, seine Huͤlsen sind zart, die Blaͤtter sind es ganz besonders, und die Stengel haben wenig Holz. Um es gehoͤrig zu verbrauchen, muͤßte man die Gliedknoten, die Roͤhrchen, die Schoten und die Blaͤtter, jedes besonders, verarbeiten. Da dieses aber zu schwierig ist und man selbst die Stengel nicht einmal absondern kann, so muß alles zusammen verarbeitet werden, natuͤrlich mit der Gefahr viel von der feinen Masse zu verlieren und kein so vollkommenes Product zu erhalten. Obschon die Huͤlsen und die Blaͤtter des Erbsenstrohs weich sind, so muß doch das Ganze wegen der Stengel, der Roͤhrchen und der Knoten, einer ziemlich langen Reihe von Manipulationen unterworfen werden, um zur Papierfabrication brauchbar zu seyn. Nachdem alles zerschnitten, waͤhrend 3 Stunden in reinem Wasser gekocht, und zu Halbzeug umgearbeitet worden ist, wird es in eine Lauge gebracht, wo fuͤr 100 Pfd. Stroh 2 Pfd. Potasche und 60 Pfd. Kalk genommen werden. Die Lauge wird nach dreistuͤndigem Kochen abgegossen und noch zwei Mal und zwar mit 1 Pfd. Potasche und 50 Pfd. Kalk erneuert. Der staͤrkere Zusaz von Kalk hat zum Zwek die Stengel so zu erweichen, daß sie im Hollaͤnder ganz fein zerrieben, und mit dem Waschwasser groͤßten Theils ausgeschwemmt werden. Deßhalb muß man auch das Stroh von Erbsen, Bohnen und Linsen langer waschen, als das andere Stroh. Das Erbsenstroh zermahlt sich leicht, arbeitet sich gut auf der Form, troknet schnell ein, und gibt ein rothgelbes Papier von ziemlich angenehmem Aussehen. Wenn es nicht in einer zu starken Lauge gekocht ist, so bemerkt man, wenn man es durch das Licht betrachtet, in seinem Gewebe einen Theil von den nicht zerriebenen Stengeln. Es sieht nur dann gleichfoͤrmig aus, wenn das Stroh gehoͤrig gekocht, rein zermahlen und gut ausgewaschen wurde. Fuͤr Pakpapier ist dieses freilich nicht noͤthig, kann aber bei weißem Papier nicht unterlassen werden. Das Papier von Erbsenstroh ist uͤbrigens fest, bricht nicht, wenn man es zusammenfaltet, und ist als Pakpapier recht brauchbar. Bohnenstroh. Das Stroh der welschen Bohnen gibt ein hellbraunes Papier, von geringer Festigkeit; durch einen Zusaz von Lumpen erlangt es hinlaͤngliche Starke, um zu Pakpapier zu dienen. Dieses Stroh enthaͤlt mehr Stengel, als das Erbsenstroh; es braucht darum eine Lauge mehr, muß feiner gemahlen werden, und verarbeitet sich nicht so leicht. Bei ihm ist der besondere Umstand, daß das Wasser, in welchem man es kocht, statt wie bei jedem anderen Stroh gelblichroth zu seyn, ins Graue faͤllt. Durch Alkalien bekommt es die braune Farbe. Die graue Farbe kommt daher, daß die oberste Haut des Bohnenstrohs schwarz wird, wenn es eine Zeit lang gelegen hat, und die inneren Theile weiß bleiben. Das Bohnenstroh ist leicht zu bleichen und verdient in dieser Hinsicht beachtet zu werden. Linsenstroh. Das Linsenstroh naͤhert sich sehr dem Erbsenstroh; seine Fasern haben die naͤmliche Gestalt und beinahe die naͤmliche Farbe, sie bilden auch einen magern Zeug. Er hat aber mehr holzige Theile und kann deßwegen, obschon wie Erbsenstroh verarbeitet, doch fuͤr sich kein Papier geben. Mischt man es aber mit eben so viel Zeug von Lumpen; so gibt es ein rothgelbes, ziemlich starkes Pakpapier. Maisstroh. Weit fester und von einer