Titel: Ueber Pelletan's Levigator für Rübenzuker-Fabriken.
Fundstelle: Band 72, Jahrgang 1839, Nr. XV., S. 45
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XV. Ueber Pelletan's Levigator fuͤr Ruͤbenzuker-Fabriken. Aus dem Echo du monde savant, No. 402. Ueber Pelletan's Levigator fuͤr Ruͤbenzuker-Fabriken. Hr. Pelletan hatte schon vor laͤngerer Zeit der Pariser Akademie der Wissenschaften einen von ihm erfundenen Apparat zur Beurtheilung uͤbergeben, welchen er Levigator nannte, und der dazu dienen soll, allen in den Runkelruͤben enthaltenen zukerhaltigen Saft auszuziehen und dessen Stelle durch Wasser zu ersezen, so daß man allen in dieser Wurzel befindlichen Zuker vollstaͤndig zu gewinnen im Stande ist.Dieser Apparat ist im polytechn. Journal Bd. LIII. S. 39 beschrieben.A. d. R. Ueber diesen Apparat konnte jedoch bis jezt kein Bericht erstattet werden, weil er noch in keiner großen Fabrik in Anwendung war. Da jezt aber der Levigator im Großen arbeitet, so veranlaßte dieß Hrn. Pelletan, uͤber die Bemerkungen Dumas' hinsichtlich der Anwendung getrokneter Ruͤben zur Zukerfabrication (polytechnisches Journal Bd. LXVIII, S. 136) seine Ansicht zu veroͤffentlichen. Aus den von Hrn. Dumas angegebenen Thatsachen geht hervor, daß man bei dem gewoͤhnlichen Verfahren in den Ruͤbenzuker-Fabriken die Haͤlfte oder wenigstens das Drittel des in der frischen Ruͤbe wirklich enthaltenen Zukers verliert. Andererseits haben die Untersuchungen des Hrn. Pelouze Polyt. Journal Bd. XLIII. S. 53. gezeigt, daß Ruͤben von demselben Felde einen sehr verschiedenen Zukergehalt haben, und daß derselbe von 2 bis 14 Proc. wechselt. Es ist daher hoͤchst wichtig auszumitteln, ob die Zukerausbeute hauptsaͤchlich in Folge der angewandten Verfahrungsarten so verschieden ist, oder ob sie vielmehr von Abweichungen beim Anbau der Ruͤben, die bisher nicht gehoͤrig gewuͤrdigt wurden, abhaͤngt. Hr. Pelletan fuͤhrt folgendes praktische Resultat an: In einer großen Ruͤbenzuker-Fabrik bei Paris, welche taͤglich beilaͤufig 50,000 Kilogr. Runkelruͤben verarbeitet, wird der Zukerstoff mittelst des Levigators aus den Ruͤben gezogen. Die suͤße Fluͤssigkeit, welche man erhaͤlt, ist beilaͤufig um ein Fuͤnftel schwaͤcher als der natuͤrliche Ruͤbensaft. Das mittelst des Levigators ausgewaschene Mark schmekt gar nicht mehr suͤß; es wurde mehrmals stark ausgepreßt und große Massen Fluͤssigkeit, welche man dadurch auszog, gaben bei geeignetem Abdampfen nur eine ganz unbedeutende Menge eines braunen, bittern und unkrystallisirbaren Syrups. Der Levigator zieht also allen in den Ruͤben enthaltenen Zukerstoff aus; man erhaͤlt einen Saft, welcher kaum gefaͤrbt ist und bei weitem nicht so schnell verdirbt wie der ausgepreßte; uͤberdieß gelangt dieser Saft unmittelbar in einen Apparat (monte-jus), der ihn, ohne daß er mit der Luft in Beruͤhrung kommt, in den Laͤuterungskessel schafft. Zur Laͤuterung nimmt man um die Haͤlfte weniger Kalk