Titel: | Ueber die Härtung des Stahls; nach Damemme. |
Fundstelle: | Band 66, Jahrgang 1837, Nr. XXVI., S. 130 |
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XXVI.
Ueber die Haͤrtung des Stahls; nach
Damemme.Wir haben aus dem Essai
pratique sur l'emploi ou la manière de travailler
l'acier, par H.
Damemme bereits einen Aufsaz uͤber die Pruͤfung des Stahls im Polyt. Journal Bd. LXIV. S. 293 mitgetheilt; obiger, die
Haͤrtung des Stahls betreffende, wurde aus derselben Schrift von Hrn.
Director Karmarsch frei uͤbersezt und mit Anmerkungen versehen in
den Hannoͤver'schen Gewerbemittheilungen 1837, 13te
Lief. bekannt gemacht.A. d. R.
Damemme, uͤber die Haͤrtung des Stahls.
1) Ueber die zum Haͤrten erforderliche Hize.
– Beim Gluͤhen des Stahls kann man durch die Abstufungen der Farbe,
welche derselbe annimmt, die bekannten Hizgrade unterscheiden, naͤmlich: die
braunrothe, kirschrothe, hellrothe, gelbe und weiße Gluͤhhize. Der Stahl muß,
um durch das Abloͤschen Haͤrte zu erlangen, deutlich roth
gluͤhen; wenn man ihn braunrothgluͤhend in Wasser taucht, so wird er
wenig und oft gar nicht hart. Die Erfahrung lehrt, daß die kirschrothe und hellrothe
(rosenrothe) Gluͤhhize am angemessensten zum Haͤrten sind; so wie, daß
jeder Stahl zur gehoͤrigen Haͤrtung eines eigenen Hizgrades bedarf.
Die Schwierigkeit, den besten Grad von Hize zu treffen; die Beschaffenheit der
Kohlen und des Stahls; der Einfluß der Luft; die Verschiedenheit des
Haͤrtewassers; die Lage der Esse; die Schwaͤche oder Staͤrke
des Windes aus dem Blasbalge: alles dieß sind Umstaͤnde, die man kennen und
zu beruͤksichtigen verstehen muß, um so wenig als moͤglich den
uͤblen Folgen des Haͤrtens ausgesezt zu seyn, die man nicht immer
verhindern kann, und die sich nur bis zu einem gewissen Grade vermelden lassen;
naͤmlich den Haͤrterissen und dem Verziehen der
Arbeitsstuͤke.
2) Ueber verschiedene Haͤrtungsmittel. – Das
Wasser ist nicht die einzige Substanz, mit welcher man das Haͤrten des Stahls
versucht hat. Matt sezte demselben verschiedene Salze zu, wie Kochsalz, Glasgalle,
Salmiak, Salpeter, Borax, Alaun; deßgleichen Salzsaͤure, gebrannten Kalk n.
s. w. Man bediente sich des Saftes von Zwiebeln, Knoblauch, Ruͤben, Zitronen,
Weintrauben und vielen anderen Vegetabilien; ferner der Oehle, des Talges, des
Honigs, der Butter, des Siegellaks, Harzes, Weingeistes oder Branntweins,
Terpenthinoͤhls; des Urins; des Bleies, Zinns, Queksilbers, und noch vieler
anderer Substanzen, zum Theil der allersonderbarsten Art. Von allen angezeigten
Mitteln geben einige dem Stahle gar keine, andere nur eine geringe Haͤrte.
Seifenwasser z.B. und kochendes Wasser machen den Stahl nicht hart; man kann sogar
den in dieselben eingetauchten Stahl wiederholt herausziehen, und noch
gluͤhend finden: loͤscht man ihn aber gaͤnzlich darin ab, so
laͤßt er sich fast eben so leicht feilen, als wenn er langsam an der Luft
erkaltet waͤre.Von der Richtigkeit dieser Angaben uͤber das kochende Wasser und
Seikenwasser habe ich mich durch Versuche uͤberzeugt. Stahl, den man
Hellroth gluͤhend in kochendes Wasser stekt, bewirkt darin unter sehr
heftigem Aufsprudeln eine starke und ziemlich lange anhaltende
Dampfentwikelung. Ist diese beendigt, so findet man den Stahl beim Anfeilen
durchaus ohne Haͤrte. Offenbar liegt die Hauptursache hievon in der
langsamen Abkuͤhlung, die dadurch entsteht, daß der Stahl von dem in
Menge gebildeten Dampfe eingehuͤllt ist, welcher die Waͤrme
schlecht leitet. Die Verhaͤltnisse sind hier ziemlich so, wie bei dem
bekannten Versuche, wo ein auf gluͤhendes Metall geworfener
Wassertropfen abgestoßen und nur langsam in Dampf verwandelt wird, mithin
auch dem Metalle nur langsam die Waͤrme entzieht. Außerdem kommt in
Betracht, daß das kochende Wasser schon durch seine hoͤhere
Temperatur weniger abkuͤhlend wirkt, und also eine geringere
Haͤrte erzeugen muß. – Beim Eintauchen in kaltes Seifenwasser
(wenn es
auch so duͤnn ist, daß es kaum eine Neigung zum Faͤdenziehen
zeigt) bleibt der Stahl, ohne eine andere sichtbare Erscheinung darzubieten,
auffallend lange gluͤhend, und laͤßt sich, gaͤnzlich
erkaltet, eben so leicht feilen, als in seinem natuͤrlichen Zustande.
