Titel: Auszug aus dem Berichte, den der Ingenieur der Great-Western-Eisenbahn, Hr. Brunel, den Directoren über deren Bau erstattete.
Fundstelle: Band 70, Jahrgang 1838, Nr. LXI., S. 267
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LXI. Auszug aus dem Berichte, den der Ingenieur der Great-Western-Eisenbahn, Hr. Brunel, den Directoren uͤber deren Bau erstattete. Aus dem Civil Engineers and Architects Journal. September 1838. Brunel, uͤber den Bau der Great-Western-Eisenbahn. Da die Great-Western-Eisenbahn und ihre kuͤnftigen Hauptauslaͤufer in keiner Verbindung mit anderen bereits vollendeten Bahnen stehen, und wir also in Hinsicht auf deren Dimensionen ganz freie Hand hatten, so entschlossen wir uns, ihr eine Spurweite (gauge) von 7 Fuß zu geben. Es konnte nicht fehlen, daß man mehrere Einwuͤrfe gegen diese Abweichung von der als Princip aufgestellten Spurweite von 4 Fuß 8 Zoll machte. Keiner von ihnen zeigte sich jedoch als stichhaltig, und man besteht daher dermalen nur noch auf der Behauptung, daß die Baukosten aller zur Bahn gehoͤrigen Werke und Bauten bedeutend groͤßer ausgefallen seyn muͤßten. Daß die Wagen um so viel staͤrker seyn muͤßten, als sie schwerer seyn wuͤrden; daß sie die Curven nicht durchlaufen koͤnnten; daß sie leichter von den Schienen ablaufen wuͤrden; daß namentlich die Achsen wegen ihrer groͤßeren Laͤnge dem Bruche noch mehr ausgesezt seyn wurden: Alles dieß betrachtete man nicht als Schwierigkeiten, die sich an jeder Eisenbahn, an denen mit groͤßerer Spurweite aber in etwas groͤßerem Maaßstabe ergeben, sondern als Einwendungen, welche das neue System allein treffen und zu dessen Sturz fuͤhren muͤßten. Was den ersten, naͤmlich den Kostenpunkt betrifft, so ist dieß eine Frage des Calculs, die sich leicht abthun laͤßt, und die auch wirklich bereinigt war, bevor wir uns zu der groͤßeren Spurweite entschlossen. Man hat aber auch hier auf vorgefaßte Meinungen mehr Gewicht gelegt, als auf Berechnungen, und Ursache und Wirkung unbedacht unter einander geworfen. Man hat angenommen, daß eine groͤßere Spurweite nothwendig auch eine groͤßere Breite des Weges und groͤßere Dimensionen der Bruͤken, Tunnels etc. mit sich bringe. Dieß ist jedoch nur innerhalb der Graͤnzen, die wir hier abhandeln wollen, der Fall. Eine Bahn von 7 Fuß erheischt keine breiteren Bruͤken oder Tunnels als eine von 5 Fuß; die Breite ist durch die den belasteten Wagen gestattete Maximalweite oder durch die groͤßte, auf der Bahn zu fuͤhrende Ladung, und durch den zu beiden Seiten gestatteten freien Raum bedingt. An der Liverpool-Manchester-Bahn betraͤgt die Totalbreite nur 9 Fuß 10 Zoll und die Bruͤken und Viaducte brauchten bloß eine doppelte Breite, naͤmlich 19 Fuß 8 Zoll zu haben. Da man jedoch diese Breite von 9 Fuß 10 Zoll etwas zu klein fand, so erhoͤhte man sie an der London-Birmingham-Bahn mit Beibehaltung der Spurweite durch Erweiterung des zwischen den beiden Bahnlinien gelassenen Raumes auf 11 Fuß. Gestattet man fuͤr jede Bahn 11 Fuß, so kann aber eben so gut eine Spurweite von 7 als von 5 Fuß angewendet werden, ohne daß eine Veraͤnderung der Bruͤken, Viaducte und Tunnels erforderlich waͤre. Viele fanden auch diese Breite von 11 Fuß, bei der fuͤr die Lasten wirklich nur ein Raum von 10 Fuß gestattet ist, zu gering; und wenn man bedenkt, daß die Ladungen großen Theils aus Baumwoll- und Wollenballen, aus landwirthschaftlichen Producten und anderen leichten Guͤtern, die sich bei