Titel: | Auszüge aus den von den HHrn. Wood, Hawkshaw und Brunel erstatteten Berichten über den an der Great-Western-Eisenbahn befolgten Bauplan. |
Fundstelle: | Band 72, Jahrgang 1839, Nr. LIV., S. 241 |
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LIV.
Auszuͤge aus den von den HHrn. Wood, Hawkshaw und Brunel erstatteten Berichten
uͤber den an der Great-Western-Eisenbahn befolgten
Bauplan.
Aus dem Civil Engin. and Archit. Journal. Febr. 1839, S.
47.
(Forsezung von H. 3, S. 161.)
Brunel's Gegenbericht uͤber den Bauplan.
III. Auszuͤge aus dem
Gegenberichte des Hrn. J. K. Brunel Esq.
Ich hatte wir vorgenommen, bei der Beantwortung des mir angekuͤndigten
Gutachtens des Hrn. Hawkshaw dessen Inhalt in zwei
Classen zu bringen. In die erste Classe wollte ich die Facta sezen, naͤmlich
die an der Great-Western- und anderen Eisenbahnen gewonnenen Resultate
und die von Mechanikern, Mathematikern und den mit dem Bahnbetriebe Vertrauten
anerkannten Axiome oder Grundsaͤze; in die zweite hingegen die auf diese
Facta und Axiome gestuͤzten Argumente und Schluͤsse. Hierauf wollte
ich untersuchen, in wie fern die ersteren auf den fraglichen Fall paßten, und was
von Wichtigkeit ist, in wie fern sie alle jene Thatsachen enthalten, die man wissen
muß, um zu einem richtigen Schlusse zu gelangen. Ferner wollte ich die Richtigkeit
dieses Schlusses pruͤfen; dann zeigen, wie ich die einzelnen Punkte
betrachtete, meine Ansichten aufstellen, sie mit jenen des Berichterstatters
vergleichen und zeigen, worin wir uͤbereinstimmen und worin unsere Ansichten
aus diesen und jenen Gruͤnden differirten. Die Abfassung des fraglichen
Berichtes macht mir jedoch diesen Gang unmoͤglich; denn ich haͤtte
einen großen Theil seines Inhaltes umgehen oder eine dritte Classe aufstellen
muͤssen, und in diese die allgemeinen Bemerkungen, die hypothetischen
Faͤlle und die auf solche gegruͤndeten Meinungen Anderer reihen
muͤssen. Aus diesen Gruͤnden, und da sich in dem Berichte viele
Bemerkungen und Vergleiche befinden, welche sich nicht direct auf die
Great-Western-Bahn beziehen; da das Bestehen der hypothetischen
Faͤlle nicht erwiesen ist; da sie nicht so gestellt sind, daß gewisse, an
unserer Bahn bestehende Umstaͤnde dadurch aufgeklaͤrt werden, und daß
sie daher in ihrer Verwebung mit dem Berichte irre leiten koͤnnten, wenn ihre
Irrelevanz nicht dargethan wuͤrde, bin ich gezwungen, dem Berichterstatter in
dem von ihm eingeschlagenen Gange zu folgen. Bevor ich jedoch hierauf eingehe, muß
ich im Voraus bemerken, daß die Ansichten und Schluͤsse des Berichterstatters im Allgemeinen,
wo nicht ganz, in diametralem Widerspruche mit jenen stehen, die ich mir eigen
machte, und die ich zu vertheidigen bereit bin; daß ich in den von ihm aufgestellten
Principien, welche ich fuͤr unrichtig halte, von ihm abweiche; daß ich sein
Raisonnement fuͤr irrig und fehlerhaft erklaͤre; und daß manche seiner
Berechnungen falsch sind, weil dabei nicht auf Dinge Ruͤksicht genommen ist,
die von nothwendigem Einflusse auf die Resultate sind.
Ich stimme mit dem Berichterstatter uͤberein, wenn er sagt, daß die
Beduͤrfnisse des Publicums und die Interessen der Actionnaͤre in
gleichem Maaße zu beruͤksichtigen sind. Ich verwerfe, wie nur irgend Jemand,
alle unnuͤze Ausgabe, jede Steigerung der Capitalsanlage, die nicht durch
eine Ersparniß in den Unterhaltungs- und Betriebskosten oder durch eine
Steigerung des Verkehres und mithin durch eine Steigerung des Einkommens
gerechtfertigt wird; und ich bin daher auch fuͤr jede weise Ersparniß.
Dagegen kann ich nicht einstimmen, wenn der Berichterstatter sagt: „Der
Gewinn richtet sich an einer Eisenbahn etc.“ Denn mit welchem
Capitalsaufwande eine Bahn gebaut worden seyn mag, so gibt es nur einen Weg zur
Erhoͤhung ihrer Ertraͤgnisse, und der ist: man gewaͤhre dem
Publicum groͤßere Bequemlichkeit oder niedrigeres Fuhrlohn, als es anderswo
findet, oder noch besser, beides zugleich. Schnelligkeit, Bequemlichkeit und
Wohlfeilheit muͤssen zur Bahn anloken, und in dem Maaße, als diesen drei
Bedingungen entsprochen ist, wird das Publicum derselben zulaufen. Was die Bahn
kosten mag, so ist es die Aufgabe der Compagnie, den groͤßten Verkehr auf ihr
und dadurch den groͤßten Ertrag von ihr zu erzielen. Dieß erzwekt man aber
nicht, wenn man nach dem Rathe des Berichterstatters die Bequemlichkeit vermindert
oder das Fuhrlohn erhoͤht, sondern vielmehr gerade auf entgegengeseztem
Wege.
Es wird ferner gesagt, „daß sich die Kosten, fuͤr welche eine Person
fortgeschafft werden kann, verhaͤlt wie das Interesse des aufgewendeten
Capitales + den Betriebskosten der Bahn.“ Dazu muß aber noch gesezt
werden: und umgekehrt wie die Zahl der fortgeschafften Passagiere; denn dieser
wichtige Nachsaz aͤndert das arithmetische Resultat der Transportkosten
gaͤnzlich. Der weiteren Behauptung, daß, wenn man die Capitalanlage
vergroͤßerte, ohne dafuͤr eine wesentliche Ersparniß in den
Betriebskosten zu erzielen, die Einnahme nur durch Steigerung des Fuhrlohnes
erhoͤht werden koͤnnte, brauche ich nur die Frage entgegenzustellen,
ob nicht durch eine groͤßere Capitalanlage ein groͤßerer Verkehr und
mithin auch ein hoͤherer Ertrag zu erreichen ist? Dieß sind die
Grundzuͤge der Eisenbahnbewirthschaftung des Berichterstatters; die
zulezt erwaͤhnte Behauptung allein duͤrfte mich aller weiteren
Widerlegung uͤberheben; doch will ich noch bei Einigem verweilen.
Nach der Theorie des Berichterstatters waͤre die einzige Methode die
Bruttoertraͤgnisse im Handel zu erhoͤhen die, daß man an jedem
einzelnen Artikel den Gewinn durch Erhoͤhung des Preises und durch
Verminderung der Capitalanlage steigerte. Dieß ist allerdings eine der zum Zweke
fuͤhrenden Methoden; allein schwerlich duͤrfte sich auch nur ein
großer Handels- oder Gewerbszweig anfuͤhren lassen, der auf diesem
Wege groß geworden ist. Im Gegentheile, die Maschinen und Apparate der Fabrikanten
werden mit jedem Jahre theurer, die Preise niedriger, und der Gewinn an den
einzelnen Artikeln geringer, und doch erhaͤlt oder steigert sich der
Gesammtgewinn durch den aus den niedrigeren Preisen und aus der besseren
Qualitaͤt erwachsenden groͤßeren Absaz. An den Eisenbahnen gilt dieses
Princip wo moͤglich in noch groͤßerer Ausdehnung. Der Berichterstatter
betrachtet den Verkehr durchaus als eine constante Figur, die einerseits dieselbe
bliebe, welche Maͤngel auch die Bahn haͤtte, und die andererseits
keine Steigerung erfuͤhre, was man auch zu Gunsten des Publicums
thaͤte. Nirgendwo ist in seinen fuͤr die Reduction des Anlagecapitales
aufgestellten Argumenten auch nur einmal der Moͤglichkeit der Steigerung des
Verkehres durch Verbesserung der Transportmittel gedacht. Doch genug hievon, da es
klar ist, daß man einem aus solchen Principien gezogenen Schlusse keinen hohen Werth
beilegen darf.