ganz anderen Beschaffenheit sind die Blaͤtter des Mais. Nachdem man sie geschnitten, in Wasser gekocht und in Halbzeug umgearbeitet hat, werden sie mit 40 Pfd. Kalk und 1 Pfd. Potasche gelangt. Dieses ist hinreichend, um die harzigen Theile zu zerstoͤren. Der Zeug mahlt sich etwas schwieriger, arbeitet sich nicht so leicht auf der Form und zieht sich waͤhrend des Troknens sehr zusammen, gibt aber ein festes Papier, welches viele Aehnlichkeit hat mit dem Pergament- oder Lederpapier, und fast die naͤmliche Starke besizt. Seine Farbe ist schmuzig gelb. Es ist reicher an natuͤrlichem Leim, als das andere Strohpapier und bleibt, auch wenn es geglaͤttet wird, rauh beim Schreiben. Beim Reiben bricht es. Zu Pakpapier und Pappendekel waͤre dieses Stroh das vorzuͤglichste, wenn man es recht in Menge haben koͤnnte. Wir haben nun gesehen, daß eine jede Art von Stroh, besonders verarbeitet, in ihrem natuͤrlichen Zustand durch einfache, leichte und wohlfeile Arbeit zur Papierfabrication brauchbar wird. Es zeigte sich, daß das Roggenstroh wegen seiner Menge und seiner Beschaffenheit vorzuziehen ist- und daß Stroh von Weizen, Gerste und Hafer zwar weniger Arbeit erfordern, aber kein so festes Product geben. Erbsenstroh ist brauchbar zu Pakpapier, Bohnenstroh laͤßt sich gut bleichen; vom Linsenstroh ist wenig zu hoffen. Maisstroh ließe sich mit vielem Vortheil verarbeiten, wenn es leichter zu haben waͤre. Es bleibt nun die Frage uͤbrig: wie man die verschiedenen Alten Stroh bleichen koͤnne, um sie so gut wie Lumpen zu feinem Papier anzuwenden. Vorher wollen wir aber noch einige allgemeine Bemerkungen uͤber die Fabrication des Strohpapiers uͤberhaupt mittheilen. Je nachdem das Stroh im Hollaͤnder gemahlen, oder im Hammerstok gestampft wird, zeigt sich ein auffallender Unterschied im Papier. Wenn es naͤmlich im Hammerstok, wo es 8 bis 10 Stunden gehen muß, gewaschen und zerrieben wird, so hat das Papier ein oͤhliges Ansehen, ist durchsichtig, gleichfoͤrmig, frei von Knoten und ungeriebenem Zeug, klingender und staͤrker. Wird es aber im Hollaͤnder gemahlen, so braucht es zwar nur 2 Stunden, das Papier hat das oͤhlige und durchsichtige Ansehen nicht, es hat aber nicht die naͤmliche Starke, bricht eher und zeigt ein ungleiches Gewebe. Die Ursache dieser Erscheinung laͤßt sich wohl einsehen. Im Hammerstok wird das Stroh zerquetscht und nicht zerschnitten, daher bleiben seine Fasern laͤnger. Diese laͤngeren Fasern vereinigen sich leicht und bilden darum ein kernhaftes Papier. Durch das lange Zerreiben verschwinden alle Knoten und die in den Pflanzen enthaltene oͤhlige Materie wird auch dadurch frei. Im Hollaͤnder wird dagegen das Stroh mehr zu kurzen und koͤrnigen Fasern zerschnitten. Diese schlingen sich nicht so durcheinander, sezen sich vielmehr uͤbereinander und geben darum kein so festes und gleichfoͤrmiges Fabricat. Da nun das Pakpapier stark und fest seyn muß und ein oͤhliges Ansehen ihm nichts schadet, so muß man dafuͤr den Hammerstok gebrauchen; fuͤr weißes Papier ist aber das oͤhlige Ansehen schaͤdlich, darum kann fuͤr solches nur der Hollaͤnder angewendet werden. Mischt man aber mehr oder weniger Lumpen mit dem Stroh, so ist es einerlei, wo man dasselbe mahlt. Geschieht es im Hollaͤnder, so