Titel: | Ueber die Sharp-Robertssche Mahlmühle mit excentrischen Steinen, und die Steine aus Bergerac. |
Fundstelle: | Band 70, Jahrgang 1838, Nr. LXXVI., S. 343 |
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LXXVI.
Ueber die Sharp-Robertssche
Mahlmuͤhle mit excentrischen Steinen, und die Steine aus Bergerac.Das koͤnigl. preuß. Ministerium des Innern fuͤr Handel,
Gewerbe und Bauwesen hat bekanntlich schon im Jahre 1832 auf seine
Kosten hoͤchst schaͤzbare „Beitraͤge zur Kenntniß des
amerikanischen Muͤhlenwesens“ in
den Druk gegeben. Im J. 1837 wurde diese Schrift auch in dem bayerischen Kunst- und
Gewerbeblatt (8tes und 9tes Heft) abgedrukt.A. d. R.
(Dem Vereine zur Befoͤrderung des
Gewerbfleißes in Preußen von dem koͤnigl.
Finanzministerium mitgetheilt und aus den Verhandlungen dieses Vereins, 1838, 4te
Lieferung, S. 157 entnommen).
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Ueber die Sharp-Roberts'sche Mahlmuͤhle mit
excentrischen Steinen.
Unter den zahlreichen Erfindungen der neuesten Zeit, in Bezug auf das Mahlwesen, war
die Sharp-Roberts'sche Mahlmuͤhle mit
excentrisch laufenden Steinen geeignet, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, und
es mußte, bei der Wichtigkeit der Mehlfabrication uͤberhaupt, und
insbesondere fuͤr den preuß. Staat, wuͤnschenswerth erscheinen, ein
bestimmtes und zuverlaͤssiges Urtheil uͤber die Zwekmaͤßigkeit
dieser neuen Vorrichtung zu gewinnen. Die Verwaltung fuͤr Handel, Fabrication
und Bauwesen fand sich daher veranlaßt, eine solche Muͤhle aus England kommen
und mehrfache Versuche von Sachkundigen mit derselben anstellen zu lossen, deren
Ergebnisse in dem Folgenden zusammengestellt sind.
Ein zweiter, fuͤr die Mehlfabrication wichtiger Gegenstand war die
Pruͤfung der in Frankreich vielfach angewendeten und sehr geruͤhmten
Muͤhlsteine aus Bergerac, im Departement der Dordogne, und eine Vergleichung
der Leistungen dieser Steine mit denen der in den inlaͤndischen bedeutenden
Muͤhlenanlagen fast allgemein angewandten franzoͤsischen Burrsteine
aus La Fertésous-Jouarre. Auch hieruͤber sind Versuche
veranlaßt worden, deren Resultate in dem Folgenden enthalten sind.
I. Sharp-Robertssche
Mahlmuͤhle.
Im Jahre 1834 ließen sich Thomas Sharp und Richard Roberts, beide Ingenieure in Manchester, auf die
erwaͤhnte, von einem Amerikaner erfundene Muͤhle in England ein Patent
ertheilen. Die Beschreibung so wie Abbildungen derselben finden sich im London Journal of arts etc. Vol. 5, pag. 345, und gingen von hier bald darauf in Dingler's polyt. Journal Bd. LVI. S. 285 uͤber. Das wesentlich
Neue an dieser Muͤhle liegt in einer eigenthuͤmlichen Bewegung der
Steine. Waͤhrend bei den gewoͤhnlichen Muͤhlen mit horizontalen
Steinen der untere, der Bodenstein, ruht, und nur der obere, der Laͤufer,
sich drehend uͤber ihn hinbewegt, drehen sich bei der hier in Rede stehenden
Muͤhle beide Steine. Zunaͤchst wird der untere groͤßere Stein
mittelst der an ihn befestigten Spindel und konischer Getriebe in Bewegung gesezt,
und durch Reibung theilt er dem kleineren oberen Steine, der an einer besonderen
Welle so uͤber ihm befestigt ist, daß er ihn beruͤhrt, seine Bewegung
mit, und nimmt ihn nach derselben Richtung, in der er selbst sich bewegt, mit herum.
Dazu kommt, daß die Welle des oberen Steines nicht in der Verlaͤngerung der
des unteren, sondern excentrisch liegt, wodurch bewirkt wird, daß sowohl die
Beruͤhrungspunkte zwischen den beiden Mahloberflaͤchen, als die
Geschwindigkeiten, mit denen diese Punkte an einander voruͤbergehen,
bestaͤndig wechseln.
Groͤßere Reibung auf die zu mahlenden Gegenstaͤnde, daher vollkommneres
und schnelleres Mahlen und geringerer Kraftaufwand zur Bewegung werden als
Hauptvortheile dieser neuen Einrichtung, im Vergleich zu den bisher
gebraͤuchlichen Muͤhlen, von den Patentirten behauptet. Noch ist zu
bemerken, daß das Princip dieser neuen Muͤhlen auch auf verticalstehende
Steine angewendet werden kann, so wie, daß statt der Steine auch rauhe Metallplatten
anwendbar sind.
Briefliche Mitteilungen aus England enthielten viel Ruͤhmendes von diesen
excentrischen Muͤhlen, und es ward daher eine solche mit
franzoͤsischen Steinen von resp. 28 und 24 Zoll Durchmesser zu dem Preise von
78 Liv. St. im Oktober 1835 bei Sharp, Roberts und Comp.
in Manchester in Bestellung gegeben; außerdem ein Paar eiserne und ein Paar
Granitsteine. Im Fruͤhjahr 1836 kamen die bestellten Gegenstaͤnde hier
an, ihr Preis betrug jedoch, da das Stangeneisen inzwischen von 7 Liv. St. 10 Sch.
auf 11 Liv. St. 10 Sch. aufgeschlagen war, 129 Liv. St. 10 Sch.