dem Transporte leicht verschieben, bestehen, so duͤrfte die fuͤr die Great-Western-Eisenbahn angenommene Breite von 13 Fuß, bei der die Maximalbreite unter allen Umstaͤnden auf 12 Fuß beschraͤnkt ist, nicht uͤbermaͤßig erscheinen. Aus diesem Grunde und nicht wegen der groͤßeren Spurweite wurde an dieser Bahn das Minimum der Bruͤken- und Tunnelweite von 22 auf 26 Fuß erhoͤht. Auf den Erdbau hat die Erhoͤhung der Spurweite nur geringen Einfluß; denn sie betrifft an den Daͤmmen nur 2 Fuß und an den Durchstichen nicht einmal so viel. Welches Resultat ergab sich nun aber in der Praxis? An der London-Birmingham-Eisenbahn haben die Bruͤken 30 und die Viaducte 28 Fuß Weite; an der Great-Western-Eisenbahn dagegen haben beide 30 Fuß. Hier sind also die Kosten nicht bedeutend hoͤher, und wahrlich erscheint die Mehrausgabe nur sehr gering, wenn man bedenkt, daß der Raum fuͤr die Ladungen von 10 bis auf 12 Fuß erhoͤht wurde. Ein groͤßerer Unterschied ergibt sich an den Tunnels, welche an ersterer Bahn nur 24 Fuß Weite haben, waͤhrend an lezteren auch hier die Weite von 30 Fuß beibehalten wurde. Es geschah dieß nicht sowohl, weil man es fuͤr absolut nothwendig hielt; sondern vielmehr um den Einwendungen, die man gegen die Tunnels uͤberhaupt macht, zu begegnen, und um denselben Minimalraum beizubehalten, der spaͤter als Graͤnzlinie fuͤr die Groͤße und Form der auf der Bahn zu transportirenden Frachtstuͤke dienen koͤnnte. Das Princip, nach dem wir verfuhren, beruhte auf Fixirung der Minimalweite und darauf, daß allen Bauten gleiche Weite zu geben sey, indem wir es nicht fuͤr noͤthig erachteten, den Brustwehren eines Viaductes, der Veraͤnderungen zulaͤßt, eine groͤßere Weite zu geben, als den Seiten eines Tunnels, der nicht wohl mehr abgeaͤndert werden kann. Die Daͤmme an der London-Birmingham-Bahn haben 26, jene an der Great-Western-Bahn 30 Fuß, was an der wirklichen Erdarbeit fuͤr leztere Bahn ein Mehr von 6 1/2 Proc. gibt. Die Landstreke, welche mehr erforderlich ist, betraͤgt auf die engl. Meile nicht mehr als einen Acre. Im Ganzen bedingt also die Dimensionserhoͤhung von 10 auf 12 Fuß eine Kostenerhoͤhung, welche im Durchschnitte nicht uͤber 7 Proc. betraͤgt, waͤhrend ich in meinem Berichte vom Jahre 1835 diesen Mehrbetrag zu 8 Proc. anschlug. Was das Gewicht der Wagen anbelangt, so berechnet sich der groͤßeren Bahnbreite ungeachtet, obschon wir Raͤder von 4 anstatt von 3 Fuß Durchmesser haben, obschon wir fuͤr jeden Passagier etwas weniges mehr Raum gestatten, und obschon die Kaͤsten eine groͤßere Hoͤhe haben, das auf jeden Passagier kommende Bruttogewicht doch etwas niedriger. Tonnen. Cntr. Pfd. Ein Birminghamer Wagen erster Classe wiegt     3  17  2 Mit 18 Passagieren, wovon 15 auf die Tonne gehen     1    4  0 ––––––––––––––     5    1  2 oder 631 Pfd. auf den Passagier. Ein Wagen erster Classe der Gr. West. Bahn wiegt     4  14  0 Mit 24 Passagieren     1  12  0 ––––––––––––––     6    6  0 oder 588 Pfd. auf den Passagier. Unsere 6raͤderigen Wagen erster Classe wiegen     6  11  0 Mit 32 Passagieren     2    2  2 ––––––––––––––     8  13  2 oder 600 Pfd. auf den Passagier, so daß also nach einem aus beiderlei Wagen genommenen Durchschnitte 594 Pfd. auf den Passagier kommen. Diese Gewichtsersparniß erwaͤchst ungeachtet der groͤßeren Staͤrke des Gestelles und ungeachtet des groͤßeren Durchmessers und der groͤßeren Schwere der Raͤder, lediglich aus der groͤßeren Spurweite. Unsere offenen