Titel: Verbesserte Methode gewisse vegetabilische und animalische Fette zu behandeln, um Kerzen daraus zu fabriciren, worauf sich Friederich Wilhelm Hempel von Oranienburg bei Berlin, und Henry Blundell, Farbenfabrikant in Hull in der Grafschaft York, am 13. Septbr. 1836 in England ein Patent ertheilen ließen.
Fundstelle: Band 67, Jahrgang 1838, Nr. CXVI., S. 439
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CXVI. Verbesserte Methode gewisse vegetabilische und animalische Fette zu behandeln, um Kerzen daraus zu fabriciren, worauf sich Friederich Wilhelm Hempel von Oranienburg bei Berlin, und Henry Blundell, Farbenfabrikant in Hull in der Grafschaft York, am 13. Septbr. 1836 in England ein Patent ertheilen ließen. Aus dem London Journal of arts. Januar 1838, S. 207. Hempel's und Blundell's Methode Talgsaͤure zur Kerzenfabrication zu bereiten. Die Erfindung besteht in einer eigenthuͤmlichen Behandlung des Palmoͤhles, des thierischen Fettes oder Talges und des Wachses, um den darin enthaltenen Talgstoff von dem Oehlstoff zu scheiden, und um ersteren durch Oxydation, Bleichen und Reinigen in ausgezeichnete Talgsaͤure zu verwandeln, die dann fuͤr sich allein oder mit Wachs vermengt zu trefflichen Kerzen verarbeitet werden kann. Besonders kommt hiebei in Betracht, daß aus dieser Masse Kerzen gegossen werden koͤnnen, und daß also das gewoͤhnliche hoͤchst langwellige Ziehen der Kerzen wegfaͤllt. Was das Palmoͤhl betrifft, so unterwerfen es die Patenttraͤger sieben verschiedenen Processen; naͤmlich der Krystallisation, dem Auspressen, der Oxydation oder der Umwandlung des Talgstoffs in Talgsaͤure; der Scheidung der Talgsaͤure von dem Kalke, dem Auswaschen und einem zweiten Auspressen, dem Bleichen und dem Raffiniren. Krystallisation. Das im Handel vorkommende Palmoͤhl wird geschmolzen und in große eiserne oder andere Krystallisationsgefaͤße gegossen, in denen man es sehr langsam abkuͤhlen laͤßt. Der Talgstoff krystallisirt bei einer Temperatur von beilaͤufig 19° R., bei der sich der Oehlstoff zum Theil davon abscheidet. Auspressen. Bei der eben erwaͤhnten Temperatur unterwirft man die Masse einer kraͤftigen hydraulischen Presse oder einem anderen mechanischen Druke. Der von der Presse ablaufende fluͤssige Theil ist Oehlstoff, die in der Presse zuruͤkbleibende feste Substanz ist unreiner Talgstoff mit etwas Margarin. Oxydation. Der Talgstoff und das Margarin wird in einem eisernen Gefaͤße geschmolzen, und auf je 104 Pfd. Talgstoff und Margarin werden unter bestaͤndigem lebhaftem Umruͤhren 12 Pfd. oder je nach der Qualitaͤt der Ingredienzien etwas mehr oder weniger vollkommen trokenes, sehr fein gepuͤlvertes Kalkhydrat (geloͤschter Kalk) zugesezt. Die Temperatur wird dann allmaͤhlich bis auf 97° R. erhoͤht, und das Ganze drei Stunden lang gut umgeruͤhrt, bis der Talgstoff und das Margarin eine vollkommene Verbindung mit dem Kalke eingegangen hat. Man erkennt dieß, wenn die Masse duͤnn und durchsichtig wird, und beim Erkalten ein glasartiges Aussehen annimmt. Ist diese Operation zu Ende, so beseitigt man das Feuer, und sezt anfangs sehr allmaͤhlich unter raschem Umruͤhren kaltes Wasser zu, bis die ganze Masse in ein grobkoͤrniges Pulver verwandelt ist, welches man durch ein Drahtsieb treibt, um alle allenfalls darin befindlichen Kluͤmpchen zu zerkleinern. Das Kalkhydrat bereiten sich die Patenttraͤger auf folgende (in Deutschland wohl bekannte) Weise: Man legt gut gebrannten, frischen Kalk, der keine Kiesel enthaͤlt, auf ein Sieb und taucht das Ganze eine Minute lang unter Wasser; wenn man nach Verfluß dieser Zeit das nicht absorbirte Wasser ablaufen laͤßt, so zerfaͤllt der Kalk schnell zu Pulver, welches man in ein maͤßig erhiztes eisernes Gefaͤß gibt, und mit einem hoͤlzernen Dekel bedekt, um alles ungebundene Wasser zu verdampfen. Zulezt siebt man den Kalk durch ein feines Sieb, um ihn dann so schnell