Titel: Beschreibung des galvano-magnetischen Telegraphen zwischen München und Bogenhausen, errichtet im Jahre 1837 von Hrn. Prof. Dr. Steinheil.
Fundstelle: Band 70, Jahrgang 1838, Nr. LXVI., S. 292
Download: XML
LXVI. Beschreibung des galvano-magnetischen Telegraphen zwischen Muͤnchen und Bogenhausen, errichtet im Jahre 1837 von Hrn. Prof. Dr. Steinheil. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Steinheil's galvano-magnetischer Telegraph. Der Telegraph (woruͤber bereits im polyt. Journal Bd. LXVII. S. 388 eine historische Notiz mitgetheilt wurde) besteht aus drei wesentlichen Theilen: 1) einer metallenen Verbindung zwischen den Stationen; 2) dem Apparat zur Erzeugung des galvanischen Stromes und 3) dem Zeichengeber. 1) Verbindungskette. Man muß sich die sogenannte Verbindungskette als einen sehr verlaͤngerten Schließungsdraht der Volta'schen Saͤule denken. Was von diesem gilt, gilt auch von ihr. Bei demselben Metall und gleicher Dike erleidet der galvanische Strom einen der Laͤnge proportionalen Widerstand. Dieser ist aber bei derselben Laͤnge und demselben Metall um so kleiner, je groͤßer die Dike des Metalls ist, und zwar umgekehrt der Durchschnittsflaͤche proportional. Die Leitungsfaͤhigkeit der Metalle ist aber sehr verschieden. Nach Fechner's Messungen leitet Kupfer z.B. sechsmal besser als Eisen, viermal besser als Messing. Die Leitungsfaͤhigkeit von Blei ist noch geringer, so daß also die einzigen Metalle, welche bei technischer Anwendung mit Vortheil in Concurrenz treten koͤnnen, Kupfer und Eisen sind. Indem nun der Preis von Eisen nahezu sechsmal geringer als der des Kupfers ist, man aber eine Leitung von Eisen sechsmal schwerer bei derselben Laͤnge machen muͤßte als eine Kupferleitung, damit beide gleichen Widerstand leisten, so ist es in finanzieller Beziehung gleichguͤltig, welches dieser Metalle man waͤhlt. Kupfer scheint vortheilhafter, weil es in der Luft weniger der Oxydation ausgesezt ist als Eisen. Man kann aber auch lezteres durch einfache Mittel (galvanisiren) schuͤzen. Ja es scheint die bloße Benuͤzung einer Eisenleitung beim Telegraphiren durch galvanische Kraͤfte ausreichend, sie vor Rost zu schuͤzen, wie sich an einem Theile der hiesigen Leitung, die fast schon ein Jahr aller Witterung ausgesezt, ergeben hat. Wenn der galvanische Strom die ganze Leitungskette mit gleicher Erregungskraft passiren soll, so darf der Draht sich selbst nirgends beruͤhren. Er darf aber auch nicht in vieler Beruͤhrung mit Halbleitern stehen, weil sich sonst durch diese ein Theil der erregten Kraft den naͤchsten Weg bahnt, und also die entferntesten Stellen Kraftverlust erleiden. Vielfache Versuche, die Draͤhte zu isoliren und unter dem Boden fortzuleiten, haben bei mir die Ueberzeugung begruͤndet, daß dieß auf große Entfernungen unausfuͤhrbar ist, weil unsere besten Isolatoren doch immer nur sehr schlechte Leiter sind. Wenn aber bei sehr großer Laͤnge ihre Beruͤhrungsflaͤche mit dem sogenannten Isolator gegen die Durchschnittsflaͤche der Metallleitung ungemein groß wird, so entsteht ein nothwendiger allmaͤhlicher Kraftverlust, indem die Hin- und Zuruͤkleitung in Zwischenpunkten, wenn auch nur wenig, communicirt. Man darf nicht glauben, daß diesem Uebelstande auszuweichen ist, durch große Abstaͤnde der Hin- und Zuruͤkleitung von einander. Dieser Abstand ist, wie wir spaͤter zeigen werden, fast gleichguͤltig. Da es also wohl nicht gelingen wird, gehoͤrig isolirte Leitungen im Innern des stets feuchten Erdreichs herzustellen, so bleibt nur eine Moͤglichkeit, naͤmlich: sie durch die Luft zu fuͤhren. Hier muß zwar die Leitung von Distanz zu Distanz unterstuͤzt