Wagen zweiter Classe wurden zwar nicht gewogen, allein ich zweifle nicht, daß dasselbe Verhaͤltnis auch fuͤr sie gilt. Welches Resultat ergab sich uns in Hinsicht auf das haͤufigere Brechen der Achsen und das oͤftere Ablaufen der Raͤder von den Schienen? Daß wir von diesen Unfaͤllen, die an anderen Bahnen schon so manches Ungluͤk nach sich zogen, beinahe ganz verschont blieben. Es brach uns bisher nicht nur keine einzige Achse, sondern auch nicht eine der geknieten Achsen erlitt eine Beschaͤdigung, obschon die Maschinen mehreren harten Proben ausgesezt gewesen waren. Eine unserer groͤßten Locomotiven kam kuͤrzlich, als sie bei Nacht, wo man sie nicht erwartete, zuruͤkgeschikt wurde, mit einigen schweren Transportwaͤgen in Collision, und wurde beinahe 6 Fuß weit von der Bahn weggeworfen. Keine der Achsen ward im Geringsten beschaͤdigt, obschon der vordere, aus einem starken eichenen Bohlen bestehende Theil des Wagens zertruͤmmert wurde. Waͤhrend eines 10woͤchentlichen Betriebes der Bahn geschah es nur ein einziges Mal, daß ein Wagen eines ganzen Zuges die Bahn verließ und einen anderen Wagen mit sich riß, ohne daß man dieß eher entdekt haͤtte, als nachdem 1 1/2 engl. Meile auf diese Weise zuruͤkgelegt worden. Da sich dieser Wagen in der Mitte des Zuges befand, und das eine Ende der Achse ganz aus dem Achsenhuͤter gezogen wurde, so muß eine außerordentliche Ursache dieses Abweichen des Wagens von der Bahn veranlaßt haben. Jedenfalls war dieß eine harte Pruͤfung fuͤr die Achse; sie bestand dieselbe so gut, daß der Wagen, nachdem die Achse wieder an Ort und Stelle gebracht worden, nach London zuruͤkgesendet werden konnte. Wollte man dasselbe Raisonnement wie die Vertheidiger der Spurweite von 4 Fuß 8 Zoll anwenden, so koͤnnte man hienach beweisen, daß lange Achsen staͤrker sind als kurze, und daß große Spurweiten sich fuͤr die Curven besser eignen. Uns hingegen scheint durch die Erfahrung nur so viel erwiesen, daß die groͤßere Neigung zu brechen, welche die Achsen, und die groͤßere Neigung die Schienen zu verlassen, welche die Raͤder bekommen, mehr als aufgewogen wird, durch die aus der groͤßeren Spurweite erwachsende Stetigkeit der Bewegung, durch die Beseitigung der heftigen, durch Unregelmaͤßigkeiten in der Spurweite bedingten Erschuͤtterungen. In der That hat sich auch nicht eine einzige der gegen die groͤßeren Spurweiten vorgebrachten Einwendungen bewaͤhrt; wohl aber ward dadurch einer der Zweke, die man im Auge hatte, erreicht: naͤmlich die Moͤglichkeit, den Durchmesser der Raͤder einst zu vergroͤßern, was bei der bisherigen Spurweite, wie wuͤnschenswerth es auch gewesen seyn mochte, nicht thunlich war. Man kann zwar sagen, daß dieß bloß in Aussicht steht, allein bestreiten laͤßt sich nicht, daß sich schon jezt große Vortheile aus der groͤßeren seitlichen Stetigkeit der Maschinen und Wagen, so wie auch aus dem groͤßeren, den Leistungen der Locomotiven gestatteten Spielraͤume ergeben. Was den in Aussicht stehenden Vortheil betrifft, so kann ich nicht umhin, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, daß die Beseitigung der laͤstigen Graͤnze, welche die Verminderung der Reibung, die bei unseren Gradienten 4/5 oder 80 Proc. des Gesammtwiderstandes betraͤgt, im Wege steht, das ersehnte Ziel ist, und daß ich mich zur Zeit, als ich groͤßere Raͤder in Vorschlag brachte, folgendermaßen ausdruͤkte: „Ich bin dermalen keineswegs im Stande, irgend eine bestimmte Radgroͤße oder auch nur irgend eine bedeutende Vergroͤßerung der jezt gebraͤuchlichen Dimensionen in Vorschlag zu bringen. Ich glaube aber, daß sie wesentlich vergroͤßert werden duͤrften, und der Zwek, den ich im Auge habe, ist jeden Theil einer Vervollkommnung zugaͤngig zu machen, und Alles zu beseitigen, was irgend einem großen Fortschritte in diesem Fache im Wege steht, wie z.B. der Durchmesser der Raͤder, von dem der Widerstand, die Transportkosten und die zu erreichende Geschwindigkeit so wesentlich bedingt ist.