Titel: | Ueber einen Apparat zum Schraubenschneiden mittelst der Drehebank, von der Erfindung des Hrn. Mechanikers Martin. Auszug aus einem Berichte des Hrn. de la Morinire. |
Fundstelle: | Band 70, Jahrgang 1838, Nr. LXII., S. 275 |
Download: | XML |
LXII.
Ueber einen Apparat zum Schraubenschneiden
mittelst der Drehebank, von der Erfindung des Hrn. Mechanikers Martin. Auszug aus einem Berichte
des Hrn. de la
Morinire.Hr. Martin erhielt fuͤr seine Erfindung eine
Bronze-Medaille.A. d. R.
Aus dem Bulletin de la Société
d'encouragement. August 1838, S. 301.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Martin's Apparat zum Schraubenschneiden.
Man benuzt zum Schneiden der Schrauben und Schraubenmuttern mittelst der Drehebank
gewoͤhnlich die sogenannten tours en l'air, an
deren Spindel sich gegen die Mitte hin eine Reihe von Schraubengaͤngen
befindet, unter denen man jenen auswaͤhlt, welcher der zu verfertigenden
Arbeit entspricht. Dasselbe Princip findet dermalen zu demselben Zweke, aber auf
bequemere Weise dadurch seine Anwendung, daß man an das Ende der Spindel einen
kleinen Manchon anstekt, an dem sich der zu erzeugende Schraubengang befindet. Oder
endlich man erreicht seinen Zwek noch einfacher durch Anwendung des Schraubstahles,
dessen man sich auch in den beiden ersteren Faͤllen bedient. Da aber die
Spindel dann keinen Fuͤhrer hat, so gehoͤrt eine gewisse Gewandtheit
dazu, um regelmaͤßige Schraubenwindungen zu erhalten. Man nennt dieses
Verfahren in Frankreich fileter à la
volée.
Bei der ersten dieser Methoden ist die Zahl der Schraubengaͤnge, welche man
erzeugen kann, auf die Zahl der in die Spindel geschnittenen Gewinde reducirt. Bei
der zweiten laͤßt sich allerdings eine groͤßere Anzahl von
Schraubengaͤngen erzielen, allein sie ist jederzeit durch die Anzahl der zur
Verfuͤgung stehenden Manchons bedingt. Die dritte endlich erfordert, so wie
auch die beiden ersteren, die Anwendung von Drehstaͤhlen, deren Schraubengang
mit dem zu schneidenden uͤbereinstimmt.
Hr. Martin hat einen Apparat ausgedacht, bei dessen
Anwendung man mittelst des einfachen Grabstichels jede Art von Schraubengang
schneiden kann. Sein Verfahren besteht darin, daß man die Spindel waͤhrend
ihres Umlaufens mittelst eines Richtscheites, welches, je nachdem die
Schraubengaͤnge mehr oder weniger Hoͤhe bekommen sollen, mehr oder
weniger gegen seine Achse geneigt ist, vor- oder ruͤkwaͤrts
bewegt; und daß man den Grabstichel, dessen Form der zu schneidenden Art von
Schraube entsprechen muß, in fixer unbeweglicher Stellung erhaͤlt.
Dieß ist das Princip, nach welchem der kleine Apparat, der im Wesentlichen folgende
Einrichtung hat, gebaut ist. Hinter der Doke sind zwei, senkrecht auf einander
stehende Coulissen angebracht, von denen die laͤngere, mit einer Verzahnung
ausgestattete, sich in einer gegen die Achse der Drehebank senkrechten Richtung
bewegt, waͤhrend die zweite, die einen viel kuͤrzeren Spielraum hat,
fortwaͤhrend mittelst einer kraͤftigen, unterhalb angebrachten Feder
auf das Ende der Spindel druͤkt. Diese Feder wuͤrde die Nase (nez) gaͤnzlich aus ihrer Doke hinaus zu
draͤngen suchen, wenn sich nicht ein an dem entgegengesezten Ende
befindlicher Absaz mittelst einer kleinen Leiste gegen ein Richtscheit stemmte,
dessen Neigung gegen die Achse der Coulisse die Steigung der Schnekenlinie, welche
die Spindel der Drehebank beschreibt, bestimmt. Man braucht, um sich dieses
Apparates zu bedienen, nur mehr die große Coulisse gleichfoͤrmig und durch
Raͤume, welche mit der Zahl der Umlaͤufe der Drehebankspindel im
Verhaͤltnisse stehen, zu bewegen. Dieß bewerkstelligt man mittelst eines an
dieser Spindel fixirten Getriebes, welches in die oben erwaͤhnte Verzahnung
eingreift.