werden, sie ist boͤswilliger Beschaͤdigung ausgesezt, und kann von anhaͤngendem Eis und starken Stuͤrmen beschaͤdigt werden. Da aber keine andere Moͤglichkeit gegeben ist, so muß man suchen, diesen allerdings erheblichen Uebelstaͤnden durch passende Anordnungen moͤglichst entgegen zu wirken. Die Leitungskette des hiesigen Telegraphen besteht aus 3 Theilen. Der eine fuͤhrt von der k. Akademie nach der k. Sternwarte zu Bogenhausen und zuruͤk; dessen Drahtlange ist 30, 500 Pariser Fuß. Der dazu verwendete Kupferdraht wiegt 210 Pfund. Beide Draͤhte (hin und zuruͤk) sind in Abstaͤnden zwischen 3 und 10 Fuß uͤber die Thuͤrme der Stadt hin gespannt. Die groͤßten Laͤngen von Unterstuͤzungspunkt zu Unterstuͤzungspunkt betragen 1200 Fuß. Dieß ist fuͤr einfachen Draht unstreitig viel zu groß, weil anhaͤngendes Eis das Gewicht des Drahtes selbst bedeutend vermehrt, ihm auch eine viel groͤßere Durchschnittsflaͤche gibt, so daß alsdann Stuͤrme ihn zu zerreißen vermoͤgen. Ueber Streken, wo keine hohen Gebaͤude vorhanden sind, wurde die Drahtleitung durch Floßbaͤume unterstuͤzt, die 5 Fuß tief eingegraben, zwischen 40 und 50 Fuß hoch, auf einem oben befestigten Querholz den Draht tragen. An den Auflegungspunkten ist nur Filz untergelegt, und der Draht zur Befestigung um das Holz geschlungen. Die Abstaͤnde je zweier Baͤume betragen zwischen 600 und 800 Fuß, was ebenfalls noch zu viel ist, weil, wie die Erfahrung zeigte, sich die Draͤhte durch Stuͤrme etc. bedeutend dehnten, und mehrmals gespannt werden mußten.Alle diese Uebelstaͤnde sind zu vermeiden, wenn man die Leitung nicht aus einfachem Draht, sondern aus wenigstens dreifach zusammengewundenem bildet, und etwa von 200 Schuh zu 300 Schuh unterstuͤzt, dabei spannt mit einer Kraft, die nicht uͤber 1/3 der Tragkraft geht. Dieß war jedoch bei dem hiesigen Probetelegraphen, aus Gruͤnden, die nicht weiter entwikelt werden koͤnnen, nicht ausfuͤhrbar.St. Die auf solche Art gefuͤhrte Leitung ist keineswegs vollkommen isolirt. Wenn die Kette z.B. in Bogenhausen geoͤffnet wird, so sollte ein in Muͤnchen bewirkter Inductionsstoß durchaus keine galvanische Erregung in den jezt getrennten Theilen der Kette hervorbringen. Das Gauß'sche Galvanometer zeigt aber auch dann noch einen schwachen Strom an; ja es haben Messungen ergeben, daß dieser Strom proportional waͤchst mit dem Abstande der Trennungsstelle von dem Inductor. Die absolute Groͤße dieses Stroms ist nicht constant. Im Allgemeinen waͤchst sie mit der Feuchtigkeit. Bei heftigen Regenguͤssen ist sie wohl fuͤnfmal groͤßer als bei andauernd trokenem Wetter. Auf kleine Entfernungen von einigen Meilen hat nun allerdings dieser geringe Verlust keinen erheblichen Einfluß, um so mehr, als man durch die Construction des Inductors uͤber fast beliebig große galvanische, Kraͤfte disponiren kann. Er wuͤrde aber auf Entfernungen von 50 Meilen den groͤßten Theil der Wirkung aufheben. Deßhalb muͤßte fuͤr solche Faͤlle weit groͤßere Vorsicht an den Unterstuͤzungspunkten der Drahtleitung beobachtet werden. Wenn sich Gewitter bilden, so sammelt sich auf dieser halb isolirten Leitung, wie auf einem Conductor, Elektricitaͤt der Luft. Diese stoͤrt jedoch den Durchgang galvanischer Stroͤme in keiner Art.Hier muß ich eines Vorfalles erwaͤhnen, der fuͤr die Zukunft Vorsicht gebietet. Waͤhrend eines heftigen Blizes am 7. Jul. 1838 durchzukte in demselben Augenblike ein sehr starker elektrischer Funke die ganze Leitungskette. An dem Zeichengeber, welcher in meinem Zimmer angebracht ist, erfolgte in dem Augenblik ein Knall, wie der einer Peitsche. Zugleich ertoͤnte die tiefe Gloke des Zeichengebers, durch