Der erste Versuch fand in der hiesigen Dampfmuͤhle des Hrn. Schumann Statt, der sich zur Vornahme desselben bereit
erklaͤrt hatte, und der Fabriken-Commissionsrath Frank berichtet hieruͤber Folgendes:
Wegen Mangel an Raum in den unteren Etagen konnte die Aufstellung nur auf dem
Bodenraume, auf einem etwas bebenden Fußboden, geschehen. Zum Betriebe wurde eine in der
Muͤhle vorhandene eiserne Riemenscheibe von 42 1/2 Zoll Durchmesser benuzt,
die 80 bis 82 Umgaͤnge in einer Minute machte. Von dieser ging der Riemen
unmittelbar auf die 17 1/2 Zoll im Durchmesser haltende Riemenscheibe der Sharp-Roberts'schen Muͤhle. Der Bodenstein
derselben erhielt daher eine Geschwindigkeit von 194 bis 200 Umdrehungen in einer
Minute. Gleich beim Anfange des mit den franzoͤsischen Burrsteinen
angestellten Versuches zeigte sich der Uebelstand, daß der Weizen nur unvollkommen
zwischen die Steine gefuͤhrt wurde, wenn dieselben so dicht zusammengestellt
waren, als es zur gehoͤrigen Zermalmung noͤthig war. Es stopfte sich
daher im Auge des oberen Steines und wurde uͤber denselben hinweggestreut. Es
war daher noͤthig, die Steine weiter auseinander zu stellen. Dabei ließ das
Stopfen im Auge zwar etwas nach, und das Korn kam besser zwischen die Steine, wurde
aber nur grob zerrissen und schlecht enthuͤlst. Da nach mehrmaligem
Auf- und Niederstellen des Steins kein besseres Resultat hervorgebracht
werden konnte, so mußte die Hoffnung aufgegeben werden, auf diese Weise zum Ziel zu
gelangen.
Da es aber wahrscheinlich war, daß die Zufuͤhrung des Korns unter den Stein
besser erfolgen wuͤrde, wenn der Oberstein vom Auge ab mit einigen kurzen
vertieften Furchen in Form eines Sterns versehen wuͤrde, so wurde die
Abaͤnderung gemacht. Die hierauf angestellten Mahlversuche sind zwar etwas
besser, als die ersteren, ausgefallen, waren jedoch keineswegs befriedigend, indem
in einer Stunde nur ein halber Scheffel vermahlen wurde, das Schrot ein hartes
Anfuͤhlen hatte, sehr griesig war und keine Spur von der schoͤnen
Ausschaͤlung bemerken ließ, welche die Burrsteine sonst gewoͤhnlich
bewirken.
Zur Vornahme anderweitiger Versuche ward hierauf die fragliche Muͤhle an den
Muͤhlenbaumeister Wulff, auf der Broddener
Muͤhle bei Mewe, gesendet, welcher vor mehreren Jahren, als Zoͤgling
des Gewerbinstituts, nach Nordamerika gesendet worden war, und daher Gelegenheit
gehabt hatte, sich mit dem Muͤhlenwesen genau bekannt zu machen. Der Umzug
des Wulff nach Danzig, so wie einige andere
Umstaͤnde bewirkten, daß die Versuche erst im Sommer des Jahres 1837
vorgenommen werden konnten.
Der erste Versuch, so schreibt derselbe, geschah mit den franzoͤsischen
Burrsteinen, die unveraͤndert, wie ich dieselben erhalten, in Gang gesezt
wurden. Der untere Stein erhielt 160 bis 180 Umdrehungen in der Minute. Bei diesem
Versuche wurde Weizen geschrotet, welches Schrot indessen nur griesig ausfiel; auch
zeigte sich hier der Fehler, daß beim staͤrkern Zusammendruͤken der
Steine, um das Schrot
mehliger zu erhalten, der Weizen nicht gehoͤrig unterzog, im Auge des oberen
Steins sich stopfte und uͤberlief. Diesem Uebel wurde dadurch abgeholfen, daß
der obere Stein um das Auge herum ungefaͤhr in einem Durchmesser von 10 Zoll
etwas hohl gearbeitet wurde, worauf sich ergab, daß der Weizen beim nachherigen
Versuche sehr gut unter die Steine gefuͤhrt, indessen das Schrot noch nicht
von der noͤthigen Feinheit erhalten wurde; vorzuͤglich waren die
Schalen des Weizens nicht rein genug ausgemahlen. Ich ließ die Maschine deßhalb
nochmals auseinandernehmen und die Steine schaͤrfen. Die Schaͤrfe
wurde ringfoͤrmig um das Centrum der Steine aufgesezt, wie aus Fig. 28
ersichtlich. Zu gleicher Zeit wurden die Loͤcher und Fugen der Steine
gehoͤrig vergossen und mit den Flaͤchen der Steine geebnet, da
mitunter von den Steinen nebst dem Schrote halbe und ganze Koͤrner
ausgeworfen wurden. Nach diesen Vorbereitungen lieferten die Steine ein ganz
gleichfoͤrmiges Schrot, obgleich immer noch nicht zu der gewuͤnschten
Feinheit, wie es die Steine der anderen Mahlgaͤnge liefern. Es wurde indessen
jezt weicher und haͤufte hinsichtlich der Quantitaͤt bei weitem
mehr.
Bei diesem Versuche ging die Maschine 12 Stunden ununterbrochen fort; der untere
Stein machte 160 bis 180 Umdrehungen in der Minute und leistete die Muͤhle
das feinste und mehrste Schrot, wenn der obere Stein alsdann sich 110 bis 120 Mal
umdrehte. Eine geringere Geschwindigkeit fuͤr den oberen Stein konnte ich bei
Beibehaltung der Geschwindigkeit des unteren nicht erzielen, welches wohl jedenfalls
vortheilhafter seyn wuͤrde. Hiebei fand ich indessen, daß die Feinheit des
Schrotes nicht durch das scharfe Zusammenpressen der Steine erlangt werden konnte,
indem dadurch jedesmal das Schrot ungleichfoͤrmiger und groͤber wurde,
wahrscheinlich weil der untere Stein, nur in der Mitte durch die Spindel
unterstuͤzt, bei dem Druke gegen den daruͤber liegenden excentrischen
Stein aus der horizontalen Lage weicht, und dadurch die Flaͤchen der Steine,
obgleich der obere beweglich, nicht gehoͤrig gegen einander arbeiten. Eben so
darf nicht zu wenig Speise fuͤr den Stein einfallen, um das Schrot
gehoͤrig fein zu erhalten, denn je weniger einfaͤllt, desto rascher
laͤuft der obere Stein, bis derselbe die Geschwindigkeit des unteren erlangt
und dann die Flaͤchen der Steine nicht Zeit genug haben, das Korn zu
zerkleinern; will man diese Geschwindigkeit des oberen Steines aber durch das
schaͤrfere Anpressen des unteren Steines hemmen, so stellt sich das oben
erwaͤhnte Uebel ein, und man thut besser, den Stein ein wenig zu
luͤften, und ihm mehr Arbeit zu geben, wodurch die Geschwindigkeit des oberen
Steines mit mehr Vortheil verringert wird.