K.Talg, Oehl, und uͤberhaupt alle fetten Koͤrper haͤrten zwar den Stahl
mehr oder weniger, doch niemals so stark als gewoͤhnliches Wasser. Die
Pflanzensaͤfte bieten keine Vortheile vor dem Wasser dar. Was die geistigen
Fluͤssigkeiten und die fluͤchtigen Oehle betrifft, so ist ihre Wirkung
nicht ausgezeichnet genug, um dieselben, in Vergleichung mit Wasser, empfehlenswerth
zu machen. Wozu kann es also dienen, Kosten und zum Theil noͤthige
Vorsichtsmaßregeln anzuwenden, von welchen man keinen Vortheil erntet? Scheidewasser
und Vitrioloͤhl geben in der That dem Stahle eine außerordentliche
Haͤrte; allein sie zerfressen ihn und sind durch das beim Eintauchen
entstehende Sprizen gefaͤhrlich; auch ist die Gefahr des Verziehens und
Reißens der Stuͤke (welche immer im Verhaͤltnisse zu dem Grade der
erlangten Haͤrte steht) bedeutend.
Damemme beschreibt vergleichende Versuche, welche er
uͤber das Haͤrten in verschiedenen Mitteln angestellt hat. Er
schmiedete zwoͤlf kleine Meißel mit aller noͤthigen Sorgfalt,
haͤrtete drei davon in klarem Wasser, drei in Zwiebelsaft, drei in
Ruͤbensaft und drei in dem Safte von Moͤhren (gelben Ruͤben).
Zur Probe wurde dann mit denselben auf einem Stuͤke gewoͤhnlichen
Stahls gearbeitet, welches gehaͤrtet und theilweise bis zur wasserblauen
Farbe, theilweise weniger nachgelassen war. Nachher wurden die Meißel wieder weich
gemacht, neuerdings geschmiedet, in anderen Substanzen (drei jedoch immer in reinem
Wasser, mit der Vorsicht, daß diese Wahl nicht stets die naͤmlichen traf)
gehaͤrtet, und auf die vorige Weise gepruͤft. Diese Versuche
erstrekten sich auf vielerlei Saͤfte, auf Salze, Talg, Oehle, Harze, Wachs,
geistige Fluͤssigkeiten, Obstwein, Milch, Lauge, Blei, Zinn, Eisen, Kupfer,
gruͤnes HolzDie genannten festen Koͤrper wurden auf die
Weise angewendet, daß man den gluͤhenden Stahl zwischen zwei
Stuͤken derselben einschloß und preßte. (Eine Haͤrtung fand
hiebei natuͤrlich Statt, in Folge der abkuͤhlenden Kraft des
nassen Holzes oder des Metalles; aber Damemme
gruͤndet auf diese Beobachtung eine ganz unklare und unhaltbare
Theorie des Haͤrtens. K.), und noch manche andere Stoffe, immer mit Beobachtung des naͤmlichen
Verfahrens. Das Resultat war, daß mit den in reinem Wasser gehaͤrteten
Stuͤken nur diejenigen einen Vergleich aushalten konnten, welche in
Salmiakaufloͤsung, in einer Mischung von 30 Theilen Wasser mit 1 Theil
Vitrioloͤhl, und in Wasser, welches durch oftmaliges Abloͤschen
gluͤhender Holzkohlen mit feinen Kohlentheilchen geschwaͤngert war,
gehaͤrtet wurden. Fette Oehle, vorzugsweise Ruͤboͤhl, kann man
mit Nuzen anwenden, um eine etwa 1/2 Zoll hohe Schichte davon auf das Haͤrtewasser zu gießen,
durch welche der Stahl erst in das Wasser gelangt. Nichts sprach zu Gunsten aller
uͤbrigen versuchten Haͤrtungsmittel, die daher von einzelnen Arbeitern
gewiß nur aus Vorurtheil als nuͤzlich angesehen werden.Hievon machen nothwendig gewisse Faͤlle eine Ausnahme, wo man
absichtlich eine geringere Haͤrte
hervorbringen will, als das Wasser erzeugt; z.B. das Haͤrten der
Sensen in Talg. K.
