Titel: | Ueber die Bereitung der ätherischen Oehle. Von E. Soubeiran. |
Fundstelle: | Band 70, Jahrgang 1838, Nr. LXXXII., S. 370 |
Download: | XML |
LXXXII.
Ueber die Bereitung der aͤtherischen
Oehle. Von E.
Soubeiran.
Aus dem Journal de Pharmacie, November
1837.
Soubeiran, uͤber Bereitung der aͤtherischen
Oehle.
Seitdem Hoffmann den Rath gegeben hat, bei der Bereitung
der schweren aͤtherischen Oehle Kochsalz dem Wasser beizufuͤgen, hat
nur Baumé ausgesprochen, daß dieses Verfahren
unnuͤz sey. Er scheint jedoch nur wenig Einfluß auf seine Nachfolger gehabt
zu haben; denn alle haben gerathen, die Methode Hoffmann's anzuwenden. In der neuesten Zeit hat indessen Mialhe aus einem selbst angestellten Experiment geschlossen, daß die
Anwendung des Kochsalzes zweklos sey.
Folgendes sind die Vorzuͤge, die Hoffmann dem
beigefuͤgten Kochsalze beilegt: es schaͤrfe das Wasser und mache es
geschikter, die vegetabilischen Stoffe zu durchdringen und aufzuloͤsen; es
verhindere die Gaͤhrung, wenn man mit troknen Substanzen operirt, welche
einer vorlaͤufigen Einweichung unterworfen werden muͤssen; es
erhoͤhe endlich die Temperatur des Wassers und erleichtere auf diese Weise
den Uebergang einer groͤßern Menge des aͤtherischen Oehles. Dieser
leztere Umstand, der vollkommen mit der Theorie uͤbereinstimmt, ließ mich an
der Genauigkeit des von Mialhe angezeigten Resultats
zweifeln, und wirklich habe ich, seiner Meinung entgegen, gefunden, daß, wenn man
Vergleichungsweise ein aͤtherisches Oehl mit destillirtem und mit solchem
Wasser behandelt, welches mit Kochsalz gesaͤttigt ist, in dem zweiten Falle
verhaͤltnißmaͤßig mehr Oehl uͤbergeht als in dem ersten.
Ich machte den Versuch in einer kupfernen Blase, und um jede Verdichtung des Dampfes
im Helme zu vermeiden, huͤllte ich diesen bis an das Kuͤhlrohr in
einen wollenen Stoff ein. In die Blase brachte ich destillirtes Wasser und
rectificirtes Terpenthinoͤhl, welches uͤber dem Wasser eine Schicht
von 3 bis 4 Finger Dike bildete, und ich fing die Producte der Destillation nicht
eher an zu sammeln, als bis die Destillation in vollem Gange und der Apparat
vollkommen erwaͤrmt war. Waͤhrend der ganzen Zeit der Destillation
verhielt sich das im Recipienten sich verdichtende Wasser und Oehl zu einander dem
Volumen nach wie 1 : 0,757, oder dem Gewichte nach wie 1 : 0,66. Dieß sind genau die
relativen Mengen, welche aus der Verdichtung einer mit Wasser- und Oehldampf
gesaͤttigten Mischung erhalten werden muͤssen, bei einer Temperatur
von 100° C. und unter einem Druk von 76 Millim., wenn man von der jeder der
beiden Daͤmpfe angehoͤrigen Tension ausgeht.
Doch bleibt dieß Verhaͤltniß nur so lange dasselbe, als das Oehl eine
zusammenhaͤngende Schicht uͤber dem Wasser bildet. Hat sich die Menge
des Oehls so weit vermindert, daß sie nur noch einzelne Tropfen bildet, so
erhaͤlt man eine große Menge Wasserdampf und die Quantitaͤt Oehl im
Product vermindert sich immer mehr und mehr.
Ich stellte einen zweiten Versuch an, indem ich zu dem Wasser die Haͤlfte
seines Gewichts Kochsalz hinzufuͤgte; dießmal aͤnderten sich die
Verhaͤltnisse ganz und gar; nahm man das Wasser als die Einheit des Volumens
an, so war das des Oehls 1,75. Das Verhaͤltniß des Gewichts fand man demnach
wie 1 : 1,517. So stimmten die Theorie und die Erfahrung uͤberein. Die
Gegenwart des Kochsalzes hat die Menge des aͤtherischen Oehls vermehrt; aber
es fragt sich, ob dieselbe Erscheinung bei der Behandlung aromatischer Vegetabilien
Statt findet.
Ich brachte auf 2,500 Grm. chinesischen Zimmt 13 Liter kochendes Wasser; nach 48
Stunden destillirte ich so lange als das Wasser milchicht uͤberging; ich
erhielt auf diese Weise 3 Liter milchichtes Wasser, von welchem ich, nachdem sie 3 Tage gestanden
hatten, durch Abgießen 5 Grm. aͤtherisches Oehl erhielt. Dasselbe Wasser
enthielt aufgeloͤst noch 5,3 aͤtherisches Oehl; davon habe ich mich
uͤberzeugt, indem ich eine Quantitaͤt dieses Wassers mit reinem Aether
behandelte und die aͤtherische Aufloͤsung der freiwilligen Verdunstung
uͤberließ. Dieses Zimmtwasser goß ich in die Blase zuruͤk und
destillirte von Neuem; ich erhielt wieder 3 Liter milchichtes Wasser; eine dritte
Destillation gab nichts mehr. Zieht man das in dem destilirten Wasser enthaltene
Oehl ab, so erhielt ich durch diese zwei Destillationen 2,25 Grm.
