Titel: Ueber den Patentgasbrenner des Hrn. Hutchinson.
Fundstelle: Band 65, Jahrgang 1837, Nr. XI., S. 39
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XI. Ueber den Patentgasbrenner des Hrn. Hutchinson. Aus dem Mechanics' Magazine, No. 716. Mit Abbildungen auf Tab. I. Ueber Hutchinson's Patentgasbrenner. Welche vortrefflichen Eigenschaften die Substanzen, deren wir uns zur Erzeugung von kuͤnstlichem Lichte bedienen, auch haben moͤgen, so beduͤrfen sie doch mechanischer Beihuͤlfe, um ihre Flamme vollkommen leuchtend zu machen. Die große Mannigfaltigkeit der Lampenbrenner und der uͤbrigen bei der Lichterzeugung gebraͤuchlichen Apparate zeigt hinreichend von der Aufmerksamkeit, die man diesem Gegenstande schenkte, und welche er auch in hohem Grade verdiente. Dagegen ist es merkwuͤrdig, daß nur sehr wenige wirklich wissenschaftlich gebildete Maͤnner sich mit Erforschung der Theorie des kuͤnstlichen Lichtes beschaͤftigten; denn mit Ausnahme der Werke von Argand und Graf Muͤnster, die so viel zur Aufklaͤrung dieses Gegenstandes beitrugen, wuͤßte ich nicht, daß noch irgend ein anderes analytisches Werk hieruͤber besteht. Den Forschungen dieser Physiker verdanken wir eine so ziemlich genaue Kenntniß der Physik des kuͤnstlichen Lichtes, und auf diese fußen sich auch beinahe alle die vorzuͤglicheren Verbesserungen, die an den Lampen gemacht wurden. Die große Summe, welche jaͤhrlich auf Beleuchtung verwendet wird, muß nothwendig zur Erfindung solcher Apparate, die diesen Aufwand beschraͤnken, anspornen; besonders da, wie mir scheint, ein großer Theil unserer dermaligen kostspieligen Apparate entbehrlich ist, ohne daß deßhalb die Quantitaͤt des aus dem Brennmateriale erzielten Lichtes auch nur im Geringsten vermindert wuͤrde. Nach meiner Ansicht kann man den fraglichen Zwek erreichen, wenn man einen Brenner nach jenen Principien verfertigt, die in der Chemie zum Behufe der Regulirung der Vermengung brennbarer Fluͤssigkeiten allgemein angenommen sind. Es ist bekannt, daß weder das reine, noch das gekohlte Wasserstoffgas, welche beide in den Gaswerken aus Oehl oder Steinkohlen entbunden werden, ein reines und glaͤnzendes Licht geben koͤnnen, ausgenommen man bringt mit dem entzuͤndeten Gase eine hinreichende Quantitaͤt atmosphaͤrischer Luft in Verbindung. Argand, der dieß sehr wohl erkannte, kam durch die Beobachtungen, welche er hieruͤber anstellte, auf seine beruͤhmt gewordene Lampe; vor ihm wurde in Folge der Unvollkommenheit der Lampen eine ungeheure Menge der zur Beleuchtung verwendeten Substanzen verwuͤstet. Diese Lampe ist so allgemein bekannt, daß ich nur zur Verstaͤndigung des weiter unten Folgenden das Princip, auf dem sie beruht, in Kuͤrze eroͤrtern will. In der Mitte der Lampe befindet sich eine senkrechte, metallene, cylindrische Roͤhre, uͤber der genau parallel mit ihr eine zweite Roͤhre angebracht ist, so daß zwischen beiden ein Raum bleibt, in dem das Gas oder das Oehl an dem Brenner emporsteigt. Durch die innere Roͤhre hingegen steigt ein ununterbrochener Strom atmosphaͤrischer Luft, welcher zur Unterhaltung der Verbrennung dient, empor. Dieser Proceß beginnt in demselben Momente, in welchem das Gas bei den kleinen Oeffnungen, die sich an der oberen Flaͤche des Brenners befinden, entweicht. Auf