Titel: Ueber die Benuzung des Blutes als Düngungsmittel. Von Hrn. A. Chevallier.
Fundstelle: Band 65, Jahrgang 1837, Nr. XXXVI., S. 146
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XXXVI. Ueber die Benuzung des Blutes als Duͤngungsmittel. Von Hrn. A. Chevallier. Aus dem Journal des connaissances usuelles. Februar 1837, S. 64. Chevallier, uͤber die Benuzung des Blutes als Duͤngungsmittel. Obwohl das Blut schon so oft als ein vortreffliches Duͤngungsmittel empfohlen wurde, sieht man doch noch immer, daß man dasselbe so haͤufig als eine nuzlose Substanz verloren gehen laͤßt, und daß es als solche die Straßen und Gaffen verunreinigt. Die Vernachlaͤssigung des Auffangens des Blutes hat den dreifachen Nachtheil, daß der Fleischer keinen Nuzen daraus zieht, daß es fuͤr den Akerbau verloren geht, und daß es, indem man es der faulen Gaͤhrung Preis gibt, Miasmen und Ausduͤnstungen veranlaßt, die der Gesundheit hoͤchst schaͤdlich werden koͤnnen. In England wird das Blut schon seit dem Jahre 1760 gesammelt und als Duͤnger verwendet: namentlich fuͤr Obstbaͤume, an deren Fuß man es vergrabt. Hr. Evelyn, ein bekannter Schriftsteller im Gebiete der Landwirthschaft, fuͤhrt mehrere Beweise fuͤr die duͤngende Kraft des Blutes an; er empfahl daher den Landwirthen alles Blut, welches sie sich verschaffen koͤnnen, sorgfaͤltig zu sammeln, um es entweder fuͤr sich zu verwenden, oder um unter Beimengung von Erde und Unkraut eine Duͤngmasse daraus zu bereiten. Hr. Ch. Derosne hat in einer Abhandlung, welche er am 20. April 1831 vor der Société d'encouragement in Paris vortrug, bekannt gemacht, daß er das in den Schlachthaͤusern von Paris abfließende Blut gepachtet, und Anstalten getroffen habe, um es schnell zu troknen und in ein Pulver zu verwandeln, welches unter allen bisher bekannten Duͤngmitteln das kraͤftigste ist, weil es in dem kleinsten Volumen die groͤßte Menge befruchtender oder begeilender Substanzen enthaͤlt. Wenn es anerkannt ist, daß die Duͤnger um so kraͤftiger sind, je mehr sie durch und durch animalisirt sind, so erhellt von selbst, daß man von einer Substanz, welche gleichsam ein Extract des thierischen Stoffes ist, am meisten zu erwarten haben duͤrfte. Nach den von Derosne gegebenen Berechnungen repraͤsentirt 1 Kilogr. trokenen 4 Kilogr. fluͤssigen Blutes, und beilaͤufig 4 Pfd. irgend eines Muskelfleisches. Denn 100 Kilogr. frischen Blutes enthalten 25 Kilogr. trokenen Blutes und 75 Kilogr. Wasser, waͤhrend 100 Kilogr. frischen, von Knochen befreiten Muskelfleisches 28 Kilogr. trokenen Fleisches und 72 Kilogr. Wasser enthalten: ein Resultat, welches durch die Fluͤssigkeit des Blutes irre geleitet, a priori wohl Viele nicht glauben duͤrften. Nach Derosne repraͤsentirt 1 Kilogr. trokenen Blutes, wenn es als Duͤnger verwendet wird, ein todtes Thier von 5 Kilogr. Schwere; wobei zu bemerken kommt, daß das Thier auch Knochen und Eingeweide enthaͤlt, die bei weitem nicht in so hohem Grade animalisirt sind, wie das Fleisch und das Blut, und die also mit lezterem in Hinsicht auf Duͤngkraft nicht in Vergleich zu stellen sind. Nach den Berechnungen des Hrn. Payen kann 1 Kilogr. troknen Blutes in Hinsicht auf seine Wirkungen 3 Kilogr. grob gepuͤlverter Knochen oder 72 Kilogr. guten Pferdemistes gleichgestellt werden. Hr. Derosne dagegen gibt an, daß erst 54,000 Kilogr. Pferdemist 750 Kilogr. trokenen Blutes ersezen; und daß man zum Duͤngen einer Hectare Landes von dem einen oder dem anderen dieser Stoffe im mittleren Durchschnitte diese Quantitaͤt brauche. Was das Troknen des Blutes selbst betrifft, so hat man verschiedene Methoden in Vorschlag gebrachte. So hat man z.B. ein aͤhnliches Verfahren befolgt, wie jenes, welches man in den Gradirhaͤusern zur Concentration der Salzsoolen benuzt: d.h. man hat Holzstoͤße aus quer uͤber einander gelegten Pruͤgeln aufgerichtet und uͤber diese von Oben herab das Blut geschuͤttet, um es in einer sehr großen Oberflaͤche der troknenden Einwirkung der Luft auszusezen. Hr. Payen hat folgende zwei Methoden empfohlen. Nach der ersten soll man unmittelbar nach Beendigung des Bakens des Brodes in einem Bakofen gepulverte Erde unter oͤfterem Umwenden mit einem Schuͤrhaken troknen, diese getroknete Erde mit fluͤssigem Blute begießen, und dann neuerdings wieder in den Ofen bringen, um sie in diesem bis zu vollendeter Trokenheit umzuruͤhren. Der auf solche Weise bereitete Duͤnger soll in Kisten oder alten Faͤssern an einem