erhaͤlt es doch seine gehoͤrige Staͤrke; geschieht es in der Stampfmuͤhle, so verliert sich das oͤhlige Ansehen. Auch ist es in keinem Fall und bei keinem Stroh schaͤdlich, wenn man ihm Lumpen beimischt. Der Fabrikant muß dieses nach seinen Umstaͤnden ermessen. So ist es auch mit dem Kochen im Wasser und in heißen Laugen. Dieses ist nicht noͤthig und laͤßt sich durch ein mehr oder weniger langes Eintauchen in Wasser und Lauge ersezen. In diesem Fall legt man das Stroh waͤhrend 14 Tagen in Wasser, verwandelt es in Halbzeug und wirft es dann in die Lauge. Hier bleibt es 3 bis 8 Wochen, je nachdem es hart ist. Die Lauge wird alle 8 Tage erneuert und jeden Tag durcheinander geruͤhrt. Steht aber das Brennmaterial nicht zu hoch und erlauben es die Umstaͤnde, so ist es immer besser, das Stroh durch Kochen zu behandeln. Dieses kostet nicht so viel Arbeit und erfordert weniger Zeit. Der Zeug wird mehr zart und verursacht weniger Verlust. Der Verlust haͤngt sehr davon ab, wie der Zeug gewaschen wird; aber auch hier kann man, wie wir bald sehen werden, die Sache so einrichten, daß er doch nur unbedeutend ist. 2. Vom Bleichen Die Hauptmittel, welche sich zum Bleichen des Strohes darbieten, sind: Potasche und Soda, Schwefelsaͤure, Salpetersaͤure, Salzsture und Chlor. Das Chlor wird auf eine dreifache Art gebraucht, luftfoͤrmig, an Wasser gebunden, oder mit einer Base, z.B. Natron und Kalk verbunden. Da man in Fabriken das Einfachste suchen und so viel als moͤglich weitlaͤufige Processe, besonders chemische, die immer schwierig sind, zumal wenn der Fabrikant sind nicht eigens damit beschaͤftigen kann, vermelden muß, so ziehe ich das mit Kalk oder Natron verbundene Chlor dem anderen vor, ohne jedoch dieses ganz auszuschließen. Nichts ist leichter, als der Gebrauch dieser Mittel. Die Weise, diese Salze zu bereiten und ihre Aufloͤsung zu machen, findet sich in allen technischen Buͤchern und ich kann dorthin verweisen. Die erste Methode das Stroh zu bleichen, ist diese: Nachdem es, wie oben beschrieben, gekocht, in Halbzeug reducirt und gelaugt ist, wird es in eine Natronlauge gelegt (5 Pfd. Soda auf 100 Pfd. Stroh); hier bleibt es 24 Stunden, dann wird es ausgewaschen und kommt in ein schwefelsaures Bad (3 Pfd. Saͤure auf 100 Pfd. Stroh). Die zwei Baͤder werden wiederholt und die Masse zwischen jedem gut ausgewaschen. Nun wirft man das Stroh in eine Aufloͤsung von Chlorkalk (8 Pfd. Chlorkalk auf 100 Pfd. Stroh). Wir ziehen den Chlorkalk dem Chlornatron vor, da er kraͤftiger und billiger ist. In dieser Aufloͤsung laͤßt man den Zeug 24 Stunden und ruͤhrt ihn alle 6 Stunden um. Dann ist das Stroh gewoͤhnlich weiß. Sollte dieses aber der Fall nicht seyn, was von der Art des Strohes abhaͤngt, so muͤssen die verschiedenen Operationen wiederholt werden, bis es die gehoͤrige Weiße besizt. Der Verlauf dieser Arbeiten liefert einige interessante Beobachtungen. In den Laugen hat der Zeug eine mehr oder weniger braungelbe Farbe; kommt er ins Natronbad, so wird diese dunkel, aus dem Rothen ins Gelbe ziehend. In der Saͤure wird diese weißgelb. Kommt er von da wieder in das Natron, so wird sie wieder roͤthlich, dann in der Saͤure wieder weißgelb, jedoch wird bei jedem Bad die Farbe, welche sie auch seyn