einen messingenen Kranz, der die Flamme umgibt, wird ein glaͤserner Rauchfang gesezt. Hieraus folgt eine bedeutende Erhoͤhung der Hoͤhe der Flamme, und im Vergleiche mit den gewoͤhnlichen Lampen eine Verstaͤrkung der Intensitaͤt des Lichtes um das Doppelte. Um nun die Erfindung Hutchinson's und deren Vorzuͤge vor dem Argand'schen Apparate augenscheinlicher zu machen, muß ich zeigen, in wie weit lezterer mangelhaft ist. Jeder nur einiger Maßen Eingeweihte weiß, daß eine bestimmte und genau im Verhaͤltnisse stehende Quantitaͤt Sauerstoff und Wasserstoff erforderlich ist, um eine vollkommene Verbrennung zu erzielen; auch ist chemisch hergestellt, daß die Flamme die groͤßte Intensitaͤt bekommt, wenn dem Maaße nach auf zwei Theile Wasserstoff ein Theil Sauerstoff kommt. Jede Abweichung von diesem Principe ist nachtheilig; denn nur wenn beide Fluͤssigkeiten genau in diesem Verhaͤltnisse mit einander verbunden sind, kann der gewuͤnschte Glanz der Flamme erzielt werden. Es ist allerdings nicht denkbar, daß je ein Mensch einen Mechanismus herzustellen im Stande seyn wird, der genau so viel Sauerstoff aus der Luft auszieht, als sich mit dem aus einem Brenner oder aus den Gasroͤhren entweichenden fluͤchtigen Gase verbinden soll; allein aus den bewundernswerthen Resultaten, zu denen sowohl Argand als Hutchinson gelangten, ergibt sich, daß man dieser Aufgabe bereits immer naͤher und naͤher kam, und daß an den von ihnen erfundenen Brennern ein großer Theil der unbrennbaren Theile unserer Luft mit den fluͤchtigen Producten der zersezten Steinkohlen oder des zersezten Oehles in unmittelbare Beruͤhrung gebracht wird. Ich habe aus einer Reihe zahlreicher Versuche die Ueberzeugung gewonnen, daß die Hutchinson'sche Erfindung unter allen mir bekannten die vollkommenste ist. Man wird mir zugeben, daß, da der Argand'sche Brenner ein gleichfoͤrmiger Cylinder ist, nur die aͤußeren Theilchen der an die Verbrennungsstelle emporsteigenden Luftsaͤule sich wirklich mit dem entzuͤndeten Wasserstoffe verbinden, waͤhrend die unzaͤhligen inneren Theilchen dieser Saͤule der Verbrennung entgehen. Ich weiß, daß viele Gasfabrikanten und Chemiker der Ansicht sind, daß, um einer vollkommenen Verbrennung sicher zu seyn, die durch den Brenner emporsteigende Luft auf mechanischem Wege mit der moͤglich groͤßten Geschwindigkeit gegen die Flamme getrieben werden muͤsse. Dieß ist jedoch irrig, und ich bin auch uͤberzeugt, daß ein solcher gegen die Physik verstoßender Schluß nimmermehr aus gehoͤrig angestellten Versuchen gezogen werden konnte. Ist es nicht vielmehr ausgemacht und selbst theoretisch erwiesen, daß bei der Regulirung der Geschwindigkeit der Luft dieselbe Genauigkeit obwalten muß, wie in Hinsicht auf das Verhaͤltniß, in welchem die Verbindung der Gase Statt findet? Eben so ist ausgemacht, daß, wenn die Geschwindigkeit uͤber einen gewissen Grad hinaus getrieben wird, viel von dem Brennstoffe in die ihn umgebende atmosphaͤrische Luft uͤbergehen muß, ohne eine Zersezung oder Entzuͤndung erlitten zu haben. Die nachtheiligen Wirkungen eines zu starken, auf die Flamme wirkenden Luftstroms kann man an jedem Brenner beobachten: sie bestehen in einer betraͤchtlichen Verlaͤngerung des violetten oder dunklen Theiles der Flamme, und in