Titel: | Bericht des Hrn. Labarraque über die gefirnißten Tapetenpapiere des Hrn. Benoît in Paris, rue de Richelieu, No. 81. |
Fundstelle: | Band 67, Jahrgang 1838, Nr. XIX., S. 55 |
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XIX.
Bericht des Hrn. Labarraque uͤber die gefirnißten
Tapetenpapiere des Hrn. Benoît in Paris, rue de Richelieu, No. 81.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. Novbr. 1837, S. 451.
Benoît's gefirnißte Tapetenpapiere.
Die Fabrication von buntem Tapetenpapiere ist, obwohl sie in Frankreich erst seit 60
Jahren betrieben wird, in Paris sowohl, was die Schoͤnheit und
Mannigfaltigkeit der Dessins, als auch was die Vollkommenheit der Arbeit betrifft, auf einen solchen Grad
der Vollendung gediehen, daß der jaͤhrliche Absaz an solchen nicht weniger
als 12 Mill. Fr. betraͤgt, wovon der vierte Theil nach den Colonien gehl. Hr.
Benoît suchte es jedoch in diesem Fache noch
weiter zu bringen; und er liefert, wie er versichert, fuͤr die bisherigen
Preise Papiere, die viel dauerhafter sind, deren Farben der Einwirkung der Luft und
des Lichtes besser widerstehen, die man durch Abwaschen von allen Fettfleken
reinigen kann, die sich auf feuchte und frisch aufgefuͤhrte Waͤnde
leimen lassen, und zu deren leichterem Aufkleben man die gewoͤhnlichsten
Papiere, die sich sonst nur mit den groͤßten Schwierigkeiten benuzen lassen,
verwenden kann. Um zu diesen gluͤklichen Resultaten zu gelangen, bedient sich
Hr. Benoît eines fetten Firnisses von seiner
Erfindung, und vor diesem eines eigenen Leimes.
Der Ausschuß widmete sich zur Pruͤfung aller dieser Angaben durch mehrere
Monate verschiedenen Versuchen; er begab sich auch in die Werkstaͤtten der
HH. de Gatigny und Comp., die gemeinschaftlich mit Hrn.
Benoît die Erfindungen dieses lezteren
ausbeuten. Er fand daselbst, daß man sich bei der Fabrication jener marmorirten
Papiere, die man im Handel Marbres á la main
nennt, anstatt der hoͤlzernen Tafeln solcher Tafeln aus Werkstein von
mehreren Zollen in der Dike bedient. Diese Steintafeln erhalten das Papier
laͤnger feucht, und machen es daher dem Kuͤnstler moͤglich eine
große Streke zu marmoriren, ohne daß die Farben troknen, woraus ein sehr
wesentlicher Gewinn erwachst.
Zum Auftragen jenes Firnisses, den der Erfinder mit dem Namen Glacó imperméable et malléable bezeichnet, bedient
man sich marmorner Tafeln von beinahe 10 Meter Laͤnge. Auf die hierauf
gebreitete Papierrolle wird der Firniß in einem Augenblike mittelst Buͤrsten
aufgetragen, und zwar mit solcher Geschwindigkeit, daß zwei Kinder von 12 bis 13
Jahren mit Leichtigkeit 300 Papierrollen des Tages firnissen koͤnnen, wenn
ein drittes sie in Empfang nimmt und an Stangen bringt, an denen man sie drei Tage
lang der Luft ausgesezt laͤßt. Die uͤbrigen Arbeiten geschehen mit
derselben Vollkommenheit und mir denselben Apparaten wie in den besten
Buntpapierfabriken.
Der von Hrn. Benoît erfundene Leim, auf den die
Fabrik de Gatigny und Comp. ein Patent besizt, besteht
aus gereinigter und mit Kautschukaufloͤsung vermengter Gallerte. Der Firniß
wird aus Kopalgummi, Oehl, Terpenthingeist, Jungfernwachs, Bleiglaͤtte,
Bleizuker und Talk zusammengesezt, und zwar je nach dem Zweke, zu dem er bestimmt
ist, in verschiedenen Verhaͤltnissen, und unter Anwendung verschiedener
Handgriffe.
Der Ausschuß ließ von dem gefirnißten Tapetenpapiere in vier verschiedenen Zimmern
aufleimen. In dem ersten nahm man Papier mit gelbem Grunde und mit Laubwerk, welches
in Hinsicht auf die Zusammensezung und das Zusammenpassen der Blumen einige
Schwierigkeiten darbot, und wovon die Rolle 75 Cent. galt. Man klebte es auf eine
alte, schlecht geglaͤttete Mauer. Es erlitt auf dieser, obwohl es
fuͤnf Monate lang der Luft und dem Lichte ausgesezt war, keine
Veraͤnderung in seinen Farben. Mit den Haͤnden beschmuzt konnte es mit
einem Schwamme und mit Seifenwasser abgewaschen werden, ohne daß hiedurch der Firniß
entfernt wurde, und ohne daß auch nur Spuren der theilweisen Waschung
zuruͤkblieben.