Fernere Versuche beweisen auf das Schlagendste, daß die haͤrtende Kraft eines
Mittels im Verhaͤltnisse steht mit dessen Faͤhigkeit die Waͤrme
zu leitenDie Haͤrtung des Stahls ist, nach der jezt wohl ziemlich allgemein
angenommenen Ansicht, die Folge davon, daß die durch die Waͤrme
ausgedehnten Theilchen bei der ploͤzlichen
Abkuͤhlung nicht im Stande sind, diejenige natuͤrliche Lage
gegen einander anzunehmen, welche sie erhalten haben wuͤrden, wenn
der Stahl langsam erkaltet waͤre. Kann man
nun gleich den inneren physischen Vorgang hiebei nicht genauer einsehen, so
ist doch so viel klar, daß nach jener Theorie, unter uͤbrigens
gleichen Umstaͤnden, die Haͤrte desto groͤßer werden
muß, je schneller und je bedeutender die Abkuͤhlung Statt findet.
Beides bestaͤtigt die Erfahrung. Gute Waͤrmeleiter (d.h.
Koͤrper, welche die Hize schnell durch sich hindurch lassen)
erkaͤlten den Stahl schneller als schlechte Waͤrmeleiter; und
die Haͤrtung ist im Allgemeinen desto bedeutender, je heißer der
Stahl, je kaͤlter das Haͤrtemittel ist. Nur wird hiebei
vorausgesezt, daß der Stahl nicht uͤber das
hellrothe (rosenrothe) Gluͤhen erhizt worden ist; denn gelb
oder gar weiß gluͤhender Stahl wird durch das Abloͤschen in
geringerem Grade hart. K., wiewohl Damemme diesen Zusammenhang ganz
uͤbersieht. Der Stahl wird in Queksilber mit geringerer Hize hart, als in
Saͤuren. Salpetersaͤure und Schwefelsaͤure von 9°
Waͤrme gaben eine groͤßere Haͤrte, als Wasser auf dem
Gefrierpunkte, und selbst Eis von 4 bis 6° unter Null. Gleiche Theile Wasser
und Schwefelsaͤure gemischt ertheilten dem Stahle eine groͤßere
Haͤrte, als reines Wasser von gleicher Temperatur. Salpetersaͤure und
Schwefelsaͤure wurden im Wasserbade auf + 20° R. erwaͤrmt; der
Stahl wurde darin eben so hart, als in reinem Wasser von + 10°. Rosenroth
gluͤhender Stahl in das Wasserbad getaucht, durch welches die Saͤuren
erhizt wurden, nahm dagegen keine oder eine kaum bemerkbare Haͤrte an.
Queksilber von + 25 R. haͤrtet eben so gut als Wasser von + 10° R.,
und viel besser als Wasser von + 25°. Doch wird das Queksilber (wegen seiner
geringen Waͤrmecapacitaͤt) schnell sehr heiß und dadurch zum
Haͤrten untauglich. Gluͤhende staͤhlerne Punzen, in ein
Stuͤk Zinn oder Blei gestekt (welches sie rund um sich zum Schmelzen bringen,
so daß das Eindringen bis zu einer gewissen Tiefe moͤglich wird), nehmen eben
so viel Haͤrte an, als in Wasser von + 7° R., obwohl das geschmolzene
Metall sehr heiß ist.