Waͤhrend dieser Versuche lieferte die Muͤhle in 12 Stunden 35 Scheffel
Schrot, wobei ich bemerken muß, daß nur etwa 10 Scheffel, von denen 1 1/2, Scheffel
in der Stunde fertig geschafft, gehoͤrig fein gemahlen wurden, so daß ich
solches mit dem Schrote der anderen Mahlgaͤnge zum Beuteln vermischen konnte,
und der Hoffnung war, ein gewuͤnschtes Resultat zu erzielen.
Allmaͤhlich wurde aber das Schrot groͤber und ungleicher, und fand es
sich, daß die eingegypste Spindel des unteren Steines im Gyps losgelassen hatte, der
untere Stein aus seiner gehoͤrigen Lage gebracht war, und deßhalb theils ganz
feines, theils gruͤziges Schrot lieferte. Ich war deßhalb genoͤthigt,
die Steine abzunehmen, die Spindel ganz loszumachen und dann von Neuem zu vergypsen.
Leider konnte ich hier zur Stelle keinen Gyps erhalten, der gut genug war, um dazu
gebraucht werden zu koͤnnen. Mehrere Versuche zeigten, daß der hier
kaͤufliche Gyps, selbst nach mehreren Tagen, noch nicht ganz hart geworden,
daher auch nicht die gehoͤrige Festigkeit zwischen der Spindel und dem Steine
erlangt werden konnte. Der lezte Versuch war, rohen Gyps selbst zu brennen, und so
frisch als moͤglich zu verbrauchen. Derselbe wurde dem Anscheine nach sehr
hart, und der Stein in Gang gebracht. Anfangs lieferte die Maschine ganz gutes
Schrot, und zwar 1 1/2 Scheffel in der Stunde, jedoch nach zwei Stunden Arbeit
zeigte sich der alte Uebelstand, daß das Eisen aufs Neue vom Gyps sich
geloͤst hatte, und dadurch die weiteren Versuche auf diese Art aufgegeben
werden mußten.
Waͤhrend der Zwischenzeit hatte ich die eisernen Platten zusammengestellt und
in Gang gesezt. Der Weizen, den ich damit schrotete, lieferte hierauf ein ganz zur
Genuͤge feines Schrot; nur wurden die Schalen nicht gehoͤrig vom Mehle
rein, sondern mehr breit gequetscht, welches wohl nur der Glaͤtte der
Flaͤchen zuzuschreiben ist.
Gedarrtes Getreide, wie zu Branntweinschrot, muͤßte ganz vortheilhaft darauf
zu vermahlen seyn, und wenigstens stuͤndlich 20 Scheffel liefern. Ich konnte
diesen Versuch in der hiesigen Muͤhle, in welcher nur auf Mahlfreischeine
Exportationsgemahl gefertigt wird, der Steuer wegen nicht anstellen.
Gebrannter Gyps, den ich bei dieser Gelegenheit in der Muͤhle hatte, und
welcher in Stuͤken von großen Erbsen zum Vermahlen aufgeschuͤttet,
wurde zur groͤßten Feinheit vermahlen. In 25 Minuten war 1 Scheffel davon
fertig geschafft.
Zum Betriebe der Muͤhle hatte ich eine Riemscheibe mit Vorgelege an ein
Kammrad mit einem besonderen Wasserrade angebracht, und konnte theils durch das
Wechseln mit groͤßeren und kleineren Scheiben, so wie durch mehr oder weniger
Umdrehungen des Wasserrades, die Geschwindigkeit der Maschine beliebig aͤndern.
Die groͤßte Geschwindigkeit, die ich dem Steine gegeben hatte, waren 300
Umdrehungen in der Minute. Bei dieser Geschwindigkeit bewegte sich die ganze
Maschine bedeutend, auch erforderte sie im Verhaͤltnisse zu ihren Leistungen
ungleich viel mehr Kraft, als bei der fruͤheren geringeren Geschwindigkeit
von 160 bis 180 Umdrehungen in der Minute, so daß ich die lezteren vorziehen
moͤchte.
Der Hauptvortheil der Maschine waͤre, selbst wenn sie im Vergleiche zu unseren
groͤßeren Mahlgaͤngen im Verhaͤltnisse nicht mehr leisten
sollte, daß die kleine Muͤhle einmal bei der geringen Kraft, die sie
erfordert, doch gutes Mehl macht, welches mit derselben Kraft bei unserer
gewoͤhnlichen Methode nie erlangt werden kann, selbst wenn die Menge des
Gemahls nur eben so groß, oder noch weniger seyn sollte, als bei dieser Maschine,
und zweitens, daß diese Maschine das Schrot sehr kuͤhl liefert. Außerdem
bedarf dieselbe aber einer viel sorgfaͤltigeren Beaufsichtigung, als unsere
gewoͤhnlichen Muͤhlen, und ist die Construction zur Befestigung der
Muͤhlenspindel mit dem Steine nicht zwekmaͤßig.
Da der Berichterstatter hoffte, bei einer anderen, besseren Verbindungsart der
Muͤhlenspindel mit dem Steine ein guͤnstigeres oder wenigstens ein
ganz bestimmtes Resultat zu erhalten, so ward die Genehmigung zu dieser, wie zu
jeder anderen zwekmaͤßig scheinenden Abaͤnderung der Construction der
Muͤhle ertheilt. Hierauf machte Wulff folgende
Mittheilung.