In einem anderen Gemache wurde marmorirtes Papier mit gruͤnem Grunde und von
gewoͤhnlicher Qualitaͤt in den ersten Tagen des Monates Julius frei
auf trokenen Gyps aufgetragen. Bis Anfangs Oktober zeigte sich weder in der Farbe,
noch auch in dem Firnisse die geringste Veraͤnderung, obgleich das Papier
taͤglich der aufgehenden Sonne ausgesezt gewesen war. Ob uͤbrigens die
Farbe auch der Fruͤhlingssonne widerstehen wird, daruͤber wird der
Ausschuß seiner Zeit berichten. In den beiden uͤbrigen Gemaͤchern, in
denen die Papiere keinem lebhaften Lichte ausgesezt waren, blieben sie vollkommen
unveraͤndert.
Der Theorie nach muͤssen die uͤberfirnißten Papiere dauerhafter seyn,
als jene, die keinen Firnißanstrich haben; die Zeit allein kann jedoch lehren,
welche schuͤzende Kraft der fette und wohlfeile Firniß des Hrn. Benoît auf die Tapetenpapiere uͤbt. Man
bediente sich bisher des Weingeistfirnisses; allein man hat die Erfahrung gemacht,
daß dieser Firniß mit der Zeit immer gelb wird, und daß er manchmal auch Risse
bekommt und sich abblaͤttert. An dem Benoît'schen Firnisse war im Verlaufe von 4 Monaten noch keiner dieser
Fehler zu bemerken; er hat zwar weniger Glanz als der Weingeistfirniß, allein er
scheint sich dafuͤr auch auszustreken, wenn man das Papier dehnt. Er
widersteht auch den Waschungen; selbst jenen mit sehr verduͤnntem
Scheidewasser (eau seconde), dessen sich die Maler zum
Abwaschen alter Gemaͤlde bedienen.
Um uns zu beweisen, daß auch die gewoͤhnlichsten Papiere, wenn sie wir dem
fraglichen Firnisse uͤberstrichen worden sind, besser, aufgeleimt werden
koͤnnen, als wenn dieß nicht geschah, ließ Hr. Benoît in unserer Gegenwart diese zwei Arten von Papier von
gleicher Qualitaͤt aufkleben. Mit dem gefirnißten konnte dieß sehr leicht,
und ohne daß es zerriß, geschehen; das ungefirnißte hingegen ließ den Kleister
durchschlagen, erforderte von Seite des Arbeiters viel mehr Vorsicht, einen
groͤßeren Aufwand an Zeit, und zerriß dabei dennoch. Der Consument muß demnach den Arbeiter viel
theurer zahlen, und alle Ersparnis, die er allenfalls im Ankaufe des Papieres
gemacht zu haben glaubt, geht gewiß verloren.
Die HH. de Gatigny und Comp. haben in einem neu gebauten
Kaffeehause unmittelbar, nachdem die Maurer das untere Stokwerk verließen, auf die
nassen Waͤnde von ihren Tapeten kleben lassen, waͤhrend man den oberen
Theil des Hauses weiter baute. Hier haben zwar die Farben durch die Einwirkung des
nassen Gypses etwas gelitten; allein eine zweite auf die erstere aufgeleimte
Papierschichte litt schon keinen Schaden mehr. Diese Erfahrung veranlaßte den
Erfinder, fuͤr nasse Waͤnde ein gefirnißtes Papier zu verfertigen,
welches anstatt des gewoͤhnlichen grauen Papieres aufgeklebt wird, und auf
das man dann erst die Luxustapeten anzubringen haͤtte. Bei einem Traiteur sah
der Ausschuß Tapeten der neuen Art, welche sehr schmuzig geworden, abwaschen, ohne
daß die Farben und der Firniß dadurch auch nur im Geringsten veraͤndert
worden waͤren.
Wenn es endlich richtig ist, daß, wie wir mit mehreren Tapezierern allerdings zu
glauben geneigt sind, der Firniß des Hrn. Benoît
die Insekten abhaͤlt, sich in die Tapeten einzunisten, so ist dieß ein großer
Vorzug mehr: besonders fuͤr die Colonien, in denen die Tapeten so rasch eine
Beute der Termiten und anderen Ungeziefers werden. Wir fuͤgen nur noch bei,
daß in der genannten Fabrik Tapeten der neuen Art verfertigt werden, wovon die Rolle
von einem halben bis zu sechs Fr. und daruͤber kostet.