als gewoͤhnlich und die uͤbrigen Arbeiten werden in dieser Fabrik nach guten Methoden sehr sorgfaͤltig ausgefuͤhrt. Als Ergebniß bei der Verarbeitung von 1,500,000 Kilogr. Ruͤben erhielt man im Durchschnitt 7 Proc. Zukerstoff (naͤmlich Zuker mit Inbegriff von Melasse), wovon 6 1/4 krystallisirter Zuker (im Handel unter dem Namen gute vierte Sorte bekannt) und der Rest Melasse ist. Es ließe sich nun fragen, fuͤgt Hr. Pelletan bei, was aus den anderen 3 bis 5 Proc. des in den Ruͤben enthaltenen Zukers geworden ist da sie nicht zum Vorschein kamen, – vorausgesezt naͤmlich, daß diese Ruͤben wirklich 10–12 Proc. Zuker enthielten. Ueberdieß, sagt er, ist die Behandlung der Ruͤben mittelst des Levigators eigentlich nur die einfache, von Hrn. Pelouze angewandte analytische Methode. Die verbrauchten Ruͤben lieferten einen Saft von 7 Araͤometergraden. Obgleich man nun bloß 7 Procent Zukerstoff erhielt, so kann man doch nicht annehmen, daß ein etwas bedeutender Verlust bei den in dieser Fabrik befolgten Verfahrungsarten Statt fand. Ein solcher waͤre nur erklaͤrbar, wenn der Zuker im Verlauf der damit vorgenommenen Operationen eine unaufloͤsliche Verbindung eingehen koͤnnte; Hr. Pelouze hat sich aber durch directe Versuche uͤberzeugt, daß eine solche Veraͤnderung desselben nicht Statt findet. Hr. Pelletan glaubt daher aus seinen Beobachtungen folgende Schluͤsse ziehen zu koͤnnen: 1) Man kann aus der Runkelruͤbe, ohne daß man sie vorher troknet, allen in ihr enthalten Zuker ausziehen; 2) das Austroknen ist folglich eine uͤberfluͤssige Operation; 3) die abweichenden Resultate, welche man bei beiden Methoden erhaͤlt, muͤssen dem verschiedenen Zukergehalt der angewandten Runkelruͤben zugeschrieben werden; 4) hinsichtlich der Ausziehung des Saftes aus den Runkelruͤben duͤrften keine wesentlichen Verbesserungen mehr zu erfinden seyn, da man allen in den Ruͤben enthaltenen Zukerstoff bis auf ein Zehntel Melasse als krystallisirten Zuker zu gewinnen im Stande ist. Hr. Dumas hat dagegen bemerkt, daß es wirklich Fabriken gibt, die sogar nach dem alten Verfahren 8 Proc. Zuker, anstatt 7, wie Hr. Pelletan, erhalten, und besteht auf der Genauigkeit seiner fruͤheren Angaben. Er findet es hoͤchst wahrscheinlich, daß bei dem Austroknen der Runkelruͤben ihre Bestandtheile modificirt werden, so daß sich dann der Zuker leichter von ihnen trennen laͤßt, wodurch die groͤßere Zukerausbeute aus getrokneten Ruͤben erklaͤrt wuͤrde. Gegen den Einwand, daß man bei Anwendung getrokneter Ruͤben die Ruͤkstaͤnde nicht mehr als Viehfutter anwenden kann, bemerkt Hr. Dumas: da man bei der gewoͤhnlichen Fabricationsweise nur 75 Proc. von dem Ruͤbensaft erhalte und folglich den vierten Theil vom Gesammtgewicht dieser Wurzeln fuͤr die Thiere benuze, so koͤnne man eben so gut bei der Zukerfabrication mit getrokneten Ruͤben ein Viertel der Ernte im Voraus fuͤr diesen Zwek wegnehmen, wobei man dann noch an Handarbeit ersparen wuͤrde.