Nach der erhaltenen Erlaubniß ließ ich, zur sicheren Befestigung des unteren Steines
mit der Spindel, eine neue Haue mit 3 Fluͤgeln gießen. Dieselbe wurde in
derselben Art, wie die fruͤhere runde Buͤchse, auf der Spindel
befestigt, dann aber die Fluͤgel der Haue in den Stein versenkt,
gehoͤrig verkeilt, und dann erst der Umguß von Gyps gemacht. Bei den
spaͤteren damit gemachten Versuchen war keine Veraͤnderung des Steines
gegen die Spindel zu bemerken. (Fig. 29 und 30)
Umstaͤnde halber war ich genoͤthigt, der Maschine die noͤthige
Geschwindigkeit durch Riemenzuͤge zu geben. Obgleich die Riemen der ersten
Vorgelege 6 Zoll Breite hatten, so gaben sie doch, sobald die Maschine belastet war,
nach, und ich erhielt statt der berechneten 200 Umdrehungen des unteren Steines oft
nur 100, auch weniger, welcher die damit erlaugten Resultate wieder ungewiß machte,
und die Maschine zum zweiten Male dislocirt werden mußte. Bei diese lezten Versuchen
wurde das erste Vorgelege durch Raͤderwerk, und zur Sicherheit fuͤr
die Kraft der Riemen, die Maschine durch einen 6 Zoll breiten Riemen bewegt, der
durch die Verkuppelung der Los- und Festscheibe mit einander auf beide
Scheiben zum Betriebe der Maschine wirken konnte. Hienach erhielt ich auch bei
Belastung der Maschine 180 bis 200 Umdrehungen des unteren Steines in der Minute.
Bei den hiemit gemachten Versuchen war immer noch kein zur Genuͤge weiches
Schrot zu erlangen, und ich war der Meinung, durch Veraͤnderung der
Schaͤrfe den schnellen Auswurf des Schrotes zu vermeiden, um dadurch dasselbe
feiner zu erhalten. Zu dem Zweke wurde die gewoͤhnliche franzoͤsische
Scharfe aufgesezt, indessen so, daß die Furchen nicht mit, sondern gegen den Zug des
Steines liefen. (Fig. 31.)
Bei dieser Schaͤrfe wurde das Schrot laͤnger zwischen den Steinen
gehalten, und auch feiner; bei voller Arbeit zog aber das Getreide nicht zwischen
die Steine, sondern sammelte sich im Halse des oberen Steines an. Der obere Stein
hatte dicht unter der eisernen Huͤlse, durch die das Korn zwischen die Steine
geleitet wird, Loͤcher und Unebenheiten in der vorstehenden Steinmasse, die
dem regelmaͤßigen Nachfallen des Getreides wohl schaden konnten, weßhalb
diese sauber ausgefuͤllt, und außerdem noch ein besonderes Leitrohr aus
Blech, vom Schuh aus bis beinahe auf die Flaͤche des Bodensteines angefertigt
und angehaͤngt wurde, damit der Weizen nicht etwa durch die Centrifugalkraft
im Fallen verhindert werden konnte. Durch dieses Rohr wurde wenigstens das
Ueberlaufen des Getreides aus dem oberen Steine verhindert. (Fig. 32.) Von der
Schaͤrfe war, bei mehreren Versuchen, die fruͤher angegebene
Kreisschaͤrfe die zwekmaͤßigste Bei diesen lezten Versuchen lieferte
die Muͤhle theilweise ein sehr gutes Schrot, welches auch sofort mit dem
Schrote der anderen Mahlgaͤnge zum Verbeuteln gemischt wurde, nur verstellte
sich die Maschine sehr leicht von selbst, indem sie anfing, schwerer zu ziehen,
wonach die Steine geluͤftet werden mußten und das Schrot groͤber
wurde, bis durch allmaͤhliches Nachstellen und Reguliren des Futters das
Schrot die gehoͤrige Feinheit erlangte. Auf solche Weise lieferte die
Muͤhle in einer Stunde 1 1/2 bis 2 Scheffel, und war die Kleie beim
gehoͤrigen Gange der Maschine ebenso gut und rein ausgemahlen, wie auf den
anderen Gaͤngen. Daß die Muͤhle also bestimmt gute Dienste leisten
kann, ist nicht zu verkennen, daß dieses indessen nur in kurzen Absaͤzen
geschah, liegt gewiß an der bis jezt unkundigen Behandlung derselben, und
koͤnnen sehr geringe Abaͤnderungen, vielleicht bei der Schaͤrfe
etc., die durch Versuche zu ermitteln bleiben, ein ganz gewuͤnschtes Resultat
liefern.
Uebrigens muß die Muͤhle aber sehr aufmerksam behandelt werden;
vorzuͤglich erfodert das Anstellen der Steine, wie ich schon fruͤher
bemerkt habe, die groͤßte Vorsicht, daß naͤmlich die Steine nicht zu sehr gepreßt, sondern
die Feinheit des Schrotes mehr durch die verminderte Geschwindigkeit des oberen
Steines, und zwar durch die mehr einfallende Menge der Speise bewirkt werde. Je
langsamer der obere Stein im Verhaͤltnisse zum unteren sich drehen kann, um
desto sicherer erhaͤlt man ein befriedigendes Resultat. Ich habe bei den 180
bis 200 Umdrehungen des unteren Steines die des oberen bis auf etwa 70 und 80 Mal in
der Minute vermindern koͤnnen.
Genaue Beobachtungen uͤber das Verhaͤltniß der Geschwindigkeiten beider
Steine gegen einander, so wie uͤber die Leistungen der Maschine ließen sich
bis jezt, da dieselbe theils wegen Mangel an uͤberfluͤssiger
Betriebskraft, theils ihres unregelmaͤßigen Ganges wegen nur immer in kurzen
Zeitraͤumen hat gehen koͤnnen, nicht anstellen.