Ablenkung der Nadel so heftig angeschlagen, daß die Drehungsspizen des Magnetstaͤbchens Schaden litten. Die naͤmliche Erscheinung wurde auf einer andern Station bemerkt. Da die ablenkende Kraft der Reibungs-Elektricitaͤt auf Magnete sehr gering ist, so deutet dieser Fall auf bedeutende Elektricitaͤtsmengen hin. Diese Erscheinung kann nur dadurch entstanden seyn, daß in diesem Augenblike Elektricitaͤt des Bodens sich den Weg zu der in der Kette gesammelten bahnte. Ob dieß geschehen ist durch in der Naͤhe befindliche Blizableiter oder durch die nicht voͤllige Isolirung der Unterstuͤzungspunkte, kann nicht wohl entschieden werden.St. In der neuesten Zeit habe ich gefunden, daß man das Erdreich als die eine Haͤlfte der Leitungskette benuzen kann. So wie bei der Elektricitaͤt, kann auch bei galvanischen Kraͤften Wasser oder Erdreich einen Theil des Schließungsdrahtes bilden. Wegen der geringen Leitungsfaͤhigkeit dieser Stoffe gegen Metalle ist jedoch erforderlich, daß an beiden Stellen, wo die Metallleitung den Halbleiter beruͤhrt, diese Beruͤhrungsflaͤche sehr vergroͤßert werde. Wenn z.B. Wasser 2 Millionenmal weniger leitet als Kupfer, so muß eine so vielmal groͤßere Wasserflaͤche in Beruͤhrung mit Kupfer gebracht werden, damit der galvanische Strom gleichen Widerstand im Wasser und Metall von gleicher Laͤnge finde. Betraͤgt z.B. der Durchschnitt eines Kupferdrahtes 0,5 Quadratlinien, so wird ein Kupferblech von 61 Quadratfuß Flaͤche erfordert, um durch den Boden den galvanischen Strom eben so fortzuleiten, wie ihn dieser Draht leiten wuͤrde. Da die Dike des Metalles hier gar nicht in Betracht koͤmmt, so wird die Herstellung der erforderlichen Beruͤhrungsflaͤchen immer ohne bedeutende Kosten zu erlangen seyn. Man erspart dadurch aber nicht nur die Haͤlfte der Leitung, sondern kann auch den Widerstand im Erdreiche selbst kleiner als in der Metallleitung machen. Versuche an dem hiesigen Probe-Telegraphen haben dieß voͤllig bestaͤtigt. Ein zweiter Theil der Leitungskette fuͤhrt von der k. Akademie nach meiner Wohnung und Sternwarte in der Lerchenstraße. Diese Leitung besteht aus Eisendraht, der hin und zuruͤk 6000 Fuß lang ist, und auf dieselbe Weise uͤber Thuͤrme und hohe Gebaͤude gespannt wurde. Ein dritter Theil der Kette endlich fuͤhrt im Innern des Gebaͤudes der k. Akademie nach der mechanischen Werkstaͤtte des physikalischen Cabinettes, und ist ein 1000 Schuh langer duͤnner Kupferdraht, fortgefuͤhrt in den Fugen des Fußbodens, zum Theil eingemauert. Diese drei Theile zusammen bilden eine in sich selbst geschlossene Linie, in welche dann die Apparate zur Erzeugung des galvanischen Stromes und die Zeichengeber eingeschaltet sind. 2) Apparat zur Erzeugung des galvanischen Stroms. Der Hydrogalvanismus oder der durch die Volta'sche Saͤule erzeugte galvanische Strom ist nicht wohl geeignet, sehr lange Schließungsdraͤhte zu durchlaufen, weil der Widerstand in der Saͤule, selbst wenn mehrere hundert Plattenpaare angewendet wuͤrden, immer noch klein waͤre gegen den Widerstand in der Leitungskette selbst. Was aber hauptsaͤchlich gegen Anwendung der Saͤulen oder Trogapparate spricht, ist die Variabilitaͤt in ihrer Staͤrke und der Umstand, daß sie nach kurzer Zeit ganz unwirksam sind, also wieder neu aufgebaut werden muͤssen. Auch der sehr sinnreiche Telegraph von Morse unterliegt diesem Uebelstande. Alles dieß hoͤrt auf, wenn man nach Faraday's wichtiger Entdekung den Strom durch Induktion, d.h. durch Bewegung von Magneten gegen Metallleitungen erzeugt. Es ist jedoch vortheilhafter, nicht die Magnete selbst zu bewegen, wie es Pixii bei seinem elektro-magnetischen Apparate