Titel: | Verbesserungen in der Fabrication der Bleioxyde und des kohlensauren Bleies oder Bleiweißes, worauf sich Charles Watt, Lehrer der Chemie in Manchester, und Thomas Rainforth Tebbutt, Kaufmann ebendaselbst, am 5. Jan. 1838 ein Patent ertheilen ließen. |
Fundstelle: | Band 70, Jahrgang 1838, Nr. XII., S. 68 |
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XII.
Verbesserungen in der Fabrication der Bleioxyde
und des kohlensauren Bleies oder Bleiweißes, worauf sich Charles Watt, Lehrer der Chemie in Manchester,
und Thomas Rainforth
Tebbutt, Kaufmann ebendaselbst, am 5.
Jan. 1838 ein Patent ertheilen ließen.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Aug. 1838,
S. 108.
Watt's und Tebbutt's Bleiweißfabrication.
Unsere Erfindung besteht in drei verschiedenen Processen, wodurch weißes
Bleioxydhydrat erzeugt und dessen Umwandlung in kohlensaures Blei bewerkstelligt
werden soll.
Dem ersten dieser Processe gemaͤß wird das Blei auf die uͤbliche Weise
in Oxyd oder in Bleiglaͤtte verwandelt, in welchem Zustande man es auch im
Handel kaufen kann. Dieses Oxyd oder die Glaͤtte kochen wir in einem
entsprechenden eisernen oder auch hoͤlzernen Gefaͤße, welches durch
Dampfroͤhren oder auf andere Weise geheizt wird, mit einer Aufloͤsung
von salzsaurem Natron, Kali oder Baryt, bis das in diesen Stoffen enthaltene Chlor
an das Bleioxyd uͤbergegangen ist, und dasselbe in salzsaures oder Chlorblei
umgewandelt hat, welches, wenn der Proceß gut gelungen ist, vollkommen weiß
erscheint. Aus diesem Chlorblei erzeugen wir das Bleioxyd, indem wir das Chlor durch
Schwefel- oder Salpetersaͤure austreiben, und dadurch das Chlorblei in schwefelsaures
oder salpetersaures Blei verwandeln. Wir geben zu diesem Zweke 3/4 Chlorblei und 1/4
rothes Bleioxyd oder Mennig in ein entsprechendes Gefaͤß oder in eine
Retorte, und sezen diesem Gemenge ungefaͤhr 1/3 seines Gewichtes concentrirte
Schwefelsaͤure zu, worauf wir durch Dampf oder auch auf irgend eine andere
Art so lange eine gelinde Waͤrme darauf einwirken lassen, bis alles Chlor
ausgetrieben und der Mennig in weißes schwefelsaures Blei verwandelt worden ist. Das
zu dieser Operation dienende Gefaͤß kann aus Gußeisen bestehen und mit einem
irdenen Helme versehen seyn, der so gebaut ist, daß das ausgetriebene Chlor in einen
Apparat geleitet werden kann, wie man sich seiner zur Erzeugung von Chlorkalk,
Chlornatron u. dergl. bedient. Daß dieser Apparat verschieden seyn muß, je nachdem
man diese Producte in fluͤssigem oder trokenem Zustande erlangen will,
versteht sich von selbst. Das erzeugte schwefelsaure Blei waschen wir in einem
hoͤlzernen, mit einem Dekel versehenen Troge gut mit Kalkwasser aus, um alle
ungebundene Schwefelsaͤure zu beseitigen, wobei wir das Waschwasser so lange
ablaufen lassen, bis der Ruͤkstand nicht mehr sauer reagirt. Ist dieß der
Fall, so sezen wir allmaͤhlich und in Pausen von ungefaͤhr 10 Minuten
eine Aufloͤsung irgend eines alkalischen oder erdigen kohlensauren Salzes zu,
wobei wir von den Erden solche waͤhlen, die in Schwefelsaͤure
aufloͤslich sind, z.B. Bittererde. Waͤhrend des Zusezens dieses
kohlensauren Salzes ruͤhren wir die Mischung oft oder ununterbrochen um,
waͤhrend mit dem Eintragen der Aufloͤsung selbst so lange fortgefahren
wird, als noch ein Aufbrausen erfolgt. Das schwefelsaure Blei wird hiedurch zu einem
weißen Hydrate, welches viel kohlensaures Blei enthaͤlt. Um es
gaͤnzlich in lezteres zu verwandeln, leiten wir beilaͤufig eine Stunde
lang durch das Gemenge einen Strom von Kohlensaͤure, wobei wir das
Gefaͤß, worin dieß geschieht, beinahe geschlossen oder mit einem Dekel, auf
den ein leichter Druk ausgeuͤbt wird, bedekt erhalten, damit das Gas nicht so
leicht entweichen kann. Die Masse soll hiebei auf irgend geeignete Weise von Zeit zu
Zeit umgeruͤhrt werden. Am besten eignet sich zu dieser Operation der Woolf'sche Apparat, den man sich aus Holz oder Irdenwaare
zusammensezen kann. Die Kohlensaͤure entwikeln wir auf die
gewoͤhnliche Weise, die keiner Beschreibung bedarf. Den Ruͤkstand,
welcher Bleiweiß oder kohlensaures Blei ist, waschen wir mehrere Male mit reinem
Wasser aus, um alle Salze, die sich allenfalls noch darin befinden koͤnnten,
wegzuschaffen. Hiemit ist der Proceß beendigt und das Bleiweiß zum Gebrauche
fertig.