Sollte die Mahlmuͤhle dem bestimmten Zweke ganz entsprechen, woran ich nicht
zweifle, so waͤre, zur bequemeren Bedienung der Muͤhle, dieselbe in
ihrer Construction noch dahin abzuaͤndern, daß das Abheben des oberen
Steines, so wie das Aufstellen und Befestigen des Umlaufes mit leichterer
Muͤhe und weniger Zeitversaͤumniß zu machen sey; etwa dadurch, daß der
obere Querriegel des Geruͤstes, woran das Haͤngelager fuͤr den
oberen Stein sich befindet, leicht abzunehmen und wieder zu befestigen waͤre.
Auch leidet das obere Pfannenlager der stehenden Welle fuͤr den unteren Stein
bedeutend beim Gange der Maschine.
Ein guͤnstigeres, vollkommen befriedigendes Resultat ließ sich auch bei
abermaligen Versuchen nicht erlangen; der starke Seitendruk des oberen excentrischen
Steines, der sich durch die schnelle Abnuͤzung des oberen Halslagers
fuͤr die Spindel nach der einen Seite hin deutlich zeigte, brachte den
unteren Stein stets bald aus der horizontalen Lage, und zwar um so mehr, je
staͤrker die Steine zusammengepreßt wurden, so daß mit der Staͤrke
dieses Zusammenpressens auch die Ungleichmaͤßigkeit des Mahlens und die
daraus entstehende griesige Beschaffenheit des Schrotes zunahm.
Als Hauptresultat aller dieser Versuche stellt sich also heraus, daß das Princip der
fraglichen Muͤhle nicht zu tadeln ist, die Ausfuͤhrung desselben aber
noch nicht voͤllig demselben entspricht, und daß, so lange es nicht gelingt,
die beiden Steine dauernd in horizontaler Lage zu erhalten, eine Benuzung dieser
Maschine zum Vermahlen von Weizen mit Vortheil nicht Statt finden koͤnne,
dieselbe dagegen zum Schroten des Getreides als Futter und Branntweinschrot
angewendet, im Verhaͤltnisse zu ihrer Groͤße und erforderlichen Kraft,
ein ganz genuͤgendes Resultat gebe.
II. Bergerac-Muͤhlsteine.
Bekanntlich bedienen sich die Englaͤnder und Amerikaner zu ihrer
Mehlfabrication der bei ihnen unter dem Namen French-burrs bekannten Steine aus la
Ferté-sous-Jouarre, und auch in den
inlaͤndischen vorzuͤglichsten Muͤhlenanlagen werden diese
Steine gegenwaͤrtig haͤufig angewendet. Es war jedoch in Erfahrung
gebracht worden, daß in Frankreich noch bessere Steine, als die erwaͤhnten,
gefunden wuͤrden, naͤmlich zu Bergerac im Departement der Dordogne;
daß diese Art Steine, von denen es 2 Arten gebe (Meules de
Caillou de Bergerac fuͤr Weizen und Caillou
gris fuͤr Roggen etc.) nicht nur ihrer groͤßeren
Haͤrte wegen bei weitem dauerhafter waͤren, als die von La
Ferté, sondern auch in kuͤrzerer Zeit ein besseres und weißeres Mehl
geben sollten, als jene, weßhalb sie denn in Frankreich selbst in hoͤherem
Rufe staͤnden und ungleich haͤufiger angewendet wuͤrden, als
diejenigen von La Ferté.
Um vergleichende Versuche mit denselben anstellen zu lassen, bezog die Verwaltung
durch Vermittelung der koͤnigl. Seehandlung ein Paar von jeder der beiden
erwaͤhnten Gattungen Bergerac-Steine von 4 Fuß Durchmesser. Das Paar
von der ersten Gattung (fuͤr Weizen) kostete an Ort und Stelle 800 Fr.; die
zweite Art (zum Mahlen von Roggen etc.) 700 Fr.; nach Hinzurechnung aller Kosten
fuͤr Spesen, Eingangszoll etc. erhoͤhte sich jedoch der Preis der
beiden Paare auf 557 Rthlr. 17 Sgr. 6 pf.
Der erste vorlaͤufige Versuch mit diesen Steinen, der in der hiesigen
Dampfmuͤhle des Hrn. Schumann vorgenommen wurde,
wollte nicht gelingen. Es wird berichtet, die Steine haͤtten sich als
gaͤnzlich unbrauchbar erwiesen, indem die Schaͤrfung kaum 10 Stunden
vorgehalten habe. Nach Verlauf dieser Zeit, waͤhrend welcher nur eine sehr
geringe Quantitaͤt Getreide hoͤchst unvollkommen abgemahlen worden,
seyen die Steine so stumpf und glatt gelaufen, daß man sie habe herausnehmen und auf
die Seite stellen muͤssen.
Ein Paar dieser Steine, und zwar das zum Vermahlen von Weizen bestimmte, ward hierauf
an den oben erwaͤhnten Muͤhlenbaumeister Wulff gesendet, um Versuche mit demselben anzustellen, das andere Paar
(von der Gattung, die in Frankreich zum Mahlen des Roggens, der Gerste, des
tuͤrkischen Weizens etc. angewendet wird) ward zu gleichem Zweke dem
Muͤhlenbaumeister Ganzel in Ohlau, der mit dem Wulff zugleich, als Zoͤgling des Gewerbinstituts,
in Nordamerika gewesen war, zugesendet. Der leztere berichtet uͤber seine
Versuche Folgendes:
Nachdem das Bearbeiten und Zurichten der besagten Muͤhlsteine geschehen war,
wurden dieselben aufgebracht, mit Sand abgemahlen, um eine moͤglichst
gleiche Flaͤche zu erzielen, wiederum aufgeschaͤrft und sodann zum
Mahlen von Getreide angestellt. In den ersten Tagen waren die Resultate noch nicht
so guͤnstig, als sie erwartet werden durften, und es kann hier als Ursache
nur angegeben werden, daß die Steine noch nicht gehoͤrig zusammen gemahlen
waren; daß der Schnitt der Steine noch nicht eingetreten war, welches
gewoͤhnlich erst nach mehrmaligem Ueberschaͤrfen geschieht, und daß
namentlich der Laͤufer zu große Poren enthielt, und dadurch das Getreide,
wegen der geringen Mahlflaͤche, nicht vollkommen gleichmaͤßig
zerkleinert wurde.