thut, sondern die Multiplicatoren zu drehen gegen feststehende Magnete. Im Ganzen ist die Construction von Clarke mit einigen Modifikationen hier angewendet worden. Wir duͤrfen bei unsern Lesern die Kenntniß des Apparates im Allgemeinen voraussezen, und fuͤhren also hier nur an, wie er dem Zwek der Telegraphie angepaßt wurde. Der Magnet ist aus 17 Hufeisen von gehaͤrtetem Stahl combinirt. Er wiegt mit der Armirung von Eisen circa 60 Pfd., und besizt eine Tragkraft von beinahe 300 Pfund. Zwischen den Schenkeln dieses Magnetes ist ein Metallstuͤk befestigt, was in seiner Mitte eine mit Correctionsschrauben versehene Pfanne traͤgt, die der Achse der Multiplicatorsrollen als Stuͤze dient. Die Multiplicatorsrollen haben zusammen 15,000 Drahtumwindungen. Der Kupferdraht, von dem 1 Meter 1053 Milligramme wiegt, ist doppelt mit Seide uͤbersponnen. Dessen beide Enden sind isolirt im Innern der verticalen Drehungsachse des Multiplicators hinaufgefuͤhrt, und enden dann in 2 hakenfoͤrmigen Stuͤken, wie aus Fig. 14 und 15 zu ersehen ist. Um die Isolirung sicher herzustellen, wurde die Verticalachse Fig. 14 hohl ausgebohrt. In dieses Bohrloch kamen, von Oben hereingeschoben, 2 halbcylindrische Kupferlamellen, die durch zwischengeleimten Taffet von einander getrennt, durch Umwiklung mit Taffet aber von der metallenen Achse isolirt sind. In jeden dieser Metallstreifen ist oben und unten ein Gewindloch geschnitten, und es sind in die unteren Loͤcher kleine Metallzapfen eingeschraubt, an welche die Enden des Multiplicatordrahtes fest geloͤthet wurden. In die oberen Gewindloͤcher aber sind, wie Fig. 15 und 16 deutlich zeigt, eiserne Haken eingeschraubt. Diese Haken bilden also die Enden des Multiplicatordrahtes der Inductionsrollen. Sie greifen hier, Fig. 21, in halbkreisfoͤrmige Queksilbernaͤpfe, die durch Holz von einander getrennt sind. Von den Queksilbernaͤpfen gehen Leitungen J, J, Fig. 14 und 19, nach den Ketten, so daß diese als ein eingeschalteter Theil der Leitungskette zu betrachten sind. Das Queksilber steht in den halbkreisfoͤrmigen Gefaͤßen, vermoͤge seiner Capillaritaͤt, hoͤher als die Zwischenwaͤnde, so daß die Endhaken der Multiplicatordraͤhte, bei Drehung um ihre Achse, uͤber die Zwischenwaͤnde hinweg gehen. Man sieht, daß nach einem halben Umgange des Multiplicators die Endhaken die Queksilbernaͤpfe wechseln, wodurch bewirkt ist, daß der galvanische Strom, so lange man den Multiplicator in Einem Sinne herum dreht, dasselbe Zeichen behaͤlt, aber aͤndert mit der Richtung, in welcher man den Multiplicator dreht. Diese Commutation, die sich uͤbrigens auch ohne Queksilber durch Beruͤhrung federnder Kupferstuͤke herstellen ließe, ist dem Zweke vollkommen entsprechend. Wir muͤssen jedoch noch zwei besonderer Einrichtungen erwaͤhnen. Der erzeugte galvanische Strom soll, wie aus der Natur der Zeichengeber spaͤter erhellt, nur eine moͤglichst kurze Zeit hindurch wirken, aber waͤhrend dieser Zeit sehr intensiv seyn. Es greifen daher die Endhaken des Multiplicatordrahtes nur an derjenigen Stelle, wo die erregte Kraft am groͤßten ist, ein in Ausbeugungen der Queksilbergefaͤße nach Innen, Fig. 19, 20 und 21. Fig. 21. zeigt die Lage des Inductors, bei welcher gerade die Endhaken in die Gefaͤße eingreifen. In allen uͤbrigen Lagen des Inductors aber soll dieser von der Kette ausgeschlossen seyn, damit die Zeichen der andern Stationen nicht durch den Multiplicatordraht desselben gegeben werden muͤssen. Es ist dieß um so wesentlicher, je groͤßer der Widerstand im Inductor ist. Um also fuͤr alle anderen Lagen, als die in Fig. 21 dargestellte, den Inductor auszuschließen, ist uͤber die