Der naͤchste Punkt, naͤmlich die Wirkung und der Werth der Gradienten,
liegt so sehr im Bereiche des Calculs, daß man glauben sollte, es koͤnnte,
wenn die Berechnungen richtig sind, keine bedeutende Meinungsverschiedenheit
daruͤber herrschen. Bei der Vergleichung zwischen Gradienten von 10 und 4 Fuß
per Meile, wobei der Bericht fuͤr lezteren
Fall eine Verminderung des Widerstandes um 17 Proc. annimmt, ist von Daten
ausgegangen, die von jenen abweichen, welche von den ersten Autoritaͤten
anerkannt sind; auch sind Bedingungen, die zu einer genauen Vergleichung
unumgaͤnglich noͤthig sind, uͤbergangen. Als der Widerstand auf
einer ebenen Bahn sind 10 Pfd. auf die Tonne angenommen, waͤhrend 8 Pfd. der
Wahrheit viel naͤher kommen, und auf einer gut unterhaltenen Bahn mit guten
Wagen als der Totalwiderstand eines Wagenzuges angenommen werden koͤnnen. Die
Wirkung der Gravitation wird bei Neigungen von 4 und 10 Fuß 1,7 und 4,25 Pfd. seyn,
so daß sich also mit den constant bleibenden 8 Pfd. der Widerstand auf 9,7 und 12,25
Pfd. per Tonne berechnet. Dieß oder 100 zu 126 ist das
Verhaͤltniß des Widerstandes bei beiden Gradienten, so daß sich also 26 anstatt 17
Proc. ergeben. Nimmt man jedoch das Maximum der Ladung, die eine Maschine bei der
regelmaͤßigen Geschwindigkeit der Wagenzuͤge auf der geneigten
Flaͤche fortzuschaffen vermag, so muß in beiden Faͤllen das Gewicht
der Maschine und des Tenders abgezogen werden, um die effective Ladung zu bekommen.
An schnellen Wagenzuͤgen, wie sie z.B. auf der
Liverpool-Manchester-Bahn laufen, betraͤgt die Maschine mit
Tender beilaͤufig 30 Proc. der Bruttoladung; in den drei, von dem
Berichterstatter angefuͤhrten Faͤllen ist das Verhaͤltniß
selbst noch groͤßer: naͤmlich 40 Tonnen. Ich will jedoch dieses
Verhaͤltniß sogar zu 1/4 annehmen, wonach ein Passagierwagenzug netto 60
Tonnen wiegt, mit einer Maschine und Tender, welche wie jene an der
Grand-Junction-Bahn 20 Tonnen wiegt. Es kommt also von 100 und 126 ein
Viertheil von 100 oder 25 abziehen, wonach 75 und 101 bleiben; das
Verhaͤltniß waͤre also 100 zu 134, und das Mehr, welches dieselbe
Maschine bei gleicher Geschwindigkeit auf einer Bahn mit einer Neigung von 4 Fuß im
Vergleiche mit einer Bahn, deren Neigung 10 Fuß betraͤgt, fortzuschaffen im
Stande ist, betraͤgt 34 anstatt 17 Proc. der Nettoladung. Der
Berichterstatter schlaͤgt uͤbrigens am Schlusse seiner Berechnung alle
Vergleichung dadurch nieder, daß er sagt, bei einer Neigung von 1 in 528 oder von 10
Fuß in einer engl. Meile koͤnnten alle im Durchschnitte vorkommenden Ladungen
fortgeschafft werden. Dieß ist unstreitig moͤglich, allein mit einem
verhaͤltnißmaͤßigen Opfer an Kraft und Geschwindigkeit; bleibt dieses
unberuͤksichtigt, so ist die Angabe unrichtig; und kommt es in Anschlag, so
begreife ich den Zwek der Bemerkung nicht.
In dem gleich darauffolgenden Saze stellt der Berichterstatter dieselbe Behauptung in
einer anderen Form auf. Er spricht hier von einer vollen
Durchschnittslast, ohne eine Erlaͤuterung von ihr zu geben. Er
scheint unter einer solchen eine fuͤr alle Eisenbahnen ohne alle
Ruͤksicht auf die Gradienten und selbst auf die Kraft der Maschinen fixirte
oder constante Quantitaͤt zu verstehen, von deren Bestehen ich jedoch keinen
Begriff habe. Mehrere der dermalen auf der Grand-Junction-Bahn
laufenden Wagenzuͤge erheischen zwei Maschinen; sollten sie so anwachsen, daß
sie ihrer drei erfordern, so wuͤrde man sie wahrscheinlich abtheilen, so daß
also das Leistungsvermoͤgen der Bahn und der Maschinen auf die Ladungen
Einfluß aͤußern wuͤrde. An den drei im Berichte angefuͤhrten
Eisenbahnen sind die durchschnittlichen Nettoladungen 24, 32 und 40 Tonnen; mithin
betraͤgt leztere beinahe das Doppelte der ersteren.
Welche Resultate sich auch an anderen Bahnen ergeben haben moͤgen, so hat an
der Great-Western-Bahn die Erfahrung gezeigt, daß die besten Maschinen, denen
man eine ganz unnoͤthige Kraft beimaß, nicht im Stande waren, unter gewissen
Umstaͤnden die Ladungen fortzuschaffen, und daß wir daher oͤfter
gezwungen waren, in den Zwischenzeiten oder alle halbe Stunden Wagen abgehen zu
lassen. Daß dergleichen Unannehmlichkeiten noch weit haͤufiger vorgekommen
seyn wuͤrden, wenn die Ladungen durch Gradienten von 10 Fuß in der engl.
Meile um 34 Proc. erhoͤht worden waͤren, brauche ich nicht zu
erwaͤhnen.
Wie der Berichterstatter, nachdem er auf die Gradienten der
Great-Western-Bahn eingegangen, den durch sie bedingten Gewinn von 17
Proc. auf die Haͤlfte, naͤmlich auf 8 1/2 Proc. reduciren kann,
begreife ich nicht, da ich weder einen Grund hiefuͤr, noch eine dahin
zielende Berechnung finde. Da darauf angespielt wird, daß die nach der einen
Richtung hin supponirte Ersparniß an Kraft nach der anderen wieder verbraucht wird,
so kamen die 8 1/2 vielleicht dadurch heraus, daß aus der nach beiden Richtungen
erforderlichen Kraft das Mittel gezogen wurde. Allein erstlich laͤßt sich
kein solches Mittel ziehen, weil das Maximum der an irgend einem Theile der Bahn
erforderlichen Kraft vorgesehen und geleistet werden muß, selbst wenn man an allen
anderen Bahntheilen gar keiner Kraft beduͤrfte; und 2) wenn aus dem
Kraftaufwande ein Durchschnitt gezogen werden soll, so bedingt die Zunahme der
Gradienten keinen Unterschied in der Durchschnittskraft, da die Kraftabnahme beim
Hinabrollen angeblich der Steigerung der Kraft beim Hinansteigen gleich ist und ihr
also das Gleichgewicht haͤlt. Dem sey wie ihm wolle, so ist soviel gewiß, daß
kein Grund vorhanden ist, warum die 17 Proc. (die, wie ich zeigte, eigentlich 34
Proc. sind) als ein Maaß der Effectivkraft derselben Maschinen unter den beiderlei
Umstaͤnden halbirt werden sollen.