Hr. Benoît hat sich demnach durch seine Erfindung
sehr verdient gemacht, und duͤrfte als einer von Seite der Gesellschaft
zuzuerkennenden Medaille wuͤrdig erkannt werden.
Anhang.
Die Annales de la Société polytechnique
pratique enthalten in ihren Nrn. 34, 35 und 36, S. 213, das Programm zur
Bildung einer Actiengesellschaft, welche sich unter der Firma Jourdan, Benoît und Comp. bilden soll- um das Patent,
welches Hr. Benoît im Jahre 1837 auf die von ihm
gemachte Erfindung genommen hat, fuͤr 20 Jahre im Großen auszubeuten. Wir
beschranken uns auf die Bemerkung, daß die Gesellschaft mit einem Capitale von 1 1/2
Mill. Fr., die in 3000 Actien zu je 500 Fr. vertheilt sind, arbeiten will, und
entnehmen dafuͤr von dem die Fabrication selbst Betreffenden aus dem
Programme noch Folgendes.
Jedermann weiß, welche kleinliche Vorsicht beim Aufkleben unserer Papiertapeten von
den gewoͤhnlichsten an bis zu den kostbarsten noͤthig ist. Der Kleister
muß gleichmaͤßig auf die Rolle aufgetragen werden; das Papier darf nicht zu
stark damit gesaͤttigt seyn, damit es nicht zu schlaff werde; und damit es
nicht an den Raͤndern einreiße, waͤhrend der Arbeiter die Rolle
handhabt. Ganz vorzuͤglich muß man das Papier mit groͤßter Vorsicht
und genau parallel zwei, drei und vier Mal zusammenfalten, damit der Kleister nicht
die Seite, an der sich der Dessin befindet, erreiche; denn sonst wird der Dessin
flekig, das Sammtartige verliert seinen Glanz, und der Fehler ist nicht mehr zu
verbessern. Wischt sich der Arbeiter nicht bestaͤndig die Haͤnde ab,
oder hat er nicht Gewandtheit genug, um die Dessins der Rollen rasch
zusammenzupassen, so sieht man im ersteren Falle uͤberall die Spuren seiner
Finger, waͤhrend in lezterem der Kleister die gehoͤrige
Fluͤssigkeit verliert, so daß das Papier nicht mehr gut ausgeglichen werden
kann, und daß also Falten entstehen, die, wenn das Papier troken geworden ist, dem
Dessin sehr schaden und die Ungeschiklichkeit des Arbeiters beurkunden. Will man
hiemit unzufrieden das Papier aͤndern, so muß man es in Fezen abreißen; es
ist verloren und man muß ein zweites daran wagen. Ist die Tapezierung aber wirklich
gelungen, so leidet sie doch durch das Kopfanlehnen der Dandys, durch den Rauch der
Lampen, der Kerzen, und durch viele andere Dinge. Und wenn vollends die
Waͤnde feucht sind, oder Insekten sich einnisten, ist kaum abzuhelfen. Allen
diesen Uebeln ist durch die Erfindung des Hrn. Benoît gesteuert. Sie ist um so schaͤzenswerther, als sie
hoͤchst einfach ist, und in der Anwendung eines Ueberzuges, eines Firnisses
besteht, der dem Tapetenpapiere alle wuͤnschenswerthen Eigenschaften gibt,
und ihm dafuͤr alle Maͤngel nimmt. Der Erfinder hat aber auch
saͤmmtliche Theile seiner Erfindung so an einander zu reihen gewußt, daß sie
saͤmmtlich von der ersten bis zur lezten dem Maximum der zu erreichenden
Vortheile entsprechen.