einer daraus folgenden Verminderung jenes Theiles, der die groͤßte Menge Licht gibt. Die Gleichmaͤßigkeit der Verbrennung wird, wie sich gezeigt hat, auch durch den Stand der Temperatur der Luft, welche sich unmittelbar in der Nachbarschaft der Lampe befindet, beguͤnstigt oder beeintraͤchtigt. Wenn sich die an die Verbrennungsstelle geleitete Luft unter jenem Grade der Verduͤnnung befindet, der erforderlich ist, um eine vollkommene Scheidung der brennbaren von den unbrennbaren gasartigen Fluͤssigkeiten, welche aus den Oeffnungen des Brenners entweichen, zu bedingen, so wird das Licht sowohl in seinem Umfange als auch an Glanz verlieren, und mithin ein bedeutender Verlust an Brennmaterial eintreten. Davy's Sicherheitslampe gibt einen auffallenden Beweis fuͤr die außerordentliche Empfindlichkeit der Flamme gegen die Einfluͤsse der sie umgebenden Luft. Ihre Flamme erleidet naͤmlich eine augenblikliche Unterbrechung, und die natuͤrliche Cohaͤsion des entzuͤndeten Wasserstoffgases wird sogleich aufgehoben, so wie die Flamme mit dem metallenen Cylinder, der sie umgibt, in Beruͤhrung kommt. Aus allen diesen Betrachtungen ergeben sich die Grundprincipien, die uns bei dem Baue der Brenner zu leiten haben. Ich gehe nunmehr zur wirklichen Beschreibung des Hutchinson'schen Brenners uͤber. Man sieht denselben in Fig. 44 in vollkommenem Zustande; in Fig. 45 in einem Durchschnitte durch die Mitte, und in Fig. 46 in einem Querdurchschnitte. Er besteht, wie man sieht, nicht aus einem vollkommenen Cylinder, sondern aus zwei Kegelsegmenten von ungleichen Dimensionen, die an ihren Perimetern oder kleineren Enden mit einander verbunden sind, so daß also das Segment B umgekehrt seyn muß. Durch das untere Segment und an dessen Basis c tritt die zur Unterhaltung der Verbrennung dienende Luft zuerst ein, um dann an die Verbindungsstelle der beiden Segmente bei b emporzusteigen. Da der Durchmesser am oberen Theile des unteren Segmentes nur halb so groß ist, als jener an der Basis, so wird die bei c eingetretene Luftsaͤule nothwendig concentrirt, um dann unmittelbar, nachdem sie an der Verbindungsstelle b voruͤber gelangt ist, ausgedehnt und direct in das aus den Oeffnungen des Brenners bei b, b ausstroͤmende Gas geleitet zu werden. Diese allmaͤhliche Contraction und Expansion der Luft steuert den nachtheiligen und unangenehmen Folgen der ununterbrochenen Geschwindigkeit, mit der der Luftstrom durch den geraden Cylinder einer Argand'schen Lampe zu streichen pflegt; und es erfolgt eine vollkommenere Verbindung des Sauerstoffes der Luft mit dem gekohlten Wasserstoffgase. Ein solcher Brenner, zu dem auch noch der Hut, Fig. 47, gehoͤrt, auf den uͤbrigens Hr. Hutchinson keine Patentanspruͤche gruͤndet, gibt eine sehr intensive, leuchtende und helle Flamme. Ich habe mit ihm und vier verschiedenen anderen Brennern eine Reihe von Versuchen angestellt, und mich uͤberzeugt, daß er vor allen und vor den besten bekannten Brennern den Vorzug verdient. Auch kann ich zur Bestaͤtigung dieser Ansicht bemerken, daß man bereits so ziemlich allgemein anfaͤngt in London die aͤlteren Gasbrenner durch neuere Hutchinson'sche zu ersezen, und daß sie auch schon in New-York Eingang gefunden haben.

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