Ich ließ daher die Steine einige Zeit in diesem Zustande in Thaͤtigkeit und
beim jedesmaligen Aufnehmen derselben die ganze Flaͤche sorgfaͤltig
nacharbeiten und die Furchen aufschaͤrfen. Nachdem dadurch das Zerkleinern
gleichmaͤßiger geschah, ließ ich die Poren des Laͤufers mit Alaun
ausgießen, da Gyps und andere Ingredienzien nicht haltbar sind, die Flaͤche
der Steine recht gleichfoͤrmig bearbeiten, und die Furchen von Neuem
aufhauen, mit einer moͤglichst scharfen Federkante.
Beim jezigen Anstellen der Steine auf Getreide war das Resultat vollkommen
guͤnstig, das Zerkleinern geschah gleichfoͤrmig und das Schrot wurde
weich und rein. Bis Ende December v. J. wurden diese Steine in Thaͤtigkeit
gehalten, und habe ich Nachstehendes uͤber ihr Verhalten waͤhrend
einer laͤngeren Arbeitszeit beobachtet.
Hinsichtlich ihrer Zusammensezung und Bearbeitung muß ich bemerken, daß der
Sandstein, oder die Composition, wie es zu seyn scheint, welche das Auge des Steines
bildet, sehr unzwekmaͤßig ist, weil sich der Stein beim Mahlen ungleich mehr
abnuzt und dadurch hohl wird. Die Muͤhlsteine hohl zu halten, und zwar so
bedeutend, wie es bei diesen der Fall war, ist nicht zulaͤssig, well sonst
die geringe Mahlflaͤche, welche dem Steine am Umfange uͤbrig bleibt,
das Getreide nicht hinreichend zerkleinern kann, ohne sehr dicht zu gehen. Dieses
Dichtgehen hat bei so harten Steinen, außer dem Nachtheile der
Waͤrmeerzeugung noch den, daß sie sich leicht verschmieren, und deßhalb oft
nachgeschaͤrft werden muͤssen. Dieß war auch hier der Fall, denn
selten hielten die Steine laͤnger als 2 Tage aus, waͤhrend die
hiesigen mit 3 Tagen noch recht gut mahlen, und erst den 4ten oder 5ten Tag
geschaͤrft werden durften.
Waͤre das Auge aus gleichmaͤßig poroͤsen, wenn auch nicht ganz
so harten Steinen, als die am Umfange gebildet, so wuͤrde diese Art
Muͤhlsteine bei weitem brauchbarer seyn, und gewiß vollkommen ihrem Zwek
entsprechen. Fuͤr ganz trokenes, wie mehrjaͤhriges oder
gedoͤrrtes, Getreide wuͤrden sich diese Steine ganz besonders eignen,
weil wegen ihrer
großen Haͤrte die Schalen wenig angegriffen werden, und das Einschmieren hier
weniger leicht Statt finden kann.
Bei Getreide im gewoͤhnlichen Zustande muß jedoch das Vermahlen mit
groͤßter Vorsicht geleitet, und hauptsaͤchlich darauf gesehen werden,
daß die Steine etwas rauh, recht rein an der Oberflaͤche gehalten werden, und
daß sie nicht zu viel Arbeit bekommen, alsdann wird das Schrot weich, die Schale
flach und rein, und das Mehl so weiß, als es der Kern des Getreides nur geben kann,
wie dieß auch bei den hiesigen Versuchen der Fall war.
Hinsichtlich der Leistung einer bestimmten Quantitaͤt in einer gegebenen Zeit
ergeben die hiesigen Versuche Folgendes:
Die Steine wurden durch dasselbe Stirnrad in Bewegung gesezt, welches auf der anderen
Seite einen hiesigen Muͤhlstein von 5 Fuß Durchmesser treibt, und da die
Getriebe gleich sind, die Bewegung von ein und demselben Wasserrade ausgeht, so war
auch die Anzahl der Umdrehungen dieser beiden Paar Muͤhlsteine gleich.
Beide Steine wurden gehoͤrig und sorgfaͤltig geschaͤrft,
zugelegt und in Gang gebracht; beim Anstellen wurde genau beobachtet, den Steinen so
viel Arbeit zu geben, als sie leisten konnten, und daß dabei das Schrot von beiden
Steinen, so viel sich dem Gefuͤhle nach beurtheilen ließ, moͤglichst
von gleicher Feinheit abgeliefert wurde. Nachdem die Steine in solcher Art
ungefaͤhr eine Stunde in Arbeit waren und das Mahlen sich regelmaͤßig
eingestellt hatte, wurden zu gleicher Zeit auf jeden Gang 2 Scheffel Weizen
aufgeschuͤttet und, bei 135 Umdrehungen der Steine in einer Minute, diese 2
Scheffel von dem Steine von 5 Fuß Durchmesser in 24 Minuten, von dem Steine von 4
Fuß Durchmesser jedoch erst nach 30 Minuten abgemahlen, so daß der 5fuͤßige
Stein 5 Scheffel und der 4fuͤßige 4 Scheffel in einer Stunde verarbeitete.
Mehrere Versuche ergaben ziemlich gleiche Resultate, so daß auf kleinere
Abweichungen nicht Ruͤksicht zu nehmen war.
Nach 5 bis 6 Stunden Arbeit zeigte sich, daß dem 4fuͤßigen Steine schon etwas
weniger Arbeit gegeben werden mußte, weil das Schrot von ihm nicht mehr in derselben
Feinheit abgeliefert und dikschalig wurde, und ein Versuch nach 20stuͤndiger
Arbeit ergab, daß nur noch etwa 3 Scheffel bei guter Arbeit vermahlen wurden,
waͤhrend der 5fuͤßige Stein noch immer 5 Scheffel in einer Stunde bei
derselben Feinheit schaffte und erst am zweiten Tage nachließ.
Wenn nun auch erwiesen ist, daß die Quantitaͤt Getreide, welche ein Stein in
einer gewissen Zeit verarbeiten kann, hauptsaͤchlich vom Durchmesser des
Steines abhaͤngt, und ein Stein von groͤßerm Durchmesser im
Verhaͤltnisse mehr leistet, als ein kleiner, weil ihm mehr Kraft zuertheilt werden kann, so
ergibt sich doch hier aus der Vergleichung der beiden Steine bei
gleichmaͤßiger Kraftertheilung, daß der kleine Stein weit fruͤher
nachließ, welches wohl nur seiner groͤßeren Haͤrte und seiner im
Verhaͤltnisse geringeren Mahlflaͤche zuzuschreiben ist.