Spaͤter reducirt der Berichterstatter diese 8 1/2 Proc., was deren Werth in
Geld anbelangt, auf 2,8, wobei er die Bemerkung anhaͤngt, daß jede Compagnie,
die einer jaͤhrlichen Ersparniß von 2,8 Proc. wegen die Capitalanlage um mehr
dann ebenso viele Procente steigern wuͤrde, sehr im Irrthume waͤre.
Der große Mißgriff, der hier zu Grunde liegt, entstand aus der gaͤnzlichen
Verwechselung des Capitales mit den jaͤhrlichen Ausgaben, gleichsam als wenn
dieß eine und dieselbe Summe waͤre. Ein wahrer Geschaͤftsmann wird
also verfahren: er wird die Summe, welche bei einem gewissen Interesse, bei welchem
seiner Meinung nach alles Risico gedekt ist, und bei welchem je nach
Umstaͤnden ein Gewinn von 6, 8 oder 10 Proc. bleibt, jaͤhrlich erspart
wird, ohne Ruͤksicht auf das Verhaͤltniß, in welchem die
jaͤhrlichen Ausgaben zur Capitalanlage stehen, capitalisiren, und diese Summe nicht bloß auf
Erhoͤhung des kuͤnftigen Gewinnes, sondern auch auf Sicherung
bleibender Vortheile fuͤr die Betreffenden verwenden.
Die Berechnungen geben, obwohl ich das Irrige an ihnen gezeigt habe, doch ein
Argument zu Gunsten guter Gradienten. Die in Betreff dreier Bahnen angegebenen
Resultate heben aber eben diese Berechnungen wieder auf. Die angefuͤhrten
Versuche sprechen naͤmlich, wenn sie ja etwas beweisen, nicht zu Gunsten der
Gradienten von 4 oder 10 Fuß in der Meile, sondern zu Gunsten der steilen Gradienten
von 30 Fuß! Wie dieß kommt, ist nicht angegeben; und der Berichterstatter bespricht
hiebei weder die vergleichsweise Vollkommenheit der fraglichen Bahnen in anderer
Beziehung, noch jene der Wagen, sondern er gibt seine Versuche ausdruͤklich
als einen praktischen Maaßstab fuͤr den Werth der Gradienten, ohne einen
Commentar dazu zu geben. Jeder Unparteiische muß aber einsehen, daß die angegebenen
Resultate nicht richtig seyn koͤnnen, und daß offenbar ein Irrthum in den
Daten obwalten muß, oder daß noch Umstaͤnde, die von den Gradienten ganz
unabhaͤngig sind, vorhanden gewesen seyn muͤssen, denn sonst
wuͤrde man durch diese Resultate zu dem Schlusse getrieben, daß steile
Gradienten die besten sind. Worin der Fehler gelegen ist, kann ich nicht sagen, da
der Bericht nur die Resultate enthaͤlt; allein einige Daten, die zu
Irrthuͤmern fuͤhren mußten, sind mir doch bekannt. So z.B. wurde bei
dem fuͤr die Great-Western-Eisenbahn angegebenen Verbrauche an
Kohks der beim Beginnen des Bahnbetriebes immer groͤßere Aufwand, so wie auch
die fuͤr die Ballastwagenzuͤge und die Versuchsfahrten noͤthige
Quantitaͤt nicht in Abzug gebracht. Ferner wurde waͤhrend der
vierwoͤchentlichen Zeit, die der Berichterstatter seinen Berechnungen zu
Grunde legte, stets eine Reservemaschine geheizt, die in jedem Augenblike abgehen
konnte.
Die Gradienten bedingen zulezt die Kraft Ihrer Maschinen, deren Geschwindigkeit, die
Groͤße der Wagenzuͤge und mithin auch deren Anzahl. Auch darf nicht
vergessen werden, daß ihre Wirkung eine bleibende ist, die durch Nichts aufgehoben
werden kann, und deren Einfluß keiner Minderung unterliegt; im Gegentheile glaube
ich beweisen zu koͤnnen, daß der Werth der geringen Gradienten hoͤchst
wahrscheinlich bedeutend steigen wird.
Ich nahm den Widerstand eines Wagenzuges zu 8 Pfd. auf die Tonne an; da jedoch der
groͤßte Theil dieses Widerstandes von der Guͤte, der Form und dem
mechanischen Baue der Wagen, sowie von anderen Ursachen abhaͤngt, die sich
durch verschiedene, bereits bekannte Erfindungen mindern lassen, so duͤrfte
er sich noch bedeutend
reduciren lassen. Bei manchen Versuchen, bei denen alle Umstaͤnde
guͤnstig waren, betrug er jezt schon nicht mehr dann 6 Pfd. Stellt man mit
diesem Datum dieselben Berechnungen an, wie oben, so erhaͤlt man 100 und 144
als die Ladungen, welche dieselbe Maschine mit gleicher Geschwindigkeit auf
Gradienten von 4 und 10 Fuß in der Meile fortzuschaffen vermag. Eine solche
Steigerung der Leistungen der Maschinen muß fuͤr den Passagiertransport von
ungeheurer Wichtigkeit seyn; und von noch groͤßerer bei dem Waarentransporte,
bei welchem die Maschine das Maximum ihrer Kraft aufwenden kann. Wenn die Maschine
in einem solchen Falle den achten Theil der Bruttoladung bildet, so wird das
Verhaͤltniß doch noch immer wie 100 zu 135,5 seyn. Diese Vortheile, so groß
sie auch erscheinen, sind dennoch hoͤchst wahrscheinlich, ja ich kann sie als
zuverlaͤssig aufstellen.
An einer anderen Stelle des Berichtes heißt es, daß auf unserer Bahn bei ihren
geringen Gradienten Maschinen ausreichen wuͤrden, die kaum uͤber zwei
Drittheile der Kraft der an der Grand-Junction-Eisenbahn
gebraͤuchlichen Maschinen besizen, und die deßhalb auch bedeutend leichter
sind. Diese zugestandene Reduction der Locomotivkraft um 25 Proc. durch unsere
Gradienten, die an einem anderen Orte so leicht hin behandelt werden, scheint mir
keine so unbedeutende Ersparniß. Der Widerspruch, in welchen der Berichterstatter
hier gerieth, ist die Folge seines Streites gegen das einfache Factum, daß die
Neigung der Bahn den Widerstand erhoͤht, und daß man, um eine
regelmaͤßige Geschwindigkeit zu unterhalten, eine Kraft braucht, die diesem
Widerstande proportional ist.
Alle obigen, auf die Gradienten bezuͤglichen Berechnungen beschraͤnkten
sich auf die beiden Faͤlle, in welchen sie 10 und 4 Fuß per Meile betrugen. Da diese beiden Faͤlle sehr
guͤnstig sind, so koͤnnen aus deren Vergleichung keine so schlagenden
Vortheile hervorgehen, wie sie sich zeigen, wenn man die Gradienten von 4 Fuß mit
den gewoͤhnlichen Gradienten von 16 und 20 Fuß in der engl. Meile vergleicht.
