Titel: Ueber die Stärke verschiedener gußeiserner Tragbalken. Auszug aus einer Abhandlung des Hrn. Charles Parker Esq., vorgetragen vor der Royal Institution of British Architects am 15. Jan. 1837.
Fundstelle: Band 68, Jahrgang 1838, Nr. XLIV., S. 195
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XLIV. Ueber die Staͤrke verschiedener gußeiserner Tragbalken. Auszug aus einer Abhandlung des Hrn. Charles Parker Esq., vorgetragen vor der Royal Institution of British Architects am 15. Jan. 1837. Aus dem Civil Engineer and Architects Journal. Febr. 1838, S. 106. Parker, uͤber die Staͤrke gußeiserner Tragbalken. Hr. Parker gab in der Abhandlung, die gegenwaͤrtigem Auszuge zum Grunde liegt, die Resultate von 34 Versuchen, die er unternahm, um die relative Starke verschieden geformter, einer quer auf sie einwirkenden Gewalt ausgesezter, gußeiserner Balken zu ermitteln; so wie auch um zu erfahren, welcher Unterschied in der Starke bei gleichem Durchschnitte Statt findet, je nachdem die Balken voll oder durchbohrt sind. Die zu den Versuchen gewaͤhlten Balken hatten folgende Formen: rechtekiger Durchschnitt, voll und durchbohrt; – voller rechtekiger Durchschnitt mit einer Rippe oder Verstaͤrkung in der Mitte; – voller und durchbohrter rechtekiger Durchschnitt mit einer Rippe an der oberen Kante; – voller und durchbohrter rechtekiger Durchschnitt mit einer Rippe an der unteren Kante; – voller und durchbohrter rechtekiger Durchschnitt mit einer Rippe an beiden Kanten; – voller und durchbohrter rechtekiger Durchschnitt mit Ausfuͤllung der zwischen den Rippen gelassenen Raͤume. Die zu den Versuchen genommenen Balkenmuster waren von einem solchen Maaßstabe, daß sie die zur Erzielung richtiger Resultate noͤthige Genauigkeit in der Adjustirung zuließen. Jedes haͤtte 2 Fuß 5 1/2 Zoll Laͤnge und 1 1/4 Zoll Tiefe. Dm Proportionen der Durchschnitte ward als Princip zum Grunde gelegt, daß die Breite des vollen rechtekigen Balkens die Basis eines jeden Querdurchschnittes bildete. Es ward daher an saͤmmtlichen Mustern an den schmalen Theilen des Durchschnittes dieselbe Breite beibehalten, und die Rippen wurden an den geeigneten Stellen zur Erzielung der Formverschiedenheiten beigefuͤgt. Die Tiefe der Balken so wie deren Laͤnge zwischen den Tragpunkten war stets eine und dieselbe. Sie richten an beiden Enden horizontal auf, und die Gewalt wirkte in der Mitte zwischen den beiden Tragpunkten senkrecht auf sie. Die Abbiegung oder Deflection ward mittelst eines Hebelzeigers vermehrt, und zwischen der Vermehrung der Gewichte um je 14 Pfd. wurden jedes Mal 3 Minuten Zeit gestattet. Gewoͤhnlich wurde mit jeder Balkenform der Versuch vier Mal wiederholt. Das zu den Guͤssen verwendete Eisen bestand zur Haͤlfte aus heiß geblasenem Caldereisen, und zur Haͤlfte aus Eisenblech, welches von einem mit kalter Geblaͤsluft arbeitenden Cupoloofen kam. Die Resultate der mit den vollen Querdurchschnitten angestellten Versuche fassen sich in Folgendem zusammen.Theilt man das Bruchgewicht in Pfunden durch das Gewicht der Balken in Pfunden, so erhaͤlt man als proportionale Starke eines jeden Balkens folgende Daten:Balkengewicht   in Pfunden.Bruchgewicht   in Pfunden.Proportionale     Staͤrke.VollerrechtekigerDurchschnittA     1,750      375      214  –    –mit Rippen in der MitteB     2,125      325      153  –    –mit Rippen an der oberen KanteC     2,125      325      153  –    –mit Rippen an der unteren KanteD     2,125      550      259  –    –mit Rippen an bei den KantenE     2,688      750      279  –    –mit Rippen an beiden Kanten u. ausgefuͤllten ZwischenraͤumenF      5,625       950       172 Balkengewicht.      Unzen. Bruchgewicht.       