mag, schwaͤcher, bis sie endlich durch den Chlorkalk ganz zerstoͤrt wird. Zuweilen sind diese ploͤzlich entstehenden Farben sehr stark, dieses haͤngt von der Menge des Alkalis, der Saͤure, oder des Chlors ab. Es ist noͤthig, sich an die angegebenen Verhaͤltnisse der bleichenden Stoffe zu halten, da, wenn man zu wenig davon anwendet, der Zeug nicht weiß wird, und wenn man zu viel davon nimmt, andere Nachtheile entstehen. Zu viel Alkali gibt dem Zeug eine braunrothe Farbe, die man ihm nicht mehr nehmen kann, zu viel Saͤure verbrennt den Stoff, zu viel Chlor erfordert ein langes Waschen und schadet dem Papier. Die oben angegebenen Verhaͤltnisse zeigten sich mir nach vielen Versuchen als die richtigsten. Es ist noͤthig, zwischen jedem Bad die Strohmasse gehoͤrig zu waschen und sie jedes Mal von dem Alkali, von der Saͤure und von dem Chlorkalk zu befreien. Geschieht dieses bei dem ersten nicht, so neutralisirt sich das Alkali durch die Saͤure, und diese bleibt ohne Wirkung; bleibt Chlorkalk im Stoff, so zieht dieser die Feuchtigkeit der Luft an und zerstoͤrt nach und nach das Papier. Aber dieses Waschen ist beim Bleichen das Schwierigste, es mag nun im Hollaͤnder, im Hammerstok, oder in Buͤtten geschehen. Es ist immer langweilig und mit Nachtheil verbunden. Wird naͤmlich der Zeug im Hollaͤnder oder im Hammerstok gewaschen, was nur da geschehen kann, wo noch Kraft uͤbrig bleibt die anderen Maschinen zu betreiben, so geht gar viel von dem Zeug verloren. Er wird naͤmlich dabei immer noch mehr zertheilt, die feinsten Theile gehen mit dem Wasser fort, und oft geben 100 Pfd. Stroh kaum 20 Pfd. Papier. Will man aber den Zeug in Buͤtten, oder sonst in Gefaͤßen waschen, so hat man eine lange weitlaͤufige Arbeit und erhaͤlt doch nur ein unvollkommenes Resultat. Der Verein fuͤr Gewerbfleiß in Preußen sezte in den Verhandlungen vom Januar und Februar 1831 demjenigen Papierfabrikanten die silberne Denkmuͤnze und 100 Thaler aus, welcher bei der Anwendung des Chlors, oder Chlorkalks, als Bleichmittel der Lumpen, oder des Papierstoffes folgendes Verfahren, um die lezten Spuren des Chlors und der Schwefelsaͤure aus dem Zeug zu entfernen, einer genauen Pruͤfung unterwerfen und zugleich ermitteln wuͤrde, wie es am besten ausgefuͤhrt werden koͤnnte, und dann die Resultate dieses Verfahrens, in Vergleich zu dem gewoͤhnlichen bei der Anwendung der Chlorbleiche, sowohl hinsichtlich des Kostenpunkts, als der Vorzuͤge des Fabricats am vollstaͤndigsten nachweisen wuͤrde. „Die mit Chlor oder Chlorkalk gebleichten Lumpen, oder der Papierstoff wird mit Wasser gewaschen, darauf mit verduͤnnter Schwefelsaͤure behandelt, um Kalk und Eisenoxyd zu entfernen, hierauf wieder mit Wasser ausgewaschen, dann mit reiner Natron lauge, um die noch ruͤkstaͤndige Saͤure zu neutralisiren. Ist dieses geschehen, so wird im Hollaͤnder, oder einer anderen Vorrichtung, gehoͤrig nachgewaschen, um alle Salztheile vollkommen zu entfernen.