Ich stellte jezt einen neuen Versuch mit derselben Menge Zimmt und derselben Menge
Wasser an, doch dießmal fuͤgte ich 4400 Grm. Kochsalz hinzu; hieraus erhielt
ich 3 Liter des milchichten Produktes, welche mir 6 Grm. abgeseztes und 5,3 in der
Aufloͤsung enthaltenes fluͤchtiges Oehl lieferten, im Ganzen 11,3
Grm.
Bei der zweiten Destillation hoͤrte, nachdem 1 Liter uͤbergegangen war,
das Wasser auf klar uͤberzudestilliren; das bei dieser Operation gewonnene
Oehl betrug 2 Grm. Eine dritte Destillation gab nichts mehr.
Vergleichen wir die Resultate, so findet sich, daß mit reinem Wasser die erste
Destillation 10,3 Grm. Oehl lieferte; wurde das Wasser mit Kochsalz
gesaͤttigt, so erhielt man daraus 11,3 Grm.; die ganze Menge Oehl verlangte
mit bloßem Wasser 6 Liter Fluͤssigkeit; dieselbe Menge erhielt man bei
Wasser, das mit Kochsalz vermischt worden war, aus 4,5 Liter; in diesem Falle ist es
wirklich von Vortheil, sich des Kochsalzes zu bedienen; aber dieser Vortheil ist nur
gering und wird durch die Ausgabe, welche das Salz verursacht, nicht gedekt; er
wuͤrde gar nicht Statt finden, wenn man, statt das Wasser mit Chlornatrium zu
saͤttigen, nur den zehnten Theil seines Gewichts zusezen wollte, wie es die
Vorschriften angeben. Bemerkenswerth ist, daß bei Extraction der fluͤchtigen
Oehle mittelst Destillation man immer eine bedeutende Menge Wasser destilliren muß,
um die ganze Menge Oehl zu gewinnen, der Erscheinung entgegen, die man bemerkt, wenn
eine Mischung von Wasser und aͤtherischem Oehl destillirt wird. Es hat dieß
den Grund darin, daß die Oehle in dem Gewebe der Pflanzen sich befinden, daß ihre
Menge im Verhaͤltniß zu der des Wassers, die man zum Einweichen der Pflanzen
anwenden muß, sehr gering ist, und endlich, daß die organischen Elemente, mit denen
sie verbunden sind, eine Verwandtschaft zu ihnen haben, die ihrer Abscheidung
entgegen wirkt. Ich goß auf 3 Kilogramme gemahlener Cubeben 17 Liter kochendes
Wasser; ich ließ es 48 Stunden weichen und destillirte dann; ich beendigte den
Versuch, als ich 6 Liter
destillirtes Wasser erhalten hatte; darauf schwammen 75 Grm. Oehl; ich stellte einen
andern Versuch an, indem ich zu dem Wasser 6 Kilogramme und 500 Grm. Kochsalz
hinzufuͤgte; bei dem Destilliren von 6 Liter erhielt ich nur 50 Grm.
Oehl.
Ich machte einen neuen Versuch mit 2,700 Grm. Cubeben und 25 Liter Wasser ohne
Kochsalz; auf den 3 ersten Litern, welche bei der Destillation uͤbergegangen
waren, schwammen 28 Grm. Oehl und auf den folgenden 3 Liter 35 Grm., im Ganzen 63
Grm.
Ich begann wiederum mit denselben Mengen Cubeben und Wasser zu operiren, zu welchem
ich 10 Kilogramme Kochsalz fuͤgte. Dießmal lieferten die 4 ersten Liter 25
Grm. Oehl und die beiden folgenden 18 Gr., im Ganzen 43.
Diese beiden Versuchsreihen beweisen einen Umstand, den ich nicht erwartet
haͤtte, naͤmlich daß bei der Destillation der Cubeben das Kochsalz der
Gewinnung des aͤtherischen Oehls geradezu entgegen ist. Ich kann diesen
Umstand nicht erklaͤren, ich erzaͤhle ihn so, wie ich ihn zu beiden
verschiedenen Malen beobachtet habe.
Ich kann keinen allgemein guͤltigen Schluß aus meinen Versuchen ziehen; wenn
sie mich auf der einen Seite uͤberzeugten, daß bei der Destillation einer
Mischung von Oehl und Wasser der Fortgang des Versuchs durch die Beimischung von
Kochsalz beschleunigt wurde, so haben sie mir auf der andern Seite gezeigt, daß bei
der Destillation von Zimmt der Vortheil fast verschwindet, waͤhrend es bei
der Destillation der Cubeben den Uebergang des Oehls verzoͤgert. Jedenfalls
ergibt sich aus meinen Versuchen, daß die Fabrication der Oehle, welche als eine
ganz bekannte Sache betrachtet wird, im Gegentheil einer neuen Untersuchung bedarf.
Ich habe zu selten Gelegenheit, aͤtherische Oehle darzustellen, um diese
Untersuchungen zu Ende zu fuͤhren; indeß hoffe ich, daß sich irgend Jemand,
dem mehr Gelegenheit dazu sich darbietet, von Neuem damit beschaͤftigen wird.
Es bietet sich hier ein weites Feld neuer und interessanter Untersuchungen dar.