als moͤglich anzuwenden, damit er nicht frische Feuchtigkeit anziehe. Scheidung der Talg- und Margarinsaͤure von dem Kalke. Der Talgstoff und das Margarin, welche durch den beschriebenen Proceß in Talg- und Margarinsaͤure verwandelt wurden und sich als solche mit dem Kalke verbanden, muͤssen nunmehr von diesem geschieden werden. Dieß geschieht durch Anwendung von salzsaurem Kalke und Schwefelsaͤure. Man nimmt von ersterem die noͤthige Menge, um so viel Salzsaͤure zu erzeugen, als man zur Zersezung der talg- und margarinsauren Verbindung bedarf; und sezt ihm so viel Schwefelsaͤure zu, daß der Kalk als Gyps niederfaͤllt, waͤhrend die Salzsaͤure frei wird. Hierauf versezt man den talgsauren Kalk mit so viel von dieser Salzsaͤure, daß aller Kalk aufgeloͤst wird, und noch etwas uͤberschuͤssige Saͤure bleibt. Das Verhaͤltnis ist beilaͤufig: 3 Pfd. mit 9 Pfd. Wasser verduͤnnte Salzsaͤure auf 1 Pfd. Kalk. Dieses Gemisch uͤberlaͤßt man 3 bis 4 Tage sich selbst, damit man der gaͤnzlichen Aufloͤsung des Kalks versichert ist. Wenn man hierauf die Masse so weit erhizt, daß die Talg- und Margarinsaͤure in Fluß gerathen, so wird man beide auf der Oberflaͤche der Fluͤssigkeit schwimmend erhalten. Der salzsaure Kalk wird dann in ein anderes Gefaͤß gebracht, und mit Schwefelsaͤure zersezt, um die dadurch frei gewordene Salzsaͤure bei der naͤchsten Operation abermals wieder benuzen zu koͤnnen. Es ergibt sich demnach lediglich ein Verbrauch an Schwefelsaͤure, woraus eine Ersparniß von wenigstens 50 Proc. und eine beinahe vollkommene Scheidung des Kalkes von der Talgsaͤure erwaͤchst. Auswaschen und zweites Pressen. Die Talg- und Margarinsaͤure werden hierauf gut mit heißem Wasser ausgewaschen, und bei einer Temperatur von 19° R. ein zweites Mal in die Presse gebracht, um die Talgsaͤure von der Margarinsaͤure zu scheiden. Bleichen. Die aus der Presse kommende Talgsaͤure wird auf Wasser in großen seichten Gefaͤßen der freien Luft ausgesezt, acht bis zwoͤlf Stunden lang auf dem Schmelzpunkte erhalten, von Zeit zu Zeit umgeruͤhrt, und so viel als moͤglich mit der Luft in Beruͤhrung erhalten, bis sie weiß geworden ist. Die Margarinsaͤure wird auf gleiche Weise in gesonderten Gefaͤßen gebleicht. Raffinirung. Man bringt die Talgsaͤure neuerdings bis auf den Schmelzpunkt erwaͤrmt, in ein eigenes Gefaͤß. Auf 1000 Pfd. davon nimmt man zum Behufs der Raffinirung 2 1/2 Pfd. gewoͤhnliches schwarzes Manganoxyd (Braunstein) und 40 Pfd. concentrirte Schwefelsaͤure, welche man mit 200 Pfd. reinen Wassers verduͤnnt. Die verduͤnnte Saͤure bringt man, waͤhrend sie durch die Verduͤnnung noch warm ist, in einem eigenen Gefaͤße uͤber das Raffinirgefaͤß. Wenn die Talgsaͤure in lezterem auf den Schmelzpunkt gekommen ist, so sezt man den Agitator in Bewegung, und laͤßt allmaͤhlich die verduͤnnte Saͤure hinzufließen. Wenn die Mischung vollkommen geschehen ist, wozu gewoͤhnlich zwei Stunden Zeit erforderlich sind, so laͤßt man sie 48 Stunden lang stehen, um sie nach Ablauf dieser Zeit zwei oder drei Stunden hindurch mit Dampf zu kochen. Nach dieser Zeit ist die Raffinirung vollbracht, und man kann die am Boden angesammelte Schwefelsaͤure ablaufen lassen. Die Talgsaͤure hingegen wird, nachdem sie gut mit reinem Wasser ausgewaschen worden ist, in große conische irdene Gefaͤße gebracht, die in einem Kasten durch Dampf erhizt erhalten werden, und mit conischen Saͤken aus starkem Filtrirpapiere ausgefuͤttert sind. Die filtrirte Talgsaͤure wird in Bloͤke gegossen, hat ein sehr schoͤnes Aussehen, kann auf gewoͤhnliche Weise zu Kerzen verarbeitet werden, und wird von den Patenttraͤgern Palmen-Talgsaͤure oder Palmenwachs genannt. Eine andere Raffinirmethode ist folgende. Man nimmt auf 100 Pfd. Talgsaͤure 16 Pfd. Schwefelsaͤure, welche mit 128 Pfd. Wasser verduͤnnt worden ist, oder 21 Pfd. schwefelsaures Manganoxyd und 9 Pfd. Kochsalz, und kocht die Masse