“ Ich bin uͤberzeugt, daß man auf die angegebene Weise seinen Stoff von Saͤure, Chlor oder sonstigen fremden Theilen befreit, aber welche Reihe von Manipulationen, wie viele Auswaschungen sind erforderlich! Hr. H. W. v. Kurrer schlaͤgt vor: die Masse in nicht zu eng geflochtenen Weidenkoͤrben in den Bach, oder in Flußwasser zu bringen, und sie mit Stoͤken so lange zu waschen, bis man denkt, daß sie frei von Saͤuren oder Chlor sey; oder noch besser, statt der Weidenkoͤrbe hoͤlzerne Kasten, gleich den Fischkasten, zu nehmen, welche an den drei das Wasser beruͤhrenden Waͤnden viele Loͤcher haͤtten, damit das unreine Wasser beim Auswaschen schnell ablaufen, und durch frisches stets ersezt werden koͤnne. In diesem Kasten wird die Rasse vermittelst hoͤlzerner Stoͤßer ausgestoßen und gut gewaschen. In meinem genannten Werk gab ich selbst folgende Methode an, die mir vortheilhaft scheint. Man verfertigt eine runde Kiste aus Drahtgewebe, macht durch sie eine Are und legt die Zapfen dieser Are so auf Pfannen, daß der Kasten wenigstens der Haͤlfte nach wagerecht im Wasser liegt. Nun laͤßt man ihn durch irgend eine Vorrichtung, z.B. einen ledernen Riemen, oder eine Kette, in Verbindung mit dem Wasserrad bestaͤndig herumtreiben. So wird die Masse ohne Muͤhe recht gut gewaschen. Erlauben die Umstaͤnde es nicht, dieses Verfahren anzuwenden, so kann man eine vierekige Buͤtte auf dem Boden mit einem Drahtgewebe versehen, und in dieser einen Zeugruͤhrer anbringen, der auf irgend eine Weise bestaͤndig gedreht wird. Ein regelmaͤßiger Wasserstrom bringt fortwaͤhrend so viel Wasser in die Buͤtte, als durch das Drahtgewebe herausfließt. Die Masse wird dann in der Buͤtte durch den Ruͤhrer in bestaͤndiger Bewegung gehalten, und ohne kostspielige Weit ausgewaschen. Zwei oder drei Buͤtten sind hinreichend, um in wenig Zeit eine große Menge Stroh ohne vielen Verlust zu waschen. Man kann die Operation so lange fortsezen, bis Reagentien zeigen, daß die Masse weder Alkali, noch Saͤure, noch Chlor enthaͤlt. Es mag nun mit diesen verschiedenen Waschmethoden, die immer ihre Schwierigkeiten behalten, seyn wie es will, so waͤre es in jedem Fall gut, wenn man sowohl bei Stroh, als bei Lumpen, das Waschen vermindern, oder ganz entbehren koͤnnte. Ich habe vor, fuͤr diesen Zwek einige Versuche zu machen, und will daruͤber vorlaͤufig einige Worte sagen. – Wenn man eine Methode finden koͤnnte, das Stroh auf ein Mal zu bleichen, so waͤre die Sache sehr vereinfacht und nur ein einmaliges Waschen noͤthig. Dazu kann man nur durch gasartiges Chlor, schweflige Saͤure, oder durch Entwikelung des Chlors aus dem Chlorkalk mittelst einer Saͤure gelangen. Bedient man sich des Chlors im gasfoͤrmigen Zustand, so richtet man eine lustdicht verschlossene Buͤtte vor, in welche man das Stroh, nachdem es in Wasser gekocht, in Halbzeug reducirt, in Kalk und Potasche gelaugt und so ausgepreßt wurde, daß es nur etwas feucht ist, auf hinlaͤnglich geraͤumige Horden legt. Diese Horden sind von hoͤlzernen, oder bleiernen, vielfach durchloͤcherten Roͤhren umgeben, aus welchen das in sie aus den Entwiklungsflaschen geleitete Gas uͤber den Zeug stroͤmt. Das Gas greift das Stroh an, die Farbe verschwindet, und es behaͤlt nur ein gelblichweißes Ansehen, welches sich verliert, wenn man den Zeug, ohne ihn zu waschen, in ein Bad von verduͤnnter Schwefelsaͤure bringt. Diese rasche Bleiche erfordert aber besondere Sorgfalt, und einige Kenntnisse bei der Bereitung des Chlors. Auch ist oft nur ein Theil der Masse weiß, der andere mehr oder weniger gelb, indem das Chlor