3) Ueber das Korn des gehaͤrteten Stahls. –
Im Allgemeinen gilt die bekannte Regel, daß das Korn, welches man auf den Bruchflaͤchen des
Stahls bemerkt, durch das Haͤrten feiner wich. Im Einzelnen leidet dieß eine
Beschraͤnkung, und die Hize, bei welcher der Stahl gehaͤrtet wurde,
hat hierauf großen Einfluß. Man kann diesen beobachten, wenn man eine Stahlstange so
erhizt, daß sie an dem einen Ende weiß gluͤht, und ihre Hize von da an gegen
das andere Ende hin stufenweise abnimmt; diese Stange dann haͤrtet, und an
verschiedenen Stellen ihrer Laͤnge, wo sie verschiedene Hizgrade besessen
hat, abbricht, um das Ansehen der Bruchflaͤche zu untersuchen. Das weißgluͤhend gewesene Ende zeigt ein grobes,
glaͤnzendes Korn, dessen einzelne Theile von einander getrennt erscheinen;
die Haͤrte ist zwar auf der Oberflaͤche sehr groß, aber innerlich
trifft man bei der Probe mit Feile und Grabstichel viele weiche Koͤrner: der
Stahl ist durch die Ueberhizung verdorben. – Der gelbrothen Hize entspricht ein feineres, jedoch mit groben,
glaͤnzenden Koͤrnern gemengtes Gefuͤge, und eine
groͤßere Haͤrte. – Wo der Stahl hellroth (rosenroth) gegluͤht hat, ist er noch haͤrter, und
dennoch fester (weniger sproͤde) als an den vorhergehenden Stellen; das Korn
gleichfoͤrmiger, wiewohl noch ein wenig gemengt. – Die kirschrothe Hize erzeugt eine eben so große, meist sogar
noch groͤßere Haͤrte, als die hellrothe; dabei mehr Festigkeit, und
ein sehr feines Korn. – Noch weiter hin, wo die Gluͤhhize kaum mehr
bemerklich war, ist der Stahl wenig oder gar nicht hart, sein Korn
unregelmaͤßig und wieder mit groben Theilen gemengt. – Man ersteht
hieraus, wie wichtig es ist, den angemessensten Hizegrad beim Haͤrten zu
treffen, der uͤbrigens freilich bei verschiedenen Stahlsorten verschieden
seyn muß. Allgemein gesprochen, ist die kirschrothe Gluͤhhize am besten zum
Haͤrten der feinen Stahlgattungen, dagegen die hellrothe fuͤr die
gemeinen Gattungen.
4) Ueber das Verziehen und Reißen des Stahls beim
Haͤrten. – Der Stahl ist fast nie eine voͤllig
gleichartige Masse, sondern enthaͤlt mehr oder weniger Theile eingemengt,
welche der Natur des Eisens sich naͤhern oder ganz eisenartig sind. Auf
solche verschiedenartige Theile muß die Erhizung und die Abkuͤhlung in
ungleichem Grade einwirken. Durch das Erhizen dehnen sich Eisen und Stahl, wie
uͤberhaupt alle Koͤrper, aus; bei der ploͤzlichen
Abkuͤhlung durch Eintauchen in das Haͤrtewasser verliert der Stahl die
durch die Hize gewonnene Ausdehnung nicht voͤllig wieder, waͤhrend das
Eisen sich vollstaͤndig zusammenzieht: daher findet nothwendig eine ungleich
starke Zusammenziehung in der ungleichartigen Masse Statt, woraus mannigfaltige
Kruͤmmungen hervorgehen, die man beim Haͤrten so gewoͤhnlich
eintreten sieht. Kann der Stahl dem Bestreben des Eisens, sich zusammenzuziehen,
nicht gehoͤrig nachgeben, so erhaͤlt er Spruͤnge (Haͤrterisse),
indem seine Theile sich zu trennen genoͤthigt sind.
Außer diesem Hauptgrunde tragen zum Verziehen und Reißen des Stahls auch noch andere
Ursachen bei, die daher sorgfaͤltig zu vermeiden sind, naͤmlich:
ungleich starke Erhizung der verschiedenen Theile eines Stuͤkes, und
ungleiche Abkuͤhlung, welche von verschiedener Dike des Stahls an
verschiedenen Stellen oder von einer unzwekmaͤßigen Art des Eintauchens in
das Haͤrtewasser herruͤhren kann.
Gegenstaͤnde, die, in das freie Feuer gelegt, ungleiche Hize erhalten oder
durch Anstoßen an die Kohlen u.s.w. verbogen werden koͤnnten, erhize man in
einer Buͤchse von Schwarzblech, durch welche mitten ein Eisenstaͤbchen
gestekt ist. Lezteres zieht man heraus, um daran den Hizgrad zu erkennen, welchen
der Inhalt der Buͤchse erlangt hat. Sind die in der Buͤchse erhizten
Gegenstaͤnde von der Art, daß sie nicht bequem angefaßt werden
koͤnnen, so wuͤrden sie zu schnell auf den Boden des
Wassergefaͤßes fallen, und sich nicht gut haͤrten. Man thut in diesem
Falle gut, mehrere Stuͤke mit Eisendraht zu einem losen Buͤndel
zusammenzuhaͤngen, welches man mit der Zange am Ende des Drahtes halten kann.