Pfd. Voller rechtekiger Durchschnitt A         28       375   –    – mit einer Rippe in der Mitte B         34       325   –    – mit einer Rippe an der oberen Kante C         34       325   –    – mit einer Rippe an der unteren Kante D         34       550   –    – mit einer Rippe an beiden Kanten E         43       750   –    – mit Rippen an beiden Kanten und dazwischen befindlichem, massiv ausgefuͤlltem Raume F         90       950 Zukuͤnftigen Experimentatoren bleibt es, da diese Resultate noch nicht ausreichen, uͤberlassen, das Vergleichungsprincip durch Berechnungen zu erlaͤutern oder constante, auf die Staͤrke jeder einzelnen Durchschnittsform anwendbare Multiplicatoren zu ermitteln. Aus einer cursorischen Betrachtung der Tabellen ergeben sich jedoch die Schluͤsse: daß der Widerstand eines Balkens gegen einen gegebenen Druk nicht mit der Quantitaͤt seines Materialgehaltes im Verhaͤltnisse steht; und daß die Widerstandskraft einer jeden Durchschnittsform mehr von der geeigneten Anordnung des Materiales als von dem Flaͤchenraume des Durchschnittes abhaͤngt. Vergleicht man die einzelnen Resultate, so folgt hieraus, daß die staͤrkste Form durch das Verhaͤltniß bedingt ist, welches zwischen den den Durchschnitt E bildenden Theilen (wobei die neutrale Flaͤche unberuͤksichtigt blieb, waͤhrend die Ausdehnungs- und Compressionsoberflaͤchen verhaͤltnißmaͤßig zunahmen) besteht. Auch an den Durchschnitten B, C, D, an denen drei Flaͤchen des Balkens einzeln vergroͤßert wurden, scheint es, daß das Material nur an den unteren der Ausdehnung ausgesezten Oberflaͤchen mit Vortheil vermehrt werden kann; denn geschieht diese Vermehrung in der neutralen oder in den oberen, der Compression unterliegenden Oberflaͤchen, so wird der Balken wesentlich schwacher, und selbst schwaͤcher als der einfache rechtekige Balken A. Die Richtigkeit dieses Schlusses ergab sich auch aus der verhaͤltnißmaͤßigen Zunahme der Abbiegungen, welche jene Durchschnitte, an denen die unteren Oberflaͤchen nicht vergroͤßert waren, vor dem Bruche unter der Zunahme der Last erlitten. Sie war auch aus dem Aussehen der Bruchstellen erkennbar. Die Gesammtresultate, zu denen man auf diesem Wege gelangte, schienen anzudeuten, daß der Widerstand der Theilchen gegen die Ausdehnung nicht derselbe ist, wie ihr Widerstand gegen die Compression. Auch ließ sich nach diesem Principe vermuthen, daß man die staͤrkste und wohlfeilste Durchschnittsform erhalten wuͤrde, wenn man der oberen Rippe beilaͤufig halb so viel Vorsprung gaͤbe als der unteren. Man findet ferner, daß die beiden Durchschnitte A, F, obschon sie beide Rechteke bildeten, und obschon der leztere eine drei Mal groͤßere Breite haͤtte als ersterer, nicht dieselben relativen Widerstandskraͤfte beibehielten; denn der Durchschnitt F ertrug mit 3 1/4 Mal mehr Materialmasse nur 2 1/2 Mal mehr Druk. Hieraus folgt, daß man bei der Anwendung der Tabellen uͤber die Staͤrke der Balken, welche man gewoͤhnlich den hierauf bezuͤglichen Werken angehaͤngt findet, behutsam seyn muͤsse. Man koͤnnte naͤmlich hieraus schließen, daß, da ein Balken von einem Zoll in der Breite ein gewisses Gewicht traͤgt, ein fuͤnf Mal breiterer Balken ein fuͤnf Mal groͤßeres Gewicht tragen muͤsse, wobei vergessen ist, daß an einem Balken, der eine gewisse Menge Material enthaͤlt, das Maximum der Staͤrke nur bei einem gewissen Verhaͤltnisse der Tiefe zur Breite erreicht wird. Alle die vorhergehenden Versuche wurden mit Balken angestellt, die in der Mitte voll waren; aͤhnliche Versuche wurden aber auch vorgenommen, um zu ermitteln, ob die Staͤrke des Materiales wesentlich beeintraͤchtigt wird, wenn man den unmittelbar an der neutralen Flaͤche oder zwischen den comprimirten und ausgedehnten Oberflaͤchen gelegenen Theil beseitigt. Wir wollen jedoch, bevor wir hierauf kommen, noch zweier Versuche erwaͤhnen, die mit hohlen Balken von elliptischer Durchschnittsform vorgenommen wurden. Erster Versuch. Zwei Balken von je 21 Fuß 2 Zoll Laͤnge; Gewicht von Nr. 1 13 1/4 Cntr., von Nr. 2 14 Cntr. 14 Pfd.; Entfernung zwischen den Tragstellen 19 Fuß 8 Zoll; Raum zwischen den beiden Balken 3 Fuß; Belastung mit Roheisen gleichmaͤßig uͤber die ganze Laͤnge vertheilt. Beide Balken brachen, da sie Fehler hatten, bei einer Belastung mit 