sich nicht gleichfoͤrmig verbreitet und einen Theil mehr als den anderen angreift. Greift es zu viel an, so verbrennt es den Stoff und gibt ihm eine gelbliche Farbe, die ihm nicht mehr zu entziehen ist. Die schweflige Saͤure zeigt ungefaͤhr die naͤmlichen Erscheinungen. Man legt auch das wie oben zubereitete Stroh auf Horden in einen dichten Kasten und sezt diesen mit der Muͤndung einer mit Schwefel gefuͤllten, durch irgend eine Vorrichtung erhizten Retorte in Verbindung. Das Stroh wird durch die schweflige Saͤure angegriffen, verliert etwas von der Starke seiner Farbe, wird aber erst ganz weiß, wenn es 12 Stunden der Wirkung der Saͤure unterworfen war. Diesen beiden, obschon schnellen Bleichmethoden wird man diejenige vorziehen, wo durch irgend eine Saͤure das Chlor aus dem Chlorkalk entwikelt wird. Nachdem das Stroh gehoͤrig zubereitet ist, wird es in ein schwefelsaures Bad geworfen (3 Pfd. Saͤure auf 100 Pfd. Stroh). Nach zwoͤlfstuͤndigem Weichen ist die Saͤule in den Zeug gedrungen und das Bad enthaͤlt keine Kraft mehr. Es wird abgegossen, uͤber die Masse sogleich eine Aufloͤsung von Chlorkalk gebracht, und das Ganze durch einander geruͤhrt. Das Chlor entwikelt sich augenbliklich und in solcher Menge, daß man besonders Acht haben muß, um sich vor seinem schaͤdlichen Einfluß auf die Gesundheit zu bewahren. Es ist nicht leicht zu bestimmen, in welchen Verhaͤltnissen man den Schwefel und den Chlorkalk nehmen soll, da man Chlorkalk von 50 bis 100 Proc. hat. Darum ist es zwekmaͤßig, die Staͤrke des Chlorkalkes zu kennen, da ein Atom Saͤure ein Atom Kalk zersezt, also die Operation nicht gelingt, wenn mit schwachem Chlorkalk wenig Saͤure gebraucht wird, oder wenn man zu viel Saͤure nimmt. In diesem lezteren Fall entwikelt sich kein Chlor, wahrscheinlich wegen der besonderen Weise, auf welche die großen Quantitaͤten wirken. Man muß also mit Huͤlfe eines Chlorometers die Kraft des Kalkes untersuchen und nach seiner Starke die Saͤuren vermehren oder vermindern. Das Chlor zerstoͤrt bei seiner Entwikelung die Farbe des Strohes gaͤnzlich; die Saͤure verbindet sich mit dem Kalk und bildet Gyps, welcher, wenn die Operation gut gefuͤhrt ist, sich in kaum sichtbaren Theilchen niederschlagt. Nimmt man zu viel Kalk und Saͤure, so enthaͤlt die Masse zu viel Gyps, das Papier ist mit grauweißen Puͤnktchen besezt und unbrauchbar. Um diesen Umstand zu vermeiden, kann man statt der Schwefelsaͤure eine Saͤure nehmen, die mit Kalk ein aufloͤsliches Salz bildet, z.B. Salzsaͤure, Salpetersaͤure, oder Essig, da die mit diesen Saͤuren gebildeten Kalksalze im Wasser leicht loͤslich sind. In diesem Fall aber ist die Arbeit dadurch etwas schwierig, daß die Gegenwirkung des Chlors bei einem aufloͤslichen Salz nicht so leicht, als bei einem unaufloͤslichen geschieht, jedoch ist sie sicher, da das Chlor zu dem Wasserstoff, welcher ein Bestandtheil der Pflanzenfarben ist, und Kalk zu den Saͤuren groͤßere Verwandtschaft hat. Die Operation muß in diesem Fall ister wiederholt werden. Obschon zu diesem Zwek jede Saͤure mehr oder weniger dienlich ist, so ziehe ich doch die Salzsaͤure wegen ihres geringen Preises und ihrer groͤßeren Starke vor, und arbeite damit, wie mit der Schwefelsaͤure. Wo aber die Saͤure theuer