Ich will, um diesem Mangel abzuhelfen, den Nuzeffect angeben, den dieselbe Maschine
bei gleichem Verbrauche an Brennmaterial und gleicher Geschwindigkeit auf ebener
Bahn und mit Gradienten von 4, 10, 16 und 20 Fuß in der engl. Meile gibt, wobei
fuͤr die Reibung etc. der Widerstand zu 8 Pfd. angenommen, und der
Gleichfoͤrmigkeit wegen wie oben 100 als das Maaß des Nuzeffectes auf der
Flaͤche von 10 Fuß genommen wurde:
Vergleichsweise
Effectivkraft.
Beim Hinansteigen.
Beim Hinabrollen.
Horizontale Bahn
170
170
Gradiente von 4 Fuß in der engl.
Meile
134
226
Gradiente von 10 Fuß
100
400
Gradiente von 16 Fuß
77
1305
Gradiente von 20 Fuß
66
Die Last laͤuft einmal inBeweg. gesezt von
selbst.
Der Unterschied zwischen den hier und den in dem Berichte
gegebenen Resultaten beruht nicht bloß auf der Annahme verschiedener Daten,
uͤber welche die Ansichten verschieden seyn koͤnnen, sondern auf
irriger Behandlung bei der Berechnung. Ich fuͤge daher eine aͤhnliche
Berechnung an, bei welcher 10 Pfd. per Tonne als der
Gesammtwiderstand auf ebener Bahn angenommen wurde.
Vergleichsweise
Effectivkraft.
Beim Hinansteigen.
Beim Hinabrollen.
Horizontale Bahn
156
156
Gradiente von 4 Fuß in der engl.
Meile
129
195
Gradiente von 10 Fuß
100
297
Gradiente von 16 Fuß
80
556
Gradiente von 20 Fuß
69
726
Hieraus ergibt sich der große Vorzug einer dem horizontalen
Niveau sich annaͤhernden Bahn; denn es ist nicht bloß die Effectivkraft der
Maschine in jener Richtung der Bahn, die der Ladung Graͤnzen sezt, weit
groͤßer; sondern wegen der groͤßeren Gleichmaͤßigkeit des
Widerstandes vollbringt die Maschine ihre Durchschnittsleistung auch fuͤr
geringere Kosten. Bei einer Neigung von 10 Fuß per Meile
vollbringt die Maschine waͤhrend der Haͤlfte der Zeit kaum den vierten
Theil der Leistung, deren sie faͤhig ist; und bei einer Neigung von 16 Fuß
leistet die Maschine waͤhrend der Haͤlfte der Zeit kaum mehr, als daß
sie sich selbst treibt. Dieß sind unbestreitbare Thatsachen; der Gesammtwiderstand
mag von der Reibung, von dem Widerstande der Luft oder irgend einer anderen Ursache
herkommen, so wird seine Groͤße beilaͤufig die angegebene seyn, und
ebenso wird die durch die Gradienten bedingte Zunahme desselben in dem in obiger
Tabelle ersichtlichen Verhaͤltnisse Statt finden.
Wir haben an unserer Bahn taͤglich und an jedem Wagenzuge so deutliche Beweise
von der Wirkung der Gradienten, daß ich glauben sollte, Jedermann, der Zeuge
derselben war, muͤßte auch davon uͤberzeugt seyn. Wenn die Maschinen
kraͤftig und die Wagenzuͤge leicht sind, so daß sie mit einer
Geschwindigkeit von 30 bis 35 engl. Meilen in der Zeitstunde laufen, sind an ihr die
Wechsel in den Gradienten, obwohl sie nur von dem horizontalen Niveau bis zu 2 und 4
Fuß per Meile wechseln, doch so fuͤhlbar, daß sie
sich auch ohne Uhr durch
die Zunahme und Abnahme der Geschwindigkeit erkennen lassen. Selbst Leute, die
vorher von dem Nivellement der Bahn gar nichts wußten, haben dieß bemerkt.
Man darf nie vergessen, daß der durch die Gradienten bedingte Widerstand ein
bleibender Nachtheil ist, dem, wenn die Bahn einmal vollendet ist, nicht mehr
abgeholfen werden kann, und dessen wahrscheinliche Folgen daher reiflich erwogen
werden muͤssen. Mit der Zeit wird gewiß eine Concurrenz zwischen den
Eisenbahnen eintreten; man wird die Preise ermaͤßigen; die Zahl der
Passagiere wird sich ungeheuer vermehren; der Bruttoertrag und die Kosten werden
verhaͤltnismaͤßig wachsen, und leztere werden mithin in einem weit
groͤßeren Verhaͤltnisse zu dem Anlagscapitale stehen als dermalen.
Unter diesen Umstaͤnden nun wird der Gewinn hauptsaͤchlich von der
Wohlfeilheit des Transportes abhaͤngen, und dann wird auch jede Ersparniß an
den laufenden Ausgaben in hoͤherem Grade fuͤhlbar werden.
Ich gehe nun auf die die Spurweite betreffenden Eroͤrterungen uͤber.
Der Umstand, daß durch die Erhoͤhung der Spurweite die Communication mit den
anderen Bahnen gehindert ist, ist unstreitig ein Nachtheil, und wuͤrde, wenn
die Bahn von London aus gegen Norden fuͤhrte, wo schon viele andere Bahnen
bestehen, eine wahre Prohibitivmaßregel seyn. Allein in der Gegend, durch welche
unsere Bahn fuͤhrt, ist noch gar keine Eisenbahn vorhanden; sie beherrscht
den ganzen District, und hat schon jezt Arme nach Allem ausgestrekt, was ihr
angehoͤren kann. Nicht ein Monopol, welches doch den Beduͤrfnissen des
Publicums nicht lange zu widerstehen vermoͤchte, uͤbt sich hiebei,
sondern die Beachtung, die sie diesen Beduͤrfnissen schenkt, macht jede
Concurrenz unnoͤthig und aussichtslos. Die Stellung unserer Bahn ist eine
solche, daß sie mit den anderen Hauptbahnen in keine Verbindung kommen kann; dagegen
ist fuͤr alle ihre Hauptarme schon Sorge getragen. Von dem Augenblike an, wo
die fruͤher beabsichtigte Verbindung derselben mit der
London-Birmingham-Bahn aufgegeben werden mußte, war keine Verbindung
mit Irgend einer anderen Hauptbahn mehr moͤglich. London ist der Endpunkt
aller dieser Bahnen; hier beginnt und endigt der Verkehr fuͤr dieselben. Es
stand uns daher frei, fuͤr unsere Bahn eigene Dimensionen anzunehmen, und
alle von der Unmoͤglichkeit des Verkehres mit anderen bestehenden Bahnen aus
gegen uns gerichteten Vorwuͤrfe sind nichtig.
Die Gruͤnde fuͤr die Erweiterung der Spurweite und fuͤr die
Spurweite von 7 Fuß namentlich habe ich in meinen fruͤheren Berichten schon
zur Genuͤge erlaͤutert. Der Haupteinwurf, den man in dem Berichte hiegegen findet,
beruht auf den hoͤheren Kosten; die daraus erwachsenden mechanischen
Vortheile werden nur in Zweifel gezogen, aber nicht widerlegt. Ich habe nun
wiederholt gezeigt, daß die Kostenerhoͤhung nur an den Erdarbeiten in
unbedeutendem Grade zu finden ist, und daß der Bau der Bruͤken, Tunnels etc.
nicht nothwendig dadurch influencirt wurde.
Ich brauche daher hier nur zu wiederholen, was ich an einem anderen Orte klar
bewiesen habe: daß die groͤßere Weite der Tunnels, die ich aus mannigfachen
Gruͤnden empfohlen habe, mit der groͤßeren Spurweite nichts zu
schaffen hat. Man koͤnnte auch an unserer Bahn Tunnels von der
gewoͤhnlichen Weite bauen, und die hiedurch bedingte Ersparniß waͤre
dann gewiß nicht zu Gunsten zu geringeren Spurweiten auszulegen.