“ Die Ergebnisse bei dem Betriebe unserer Bahn befestigen in mir die Ueberzeugung, daß wir unserer Bahn eine hoͤchst schaͤzbare Kraft gesichert haben, und daß es eine Thorheit waͤre, die zu erntenden Vortheile aufzugeben. Wir wollen nunmehr auf den Bau unserer Maschinen uͤbergehen, deren Modificationen man, obwohl sie noͤthig waren, um die Maschinen den groͤßeren Geschwindigkeiten anzupassen, gleich der Erweiterung der Spur als Neuerungen verworfen hat. Wir wollen dabei nicht hadern mit jenen, die jede Erhoͤhung der Geschwindigkeit fuͤr unnoͤthig halten; das Publicum wird jeder Zeit dem vollkommensten Fuhrwerke den Vorzug geben, und sich dafuͤr aussprechen, daß Geschwindigkeit innerhalb verstaͤndiger Graͤnzen eine der Hauptbedingungen beim Reisen ist. Eine Geschwindigkeit von 35 bis 40 engl. Meilen in der Zeitstunde wird gegenwaͤrtig auf anderen Bahnen an den Stellen mit Gefaͤlle und mit geringen Lasten auch auf ebenen Flaͤchen erreicht, ohne daß sich ein Nachtheil dabei bemerken ließe. Eine solche Geschwindigkeit auf ebenen Bahnen und mit maͤßigen Lasten regelmaͤßig zu erreichen, ist daher nicht nur thunlich, sondern unstreitig auch wuͤnschenswerth. In diesem Hinblike wurden die Maschinen gebaut, und ich verlangte und empfahl nichts Neues. An den fuͤr geringe Geschwindigkeiten gebauten Wagen waren die Treibraͤder stets klein, im Verhaͤltnisse zur Laͤnge des Kolbenhubes. An den schnelleren Maschinen war das Verhaͤltniß etwas anders; die Raͤder waren groͤßer, oder die Kolbenhube kuͤrzer. Aus dem großen Laͤrmen, den man gegen die großen Raͤder und den Bau unserer Maschinen erhob, moͤchte man den Schluß ziehen, daß wir von einem feststehenden Principe abgingen, und daß ich zu diesem Schritte rieth. Thatsache ist, daß, nachdem eine gewisse Kolbengeschwindigkeit als die vortheilhafteste befunden worden, ich diese Geschwindigkeit so fixirte, daß die Maschinen gewoͤhnlich 35 engl. Meilen laufen, und 40 engl. Meilen zu laufen im Stande sind, da die Maschinen der Liverpool-Manchester-Bahn fuͤr 20 bis 25 engl. Meilen berechnet sind, und doch leicht 30 bis 35 engl. Meilen in der Zeitstunde zuruͤkzulegen vermoͤgen. Ich fixirte ferner auch noch die Last, welche die Maschine zu ziehen im Stande seyn soll, und uͤberließ den Bau und die Proportionen ganz und gar den Maschinen-Fabrikanten, mit dem einzigen Vorbehalte, daß umstaͤndliche Zeichnungen derselben mir zur Einsicht und Gutheißung vorgelegt werden muͤßten. Die meisten Fabrikanten nahmen aus eigenem Antriebe und ohne vorher Ruͤksprache mit mir gepflogen zu haben, große Raͤder als eine nothwendige Folge der verlangten Geschwindigkeit an: eine Ansicht, uͤber deren Richtigkeit ich auch nicht den geringsten Zweifel hege. Da die Hauptproportionen dieser Maschinen mit jenen zusammentreffen, die von den tuͤchtigsten Experimentatoren und Schriftstellern empfohlen wurden, so ist nicht wohl zu begreifen, welche Einwendungen dagegen gemacht werden