Das zweite Verfahren ist folgendes. Wir geben Chlorblei in ein Gefaͤß, welches aus
Toͤpferwaare oder irgend einem anderen von Salpetersaͤure
unangreifbaren Materiale bestehen kann, und welches mit den gehoͤrigen
Ableitungsroͤhren und Vorlagen ausgestattet seyn muß. In diesem
Gefaͤße sezen wir es der Einwirkung von Salpetersaͤure aus, von der
wir den vierten Gewichtstheil des Chlorbleies beifuͤgen, und die entweder
concentrirt oder auf die Haͤlfte oder zwei Drittheile verduͤnnt seyn
kann. Der Zusaz von Salpetersaͤure muß so lange waͤhren, als noch
Chlor in die Vorlagen uͤbergeht. Als Ruͤkstand dieses Processes bleibt
salpetersaures Bleioxyd, welches dann nach dem bei dem ersten Processe beschriebenen
Verfahren, d.h. von dem Zusaze des alkalischen kohlensauren Salzes an behandelt
werden muß.
Unser drittes Verfahren besteht in Folgendem. Wir loͤsen fein
gekoͤrntes metallisches Blei oder Bleioxyd in einem entsprechenden
Gefaͤße und unter Anwendung von Dampf- oder anderer Waͤrme in
Salpetersaͤure, die vorher mit 8 Gewichtstheilen Wasser verduͤnnt
worden, auf. Aus dieser Aufloͤsung faͤllen wir das Blei mit irgend
einem Alkali oder einer alkalischen Erde in aͤzendem Zustande. Am besten
eignen sich hiezu Kalk und Baryt, indem diese durch Schwefelsaͤure
gefaͤllt werden koͤnnen, so daß die Salpetersaͤure zu weiterem
Gebrauche frei zuruͤkbleibt. Wir wenden anstatt der Salpetersaͤure
unter Befolgung desselben Verfahrens zuweilen auch Essigsaͤure an. Durch den
Niederschlag von weißem Bleioxydhydrat leiten wir mittelst des bekannten Woolf'schen Apparates kohlensaures Gas, welches wir auf
die gewoͤhnliche Weise entbinden. Der Gasstrom muß ein ununterbrochener oder
beinahe ein solcher seyn, auch muß das Gemenge waͤhrend der Operation
haͤufig umgeruͤhrt werden. Sehr erleichtert wird dieß, wenn man das
Hydrat und das Wasser auf 40° R. erwaͤrmt haͤlt.
Wir bedienen uns bei unseren verbesserten Processen auch der Verbindungen, die das
Bleioxyd eingeht, wenn es so lange mit oͤhligen und fettigen Koͤrpern
gekocht wird, bis diese in olein-, margarin- und stearinsaure Salze
umgewandelt worden. Diese Umwandlung bewirkt naͤmlich das Bleioxyd ebenso gut
wie die Alkalien und alkalischen Erden. Das Bleioxyd verdraͤngen wir hierauf
aus diesen Verbindungen durch Alkalien, alkalische Eiden und deren kohlensaure
Verbindungen, die Kohlensaͤure an das Blei abgeben, waͤhrend sich die
Basen mit den fetten Saͤuren verbinden. Gleichzeitig soll ein Strom
kohlensaures Gas durch die in Behandlung befindlichen Stoffe geleitet werden, und
zwar um der gaͤnzlichen Umwandlung des Bleioxydes in kohlensaures Blei
versichert zu seyn, eine ganze Stunde hindurch. Daß Product muß gut mit Wasser
abgewaschen werden, um
alle ihm anhaͤngenden Salze oder sonstigen fremdartigen Stoffe wegzuschaffen.
Man kann uͤbrigens die Masse auch mit verduͤnnter
Schwefelsaͤure kochen, bis alles Bleioxyd als weißes, schwefelsaures Blei
niedergefallen ist, welches dann auf die bereits angegebene Weise in kohlensaures
Blei verwandelt werden kann.
Wir machen nach den hier beschriebenen Processen keine Anspruͤche auf die
Anwendung von Salpeter- oder Essigsaͤure zum Behufe der
Aufloͤsung des Bleies und seiner Oxyde und zum Behufe der Bleiweißgewinnung;
wohl aber reserviren wir uns die Anwendung der Schwefelsaͤure zur Umwandlung
des Chlorbleies in schwefelsaures und alsdann in kohlensaures Blei. Ebenso
reserviren uns die Faͤllung des Bleioxydes aus der Ausloͤsung in
Salpeter- oder Essigsaͤure mittelst aͤzender, anstatt
kohlensaurer Alkalien oder Erden, und die weitere Beseitigung derselben, sowie die
Auswaschung des Niederschlages vor seiner Umwandlung in kohlensaures Blei. Ferner
reserviren wir uns die Umwandlung des Bleioxydhydrats, aus welcher Saͤure es
auch gefaͤllt seyn mag, in kohlensaures Blei anstatt der gewoͤhnlichen
Faͤllung des Bleies mit kohlensauren Alkalien; deßgleichen die Anwendung von
Kalk und Baryt, durch welche die Salpeter- und Essigsaͤure so
ausgeschieden werden kann, daß sie sich zu weiteren Zweken verwenden laͤßt.
Weiters die Anwendung von dem aus dem schwefelsauren Blei gewonnenen Bleioxydhydrat
zur Umwandlung in kohlensaures Blei mittelst eines durch dasselbe geleiteten Stromes
Kohlensaͤure. Endlich auch die Anwendung von den erwaͤhnten
Fettsaͤuren anstatt der Essigsaͤure zum Behufe der Fabrication von
kohlensaurem Blei oder Bleiweiß.