Auch das Einsezen ist fuͤr solche
Gegenstaͤnde zwekmaͤßig, d.h. die Erhizung in einer Buͤchse,
worin man die kleinen Stuͤke mit Holzkohlenpulver schichtenweise einlegt, und
die man zum Haͤrten in das Wasser stekt, umkehrt, und mit einer kreisenden
Bewegung ausleert. Endlich ist zum gleichmaͤßigen und bequemen Erhizen
weniger kleiner Gegenstaͤnde auch ein Bleibad zwekmaͤßig, welches aus
Blei, in einem Tiegel geschmolzen und gluͤhend gewacht, besteht. Man
haͤlt die Stahlarbeiten in das Blei, bis sie heiß genug sind, und taucht sie
dann in Wasser. – Das Eintauchen des Stahls beim Haͤrten erfordert
mehrere Ruͤksichten. Duͤnne und flache Stuͤke duͤrfen
nie mit der breiten Flaͤche die Oberflaͤche des Wassers
beruͤhren, wenn sie nicht unfehlbar sich kruͤmmen sollen; sie
muͤssen vielmehr mit der Kante voraus eingetaucht werden, und weder zu
schnell noch zu langsam, auch mit gleichmaͤßiger Geschwindigkeit. Bei
Gegenstaͤnden, die an einer Seite sehr viel diker sind als an der anderen,
wie Messer, Rasirmesser u. dergl., muß man den diksten Theil (also den
Ruͤken) zuerst eintauchen. Denn wenn man umgekehrt verfaͤhrt, wird die
Schneide schon abgekuͤhlt und hart, waͤhrend der Ruͤken noch
die Hize haͤlt; daher kann die Schneide sich nicht zusammenziehen, ohne an
einer oder mehreren Stellen zu zerspringen, weil der Ruͤken der
Zusammenziehung nicht folgt. – Es ist zu bemerken, daß der Stahl so weit in
das Haͤrtewasser gelangen muß, als er gluͤhend ist; taucht man ihn nicht ganz so weit ein,
so entsteht fast immer ein Sprung an der Stelle, wo die Graͤnze des
Eintauchens war. Ein zu rasches Herumfuͤhren des Stahls im Wasser ist
nachtheilig, und verursacht leicht Fehler in der Haͤrtung. – Besteht
ein geschmiedetes Stuͤk dergestalt aus zusammengeschweißtem Eisen und Stahl,
daß ersteres die eine Flaͤche, lezterer die andere Flaͤche ausmacht,
so wird beim Haͤrten eine Kruͤmmung eintreten muͤssen, bei
welcher der Stahl, wegen seiner geringeren Zusammenziehung, an der convexen Seite
sich befindet. Man kann in solchen Faͤllen vor dem Haͤrten das
Stuͤk nach entgegengesezter Seite (nach der Seite des Stahls hin)
kruͤmmen, und wird dann finden, daß es sich von selbst gerade richtet, oder
gar noch umgekehrt krumm wirft. Wenn man durch Erfahrung gelernt hat, wie groß die
vor dem Haͤrten zu gebende Biegung fuͤr einen gewissen Fall seyn
muͤsse, um das Werfen bei der Haͤrtung genau aufzuheben; so kann man
diesem lezteren oft mit vollkommenem Gluͤke entgegenwirken. Ein sehr
merkwuͤrdiges Beispiel von der hier beschriebenen Erscheinung gibt eine
Sichel, die halbmondfoͤrmig gekruͤmmt, an der schneidigen Seite auf
etwa zwei Drittel der Breite von Stahl, dagegen am Ruͤken (der convexen
Seite) fast ganz von Eisen ist. Wenn die Sehne der Kruͤmmung an dem
ungehaͤrteten Stuͤke 16 Zoll betragen hat, findet man sie nach dem
Haͤrten auf 17 und sogar 17 1/2 Zoll vergroͤßert: so sehr viel flacher
wird die Kruͤmmung durch die staͤrkere Zusammenziehung des eisernen
Ruͤkens. Viele aus Stahl verfertigte Gegenstaͤnde haben durch das
Schmieden, durch kaltes Haͤmmern, durch Biegen u. f. w. in solchem Grade eine
ungleiche Dichtigkeit angenommen, daß sie beim Gluͤhen ihre Gestalt
veraͤndern, sich kruͤmmen oder verziehen. Dergleichen Stuͤke
muß man erst rothgluͤhend machen, dann gehoͤrig mit leichten
Hammerschlaͤgen richten, und dann haͤrten; sonst kann es fast nicht
fehlen, daß man ein windschiefes oder gezogenes Stuͤk erhaͤlt.