koͤnnen. Die Maschinen zeigten sich uͤberdies praktisch ganz dem speciellen Zweke, fuͤr den sie berechnet sind, naͤmlich zur Erreichung großer Geschwindigkeiten, geeignet, obschon sie dermalen verschiedener Umstaͤnde wegen noch unter großen Nachtheilen arbeiten. Eine eigens fuͤr große Geschwindigkeiten gebaute Maschine ist nicht wohl geschaffen, um bei geringer Geschwindigkeit eine große Kraft auszuuͤben; auch eignet sie sich nicht zu oͤfterem Anhalten; man hatte diese Absicht auch weder beim Baue der Maschinen, noch wird dieser Fall uͤberhaupt eintreten, wenn einmal alle die Bahn betreffenden Anordnungen ausgefuͤhrt seyn werden. Dessen ungeachtet ist die auf unserer Bahn erzielte Durchschnittsgeschwindigkeit groͤßer, als sie gleiche Zeit nach der Eroͤffnung der Bahn an der Grand-Junction- und Birmingham-Eisenbahn war. Wir haben unseren dermaligen Maschinen nur einen einzigen ernstlichen Vorwurf zu machen, und diesen verdanken wir hauptsaͤchlich denen, die sich am lautesten gegen uns vernehmen ließen. Ich meine hierunter die unnoͤthig große Schwere der Maschinen. Die groͤßere Spurweite erheischt naͤmlich durchaus keine bedeutend groͤßere Schwere der Maschinen. Eine Maschine von gleicher Kraft und Geschwindigkeit kann, sie mag fuͤr eine Spurweite von 4 Fuß 8 Zoll oder von 7 Fuß bestimmt seyn, ganz denselben Kessel, dieselbe Feuerung, denselben Cylinder, denselben Kolben, dieselben Seitentheile und dieselben Raͤder haben; nur die Achsen und die Querbalken allein muͤssen groͤßer seyn. Verdoppelt man diese im Gewichte, so bleibt die Gewichtserhoͤhung in Bezug auf die ganze Maschine doch immer noch unbedeutend. Wegen der wiederholt und von bedeutenden Autoritaͤten gemachten Versicherungen, daß die groͤßere Spurweite auch eine groͤßere Staͤrke und Kraft der Maschinen noͤthig mache, gab man mehreren Theilen ganz unnoͤthige Dimensionen, Dimensionen, durch welche man meiner Ansicht nach die Staͤrke des Ganzen eher verminderte als erhoͤhte. Ich dachte und denke noch, daß es nicht klug gewesen waͤre, der allgemeinen Meinung entgegen zu handeln, und die den Fabrikanten zukommende Verantwortlichkeit auf mich zu laden; ich stehe aber keinen Augenblik an zu behaupten, daß eine bedeutende Gewichtsverminderung vorgenommen werden kann, und daß durchaus keine so großen Vorsichtsmaßregeln noͤthig sind, um den vorausgesehen, in der That aber eingebildeten, gewaltsamen Einwirkungen den noͤthigen Widerstand entgegen zu sezen. Man wird sich nicht wundern, wenn unter solchen Umstaͤnden unsere Maschinen noch kein Muster von dem, was erreicht werden kann, sind; doch hatten wir das Gluͤk, daß das Resultat der von uns angestellten Versuche den Laͤrmschlaͤgern allen Credit nahm, so daß die Maschinenbauer dieses hemmenden Einflusses entledigt, in Zukunft ihren Einsichten und Erfahrungen ungehindert folgen koͤnnen. Es mag sonderbar klingen, daß ich auch in Bezug auf die beim Legen der Schienen befolgte Methode es von mir ablehnen muß, irgend etwas vollkommen Neues versucht zu haben. Die fortlaufenden Holzunterlagen, die ich anstatt der isolirten Tragbloͤke empfahl, gehoͤren einem alten, in neuerer Zeit wieder hervorgezogenen Systeme an, welches nach den Erfahrungen, die man in Amerika an mehreren hundert Meilen und in England an einigen kurzen Bahnstreken machte, mannigfache Vortheile gewaͤhrt. Es gibt in vollem Betriebe stehende Eisenbahnen, an denen sich jene, die sehen wollen, die Ueberzeugung holen koͤnnen, daß