Rotationsachse des Inductors ein hoͤlzerner Ring, Fig. 17 und 18, geschoben. Dieser Ring ist umgeben von einem kupfernen Reife, und in den Reif sind wieder 2 eiserne Haken eingeschraubt. Diese Haken tauchen, wie Fig. 20 zeigt, in die halbkreisfoͤrmigen Queksilbernaͤpfe. In dem Augenblike aber, wo sie uͤber die hoͤlzerne Zwischenwand hinweg gehen, tauchen die Inductorhaken, welche mit ihnen einen Winkel von 90 Grad bilden, ein. Wenn also die Multiplicatorhaken mit den Queksilbernaͤpfen in Verbindung stehen, sind die Ausschließungshaken ausgeloͤst. In allen uͤbrigen Lagen aber sind die Multiplicatorhaken ausgeloͤst, und es tauchen die Ausschließungshaken ein, wodurch natuͤrlich bewirkt ist, daß der Strom, welcher von der andern Station her etwa die Kette durchlaͤuft, direct durch die Ausschließungshaken, also direct von einem Queksilbergefaͤße zum andern uͤbergeht, und nicht erst den Inductordraht zu durchlaufen hat. Zur bequemen Bewegung des Inductors ist endlich noch auf dessen Verticalachse ein horizontaler Balancier angebracht, der in 2 Metallkugeln endet, Fig. 5 und 6. Damit aber bei rascher Drehung des Multiplikators das Queksilber nicht durch die eingreifenden Haken zerstreut werde, ist noch ein cylindrischer Glasring uͤber das Queksilbergefaͤß gesezt, Fig. 5. Bei jedem halben Umgange sieht man das Ueberspringen der Funken, wenn die Multiplicatorhaken ihre Queksilbernaͤpfe verlassen. Will man verzichten auf die Sichtbarkeit dieser Funken, die uͤbrigens durchaus unwesentlich sind fuͤr die Anwendung des Instrumentes als Telegraph, so laͤßt sich der Inductor ungemein viel einfacher construiren. Man muß dann nur den Commutationsapparat unmittelbar uͤber den Anker sezen, und die Rotationsachse weiter gegen den Balancier hin im Halse gehen lassen. Es ist alsdann nicht noͤthig, die Achse zu durchbohren, sondern die Enden des Multiplicators sind unmittelbar an 2 Kupferplaͤttchen durch Umwinden befestigt, welche Kupferplaͤttchen in einen Holzring diametral gegenuͤber eingelassen sind. Der Holzring aber ist auf die Rotationsachse aufgestekt und festgeklemmt. Auf seinem cylindrischen Umfange ist außer den erwaͤhnten Kupferplaͤttchen noch ein von Innen getrennter Absperrungsbogen von Kupfer eingelassen, und zwei Enden der Kette, welcher der galvanische Strom mitgetheilt werden soll, bilden feststehende, gegen den cylindrischen Holzring diametral gegenuͤber andruͤkende Federn, so daß auch hier nur waͤhrend eines kleinen Theils der halben Umdrehung die Enden des Inductors mit der Kette in metallischer Beruͤhrung sind, die uͤbrige Zeit aber der Schließungsbogen die Enden der Kette unmittelbar verbindet. Diese Construction, bei welcher durchaus kein Queksilber vorkommt, verdient, ihrer groͤßern Einfachheit und Dauer wegen, vor erstbeschriebener den Vorzug. Auch sind die Apparate auf den Stationen Bogenhausen und Lerchenstraße nach derselben ausgefuͤhrt. 3) Die Zeichengeber. Wir haben in vorstehender Abhandlung gezeigt, daß es die Aufgabe ist, den durch den Inductor hervorgebrachten und durch die Leitungskette gefuͤhrten galvanischen Strom dahin zu benuͤzen, daß er, an leicht drehbaren Magnetstaͤben voruͤbergefuͤhrt, nach Oerstedt's Entdekung Ablenkungen derselben bewirkt. Diese Ablenkungen muͤssen, wenn die Zeichen schnell hinter einander bewirkt werden sollen, moͤglichst rasch, also kraͤftig seyn. Dadurch aber sind die Dimensionen der abzulenkenden Magnetstaͤbchen gegeben. Man darf diese jedoch auch nicht zu klein annehmen, weil sonst die durch die Ablenkung resultirende mechanische Kraft zu klein wird, um unmittelbares Anschlagen an Gloken etc. hervorzubringen. Die Ablenkungen