Titel: Beschreibung des von Hrn. Capplet in Elbeuf entdekten Verfahrens, um das Alkali der alten Potascheküpen (Indigküpen) wieder nuzbar zu machen; von Hrn. J. Girardin.
Fundstelle: Band 71, Jahrgang 1839, Nr. LXXVII., S. 405
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LXXVII. Beschreibung des von Hrn. Capplet in Elbeuf entdekten Verfahrens, um das Alkali der alten Potaschekuͤpen (Indigkuͤpen) wieder nuzbar zu machen; von Hrn. J. Girardin.Einen Auszug aus dieser Abhandlung ohne Abbildung des Apparates haben wir schon im polyt. Journal Bd. LXV. S. 441 mitgetheilt. A. d. R. Aus dem Recueil de la Société polytechnique, 1838, No. 2. Mit einer Abbildung auf Tab. V. Capplet's Apparat zum Reinigen der alten Indigkuͤpen-Fluͤssigkeit. Zum Faͤrben der Wolle mit Indig bedient man sich in Elbeuf ausschließlich der sogenannten Potaschekuͤpen; man sezt sie in besonderen Verhaͤltnissen mit Indig, Potasche, Krapp und Kleie an. Der Krapp und die Kleie dienen zum Desoxydiren des Indigs und die Potasche muß den desoxydirten Indig in Aufloͤsung erhalten. Nachdem eine solche Kuͤpe fuͤnfundzwanzig Tage lang in Thaͤtigkeit war und neuerdings mit Alkali und Potasche gespeist wurdeDie Verhaͤltnisse beim Ansezen und den verschiedenen Speisungen der Potaschekuͤpen sind im polyt. Journal Bd. XLI. S. 355 angegeben. A. d. R., ist man genoͤthigt, sie ganz neu anzusezen, weil sich sonst nicht mehr mit Vortheil daraus faͤrben laͤßt. Der Grund davon ist, daß sich unterdessen das Alkali mit dem Fett, welches in den Fasern der Wolle enthalten war und dem durch seine Zersezung erzeugten gleichsam gesaͤttigt hat. Dadurch entsteht eine Art Seife, welche die Potasche unfaͤhig macht, neuerdings desoxydirten Indig aufzuloͤsen. Man ist also gezwungen die Kuͤpenfluͤssigkeit wegzuschuͤtten und sie durch eine andere zu ersezen. Durch den Umstand, daß man eine Fluͤssigkeit, welche fast noch die ganze Menge der angewandten Potasche, naͤmlich 285 Kilogr. auf 100 Kilogr. Indig enthaͤlt, schon nach drei Wochen weglaufen lassen muß, geht natuͤrlich außerordentlich viel Potasche verloren. Hrn. Capplet gelang es nach zahlreichen Versuchen, ein Verfahren auszumitteln, wodurch dem Alkali in den alten Kuͤpenfluͤssigkeiten der groͤßere Theil der neutralisirenden Substanzen entzogen werden kann, so daß es neuerdings zum Aufloͤsen von Indig anwendbar ist. Es sind nun bald dreizehn Jahre, daß er sein Verfahren entdekte, und seit 1825 hat ein Etablissement, das er in Elbeuf mit Hrn. Sèbe errichtete, im Verlaufe von fuͤnfzehn Monaten 15,950 Kilogr. Potasche erspart. Dieß wurde damals durch eine Commission der Aufmunterungsgesellschaft in Rouen erhoben, weßhalb jene Gesellschaft den HHrn. Capplet und Sèbe auch eine silberne Preismedaille zuerkannte. Hr. Capplet hat seitdem fortgefahren, die alten Kuͤpenfluͤssigkeiten zu reinigen, und mehrere Faͤrber in Elbeuf, welche seine gereinigte Kuͤpenfluͤssigkeit anwandten, bezeugten, daß sie dadurch die Haͤlfte des sonst erforderlichen Potaschebedarfs ersparen. Im Jahre 1831 ließ Hr. Capplet sein Verfahren durch die Société d'Encouragement pruͤfen, welcher Hr. Robiquet einen sehr guͤnstigen Bericht daruͤber erstattete (polytechn. Journal Bd. XLI. S. 441). Hr. Capplet hat bisher das von ihm entdekte Verfahren, worauf er ein Patent nahm, geheim gehalten, jezt aber mir den von ihm angewandten Apparat in allen Details gezeigt, seine Operationen in meiner Gegenwart ausgefuͤhrt und mich auch ermaͤchtigt, das Gesehene bekannt zu machen, da seine Absicht mehr dahin geht, sein Verfahren in den Fabriken zu verbreiten, als einiges Geld damit zu gewinnen. Die alte Indigkuͤpenflaͤssigkeit, als eine durch fette Substanzen, Extractiv- und Farbstoffe verunreinigte Potascheaufloͤsung betrachtend, glaubte Hr. Capplet, daß, wenn man sie nach einander mit Aezkalk, Holzasche, Kohle und Sand in Beruͤhrung