mit fortlaufenden Holzunterlagen Bahnen hergestellt werden koͤnnen, auf denen die Bewegung viel ruhiger, das Geraͤusch viel unbedeutender, und die Abnuͤzung der Maschinen viel geringer ist. Fuͤr große Geschwindigkeiten ist dieses System unstreitig das geeignetste, und aus diesem Grunde empfahl ich es auch fuͤr unsere Bahn. Wenn ich aber auch fuͤr das System an und fuͤr sich einstehe, so bedauere ich doch, auf die Discussion des Werthes der von mir eingeschlagenen Baumethode nicht mit derselben Zuversicht eingehen zu koͤnnen. Was die Gruͤnde, die mich zur Einfuͤhrung meines Pfahlbaues bewogen, und die Zweke, die ich dabei im Auge hatte, betrifft, so verweise ich in dieser Hinsicht auf meinen fruͤheren Bericht.Man findet diesen Pfahlbau im polyt. Journal Bd. LXVIII. S. 339 beschrieben, und ausfuͤhrlichere Bemerkungen hieruͤber, so wie Auszuͤge aus dem fruͤheren Berichte des Hrn. Brunel Bd. LXIX. S. 81.A. d. R. Der unter meinen Augen ausgefuͤhrte Theil des Baues entsprach vollkommen meinen Erwartungen, und auch nicht eine Unannehmlichkeit erwuchs aus der Anwendung der Pfaͤhle; dagegen ergaben sich spaͤter allerdings einige Schwierigkeiten, und der schlechte Zustand, in welchem sich die Bahn einige Zeit uͤber befand, und dem erst neuerlich abgeholfen wurde, ward unstreitig durch die Pfahle gesteigert, wo nicht ganz veranlaßt. Der Fehler lag jedoch keineswegs im Principe, sondern in der schlechten Ausfuͤhrung, da der Bau zur Ausgleichung von fruͤherem Zeitverluste zulezt in kuͤrzerer Zeit vollendet werden mußte, als mit der noͤthigen Sorgfalt zu vereinbaren war. Dazu kam ungluͤklicher Weise noch der Umstand, daß ich in Folge eines ernstlichen Unfalles in der ganzen lezten Zeit die Leitung des Baues nicht selbst besorgen konnte. Da man sich genau an das Verfahren hielt, welches bei dem zuerst vollendeten Bahnstuͤke gelang, so beging man mehrere ernstliche Fehler. Es war eine bedeutend festete und dichtere Fuͤtterung noͤthig, als man anfaͤnglich vermuthete; das anfaͤnglich bei der Fuͤtterung befolgte Verfahren und das dazu benuzte Material zeigte sich an anderen Stellen ungeeignet; und die Fuͤtterung ward an einer großen Bahnstreke, namentlich an den durch Thonlager fuͤhrenden Durchstichen, uͤbereilt und schlecht ausgefuͤhrt. Viele Streken erhielten sich jedoch gleich von Anfang an in gutem Zustande; andere verbessern sich immer mehr und mehr, und ich habe die Ueberzeugung erlangt, daß, wenn man uͤberall vor dem Legen der Schienen eine Grundlage aus grobem Kiese eingestampft und auf diese erst die Fuͤtterung gebracht haͤtte, die Bahn gleich vom Beginne an uͤberall so fest und solid ausgefallen waͤre, als sie es jezt an dem groͤßeren Theile der Bahnlinie ist. Was wir seit Eroͤffnung der Bahn zur Verbesserung derselben leisten konnten, erheischte unvermeidlich eine langsame, kostspielige und muͤhselige Arbeit. Wir waren gezwungen, den Boden unter den Laͤngenbalken bis auf eine Tiefe von 18 Zoll auszugraben, ohne dabei den Verkehr auf der Bahn zu hemmen. Wir mußten das ausgegrabene Material von der Bahn wegschaffen und es durch groben Kies ersezen; und da dieser Kies wegen der daruͤber liegenden Laͤngenbalken nicht fest genug gestampft werden konnte, so mußte die Fuͤtterung, nachdem sie durch die daruͤber laufenden Wagen zusammengedruͤkt worden, ein oder zwei Mal wiederholt werden. Diese neue Fuͤtterung hat nun Festigkeit erlangt, und ich hoffe, daß die Bahn in Kuͤrze in ganz gutem