Der Berichterstatter folgert aus dem Umstande, daß zum Behufe von Reparaturen etc.
zwischen den beiden mittleren Schienen Raum gelassen werden muß, Argumente gegen
mich, ohne jedoch diesen Raum in Zahlen anzugeben. An der
Liverpool-Manchester-Bahn betraͤgt derselbe 4 Fuß 8 Zoll, und
diese Weite wird selbst bei der Anwendung von Steinbloͤken als zu allen
Reparaturen genuͤgend betrachtet. Diese 4 Fuß 8 Zoll, bei denen zwischen den
Steinbloͤken selbst nicht mehr als 2 Fuß 8 Zoll Raum bleibt, sind aber dem
zwischen meinen hoͤlzernen Laͤngenbalken gelassenen 4 Fuß Raum gleich,
da der zwischen den Balken befindliche Raum 2 Fuß 9 Zoll bis 3 Fuß betraͤgt.
Allein gesezt es waͤren 4 Fuß Raum erforderlich, so gibt dieß doch nur von
einem Bahnmittelpunkte zum anderen eine Distanz von 11 Fuß: eine Groͤße,
welche auch an der London-Birmingham-, an der
Grand-Junction- und anderen Bahnen angenommen wurde, um im Allgemeinen
mehr Raum zu gewinnen.
Ebenso wenig verstehe ich, wie durch die groͤßere Spurweite die Kosten der
permanenten Bahn merklich erhoͤht werden koͤnnen. Das Gewicht der
Schienen ist dasselbe. Die Maschinen bleiben ganz dieselben, und werden nur wegen
der groͤßeren Laͤnge der Achsen und des Gestelles um einige Centner
schwerer. Selbst an unseren dermaligen schweren Maschinen ist das groͤßte auf
eines der Raͤderpaare treffende Gewicht nicht groͤßer, als jenes,
welches an den von Bury fuͤr die
London-Birmingham-Bahn gebauten Maschinen auf die Treibraͤder
trifft. Wenn die Schienen nicht staͤrker zu seyn brauchen, so kann die
Distanz zwischen ihnen die Baukosten nur in so fern steigern, als um einige Kubikfuß
Ballast wehr und auf die Meile 8 Ladungen Holz fuͤr die Querschwellen
erforderlich sind. Wenn man diese Mehrkosten zu 150 Pfd. St. auf die engl. Meile
anschlaͤgt, so ist dieß mehr als genuͤgend. Diese Summe mit den 200
Pfd., welche der
Berichterstatter fuͤr den Erdbau annahm, und mit den 50 Pfd. fuͤr 1/4
Acre Land, die er vergaß, machen die erste Anlage der Bahn bei der Spurweite von 7
Fuß um 400 Pfd. St. per Meile kostspieliger. –
Was die groͤßeren Kosten der Maschinen und der Reparaturen anbelangt, so sind
sie in dem Berichte auf eine Weise abgehandelt, bei der es unmoͤglich ist,
mehr darauf einzugehen. Die Erfahrung hat mir gezeigt, daß auch in diesem Punkte die
Anschaffungskosten nicht wesentlich verschieden sind; ja die oben angezogenen HHrn.
Stephenson erklaͤren sie selbst fuͤr
unbedeutend. Die Abnuͤzung wird, wie ich uͤberzeugt bin, sogar
geringer seyn.
Der durch den groͤßeren Durchmesser der Raͤder verminderte Widerstand,
zu dessen Gunsten sich auch die irlaͤndische Eisenbahncommission ausspricht,
wird von dem Berichterstatter ganz summarisch abgehandelt. Es wird gesagt, daß die
Anwellen der Raͤder in demselben Verhaͤltnisse vergroͤßert
werden muͤßten, in welchem der Durchmesser der Raͤder waͤchst,
und daß also in Bezug auf Reibung nichts gewonnen werden wuͤrde, was falsch
ist. Es wird behauptet, daß bei den groͤßeren Raͤdern die Reibung der
Randkraͤnze an den Schienen groͤßer seyn muͤsse, ohne daß
jedoch ein Grund dafuͤr angegeben wird. Dagegen wird nicht gesagt, warum der
Widerstand sich nicht, wie man doch natuͤrlich erwarten sollte, umgekehrt wie
die Quadratwurzel des Durchmessers verhaͤlt, und also bei groͤßerem
Durchmesser abnimmt. Wie oben bei den Gradienten glaubt der Berichterstatter alles
dieß durch einen einzigen Versuch, der fuͤr Raͤder von 3 und 4 Fuß
Durchmesser beinahe gleiches Resultat gab, zu erledigen. Ueber dieses Resultat darf
man sich aber nicht wundern, da der Unterschied in den Durchmessern zu gering war,
als daß man nach der dermaligen unvollkommenen Methode den Widerstand zu ermitteln,
den dadurch bedingten Unterschied haͤtte entdeken koͤnnen. Auch
scheint mir nicht, daß der Versuch unter gleichen Umstaͤnden oder auch nur
auf einer und derselben Bahn angestellt wurde, weßhalb ich ihn um so mehr
fuͤr werthlos halte, als er von dem Berichterstatter selbst nicht fuͤr
entscheidend aufgestellt wird.
Ich gehe nunmehr auf die in Frage gestellte groͤßere Sicherheit des neuen
Systemes uͤber, und bemerke in dieser Beziehung vor Allem, daß es mir nie in
den Sinn kam, den schmalen Bahnen eine Gefahr des Umwerfens, wie es auf Landstraßen
mit den Eilwagen vorkommt, vorzuwerfen. Wenn aber der Berichterstatter sagt, daß,
wenn A sicher ist, kein Vortheil damit verbunden seyn
kann, B noch sicherer zu machen, so begeht er eine
Verwechslung der Worte und Begriffe. Waͤre A
vollkommen sicher, so koͤnnte B nicht noch
sicherer seyn; da aber das Wort sicher immer nur
vergleichsweise gebraucht wird, so heißt obiger Saz soviel als: da A leidlich
gut ist, so waͤre es nuzlos, nach etwas Anderem zu suchen! Obwohl nun, soviel
ich weiß. Niemand glaubt, daß die gewoͤhnlichen Eisenbahnwagen dem Umwerfen
sehr ausgesezt sind, so wird es doch keinem aufmerksamen Beobachter entgangen seyn,
daß bei 4 Fuß 8 Zoll Spurweite die Maschinen und Wagen die Schienen leichter
verlassen, als bei 7 Fuß Spurweite. Der Grund hiefuͤr liegt nicht fern. Die
Erschuͤtterung, welche durch Ungleichheit des Niveau's zwischen den beiden
Schienen, oder durch ein offenes Schienengefuͤge oder durch irgend ein
Hinderniß erzeugt wird, muß bei einer schmaͤleren Basis nothwendig
groͤßer seyn, als bei einer breiteren. Ich sah bei der geringeren Spurweite
aus den angegebenen Ursachen manche Unfaͤlle eintreten, die bei der
groͤßeren Spurweite nicht Statt fanden, obwohl an dieser dieselben Ursachen
in noch groͤßerem Maaßstabe bestanden. Ich glaube, daß bei großen
Geschwindigkeiten in dem Maaße viel von dem durch die Reibung der Randkraͤnze
bedingten Widerstande, von der auf die Wagen wirkenden Gewalt, und von der Neigung
zu Unfaͤllen, welche aus der seitlichen Bewegung der Wagen erwaͤchst,
wegfallen muß, als die Basis an Breite gewinnt. Alle uns von den
Maschinenfabrikanten zugesendeten Maschinisten waren erstaunt uͤber den
Unterschied, den sie an der rollenden Bewegung des Rauchfanges der Maschinen
bemerkten, wenn dieselben auf unserer breiten Bahn oder auf schmaͤleren
Bahnen mit hohen Geschwindigkeiten liefen. Es unterliegt daher keinem Zweifel, daß
durch die groͤßere Spurweite eine hoͤhere Sicherheit erreicht wird,
und erreicht werden muß.