Staͤhlerne Walzen, die auf eine Achse oder einen Kern von Eisen geschweißt
sind, springen oft beim Haͤrten, oder ziehen sich oval, so daß manchmal, bei
Walzen von 3 Zoll Durchmesser, der Unterschied zwischen zwei auf einander
rechtwinkelig stehenden Durchmessern wohl eine Linie betraͤgt. Man hat
Beispiele, daß solche Walzen noch 24 Stunden nach dem Haͤrten von selbst
gesprungen sind.Wenn die Kraft, womit ein Stahlstuͤk im Haͤrten sich zu werfen
oder zu verziehen strebt, beinahe aber doch nicht ganz hinreicht, um einen
Riß herbeizufuͤhren, so bleibt zwar das Stuͤk beim
Haͤrten selbst unbeschaͤdigt, aber der Bruch erfolgt oft bei
der geringsten, nachher Statt findenden Erschuͤtterung, zuweilen mit
solcher Heftigkeit, daß Theile des Stuͤks sich abloͤsen und
weit weggeschleudert werden. K.Auch hieran ist die ungleiche Zusammenziehung des Eisens und Stahls
Ursache.
Erfahrene Arbeiter wissen, daß dem Ovalziehen der Walzen vorgebeugt wird, wenn man
den eisernen Kern, nachdem er rundgeschmiedet ist, dreht oder windet. Ein
Schraubenbohrer, der aus einem vierkantigen Stahlstabe durch Rundschmieden
hergestellt ist, zieht sich oft beim Haͤrten so sehr oval, daß er unbrauchbar
wird: auch hier wird vorgebeugt, indem man das Stuͤk vor dem Schneiden des
Gewindes zusammendreht, weil hiedurch die Fasern eine schraubenartige Richtung
annehmen, und die ungleiche Beschaffenheit des Stahls sich uͤber den ganzen
Umkreis vertheilt.
5) Ueber die Ausdehnung (Vergroͤßerung), welche der
Stahl durch das Haͤrten erlangt. – Es ist schon durch
aͤltere Versuche bekannt, daß der Stahl nach dem Haͤrten einen um
etwas groͤßeren Raum einnimmt, als im gewoͤhnlichen Zustande. Die
Ursache liegt darin, daß er sich bei ploͤzlicher Abkuͤhlung nicht
wieder um eben so viel zusammenziehen kann, als er beim Erhizen sich ausgedehnt hat.
Damemme hat hieruͤber folgende Versuche
angestellt. Fuͤnf Staͤbchen von verschiedenen Stahlsorten wurden mit
groͤßter Sorgfalt gefeilt, genau gemessen (wobei 1/30 Linie noch
geschaͤzt werden konnte), in einer blechernen Buͤchse zwischen
Kohlenpulver gluͤhend gemacht, gehaͤrtet und wieder gemessen. Zur
Vergleichung wurde ein Staͤbchen von Schmiedeisen auf eben die Weise
behandelt: es zeigte keine Zunahme an Groͤße. Die Resultate mit dem Stahle
waren folgende:Die Rechnungs- oder Drukfehler des Originals sind hier berichtigt.
K.
Textabbildung Bd. 66, S. 138
Die Versuche 3, 4 und 5, bei welchen die Ausdehnung groͤßer und daher
mit mehr Genauigkeit zu messen war, scheinen anzuzeigen, daß die bleibende
Vergroͤßerung desto bedeutender ist, je geringer die Dimensionen des
Stahlstuͤks sind; und daß folglich kleinere Stuͤke eine
verhaͤltnißmaͤßig groͤßere Zunahme zeigen. Dieß
laͤßt sich auch leicht begreifen, da in der Richtung der kleineren
Dimensionen die Abkuͤhlung ploͤzlicher Stall findet ihre
Wirkung mithin auch bemerkbarer werden muß. K.
Vergroͤßerung durch das
Haͤrten; Art des Stahls. Gemeiner Stahl. Laͤnge; Breite; Dike;
Maaß vor dem Haͤrten, Theile. Theile. in einem Bruche des
urspruͤnglichen Maaßes. in Decimaltheilen. nach dem Kubikmaaße.