ist, kann man das Stroh zuerst der Wirkung der schwefligen Saͤuren aussezen, wie oben beschrieben, und dann in die Chlorkalkaufloͤsung werfen. Es bildet sich ein aufloͤsliches, schwefligsaures Kalksalz und das Stroh wird eben so weiß. Diese zulezt genannten Bleichmethoden ersparen den groͤßten Theil der Arbeit, da bei ihrem Gebrauch nur eine Waschung noͤthig ist. Obschon auch sie mit einigen Schwierigkeiten verbunden sind und manche Arten Stroh, besonders die weichen, leicht zu stark angreifen, so ziehe ich dieselben doch uͤberhaupt den anderen Methoden vor und rathe, nach langer Beobachtung, fuͤr die verschiedenen Arten Stroh folgende Bleiche an. Die starke Farbe des Roggenstrohs muß durch das gasfoͤrmige Chlor, oder die Zersezung des Chlorkalks durch Schwefelsaͤure, zerstoͤrt werden. Die Masse behaͤlt in jedem Fall eine etwas gelbliche Faͤrbung, welche man ihr durch ein Bad von verduͤnnter Schwefelsaͤure und durch einen schwachen Zusaz von Blau benimmt. Weizenstroh bleicht sich leicht auf die zu allererst beschriebene Weise; noch leichter durch die Zersezung von Chlorkalk vermittelst Salzsaͤure. Weizenstroh ist am zwekmaͤßigsten zum Bleichen, und Roggenstroh ist am besten zum natuͤrlichen Gebrauch. Gersten- und Haferstroh bleichen sich wie Weizenstroh, jedoch etwas schwieriger. Die gelblichweiße Farbe, welche sie nach der Bleiche behalten, verbessert man durch einen Zusaz von Blau. Erbsenstroh wuͤrde, wegen der Zartheit seiner Fasern, die zuerst beschriebene Bleiche erfordern, muß aber wegen der Staͤrke seiner Farbe durch Chlorgas gebleicht werden. Bohnenstroh im Gegentheil bleicht sich sehr leicht durch jene Baͤder. Es verliert schon in der Saͤure einen Theil seiner Farbe, welche der Chlorkalk ganz zerstoͤrt. Ware dieses Stroh haͤufiger, so koͤnnte man es im Großen zur Verfertigung von weißem Papier benuzen. Das Linsenstroh verhalt sich beim Bleichen wie das Erbsenstroh. Das Maisstroh, welches schon das vorzuͤglichste Stroh zur Bereitung des Pakpapiers ist, bleicht sich durch Zersezung des Chlorkalks leicht. Es erhaͤlt eine angenehme Weiße und kann, wenn man es im Hollaͤnder mahlt, das feinste Papier liefern. Also kann man jede Art Stroh bleichen, um sie zu weißem Papier zu benuzen, so gut wie man sie ungebleicht zu gewoͤhnlichem Papier verarbeiten kann. Allein dieser Bleiche bedarf es kaum, da mehrere Sorten von Strohpapier, ich nenne nur das von Haferstroh, im ungebleichten Zustand eine so angenehme und helle Farbe haben, wie die Weiße bei feinem Lumpenpapier nur seyn mag. Es waͤre mein Wunsch, daß wakere Fabrikanten diese meine Versuche pruͤfen und sie nach ihrer Meinung und ihren Umstaͤnden in Anwendung bringen wollten. Schwierigkeiten duͤrfen nicht abschreken; Beharrlichkeit und Muth vollenden mehr, als man erwartet. Die Fortschritte der Civilisation fordern von uns, daß wir fruͤhzeitig dem ihr durch den bevorstehenden Mangel an Material fuͤr Papier drohenden Hemmnissen begegnen und auch der Hand der Unbemittelten dieses unerlaͤßliche Agens fuͤr alle Bildung in Kunst und Wissenschaft um geringen Preis darbieten. Eine milde, alles Gute stuͤzende und hebende Regierung, ein sicherer Friede, vortheilhafte Vertraͤge fuͤr den vaterlaͤndischen Handel, Alles unterstuͤzt uns dazu.