Es scheint mir hienach, daß von allen den Einwendungen, aus denen der
Berichterstatter den Schluß zieht, daß wir unseren Bau umaͤndern und auf die
alte Spurweite reduciren sollen, keine stichhaltig ist. Mit Ausnahme der gegebenen
Rechnung in Soll und Haben ist auch wirklich von allen den Gruͤnden, auf die
er sich stuͤzen zu koͤnnen glaubt, keiner klar dargestellt.
In dem Haben ist an dem ersten und groͤßten Artikel
ohne irgend einen plausiblen Grund hiefuͤr und ohne irgend eine
Beweisfuͤhrung die Ersparniß zu 1000 Pfd. St. per
Meile angegeben, waͤhrend sie doch, wie ich gezeigt habe, nur 150 Pfd. St.
betraͤgt. Die zu 400 Pfd. angesezte Ersparniß an jeder Maschine mit Tender
bestreite ich ebenfalls, und zwar auf die Autoritaͤt der HHrn. Stephenson gestuͤzt, da diese schrieben, daß wenn
die Kraft oder die Dimensionen der Maschine dieselben bleiben, die groͤßere
Spurweite keine bedeutende Mehrausgabe verursacht. Da es sich unter diesen
Umstaͤnden nur um eine Erweiterung des Gestelles und eine
Verlaͤngerung der Achse handelt, so ist es vollkommen hinreichend, wenn auf jede Maschine
fuͤr die durch die groͤßere Spurweite bedingten Kosten 150 Pfd. St.
mehr gerechnet werden. Dabei ist natuͤrlich nicht auf die groͤßere
Verdampfungsoberflaͤche und die groͤßeren Treibraͤder unserer
Maschinen Ruͤksicht genommen, denn diese Veraͤnderungen wurden nicht
der groͤßeren Spurweite wegen, sondern zum Behufe der Ersparniß an
Brennmaterial und zur Bezwekung einer geringeren Abnuzung vorgenommen. An dem
Tunnelbaue ist, wie ich oben zeigte, nichts zu ersparen; dafuͤr lege ich an
der Ersparniß an Land fuͤr jede engl. Meile noch 50 Pfd. St. zu. Hienach
beliefe sich also das Haben nicht auf 156,000 Pfd., wie
im Berichte steht, sondern auf 39,000 Pfd., wie aus folgender Zusammenstellung
hervorgeht:
Ersparniß an 100 engl. Meilen der
permanenten Bahn mit 150 Pfd. auf die
Meile
15,000 Pfd.
Ersparniß an 60 Maschinen und Tenders mit
150 Pfd. per Stuͤk
9,000 –
Ersparniß an 60 engl. Meilen Erdarbeit und
Land mit 250 Pfd. auf die Meile
15,000 –
–––––––––
39,000 Pfd.
In dem Soll finde ich dagegen eine Auslassung von Belang.
Es ist gesagt, daß zur Reduction der Bahn von 7 Fuß auf 4 Fuß 8 1/2 Zoll Spurweite
anderthalb Jahre verwendet werden sollen. Waͤhrend dieser Zeit nun
koͤnnte von der mit geringerer Spurweite fortgefuͤhrten Bahn bis
Twyford kein Nuzen gezogen werden. Außerdem wuͤrde aber auch durch die
Verlegung des ganzen Verkehres auf eine einzige Bahnlinie ein Nachtheil erwachsen;
da es unmoͤglich ist, diesen Verkehr unvermindert auf einer einzigen Bahn
fortzufuͤhren. Das Soll berechnet sich hienach nicht auf 123,976, sondern auf
173,976 Pfd. St. und zwar auf folgende Weise:
Kosten der Abaͤnderung und Verlust
an Capital nach der Berechnung des
Berichtes
123,276 Pfd.
Verlust an dem Ertrage der Bahn bis
Twyford
35,000 –
Verlust an dem Ertrage der Bahn bis
Maidenhead
15,000 –
––––––––––
173,976 Pfd.
Was die beim Legen der Schienen befolgte Methode betrifft, so hat der
Berichterstatter diese in drei Zeilen abgefertigt. Ob er den Zwek des Systemes,
naͤmlich die Erzielung einer ohne Unterbrechung fortlaufenden Unterlage gut
findet oder nicht, daruͤber aͤußert er kein Wort, was um so mehr zu
bedauern ist, als er kuͤrzlich einige Versuche hieruͤber angestellt
haben soll.
Die auf die Locomotivkraft bezuͤgliche Frage ist gleichfalls sehr kurz
abgehandelt, und von den Maschinen der Great-Western-Bahn ist
namentlich gar nichts gesagt. In den allgemeinen Grundsaͤzen, welche der Berichterstatter hier
aufstellt, stimme ich jedoch mit ihm uͤberein.
Der Vergleich, den er zwischen der fuͤr unsere Bahn erforderlichen
Locomotivkraft und jener anstellt, deren man an der
Grand-Junction-Bahn bedarf, ist ein Argument zu Gunsten guter
Gradienten. Im Ganzen sind diese Principien dieselben, von denen ich ausging; die
Schluͤsse, die im Berichte daraus gezogen wurden, sind aber irrig, und zwar
aus dem schon oben geruͤgten Mißgriffe des Berichterstatters, der ganz
vergessen hat, daß ein groͤßerer Ertrag nur durch die groͤßere
Bequemlichkeit oder die bessere Transportmethode, welche dem Publicum dargeboten
wird, zu erlangen ist. Die Erzielung einer groͤßeren Geschwindigkeit bei
gleichem Kostenaufwande ist nach meiner Ansicht ein eben so großer Gewinn wie bei
irgend einer Fabrication die Herstellung eines besseren und gangbareren Artikels
fuͤr denselben Preis.
Ich glaube hiemit gezeigt zu haben, daß die in dem Berichte des Hrn. Hawkshaw aufgestellten Ansichten und die zu deren Beweis
vorgebrachten Argumente unrichtig sind, und nichts beweisen. Wahrscheinlich
duͤrfte sich mir eine andere Gelegenheit ergeben, bei der ich auf einige der
wichtigeren Punkte noch ausfuͤhrlicher eingehen kann.
IV. Auszug aus dem zweiten Berichte des
Hrn. Wood.
Die Great-Western-Eisenbahn unterscheidet sich von den
gewoͤhnlichen Bahnen durch eine groͤßere Spurweite, durch den bei
ihrer Herstellung befolgten Bauplan, und durch die Anwendung groͤßerer
Treibraͤder an den Locomotiven. Man haͤtte auch bei groͤßerer
Spurweite gewoͤhnliche Maschinen anwenden koͤnnen; und ebenso
haͤtte auch die groͤßere Spurweite den von Hrn. Brunel befolgten Bauplan nicht nothwendig gemacht, da Brunel selbst sagt: daß die groͤßere Spurweite zur
Erzielung einer groͤßeren Geschwindigkeit noͤthig war, und daß seiner
Ansicht nach bei groͤßerer Geschwindigkeit eine fortlaufende Holzunterlage
als eine wesentliche Verbesserung zu betrachten ist. Ich werde jedoch, da die beiden
Fragen von einander verschieden sind, sie zuerst einzeln und dann erst in Verbindung
mit einander, so wie es Hr. Brunel that,
eroͤrtern. Der Klarheit wegen werde ich demnach, in sofern ich sie aus den
vorliegenden Documenten abnehmen konnte, zuerst die Zweke angeben, zu denen von dem
bisher an den Eisenbahnen uͤblichen Bau- und Betriebsplane abgegangen
wurde. Ich werde hierauf einige der vorzuͤglichsten Einwuͤrfe gegen
das neue System folgen lassen, und diesen im Detail die Untersuchungen und Versuche
anhaͤngen, welche ich fuͤr noͤthig hielt, um zu ermitteln, in wiefern die
erwarteten Zweke und Vortheile erzielt werden, und welches Gewicht auf die dagegen
erhobenen Einwuͤrfe zu legen ist. Ich werde endlich die bei diesen Versuchen
erlangten Resultate in Erwaͤgung ziehen, und mit diesen Materialien in der
Hand die Great-Western-Eisenbahn mit den besten der nach dem
uͤblichen Systeme gebauten Bahnen vergleichen.