durch 10 oder 12 Stunden mit Dampf. Oder man nimmt gegen 10 Proc. concentrirte Phosphorsaͤure oder 10 Proc. Kleesaͤure, und kocht sowohl in dem einen als in dem anderen Falle durch 10 bis 12 Stunden mit Dampf. Durch Anwendung der Phosphor- oder Kleesaͤure werden alle erdigen oder metallischen Substanzen, die der Talgsaͤure allenfalls noch anhaͤngen moͤchten, noch sicherer aufgeloͤst, als dieß in dem fruͤher erwaͤhnten Raffinirgefaͤße haͤtte geschehen koͤnnen, ausgenommen man haͤtte den Agitator sehr sorgfaͤltig und kraͤftig wirken lassen. Es ergibt sich bei der Anwendung dieser Saͤuren auch kein besonderer Kostenaufwand, indem man immer wieder dieselbe Saͤure verwendet, wenn man sie von Zeit zu Zeit durch Zusaz einer geringen Quantitaͤt Schwefelsaͤure, welche die allenfalls von der Phosphor- oder Kleesaͤure aufgenommenen erdigen oder metallischen Bestandtheile niederschlaͤgt, reinigt. Die nach diesem Verfahren raffinirte Talgsaͤure wird uͤbrigens, nachdem man sie mit reinem heißem Wasser ausgewaschen, eben so filtrirt und in Bloͤke gegossen, wie dieß oben angegeben worden ist. Was die von den Patenttraͤgern fuͤr das thierische Fett oder den Talg empfohlene Behandlungsweise betrifft, so soll man den Talg nach dem uͤblichen Verfahren von allen Unreinigkeiten befreien, dann in geschmolzenem Zustande in ein rundes Gefaͤß bringen, in welchem er mit einem Agitator umgeruͤhrt wird, bis er beilaͤufig auf 30° R. abgekuͤhlt ist, und in diesem Zustande ein milchiges Aussehen und eine koͤrnige Textur angenommen hat. Die koͤrnige Masse, welche aus krystallisirtem Talgstoff besteht, wird in die Presse gebracht, in der unter einem kraͤftigen Druke der Oehlstoff abfließt. Der auf diese Weise gewonnene Talgstoff wird ganz auf die beim Palmoͤhl angegebene Methode in Talgsaͤure verwandelt, und dann als solche wieder von dem Kalke geschieden, um dann gut mit heißem Wasser ausgewaschen, nach dem eben beschriebenen Verfahren neuerdings krystallisirt oder gekoͤrnt, und ein zweites Mal ausgepreßt zu werden. Das Raffiniren geschieht nach dem zweiten, bei dem Palmenoͤhle beschriebenen Raffinirprocesse; und eben so auch das lezte Auswaschen mit heißem Wasser, das Filtriren und das Gießen in Bloͤke. Die Behandlung des Talges laßt sich auch folgender Maßen leiten. Der auf die angegebene Weise krystallisirte und ausgepreßte Talgstoff wild mit aͤzender Soda oder Potaschelauge oder mit einem anderen Alkali verseift. Das erzielte talgsaure Alkali wird in einem Gefaͤße mit heißem Wasser und Dampf aufgeloͤst, und dann mit so viel Phosphorsaͤure versezt, als zur Neutralisirung des Alkali und zum Freimachen der Talgsaͤure erforderlich ist. Die Talgsaͤure wird hierauf in einem Abdampfgefaͤße so lange einer Temperatur von 66° R. ausgesezt, bis alles Wasser verdampft ist, dann neuerdings ausgepreßt, und endlich, nachdem man sie gut ausgewaschen und filtrirt hat, in Bloͤke gegossen. Das phosphorsaure Alkali wird mit Aezkalk zersezt, wodurch man phosphorsauren Kalk und Aezkali erhaͤlt, welches abermals zur Verseifung des Talgstoffs dienen kann. Der phosphorsaure Kalk gibt durch Zersezung mit Schwefelsaͤure Phosphorsaͤure, welche neuerdings in Anwendung kommt. Der Verbrauch beschraͤnkt sich demnach auf Schwefelsaͤure und Kalk, und auf 3 Proc. der Phosphorsaͤure und des Alkali. Der gewoͤhnliche Talg wird mit der aus dem Palmenoͤhle erzielten, auf die angegebene Art gebleichten Margarinsaͤure vermengt, und zwar im Verhaͤltnisse von 10 bis 20 Pfd. Margarinsaͤure auf 100 Pfd. Talg. Die Masse dient dann zur Fabrication wie gewoͤhnlich gegossener oder gezogener Kerzen. Was endlich das Bienenwachs betrifft, so besteht dessen Behandlung einfach darin, daß man 100 Theile Wachs mit 5 bis 10 Theilen des reinen aus Palmenoͤhl oder Talg bereiteten Talgsaͤure vermengt, und aus dieser Mischung dann nach dem gewoͤhnlichen Verfahren in Modeln Kerzen gießt.