14 1/2 Tonnen. Die Abbiegung im Mittelpunkte betrug bei einem Druke von 10 Tonnen 3/4 Zoll. Der Bruch erfolgte bei beiden 2 Fuß vom Mittelpunkte entfernt. Zweiter Versuch. Zwei gute fehlerfreie Balken von derselben Form. Entfernungen und Belastung wie beim ersten Versuche. Beide Balken wogen 1 Tonne 8 Cntr. 2 Qurs., einer also 14 Cntr. 1 Qur. Beide brachen unter einem Druke von 21 Tonnen genau in der Mitte. Die Abbiegung in der Mitte betrug bei einer Belastung mit 5 Tonnen 1/2 Zoll, bei 10 Tonnen 1 Zoll, bei 15 Tonnen 1 3/8 Zoll, und bei 20 Tonnen 1 5/8 Zoll. Es bedarf kaum einer Erinnerung, daß die Staͤrke dieser Art von Balken in der Natur durch den Bau der Roͤhrenknochen vieler Thiere, so wie durch den Bau der Stengel vieler Pflanzen nachgewiesen ist. Leider werden aber die Vortheile, welche diese Form gewaͤhrt, durch die Schwierigkeit, fehlerfreie Balken dieser Art von mehr dann 20 Fuß Laͤnge zu gießen, aufgewogen. Hr. Parker gibt an, daß, wenn man um die Achse herum die Theile wegschafft, oder wenn man die Masse aushoͤhlt, die Widerstandskraft gegen eine quer einwirkende Gewalt nur in geringem Grade beeintraͤchtigt wird, so daß sich eine Durchschnittsform ergibt, in welcher die geringste Menge Material mit der groͤßten Staͤrke vereint ist. Die beiden eben erwaͤhnten Versuche zeigen, daß in der Laͤngenrichtung ohne Nachtheil fuͤr die Staͤrke des Balkens ein Theil der neutralen Flaͤche weggeschnitten werden kann; da jedoch haͤufig auch in der Richtung der Breite ein Theil der neutralen Flaͤche weggeschnitten wird, so mußten weitere Versuche hieruͤber vorgenommen werden. Man hat bisher allgemein geglaubt, daß an durchbrochenen Balken die mittleren Oberflaͤchen der Tiefe nach beliebig angeordnet werden koͤnnen, und daß aus der Vertheilung der Theile keine groͤßere Staͤrke erwachsen koͤnne, wenn nur zur Verbindung der oberen und unteren Portionen und zur Verhuͤtung unregelmaͤßiger Zusammenziehungen im Metalle hinreichende Diagonal- und Querstreben gelassen sind. Diese Frage bei Seite gelassen, wollen wir nur angeben, daß saͤmmtliche, den Versuchen unterzogene Muster nach dem von Tredgold angegebenen Verfahren durbohrt worden sind. Es wurde hienach an dem rechtekigen Durchschnitte 5/8 seiner ganzen Tiefe ausgeschnitten, und die zuruͤkbleibenden Theile so vertheilt, daß allerwaͤrts eine gleiche Masse blieb. Beide Enden der Loͤcher waren kreisrund, und beide Seiten liefen mit den aͤußeren Kanten parallel. Zu ermitteln war, ob Balken, in deren Mitte ein Theil hohl gegossen ist, eben so stark sind wie massiv gegossene Balken sind. Mehrere Versuche fuͤhrten zum Schluͤsse, daß Balken von gleicher Tiefe und Breite massiv gegossen starker und steifer sind, als durchbrochen gegossen; daß gleiche Gewichte bei gleichen Durchschnittsformen eine gleiche Abbiegung erzeugen, die Balken moͤgen massiv oder durchbrochen gegossen seyn; und daß sich die Starke und Steifheit des massiv zum durchbrochen gegossenen Balken genau so verhalt, wie die auf die beiden Durchschnitte kommende Materialmasse, welche im gegebenen Falle zu Gunsten des massiven Balkens 1/3 ausmacht. In wie weit diese Resultate durch eine verschiedene Durchbrechung der neutralen Flaͤche modificirt werden, ist nur durch Versuche zu erforschen. Nach allgemein verbreiteten Behauptungen mußte man glauben, daß ein Balken von gegebener Tiefe, wenn er durchbrochen gegossen wird, starker und steifer sey, als wenn man ihn massiv gießt. Die Versuche haben dargethan, daß dieß irrig ist; und sollte man vorgeben, daß es auf die gleiche Metallmenge und nicht auf die gleiche Tiefe der beiden Durchschnitte ankommt, so wuͤrde dieß auch, wenn es richtig befunden werden sollte, doch den aus den Versuchen abzuleitenden allgemeinen Schluß nicht beeintraͤchtigen, wonach der Vortheil ein comparativer ist, in welche Form auch der mittlere Theil der Balken gebracht werden mag. Auch ergibt sich keine Abweichung von dem an den hohlen Bindebalken obwaltend befundenen Principe.