I. Spurweite. An allen oͤffentlichen Eisenbahnen
Englands betraͤgt die Spurweite 4 Fuß 8 1/2 Zoll; an der
Great-Western-Bahn aber 7 Fuß. Der Unterschied belaͤuft sich
demnach auf 2 Fuß 3 1/2 Zoll. Nach den vorgelegten Documenten und den Berichten des
Hrn. Brunel soll die groͤßere Spurweite folgende
Hauptvortheile gewaͤhren.
1) Erlangung einer großen Geschwindigkeit. In dieser
Beziehung sagt Hr. Brunel: „Da die Bahn von
London aus nahe an 50 engl. Meilen weit auf einem beinahe horizontalen Niveau
und ohne Curven von Bedeutung gefuͤhrt werden konnte; da selbst auf der
ganzen Bahnstreke bis Bristol nur treffliche Gradienten vorkamen, so mußte man
die Erzielung einer ungewoͤhnlichen Geschwindigkeit fuͤr ein
Leichtes halten. Ebenso mußte der zu erwartende große Personenverkehr einen
Ersaz fuͤr alle die Vortheile, die man dem Publicum an Geschwindigkeit
oder an sonstigen Bequemlichkeiten bieten konnte, versprechen; denn ohne mit
jenen, die eine groͤßere Geschwindigkeit fuͤr unnoͤthig
halten, hadern zu wollen, glaube ich, daß das Publicum stets dem vollkommensten
Transportmittel den Vorzug geben wird, und daß Geschwindigkeit innerhalb
vernuͤnftiger Glaͤnzen zu dieser Vollkommenheit noͤthig
ist.“ Hr. Brunel sagt ferner,
„daß ohne eine Ausdehnung der Spurweite die Vortheile, welche die
guten Gradienten der Great-Western-Bahn gewaͤhren, nicht
haͤtten zu Nuzen gebracht werden koͤnnen; daß wenn sich auch an
der einen Bahn Wagen und Maschinen von einem bestimmten Gewichte nicht
vortheilhaft zeigten, an einer Bahn mit besseren Gradienten doch noch
groͤßere Gewichte vortheilhaft seyn koͤnnen; und daß eine
Spurweite, die fuͤr die eine Bahn unzwekmaͤßig waͤre, der
anderen sehr gut angemessen seyn kann.“
2) Mechanischer Gewinn, bedingt durch eine Vergroͤßerung
des Durchmessers der Raͤder. Hierunter gehoͤrt der wichtigste
der Vortheile, die aus der groͤßeren Spurweite erwachsen sollen:
naͤmlich eine durch den groͤßeren Raddurchmesser bedingte Verminderung
der Reibung, und eine groͤßere Stabilitaͤt der Wagen, sowie auch eine
groͤßere Staͤtigkeit in deren Bewegung, indem die Kasten der Wagen
hiebei innerhalb der Raͤder untergebracht werden koͤnnen, so daß der
Schwerpunkt tiefer faͤllt. Man hat bisher an den auf die Bahn gebrachten
Wagen Raͤder von 4 Fuß angewendet; Hr. Brunel hofft aber bald
Raͤder von groͤßerem Durchmesser anwenden zu koͤnnen. Er sagt:
„daß, obschon die erwarteten Resultate in der Praxis durch einige
Ursachen influencirt werden, doch der durch die Reibung bedingte Widerstand
genau in demselben Verhaͤltnisse abnimmt, in welchem der Durchmesser der
Raͤder zunimmt.“ Er bemerkt ferner: „daß, wenn man
erwaͤgt, daß bei einer Gradiente von 4 Fuß in der engl. Meile der
Widerstand weniger dann 2 Pfd. auf die Tonne betraͤgt, waͤhrend
die Reibung der Wagen auf den gewoͤhnlichen Bahnen zu 8–9 Pfd. auf
die Tonne oder zu 8/10 des Gesammtwiderstandes angenommen werden muß, jede
Verminderung der Reibung auf einer Bahn mit guͤnstiger Gradiente weit
wirksamer seyn muß, als auf einer Bahn mit unguͤnstiger
Gradiente.“ Er fuͤgt endlich bei: „Ich bin zur Zeit
nicht im Stande irgend eine bestimmte Groͤße der Raͤder oder
irgend eine bestimmte Steigerung der dermalen gebraͤuchlichen Dimensionen
zu empfehlen; allein ich glaube, daß eine wesentliche Steigerung bevorsteht.
Mein großer Zwek ist, jeden Theil den Verbesserungen zugaͤngig zu machen
und Alles zu beseitigen, was einer Vergroͤßerung des Raddurchmessers im
Wege stehen koͤnnte, indem von diesem der Widerstand, der die
Transportkosten bedingt, und die zu erreichende Geschwindigkeit
hauptsaͤchlich abhaͤngt.“
3) Alle Arten von Wagen, Miethkutschen etc. lassen sich
innerhalb der Raͤder unterbringen. – Wenn Raͤder von
groͤßerem Durchmesser in dem von Hrn. Brunel
gehofften Grade vortheilhaft sind, so muͤssen die Wagen, um sie so tief als
moͤglich zu halten, auf Platformen innerhalb der Raͤder angebracht
werden. Da dieß an Bahnen von der gewoͤhnlichen Weite nicht thunlich war, so
war folglich eine groͤßere Spurweite zu diesem Zweke erforderlich.
4) Leichtere Anwendung groͤßerer und kraͤftigerer
Locomotiven zur Erreichung einer groͤßeren Geschwindigkeit. –
Hr. Brunel legte hierauf kein besonderes Gewicht, obwohl
angegeben ward, daß das bisherige Einzwaͤngen der Maschine auf einen so
kleinen Raum große Schwierigkeiten und auch groͤßere Kosten mit sich brachte;
daß bei groͤßerer Spurweite der Mechaniker vollkommnere Maschinen zu liefern
im Stande seyn wuͤrde; und daß bei groͤßerem Raume die Reparaturen
viel leichter und wohlfeiler waͤren.
5) Groͤßere Stabilitaͤt der Wagen und mithin
groͤßere Staͤtigkeit in ihrer Bewegung. Es wird nicht gesagt,
daß die geringe Spurweite wegen der hoͤheren Lage des Schwerpunktes
gefaͤhrlich sey; wohl aber, daß hoͤhere Wagen auf den schmalen
Eisenbahnen mehr Schwingungen ausgesezt sind, und daß diese Schwingungen, indem durch sie die
Randkraͤnze der Raͤder gegen die Schienen geworfen werden, eine
bedeutende Reibung erzeugen.