sind, bekannter Weise, bei gleicher galvanischer Erregung des Drahtes um so staͤrker, je groͤßer die Anzahl der Umwindungen ist, oder je oͤfter der Draht laͤngs dem Magnetstabe hin voruͤbergefuͤhrt wird. Die Groͤße des Durchmessers der einzelnen Umwindungen hat, wie bekannt, nur insofern Einfluß, als sie die Laͤnge des Schließungsdrahtes im Ganzen vermehrt. Der Zeichengeber ist also ein in die Leitungskette mit seinen beiden Enden eingeschalteter Multiplicator, in welchem der abzulenkende Magnetstab steht. Man darf aber nicht vergessen, daß durch ihn der Widerstand der ganzen Kette um so mehr vergroͤßert wird, je duͤnner dieser Multiplicatordraht, je groͤßer die Umwindungen und je groͤßer ihre Anzahl angenommen wird. Fig. 22 und 23 stellt nun einen solchen Zeichengeber in horizontalem und verticalem Querschnitte abgebildet dar, der 2 um Verticalachsen drehende Magnete enthaͤlt, und sowohl zum Anschlagen an Gloken, als auch zum Fixiren einer aus Punkten bestehenden Schrift bestimmt ist. In den aus Messingblech zusammengeloͤteten Multiplicatorrahmen, Fig. 23, sind 2 Huͤlsen eingeloͤthet zur Aufnahme und freien Bewegung der Achsen beider Magnetstaͤbchen. Sie sind oben und unten mit Gewinden eingeschnitten und nehmen 4 Schrauben auf, welche den Achsen als Pfannen dienen. Durch sie koͤnnen die Magnetstaͤbchen so gestellt werden, daß sie sich voͤllig frei und leicht bewegen. In den Multiplicatorrahmen sind 600 Umwindungen desselben isolirten Kupferdrahtes, der den Inductor bildet, gelegt. Anfang und Ende dieses Drahtes zeigt Fig. 22 M, M. Die Magnetstaͤbchen sind, wie aus der Figur ersichtlich, in solchen Lagen im Multiplicatorrahmen, daß der Nordpol des einen, dem Suͤdpol des andern zunaͤchst liegt. An diesen naͤchsten Enden, die wegen ihrer Wechselwirkung nicht fuͤglich naͤher an einander gebracht werden duͤrfen, sind noch 2 duͤnne Aermchen von Messing angeschraubt, welche ganz kleine Gefaͤße tragen, Fig. 23 und 24. Diese Gefaͤßchen, bestimmt zur Aufnahme schwarzer Oehlfarbe, haben kleine, sehr fein durchbohrte und nach Vorne abgerundete Schnaͤbel. Wenn Oehlfarbe in die Gefaͤße kommt, zieht sie sich vermoͤge der Capillar-Attraction durch die Bohrung der Schnaͤbel und bildet an ihren Oeffnungen, ohne auszufließen, halbkugelfoͤrmige Erhoͤhungen. Die leiseste Beruͤhrung reicht also hin, einen schwarzen Punkt zu fixiren. Wird der Multiplicatordraht dieses Zeichengebers galvanisch erregt, so streben beide Magnetstaͤbchen, sich in demselben Sinne um ihre Verticalachse zu drehen. Es wuͤrde also eines der Farbgefaͤßchen aus dem Multiplicatorrahmen hervortreten, das andere in diesen hinein gehen. Um lezteres zu vermeiden, sieht man in dem Spielraume zur Schwingung der Magnetstaͤbe zwei Platten gegenuͤber befestigt, Fig. 23, gegen welche die andern Enden der Magnetstaͤbe andruͤken. Es kann also immer nur eines der Gefaͤße aus dem Multiplikator heraustreten, waͤhrend das andere in Ruhe bleibt. Um die Magnetstaͤbchen nach vollbrachter Ablenkung rasch wieder in die urspruͤngliche Lage zuruͤkzubringen, dienen gesonderte kleine Magnete, deren Abstand und Lage so regulirt wird, bis dieser Zwek erreicht ist. Diese Stellung muß durch Versuche ermittelt werden, weil sie bedingt ist von der Intensitaͤt des erregten Stromes. Sollte dieser Apparat dienen, um durch Anschlagen an Gloken zweierlei leicht zu unterscheidende hoͤrbare Toͤne zu geben, so wird man Uhrgloken oder auch Glasgloken zu waͤhlen haben, die leicht ansprechen, und etwa um die Sexte im Ton verschieden sind. Dieses Tonintervall ist keineswegs gleichguͤltig. Man unterscheidet die Sexte leichter als jedes andere