Zustande seyn wird. Ich bin daher immer noch fuͤr den Pfahlbau, da ich mich nicht von seiner Unzwekmaͤßigkeit, sondern vielmehr vom Gegentheile uͤberzeugt habe, und da ich gewiß bin, daß ich unter aͤhnlichen Umstaͤnden alle die uns widerfahrenen Unannehmlichkeiten in Zukunft vermeiden kann. An jenem Theile der Bahn, an dem der Erdbau zunaͤchst gefuͤhrt werden soll, sind keine Pfaͤhle anwendbar, weil der Boden mehrere Meilen weit aus festem, hartem Kalksteine besteht. Ich wollte hier, wo das erwaͤhnte Unheil nicht zu befuͤrchten ist, da der Kalk unter den Balken nicht so nachgeben kann, wie der Thon und der Kies, mein System in modificirter Form anwenden, d.h. ich wollte die hoͤlzernen Laͤngenbalken durch kleine, in den Kalk eingetriebene Eisenstaͤbe niederhalten. Ich bin jedoch nicht hartnaͤkig auf mein System versessen, wenn derselbe Zwek auf andere Weise eben so gut erreicht werden kann. Ich habe gefunden, daß der Pfahlbau bei der ersten Anlage bedeutende Kosten veranlaßt, und daß bei seiner Ausfuͤhrung vielleicht eine zu große Vorsicht erfordert werden duͤrfte. Wuͤrde man diese Kosten ganz oder zum Theil auf staͤrkere Balken und groͤßere Metalldike verwenden, so ließe sich gewiß eine sehr feste und dauerhafte, fortlaufende Bahn erzielen. Als Princip fuͤr alle Bahnen, auf denen große Geschwindigkeit erreicht werden soll, stelle ich fortlaufende Schienenunterlagen und groͤßere Spurweite fest; mit diesem Princlpe will ich stehen oder fallen, und von diesen beiden Punkten soll meiner Ueberzeugung nach nicht abgegangen werden, wenn wir unserer Bahn eine unter anderen Umstaͤnden unerreichbare Superioritaͤt sichern wollen. In Hinsicht auf die Herstellung des permanenten Ueberbaues (permanent way) kann ich behaupten, daß selbst nach dem auf der Streke zwischen London und Maidenhead befolgten Systeme die Gesammtkosten sich nicht wesentlich hoͤher berechnen, als bei dem Baue einer guten Bahn mit Steinbloͤken. Ich war zwar nicht im Stande, die Baukosten an anderen Bahnen genau zu ermitteln, allein aus einer approximativen Schaͤzung ergab sich mir, daß die Kosten des einen Baues jene des anderen beilaͤufig um 500 Pfd. St. auf die engl. Meile uͤbersteigen duͤrften. Die Kosten unseres permanenten Ueberbaues berechnen sich auf 9000 Pfd. St., worunter jene fuͤr das Trokenlegen (under-draining), fuͤr die Zurichtung der Oberflaͤche, fuͤr die Seitenbauten an den Stationen, fuͤr verschiedene andere einschlaͤgige Punkte, so wie auch die oben angegebenen Ausbesserungen der fehlerhaft gebauten Bahnstreken begriffen sind. Diese Kosten erleiden jedoch eine bedeutende Reduction, wenn man einmal auf diese Art von Bau eingeuͤbt ist, so zwar, daß ich glaube, daß man in Zukunft mit Beibehaltung meines Systemes nicht mehr als 8000 Pfd. St. per engl. Meile rechnen duͤrfe. Wuͤrde man das System etwas modificiren und einfache, große, hoͤlzerne Laͤngenbalken mit Schienen von 54 Pfd. per Yard anwenden, so wuͤrden sich die Kosten einer Meile, selbst bei dem dermaligen hohen Preise des Eisens, auf nicht mehr als 7400 Pfd. St. berechnen. Ich weiß, daß diese Summe groͤßer ist, als man sie gewoͤhnlich fuͤr den permanenten Ueberbau annimmt; ich kann nicht beweisen, daß dieser Bau an anderen Bahnen mehr oder auch nur so viel gekostet habe; allein so viel ist gewiß, daß Schienen und Steinbloͤke, wie man sie an der Liverpool-Manchester-Eisenbahn verwendete, an unserer Bahn wenigstens eben so viel gekostet haben wuͤrden.