gegen Regen oder Naͤsse geschuͤzten Orte zum Gebrauche aufbewahrt werden. Nach der zweiten Methode soll man in einen gußeisernen Kessel so viel Blut geben, daß dessen Boden 4 Zoll hoch damit bedekt ist, und dieses Blut dann unter bestaͤndigem Umruͤhren mit einem eisernen Spatel bis zum Sieden erhizen. Das Blut scheidet sich hiebei in einen fluͤssigen und in einen festen Bestandtheil; ersterer wird, indem man mit dem Erhizen und dem Umruͤhren fortfaͤhrt, verfluͤchtigt, waͤhrend sich lezterer immer mehr und mehr zertheilt, und sich in eine feuchte kluͤmperige Masse verwandelt, die man endlich unter gelinder Heizung und unter bestaͤndigem Umruͤhren vollkommen troknet. Wenn man will, kann man das Troknen am Ende auch in einem benuzten Bakofen, oder noch besser in einem eigens dazu eingerichteten Ofen vornehmen. Das solcher Maßen behandelte Blut kann in Kisten oder Faͤssern an einem trokenen Orte aufbewahrt werden. Wenn dieses Verfahren mit Blut vorgenommen wird, welches nicht ganz frisch ist, so haben immer sehr unangenehme Ausduͤnstungen dabei Statt; weßhalb die dazu verwendeten Localitaͤten nur in einiger Entfernung von den Staͤdten zu dulden sind. Das beste Mittel das Blut zu sammeln, um es in Duͤnger zu verwandeln, waͤre wohl, wenn man es gleich in den Schlachthaͤusern selbst, so wie man es bekommt, mit Substanzen vermengte, die es nicht nur troken legen, sondern die zugleich auch seiner Faͤulniß vorbeugen. Unter diesen Substanzen steht die thierische Kohle oben an; an diese reihen sich die Torfkohle, die Holzkohle, der getroknete Torf und die Asche. Wenn das Blut ein Mal in Faͤulniß uͤbergegangen ist, so ist es weit schwieriger dasselbe in einen trokenen und geruchlosen Duͤnger zu verwandeln. Ich habe durch Versuche gefunden, daß gleiche Theile faules Blut und animalisirte Kohle ein Product geben, welches zwar keinen faulen, aber doch einen ammoniakalischen Geruch hat, welcher spaͤter verschwindet; daß faules Blut, wenn man es mit thierischer Kohle vermengt, einen zwar minder heftigen, aber doch immer uͤblen Geruch hatte; daß faules Blut durch die Vermengung mit Asche, Holzkohle und Heerduͤberbleibseln zwar seinen Gestank verliert, dafuͤr aber einen eigenthuͤmlichen Geruch annimmt; daß faules Blut durch Vermengung mit Holzkohle seinen Geruch nur zum Theil verliert; daß endlich das mit Kalk vermengte faule Blut gleichfalls einen eigenthuͤmlichen Geruch bekommt. Die Quantitaͤt Blut, welche in groͤßeren Staͤdten gesammelt werden kann, ist groͤßer als man glaubt. Nach den von mir gesammelten Notizen liefern die Schlachthaͤuser in Paris taͤglich 35 bis 37 Faͤsser, jedes zu 220 Liter. Das getroknete Blut oder die damit bereiteten Gemenge koͤnnen zum Duͤngen von natuͤrlichen und kuͤnstlichen Wiesen verwendet werden. Man streut sie am besten im Fruͤhjahre und bei regnerischem Wetter in Gestalt eines feinen Pulvers aus. Das Blut laͤßt sich aber auch benuzen, um die Zersezung gewisser vegetabilischer Substanzen zu beguͤnstigen und dadurch deren Duͤngkraft zu erhoͤhen; so z.B. in Verbindung mit Baumblaͤttern, Strohhaͤksel, Saͤgespaͤnen, Haferspreu und anderen vegetabilischen Abfaͤllen. Hr. Derosne hat mit Recht als ganz vorzuͤglich empfehlenswerth angeruͤhmt, jene gruͤnen Saaten, die man als Duͤnger umstuͤrzen will, unmittelbar vorher mit getroknetem Blute zu bestreuen. Beruͤksichtigt man ferner, welche Vortheile das getroknete Blut auch noch dadurch gewaͤhrt, daß es bei der ungeheuren Menge thierischen Stoffes, die es enthaͤlt, einen sehr geringen Raum einnimmt, und also weit geringere Transportkosten verursacht, so wird man sich uͤberzeugen, wie sehr es zu wuͤnschen ist, daß man allerwaͤrts mehr auf Benuzung des Blutes der abgeschlachteten Thiere bedacht sey. Wenn man mir dagegen einwenden will, daß es an kleinen Orten nicht die Muͤhe lohne, dieß zu thun, so muß ich bemerken, daß ich nach meinen Forschungen in Erfahrung gebracht habe, daß in einer Stadt von 9000 Seelen jaͤhrlich 1200 Ochsen geschlachtet werden. Wenn jedes dieser Thiere nur 10 Kilogr. Blut gibt, so wuͤrde dieß schon 12,000 Kilogr. ausmachen; da man aber im Durchschnitte wohl 15 Kilogr. rechnen kann, so gibt dieß 18,000 Kilogr. fluͤssigen Blutes, welche 4500 Kilogr. trokenen Blutes und nach Payen's Berechnungen 324,000 Kilogr. Pferdeduͤnger repraͤsentiren! Dabei ist jenes Blut, welches beim Schlachten der Kaͤlber und Schafe gewonnen werden koͤnnte, noch gar nicht in Anschlag gebracht.