bringen wuͤrde, alle fremdartigen Substanzen außer dem Alkali, welche die Fluͤssigkeit aufgeloͤst oder suspendirt enthaͤlt, daraus fast vollstaͤndig entfernt werden muͤßten. Dieß hat sich auch bestaͤtigt, indem 12 Liter seiner gereinigten Kuͤpenfluͤssigkeit beim Ansezen einer neuen Kuͤpe wie eine Aufloͤsung von 2 Kilogr. kaͤuflicher Potasche wirken. Die Theorie und Erfahrung haben seitdem gelehrt: 1) daß der Kalk der alten Lauge fast alle in ihr aufgeloͤsten Farbstoffe entzieht, indem er mit ihnen eine unaufloͤsliche Verbindung bildet; 2) daß er auch die Verbindungen der Alkalien mit fetten Substanzen zersezt, indem er mit lezteren, welche saurer Natur sind, unaufloͤsliche Seifen bildet; 3) daß die Kohle den Fluͤssigkeiten leicht die Substanzen entzieht, welche sie faͤrben. Wenn man also auf eine rationelle Weise die Wirkung dieser beiden Agentien zur Reinigung der alten Kuͤpenfluͤssigkeit benuzt und zugleich Holzasche anwendet, welche sowohl durch den Kalk als durch die in ihr enthaltenen alkalischen Salze wirkt, so muͤssen die Substanzen, womit die Fluͤssigkeit verunreinigt ist, offenbar um so vollstaͤndiger daraus entfernt werden, je oͤfter man diese drei Stoffe darauf wirken laͤßt. Dieß thut Hr. Capplet bei folgendem Verfahren: Man bringt die alte Kuͤpenfluͤssigkeit in mehrere hoͤlzerne Kufen B, B, Fig. 1, und versezt sie darin unter Umruͤhren mit gebranntem Kalk in schwachem Ueberschusse. Dann laͤßt man die sich bildende unaufloͤsliche Kalkverbindung auf dem Boden der Kufen sich absezen und zieht hierauf die geklaͤrte Fluͤssigkeit mittelst der in gewisser Entfernung vom Boden befindlichen Haͤhne klar ab. Die Fluͤssigkeit lauft in einen großen Behaͤlter aus Mauerwerk A, worin sie sich vollends klaͤrt; endlich schafft man sie mittelst einer Pumpe in die Kufen C, C, die sich 20 Fuß uͤber dem Boden des Ateliers befinden. Eine große Roͤhre D, welche mit diesen Behaͤltern in Verbindung ist, dient dazu, die Fluͤssigkeit in allen Filtrirapparaten zu vertheilen. Jeder derselben besteht aus drei Reihen, und jede Reihe: 1) aus einem horizontalen Troge E, welcher mit Flußsand gefuͤllt und mit einem Tuche bedekt ist, worauf die Fluͤssigkeit aus den Behaͤltern C, C lauft. Dieser Trog vertheilt die Fluͤssigkeit durch vier Haͤhne. 2) Aus 4 Filtrirkufen, welche zuunterst mit einer Schichte Stroh, dann nacheinander mit einer von Asche, Sand und gestoßener Kohle versehen und mit einem Tuche bedekt sind. 3) Aus vier kleinen, mit Sand gefuͤllten Kuͤbeln, die uͤber jeder Kufe und unter den Haͤhnen des Troges stehen. Ihr Boden ist wie ein Seiher durchloͤchert, und durch sie soll bewirkt werden, daß die von dem Troge ablaufende Fluͤssigkeit nicht auf eine einzelne Stelle der Filtrirkufen faͤllt, wodurch die Schichten von Kohle und Asche in Unordnung gebracht und leere Raͤume gebildet werden koͤnnten, welche die Fluͤssigkeit dann durchliefe, ohne die Kohlenmasse zu durchstreichen. 4) Aus einem Kasten, der unter der Filterbank angebracht ist und die aus den Filtern ablaufende Fluͤssigkeit aufnimmt. Wir wollen nun angeben, wie man verfaͤhrt. Die mit Kalk behandelte Fluͤssigkeit, welche in die Behaͤlter C, C gelangt, wird in die erste Filterreihe geleitet. Nachdem sie hier zuerst den Sand in dem Troge E und dann die entfaͤrbenden Schichten in den Filtrirkufen durchstrichen hat, sammelt sie sich schon einigermaßen entfaͤrbt in dem Kasten F. Eine Drukpumpe treibt sie aus diesem Kasten in die Filterreihe Nr. 2, worin sie neuerdings gereinigt wird, dann in die Filterreihe Nr. 3, wo sie die fremdartigen Substanzen vollends absezt. Hiemit ist das Filtriren beendigt. Mittelst einer auf dem Boden der Werkstaͤtte angebrachten Leitung gelangt die regenerirte Fluͤssigkeit in den Hauptbehaͤlter G, der sich in der Mitte der Werkstaͤtte befindet. Die so behandelte Kuͤpenfluͤssigkeit hat nicht mehr den faulen