Ich zweifle jedoch nicht, daß die Abnahme beim Mahlen bei den kleinen Steinen in
nicht anderem Verhaͤltnisse Statt gefunden haben wuͤrde, als bei den
groͤßeren, wenn die ersteren in der bereits angegebenen Art angefertigt
gewesen waͤren, und daß sie das Quantum, welches ein kleinerer Stein im
Verhaͤltnisse zum groͤßeren zu liefern im Stande ist, auch in
demselben Zeitverhaͤltnisse geliefert haben wuͤrden.
Es stellt sich nach meiner Ansicht daher der Brauchbarkeit dieser Steine zur
Weizenmuͤllerei nichts weiter entgegen als ihre mangelhafte Zusammensezung.
Zur Roggenmuͤllerei ergaben sie sich jedoch nicht als geeignet, weil der
Roggen im Allgemeinen zaͤher ist, als Weizen, und zum Mahlen ein offener
weicherer Stein erfordert wird.
Ueber die in Danzig von dem Muͤhlenbaumeister Wulff
angestellten Versuche berichtet derselbe:
Nach Empfang der Muͤhlsteine fand ich es fuͤr noͤthig, die
Mehlbahn derselben nacharbeiten und ebnen zu lassen, so wie die Schaͤrfe
dahin zu veraͤndern, daß die Richtung der Hauschlaͤge beibehalten, die
Tiefe derselben aber vermindert wurde. Der mittlere Theil des Steines, um das Auge
herum aus weichen Sandsteinen zusammengesezt, hatte sich sehr ausgezogen, und wurde
durch den uͤblichen Kitt aus Alaun, wenig Gyps und Steinstuͤkchen
ausgefuͤllt, der indessen bei den spaͤteren Versuchen nicht Bestand
hielt, weil der Aufguß von der großen, mehr glatten als rauhen Flaͤche sich
loͤste. Außerdem mußte der obere Theil des Laͤufers, der
wahrscheinlich durch den Transport gelitten, neu vergypst werden.
Im Oktober vorigen Jahres waren die Steine bereits so weit bearbeitet und
zusammengestellt, um in Gang gesezt werden zu koͤnnen. Da ich nicht
Gelegenheit hatte, dieselben damals zur Weizenmuͤllerei, zu der sie
eigentlich bestimmt waren, zu gebrauchen, so benuzte ich dieselben waͤhrend
des Winters zum Roggenschroten. Zum Roggenschroten bewaͤhrten sich die Steine
sehr gut, mit Ausnahme des mittleren Theiles um das Auge herum, welches offenbar zu
weich ist.
Mit einer Schaͤrfe habe ich bequem 10 Lasten Roggen abgeschrotet, ohne daß die
Steine zu stumpf gemacht wurden. Dabei ist zu bemerken, daß dieser Versuch
waͤhrend des strengen Frostes und mit ganz trokenem Roggen gemacht wurde.
Roggen zu Schlichtmehl zu Mahlen, gelang nicht, wenigstens werden die Schalen mehr gequetscht als
zerrieben.
Seit dem vergangenen Monate benuze ich diese Steine zur Weizenmuͤllerei und
finde, daß dieselben ein reines, weiches Schrot liefern, die Huͤlse nicht so
stark zerreißen, als die Burrsteine, aber durch ihre Haͤrte bald mehr
Glaͤtte bekommen, und deßhalb beim Mahlen fruͤher nachlassen. Zum
Vergleiche der Leistungen der Steine aus Bergerac mit denen der Burrsteine
waͤhlte ich zwei nebeneinander liegende Wasserraͤder der
Untergaͤnge. In der hiesigen Muͤhle hat jedes Paar Steine ein
besonderes oberschlaͤchtiges Wasserrad, und kann bei den gleich hohen
Durchmessern derselben das Aufschlagwasser leicht so regulirt werden, daß jeder Gang
ziemlich genau die gleiche Kraft erhaͤlt, welches bei diesen Versuchen
geschah. Der Durchmesser des Steines von Bergerac ist 4 Fuß, der des anderen 4 Fuß 6
Zoll. Beide Paar Steine waren vor diesem Versuche schon seit mehreren Tagen in
Arbeit gewesen und die Flaͤchen nach jedesmaligem Stumpfwerden
gehoͤrig geebnet und geschaͤrft. Bei dem 4fuͤßigen Steine aus
Bergerac war die feine Sprengschaͤrfe sehr schwierig aufzusezen, da die
Steine sehr hart sind, und bei einem etwas starken Schlage die Oberflaͤche
leicht in flachen Stuͤken absprang. Nachdem nun beide Paar sauber scharf
gemacht und in Gang gesezt waren, wurden beide, nach dem gehoͤrigen Bemahlen
der Steine, jedes mit 30 Scheffel Weizen beschuͤttet. Der 4fuͤßige
Stein machte bei der groͤßtmoͤglichsten Belastung 130 Umdrehungen, der
Burrstein von 4 Fuß 6 Zoll Durchmesser bei derselben Kraft nur 120 in der Minute. In
der ersten Stunde fuͤhlte sich das Schrot des kleineren Steines bei weitem
schaͤrfer an, als das des groͤßeren, spaͤter aber verlor sich
dieses scharfe Anfuͤhlen, und das Schrot wurde weicher als das des
Burrsteines, dabei fing der Stein aber an, allmaͤhlich weniger Arbeit zu
gebrauchen. Der Unterschied des Mahlquantums waͤhrend der ersten Stunden war
unbedeutend, so daß ich hier nur das Quantum von 30 Scheffeln anfuͤhre,
welches bei dem 4fuͤßigen Steine in einem Zeitraume von 9 Stunden vermahlen
wurde, waͤhrend die 4 1/2fuͤßigen Burrsteine 30 Scheffel desselben
Weizens in 7 1/4 Stunde geschrotet hatten. Nach dieser Zeit mußte dem kleineren
Steine merklich weniger Arbeit gegeben werden, waͤhrend das Schrot des
groͤßeren erst jezt anfing, das scharfe Anfuͤhlen zu verlieren, aber
dasselbe Mahlquantum lieferte. Auch fing das Schrot des ersteren an sehr weich und
die Schale platt zu werden, wenn gleich noch immer rein. Nach 48stuͤndiger
Arbeit fuͤhlten sich die Schalen schon dik an, wurden nicht mehr rein und
mußte der Stein am dritten Tage von Neuem geschaͤrft werden. Der Burrstein
ließ erst nach 48 Stunden merklich mit Mahlen nach, fing am dritten Tage an glatt zu mahlen,
und wurde am vierten Tage scharf gemacht.