Hr. Benoît nahm in unserer Gegenwart zwei Rollen
Tapetenpapier: eine altere Art und eine der seinigen. Er trug auf beide dieselbe
Quantitaͤt eines und desselben Kleisters auf; mit der ersten verfuhr er mit
der groͤßten Vorsicht, um sie, ohne sie zu befleken, an die Gypswand der
Werkstaͤtte, an der sie nur mit Muͤhe haftete zu kleben. Bei der
seinigen hingegen brauchte er auch nicht die geringste Vorsicht; er wischte sich die
Haͤnde nicht ab; der zum Auftragen des Kleisters genommene Pinsel fuhr bald
uͤber die Raͤnder des Papieres hinaus, bald uͤber den Dessin
selbst hinweg; die Papierrolle ward nicht auf sich selbst zusammengebogen, sondern
der Erfinder faßte sie zusammen, als wollte er sie wie ein Saktuch in die Tasche
steten, so daß sie Jedermann fuͤr verloren hielt. Dessen ungeachtet wikelte sie sich beim
Aufkleben wieder vollkommen aus einander; die Theile, die nicht genug gespannt
schienen, konnten, ohne zu zerreißen, beliebig geaͤndert werden; und bei all
dem brauchte sich Hr. Benoît nicht zu
kuͤmmern, ob seine Haͤnde den Dessin bestellen oder nicht. Denn wenn
die Rolle ein Mal auf der Gypswand, die kein Hinderniß zu machen schien, ausgespannt
war, so konnten alle Fielen mit einem Schwamme weggewaschen werden, so daß die
Tapete im schoͤnsten Glanze erschien. Auf das an den Erfinder gestellte
Verlangen, beide aufgeklebte Rollen wieder von der Wand abzunehmen, nahm er seine
Tapete ab, ohne daß sie auch nur die geringste Beschaͤdigung erlitten
haͤtte, waͤhrend die andere nur in Fezen abgenommen werden konnte. Am
meisten uͤberraschte jedoch, daß man von der Benoît'schen Tapete den Kleister mit einem nassen Schwamme
wegzuwischen im Stande war, so daß sie getroknet so gut wie eine neue dienen konnte.
Um den Versuch vollkommen zu machen, schuͤttete man Oehl, Tinte, verschiedene
Fette auf eine neue Tapetenrolle; nach einiger Zeit konnten auch die hiedurch
erzeugten Fleken mit einem nassen Schwamme weggewischt werden, ohne daß auch nur die
geringste Spur davon zuruͤkblieb.
Die neuen Tapeten haben demnach im Wesentlichen folgende Vorzuͤge:
1) sie sind vollkommen dehnbar (malléables), und
bekommen weder solche Spruͤnge, noch solche Risse, wie die alten gefirnißten
Papiere;
2) sie gestatten, ohne daß irgend eine Beeintraͤchtigung ihres Glanzes daraus
erwuͤchse, die Anwendung wohlfeiler Farben, woraus sich eine große Ersparniß
bei der Fabrikation ergibt;
3) sie ahmen Steine, Marmors, kostbare Hoͤlzer u. dergl. vollkommener nach,
als dieß mit den bisherigen Tapeten der Fall war; sie dienen daher zu allen Arten
von Verzierungen, und in vielen Faͤllen ist ihnen daher selbst vor
Oehlmalereien der Vorzug einzuraͤumen;
4) sie behalten wegen ihres glaͤnzenden Ueberzuges ihren
urspruͤnglichen Farbenton unveraͤndert bei;
5) sie dienen auch zur Verzierung der Plafonds, wodurch sich unsere Wohnungen noch
mehr verschoͤnern lassen, und woraus auch eine Erhoͤhung der
Tapeten-Fabrikation erwaͤchst;
6) sie widerstehen der Feuchtigkeit der Waͤnde und den Sonnenstrahlen besser
als die alten Tapeten;
7) Fleken, von welcher Art sie auch seyn moͤgen, bringen ihnen leinen
Nachtheil, indem sie sich wie Marmor waschen und wie gefirnißte Oehlgemaͤlde laugen
lassen. Sie sind auch wie diese den Angriffen der Insekten nicht ausgesezt;
8) sie stehen niedriger im Preise als die aͤlteren gefirnißten Papiere, und
sind nicht theurer als die aͤlteren ungefirnißten Papiere;
9) der zu ihrer Fabrikation verwendete Anstrich eignet sich fuͤr
Tapetenpapiere aller Art, von 60 Cent. bis zu 40 Fr. die Rolle;
10) die zur Fabrication noͤthigen Substanzen koͤnnen nie fehlen, selbst
wenn Tausende von Rollen des Tages erzeugt werden.
Endlich kommt noch zu bemerken, daß die neuen Papiere auch zum Trokenlegen feuchter
Mauern dienen. Da es jedoch zu kostspielig seyn wuͤrde, wenn man zwei
Tapetenschichten auf einander aufkleben wollte, so verfertigt Hr. Benoît anstatt des grauen Papieres (dessen sich
die Tapezierer gewoͤhnlich als Unterlage bedienen, wenn die Waͤnde
Unebenheiten haben, die maskirt werden sollen; oder wenn man sehr schoͤne
Tapeten aufkleben will; oder wenn zeugene Tapeten aufgespannt werden sollen) eine
eigene Art von Papier, die nicht theurer kommt, als das gewoͤhnliche graue
Papier, die aber der Feuchtigkeit eben so gut widersteht, wie die Tapeten
selbst.
Es duͤrfte demnach kaum einem Zweifel unterliegen, daß die neuen Tapeten in
Kuͤrze eine außerordentliche commercielle Wichtigkeit erlangen
muͤssen.