Hieraus erhellt das Spiel dieses Apparates zur Genuͤge. Wenn naͤmlich
die große Coulisse an eines der Enden der Platten, auf der sie angebracht ist,
geschoben wird; wenn das Getrieb in die Verzahnung eingreift, und wenn die Feder den
Absaz der Spindel gegen das Richtscheit draͤngt, so wird dieses leztere durch
die Umlaufsbewegung der Spindel vorwaͤrts getrieben, wo dann das Richtscheit
seinerseits die Spindel im Verhaͤltnisse der vollbrachten Umlaͤufe und
ihrer Bruchtheile
versezt. Laͤßt man die Spindel wieder zuruͤkgehen, so findet das
Umgekehrte Statt: d.h. die Spize des Grabstichels verzeichnet auf den Gegenstand
regelmaͤßig die der Neigung des Richtscheites entsprechende Spirale. Diese
Neigung laͤßt sich a priori bestimmen, weil der
Winkel, den es mit der Achse der Drehebank bildet, kein anderer ist als jener der
Tangente mit der auf die Spindel der Drehebank verzeichneten Spirale.
Das Richtscheit kann nach Rechts und nach Links geneigt werden, damit man
recht- und linkhandige Schrauben schneiden kann. Um den Grad seiner Neigung
bemessen zu koͤnnen, durchlaͤuft sein in eine Spize ausgezogenes Ende
einen graduirten Kreisbogen.
Das durch diese Vorrichtung getroffene Auskunftmittel ist uͤbrigens nicht neu;
denn man bedient sich desselben bisweilen auf eine sehr wohlfeile Weise, indem man
den mit einem Schraubengewinde ausgestatteten Manchon durch einen kleinen zinnenen
Cylinder ersezt, auf dem man eine Messerklinge anbringt, die je nach der
Hoͤhe, welche man dem Schraubengange geben will, mehr oder weniger geneigt
seyn muß. Diese Klinge, welche offenbar dieselben Dienste leistet, wie das
Richtscheit des Hrn. Martin, steht selbst dem
aͤrmsten Arbeiter zur Verfuͤgung, waͤhrend der hier
beschriebene Apparat fuͤr einen solchen zuweilen zu kostspielig seyn
duͤrfte. Jedenfalls ließe sich sein Preis aber sehr erniedrigen, wenn man ihn
nicht aus Messing, sondern aus einem wohlfeileren Metalle verfertigte, und wenn man
die Feder durch ein Gewicht, welches uͤberdieß auch noch eine
gleichmaͤßigere Wirkung haͤtte, ersezte. Bemerkt muß noch werden, daß
man mit dem neuen Apparate ohne alles Probiren den Schraubengaͤngen jede
beliebige Hoͤhe geben kann.
Fig. 30 ist
ein Grundriß einer Drehebank, die mit dem Mechanismus des Hrn. Martin ausgestattet ist.
Fig. 31 ist
ein Aufriß derselben vom Ende her gesehen.
In dem Gestelle A sieht man bei B die Spindel; bei C, C die Doken; bei D eine doppelt ausgekehlte Rolle; bei E, E verschiedene, in die Spindel geschnittene
Schraubengewinde; bei F eine Platte, auf der sich die
Coulissen befinden. a, a' sind die Coulissen, zwischen
denen sich das Richtscheit schiebt; an einer derselben a' befindet sich, wie man sieht, eine Verzahnung. Die Feder c druͤkt die Coulisse a bestaͤndig gegen das Ende der Spindel. Der mit lezterer aus einem
Stuͤke bestehende Absaz d stuͤzt sich
mittelst einer Leiste auf das Richtscheit e, welches
seinen Drehpunkt in i hat. Das an der Spindel
angebrachte und in die Verzahnung eingreifende Getrieb sezt die große Coulisse a' in Bewegung, g ist ein an
der Coulisse a angebrachtes Richtscheit, an das sich das
Richtscheit e anlegt, waͤhrend es in seitlicher Richtung
versezt wird. Die an dem Ende des Richtscheites befindliche Stellschraube dient zur
Regulirung der Neigung desselben, wobei seine Spize den graduirten Kreisbogen k durchlaͤuft.