Intervall, namentlich wuͤrden Quinten und Octaven bei minder Geuͤbten zu haͤufiger Verwechslung Anlaß geben. Die Gloken kommen auf eine kleine Stativsaͤule mit Fußplatte zu stehen, und muͤssen den Widerlagplatten gegenuͤber in ihrer Stellung und in ihrem Abstand gegen die Magnetnadeln durch Versuche regulirt werden. Sie muͤssen die Gloke an derjenigen Stelle treffen, wo der Klang am leichtesten anspricht. Sie duͤrfen nicht zu nahe an den Haͤmmern stehen, weil sonst leicht ein Nachklingen erfolgt. Aber alles dieß ergibt sich leicht durch einige Versuche. Sollen die Zeichengeber schreiben, so muß sich eine Papierflaͤche vor den Schnaͤbeln derselben mit gleichfoͤrmiger Geschwindigkeit voruͤber bewegen. Am schiklichsten waͤhlt man dazu sehr lange Streifen des sogenannten endlosen Maschinenpapieres, welches man auf ein Holz aufwindet, und auf der Drehebank in schmale Streifen absticht. Ein solcher Papierstreifen muß sich von einem Cylinder abwikeln, an den Gefaͤßchen voruͤbergehen, dann eine Streke weit horizontal fortgefuͤhrt seyn, um die aufgetragenen Punkte sichtbar zu machen und endlich wieder auf einen zweiten Cylinder aufwinden. Dieser zweite Cylinder ist von einem Uhrwerk gedreht, die Regulirung der Bewegung geschieht durch ein Fugalpendel. Diese ganze Einrichtung ist aus Fig. 5 im Laͤngendurchschnitt, in Fig. 6 aber von Oben ersichtlich. Der Rahmen, uͤber welchen der Streifen hinweggeht, hat da, wo er Eken bildet, 2 um Spizen bewegliche Cylinder zur Verminderung der Friction. Er kann uͤberdieß verschoben werden im Abstande von den Magnetstaͤbchen, und somit findet sich auch hier durch Versuche die vortheilhafteste Lage. Natuͤrlich koͤnnen dieselben Magnetstaͤbe nicht gleichzeitig an Gloken anschlagen und schreiben, weil schon eine dieser Operationen ihre kleine Kraft erschoͤpft. Um aber beides zu erlangen, ist bloß noͤthig, noch einen zweiten Zeichengeber mit in die Verbindung zu bringen. Ja man koͤnnte auf diese Art durch Vermehrung der Anzahl der Apparate die Glokentoͤne beliebig verstaͤrken, was jedoch auf Kosten eines groͤßeren Widerstandes in der Kette geschehen wuͤrde. Um diesen uͤberhaupt moͤglichst wenig zu vermehren durch die Zeichengeber, wird man besser in Zukunft deren Multiplicationen aus sehr starkem Kupferdrahte oder Kupferblechstreifen zu bilden haben. Das bisher Gesagte wird fuͤr jeden Sachverstaͤndigen zur Herstellung des Apparates ausreichen. Wir muͤssen aber noch einiges beifuͤgen uͤber die Zusammenstellung der Apparate. Fig. 5 zeigt den Laͤngendurchschnitt und die obere Ansicht eines pyramidalen, auf dem Fußboden des Zimmers aufstehenden Tisches, der saͤmmtliche Apparate enthaͤlt. Die Drahtleitung von Bogenhausen, die von der Lerchenstraße, die Enden des Zeichengebers und 2 Leitungen aus den Queksilbergefaͤßen des Inductors, also eigentlich auch die Enden seines Multiplicators, kommen in der Mitte des Tisches, wie Fig. 6 zeigt, zusammen. Hier fuͤhren sie in 8 mit Queksilber gefuͤllte Loͤcher, die in einem Holzcylinder angebracht sind, Fig. 9. Von der Verbindung dieser 8 Enden unter einander haͤngt es nun ab, wohin der erregte Strom geleitet wird. Waͤren z.B. diese 8 Loͤcher durch 4 Klammern von Kupferdraht so verbunden, wie es Fig. 9 zeigt, so ginge der erregte Strom durch saͤmmtliche Apparate und Ketten. Eine Verbindung wie in Fig. 12 aber, wuͤrde die Kette von Bogenhausen ausschließen und also bewirken, daß der Strom vom Inductor aus durch den Multiplicator und die Lerchenstraße ginge. Eben diese Figur um 180 Grad gedreht, bewirkte das Ausschließen der Lerchenstraße und fuͤhrte den Strom nach Bogenhausen. Ein drittes System von Verbindungen ist