Dieser Unterschied der laͤnger vorhaltenden Schaͤrfe beider Steine kann
leicht in der Verschiedenheit der Durchmesser derselben gesucht werden. Der kleinere
Stein mit seiner kleineren Mahlflaͤche, muß mehr gepreßt werden, als der
groͤßere, um die gleiche Feinheit des Schrotes zu liefern; besonders merklich
war es bei den Steinen von 4 Fuß Durchmesser, da die mittleren Flaͤchen der
Steine so tief waren, daß der Weizen sehr wenig oder gar nicht durch sie angegriffen
wurde, daher die sogenannte Mehlbahn allein das Zerkleinern und Feinmahlen zu
leisten hatte. Aus dieser Ursache mußten auch die Steine mehr als gewoͤhnlich
gepreßt werden, und konnten, um feines Schrot zu liefern, nicht die gehoͤrige
Menge Arbeit erhalten, daher sie auch, nach dem Ausdruke der Muͤller,
durchgriffen. Außerdem war aber die Schale des sehr troken vermahlenen Weizens von
diesen Steinen groͤßer, als die der Burrsteine und dabei vollkommen mehlrein,
ein sehr guͤnstiges Resultat, welches immer fuͤr mehr Weißmehl
spricht, als bei den mehr zerkleinerten Schalen. Ich glaube wohl, daß bei genauen
Versuchen die Ausbeute an feinem Mehle aus dem Schrote von den Steinen aus Bergerac
groͤßer seyn duͤrfte, als die von dem Schrote der Burrsteine, welche
Versuche jezt anzustellen mir aber nicht moͤglich ist, indem ich sonst
saͤmmtliche uͤbrige Gaͤnge auf einige Zeit versaͤumen
muͤßte.
Eine bessere Zusammenstellung der Steinmassen wuͤrde gewiß noch ein
guͤnstigeres Resultat liefern, namentlich den Vortheil gewaͤhren, daß
die Steine laͤngere Zeit mit der Schaͤrfe vorhielten und
kuͤhler mahlten. Im Uebrigen bin ich mit den Leistungen der Steine nicht
unzufrieden, und habe dieselben bis jezt in Stelle der Burrsteine in
Thaͤtigkeit.
Die Urtheile der beiden genannten Muͤhlenbaumeister sind hienach im
Wesentlichen uͤbereinstimmend; bemerkenswerth ist es uͤbrigens, daß
die dem Ganzel uͤbersendeten Steine sich bei den
von ihm angestellten Versuchen zur Roggenmuͤllerei als nicht geeignet
ergaben, waͤhrend dieselben in Frankreich auch hiezu, ja sogar vorzugsweise
hiezu benuzt werden sollen. Von erfahrenen Muͤllern aus Bordeaux war eine
Instruktion uͤber die Behandlung der Steine extrahirt worden. Ihr zufolge
sollte man, nachdem die Steine vollkommen waagerecht auf ihre Achse gestellt sind,
den Lieger zuvoͤrderst eine halbe Stunde in Bewegung erhalten, ihn dann
aufheben, mit einem etwas harten Teig aus Roggenmehl, oder in dessen Ermangelung aus
Weizenmehl, die kleinen Loͤcher ausfuͤllen, welche sich auf der
Oberflaͤche der Steine finden, diese Ausfuͤllung mit Teig niedriger
halten, als den
Stein, und ihn troknen lassen, in welchem Falle man darauf rechnen koͤnne,
gleich bei den ersten Umgaͤngen der Steine schoͤnes Mehl zu erhalten.
Ob dieses Verfahren bei den angestellten Versuchen zur Anwendung gekommen ist, geht
aus den Anzeigen uͤber dieselben nicht hervor.
Faßt man nun das Ergebnis der Pruͤfung der Bergerac-Steine zusammen, so
wird man ihnen fuͤr ganz trokenen Weizen in so fern den Vorzug vor den
Burrsteinen einraͤumen muͤssen, als sie mehr Weißmehl liefern als
diese, welchem Vorzuge jedoch die Nachtheile entgegen treten, daß sie eher stumpf
werden, heißer mahlen, und daß sie, wie insbesondere der erste Versuch zeigt,
schwieriger zu behandeln sind, als die zulezt genannten, und bei nicht
voͤllig angemessener Behandlung durchaus ungenuͤgende Resultate
liefern. Ob durch eine bessere Zusammensezung derselben, namentlich durch Anbringen
haͤrterer Steinarten in der Naͤhe des Auges alle diese Nachtheile
voͤllig beseitigt werden koͤnnen, muß dahin gestellt bleiben.
Fuͤr weiches Getreide scheinen sich die fraglichen Steine weniger zu
eignen.
Bei diesen ihren Vorzuͤgen und Maͤngeln, im Vergleiche zu den
Burrsteinen, wird es großen Theils von ihrem Preise abhaͤngen, ob es
vortheilhaft erscheint, sie neben den lezteren anzuwenden. Es muß daher bemerkt
werden, daß bei dem Ankaufe derselben angezeigt wurde, in Zukunft koͤnne der
Lieferant dergleichen Steine nur zu einem um 50 á
60 Fr. hoͤheren Preise fuͤr das Paar verabfolgen. Da dieser Einkauf
jedoch bereits im Jahre 1829 gemacht wurde, so koͤnnen sich inzwischen die
Preise wesentlich geaͤndert haben.