Geruch, den sie anfangs besaß; ihr Geruch ist nun dem einer guten Lauge aͤhnlich. Sie ist klar und nur noch durch ein wenig Krappfarbstoff schwach roͤthlich gefaͤrbt. Dieser kann jedoch beim Ansezen neuer Kuͤpen mit der regenerirten Fluͤssigkeit durchaus nicht nachtheilig seyn. Jedes Filter kann drei Wochen oder einen Monat lang benuzt werden. Wenn die Faͤrberei in voller Thaͤtigkeit ist, muß man, waͤhrend man die Filter der Reihe Nr. 1 erneuert, die Fluͤssigkeit auf die Reihe Nr. 2, dann auf die Reihe Nr. 3 leiten und zulezt wieder auf die Reihe Nr. 1 zuruͤkkommen, u.s.f. Man sieht, daß sich dieses Filtrirverfahren auf die Methode fußt, welche in den Salpetersiedereien zum Auslaugen der salpeterhaltigen Materialien angewandt wird. Der Sand, welchen man aus den Filtern und Troͤgen nimmt, ist nicht verloren; denn wenn man ihn mehrmals in einem hoͤlzernen Kasten auswascht, ist er wieder zu neuen Operationen brauchbar. Die Kohle koͤnnte man auch wieder anwenden, wenn man sie in einem gußeisernen Kessel oder Cylinder der Rothgluͤhhize aussezen wuͤrde (wie man sie in den Zukerraffinerien wieder belebt). Sowohl die eigenen Versuche des Hrn. Capplet als die Erfahrungen in verschiedenen Faͤrbereien ergaben, daß bei Anwendung der nach seiner Methode gereinigten Kuͤpenfluͤssigkeit je 12 Liter davon 2 Kilogr. Potasche entsprechen, und daß man beim Ansezen der gewoͤhnlichen Kuͤpe die Haͤlfte der Potasche weglassen und in dem angegebenen Verhaͤltnisse durch eine entsprechende Menge gereinigter Fluͤssigkeit ersezen kann. Auch ist es entschieden, daß bei der Praxis im Großen eine mit Capplet's gereinigter Fluͤssigkeit angesezte Kuͤpe eben so gute Resultate gibt, wie eine solche, wozu man kaͤufliche Potasche verwandte. Da man nun zum Ansezen einer Kuͤpe mit 100 Kilogr. Indig, 285 Kilogr. kaͤufliche Potasche braucht, wovon die Haͤlfte, naͤmlich 142 1/2 Kilogr. durch 35 1/2 (franzoͤsische) EimerEin Eimer (seau) ist = 12 Liter oder 12 Kilogr. Wasser. gereinigter Kuͤpenfluͤssigkeit ersezt werden kann, so muß lezteres offenbar mit Ersparniß verbunden seyn, da die Reinigungskosten nicht hoch zu stehen kommen, indem nur wenige Substanzen und nur solche von geringem Werthe hiezu erforderlich sind. Um 100 Eimer Kuͤpenfluͤssigkeit zu reinigen, braucht man: ein Faß Asche von 18 Scheffel 25 Fr. – Cent. Loͤschkohlen (von den Baͤkern)   1  –  20  – Tuch und Kalk   1  –  10  – Sand   –  –  10  – Stroh   –  –  10  – Wochenlohn eines Arbeiters à 2 Fr. 50 Cent. per Tag 15  – ––––––––––– Gesammtkosten 42 Fr. 50 Cent. Man sieht hieraus, daß die Reinigungskosten von 100 Eimern alter Kuͤpenfluͤssigkeit nur 42 Fr. 50 Cent. betragen; diese 100 Eimer entsprechen aber 200 Kilogr. Potasche, deren Werth man zu 200 Fr. annehmen kann. Zieht man diese Summe von den Reinigungskosten ab, so bleiben 157 Fr. 50 Cent. reiner Gewinn, denn bisher pflegte man allgemein die alte Kuͤpenfluͤssigkeit in einen benachbarten Bach auslaufen zu lassen. Auf 100 Kilogr. zum Ansezen einer Kuͤpe verwendeten Indigs wird man also an Potasche 61 Fr. 10 Cent. gewinnen, wenn man Capplet's gereinigte Kuͤpenfluͤssigkeit verwendet. Eine solche Ersparung verdient gewiß alle Beachtung. Ich habe das Verfahren des Hrn. Capplet wiederholt und dieselben Resultate erhalten. Bei der vergleichenden Untersuchung einer alten und einer gereinigten Kuͤpenfluͤssigkeit fand ich, daß leztere etwas mehr Alkali enthaͤlt, und daß dieses Alkali aͤzender ist als in der alten Kuͤpenfluͤssigkeit. Diese beiden Umstaͤnde sind leicht zu erklaͤren, da Hr. Capplet in seine Filter eine gewisse Menge Asche bringt, welche einerseits das in ihr enthaltene Alkali abgibt, waͤhrend andererseits durch den in den Filtern befindlichen Kalk ein Theil des in der Kuͤpenfluͤssigkeit enthaltenen kohlensauren Kali's aͤzend gemacht wird.

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