durch die Kupferklammern von Fig. 13 gegeben. In der Lage der Zeichnung waͤre der Inductor und Multiplicator verbunden, dagegen die Lerchenstraße und Bogenhausen ausgesperrt. Diese Fig. 13 aber um 90 Grad gedrekt, verbaͤnde Bogenhausen und die Lerchenstraße, so daß diese beiden Stationen, mit einander communiciren koͤnnen, ohne daß man auf der Akademie die Nachricht empfaͤngt. Diese dreierlei Systeme und Verbindungen sind nun in einem hoͤlzernen Dekel mit Kupferdraͤhten eingetragen, Fig. 10. Aus diesem stehen also 24 Drahtenden hervor. Es sollen aber immer nur 8 davon wirksam seyn, deßhalb wurden in dem Cylinder, der die Queksilbergefaͤße enthaͤlt, noch 16 Loͤcher angebracht, in denen kein Queksilber ist, und die bestimmt sind zur Aufnahme derjenigen Drahtenden, die gerade nicht in Wirksamkeit seyn sollen. So entsteht die Moͤglichkeit, den Strom in jeder gewuͤnschten Richtung zu leiten, und es sind die betreffenden Verbindungen auf der Außenseite des Dekels Fig. 8, der die verschiedenen Verbindungssysteme enthaͤlt (Fig. 10), durch beigeschriebene Buchstaben bezeichnet. S. Fig. 8. Durch Versezung dieses Dekels gegen den auf dem Tische befindlichen Pfeil kann also uͤber die Richtung des Stroms beliebig disponirt werden. Natuͤrlich ließen sich statt Queksilbernaͤpfchen auch hier konisch gebohrte Kupferstiften anbringen, was auch auf den Stationen Bogenhausen und Lerchenstraße geschehen ist. Wir haben jezt noch einige Worte beizufuͤgen uͤber die Benuͤzung des Apparates zum Telegraphiren. Nach dem Gesagten weiß man, daß, so oft der Balancier von Rechts nach Unten zur Linken einen halben Umgang macht, einer der Zeichengeber abgelenkt wird. Ich habe die Drahtenden so verbunden, daß bei dieser Bewegung jedesmal auf allen Stationen die hohe Gloke angeschlagen wird. Steht man auf der Seite B, B vor dem Apparate Fig. 6, so fixirt das Schreibgefaͤß zugleich einen Punkt auf dem bewegten Papierstreif. Die Zeitintervalle, in welchen man dieses Zeichen wiederholt, sind repraͤsentirt durch die wechselseitigen Abstaͤnde der auf dem Papier in einer Linie sich bildenden Punkte. Dreht man aber nun von Links nach Unten zur Rechten, so ertoͤnen die tiefen Gloken, und das zweite Schreibgefaͤß traͤgt jezt einen Punkt auf den bewegten Papierstreifen auf, der nicht mehr in derselben Linie mit den ersteren liegt, sondern tiefer steht. So sind also die Toͤne hoch, tief auf dem Papierstreifen, gleichsam wie durch geschriebene Noten, dargestellt durch hohen Punkt, tiefen Punkt. So lange die Zwischenzeiten zwischen den einzelnen Zeichen gleich bleiben, bildet sich eine zusammengehoͤrige Gruppe, sowohl in den Toͤnen, als in der sie darstellenden Schrift. Eine laͤngere Pause trennt solche Gruppen kenntlich. Man ist dadurch also im Stande, durch schiklich gewaͤhlte Combinationsgruppen als Bezeichnung fuͤr das Alphabet oder fuͤr stenographische Zeichen irgend ein System zu bilden, und dadurch den Gedanken an allen Punkten der Kette, wo Apparate wie der beschriebene stehen, im Augenblike selbst wieder zu geben und zu fixiren. Das von mir gewaͤhlte Alphabet gibt die in unserer Sprache am oͤftesten wiederkehrenden Buchstaben durch die einfachsten Zeichen. Es hat sich eine Aehnlichkeit zwischen den lateinischen Lettern und diesen Zeichengruppen herstellen lassen, wodurch sie sich dem Gedaͤchtnisse leicht einpraͤgen. Die Vertheilung der Buchstaben und Zahlen in Gruppen, die bis 4 Punkte enthalten, ist aus Fig. 5 ersichtlich. (Aus der Vorlesung des Verf. uͤber Telegraphie, gehalten in der koͤnigl. bayer. Akad. d. Wiss. am 25. August 1838.)

Tafeln

Tafel Tab.
                                    IV
Tab. IV