Ich habe diese Vortheile, welche die groͤßere Spurweite bieten soll, aus den
von Brunel den Directoren erstatteten Berichten
entnommen, und halte es nicht fuͤr nothwendig, die von ihm dafuͤr
angefuͤhrten Gruͤnde hier gleichfalls ausfuͤhrlich zu
beruͤhren. Ich gehe vielmehr gleich zur Aufzaͤhlung der
Einwuͤrfe uͤber, die bisher gegen die Abweichung von dem bisher
gebraͤuchlichen Eisenbahnsysteme vorgebracht wurden. Diese sind
naͤmlich: die groͤßeren Kosten, die wegen der groͤßeren
Bahnweite sowohl in Bezug auf die Erwerbung des Grundes und Bodens, als in Bezug auf
den Erdbau erwachsen; der groͤßere Umfang und die groͤßere Schwere,
welche die Wagen bekommen; die groͤßere Reibung, die sich an Curven bei der
groͤßeren Spurweite ergibt; die groͤßeren Kosten der Maschinen und
Wagen und das leichtere Brechen der Achsen; die Unmoͤglichkeit der Verbindung
der neuen Bahn mit Bahnen, die nach dem alten Systeme gebaut sind oder gebaut werden
sollen; und endlich auch der Umstand, daß durch die getroffene Abweichung keine
Vortheile zu erlangen sind, die den groͤßeren Kostenaufwand und die
Nachtheile der Unmoͤglichkeit des Verbandes mit anderen Bahnen ausgleichen
wuͤrden.
Bevor ich mich in eine Eroͤrterung der hier aufgezaͤhlten Vortheile der
groͤßeren Spurweite und der gegen sie erhobenen Einwuͤrfe einlasse,
will ich in Bezug auf den von Hrn. Brunel empfohlenen und
auch wirklich befolgten Bauplan eine aͤhnliche Zusammenstellung der Vortheile
und Nachtheile desselben vorlegen.
II. Bau der Bahn. Das System des Hrn. Brunel beruht auf einer ununterbrochenen, auf
Pfaͤhlen stritten Holzunterlage, auf welche die Schienen gelegt sind. Es
laͤßt sich in Kuͤrze mit folgenden Worten beschreiben. Der ganzen
Bahnlaͤnge nach sind hoͤlzerne Balken von 5 bis 7 Zoll Hoͤhe,
12 bis 14 Zoll Breite und beilaͤufig 30 Fuß Laͤnge gelegt, und in
Zwischenraͤumen von 15 Fuß durch Querschwellen miteinander verbunden. Diese
Querschwellen, welche da, wo zwei Laͤngenbalken aneinander gestoßen sind,
doppelt und von 6 Zoll Breite auf 9 Zoll Hoͤhe, inzwischen hingegen einfach
sind, sind an alle vier Balkenlinien gebolzt. Zwischen den beiden Balken einer
Bahnlinie sind Pfaͤhle von Buchenholz fest in den Boden eingerammt und auf
die Koͤpfe dieser Pfaͤhle sind die Querschwellen gebolzt. Die
Befolgung dieses Bauplanes motivirte Hr. Brunel
hauptsaͤchlich durch folgende Gruͤnde. „Ich empfehle
fuͤr die Great-Western-Eisenbahn die fortlaufende
Holzunterlage, theils weil mehrere 100 Meilen, die in Amerika nach diesem
Systeme gebaut wurden, bewiesen, daß wesentliche Vortheile mit diesem Systeme
verknuͤpft sind, theils weil sich, seit wir selbst dieses System einschlugen, die Beweise
dafuͤr vervielfaͤltigten. Es gibt in vollem Betriebe stehende
Bahnen, welche allen, die sich uͤberzeugen lassen wollen, den vollen
Beweis liefern, daß sich mit fortlaufenden Holzunterlagen Bahnen herstellen
lassen, auf denen die Bewegung viel sanfter, das Getoͤs geringer, und
mithin auch die Abnuzung der Maschinen weit geringer ist. Unstreitig ist dieses
System zur Erlangung großer Geschwindigkeiten das beste, so daß ich es auch aus
diesem Grunde empfehle. Das System laͤßt sich uͤbrigens auf
verschiedene Art ausfuͤhren; die von mir als Verbesserung eingeschlagene
Ausfuͤhrungsweise kann aber ihre Maͤngel haben. Fuͤr das
System stehe ich; dagegen bedauere ich fuͤr die Art und Weise, auf welche
ich es in Ausfuͤhrung brachte, nicht mit derselben Sicherheit einstehen
zu koͤnnen. Ich berufe mich, was die Annahme der Pfaͤhle betrifft,
auf einen fruͤheren Bericht, und bemerke nur, daß jener Theil der Bahn,
der unter meinen Augen nach diesem Plane gebaut wurde, allen meinen Erwartungen
vollkommen entsprach.“ Die gegen das Brunel'sche System erhobenen Einwuͤrfe sind: die groͤßeren
Kosten des Baues, die groͤßeren Kosten der Unterhaltung, die Nichterreichung
der von Brunel beabsichtigten Zweke, eine groͤßere
Bewegung der Wagen als auf den besten der nach dem gewoͤhnlichen Systeme
gebauten Bahnen, und eine bedeutende Erhoͤhung des Widerstandes der
Wagen.
Bei der großen Anzahl und Wichtigkeit der fuͤr die groͤßere Spurweite
und die fortlaufenden Unterlagen mit Pfaͤhlen geltend gemachten
Vorzuͤge, und bei den vielen dagegen vorgebrachten Einwuͤrfen schien
es mir, wie ich schon fruͤher sagte, daß, wenn man die Loͤsung der
Fragen nicht von der Zeit erwarten wollte, nur durch eine Erforschung der einzelnen
Punkte mittelst der genauesten und eigens zu diesem Behufe angestellten Versuche, zu
einem einigermaßen begruͤndeten Resultate zu gelangen sey. Die wichtigsten
der fraglichen, und durch Versuche zu ermittelnden Punkte lassen sich meiner Ansicht
nach unter folgenden Abschnitten zusammenfassen:
1) Die Erreichung einer groͤßeren Geschwindigkeit als auf anderen Bahnen; ob
eine groͤßere Spurweite zu diesem Zweke noͤthig ist oder nicht; ob sie
das beste Mittel hiezu ist, und bis auf welchen Grad derselbe hiedurch erreicht
wird.
2) Der mechanische Nuzen oder die Verminderung der Reibung, die daraus
erwaͤchst, daß man den Durchmesser der Raͤder erhoͤhen kann,
ohne daß man die Kasten der Wagen hoͤher zu stellen braucht; und in wie weit
die Reibung oder der Widerstand der Wagen von dem eigenthuͤmlichen Baue der
Bahn abhaͤngt.
3) Der vergleichsweise Nuzen oder die Festigkeit der Basis der Great-Western-Eisenbahn bei Anwendung von fortlaufenden
Holzunterlagen mit oder ohne Pfaͤhle; und ob hiedurch eine staͤtigere
und sanftere Bewegung der Wagen erzielt wird oder nicht, und in welchem Grade.
Diese Fragen, auf denen das ganze System beruht, schienen mir nur durch Versuche,
keineswegs aber auf irgend einem anderen Wege eine Loͤsung zuzulassen. War
das neue System zur Erzielung einer groͤßeren, als auf den
gewoͤhnlichen Eisenbahnen uͤblichen Geschwindigkeit nicht
noͤthig oder brachte es keine solche mit sich; wird die Reibung dadurch nicht
vermindert, und bekommen die Wagen keine staͤtigere Bewegung, so
faͤllt der groͤßte Theil der Gruͤnde, aus denen man verleitet
wurde von dem alten Systeme abzugehen, zusammen. Wurden hingegen einige oder mehrere
dieser Punkte wirklich erreicht, so blieb noch zu untersuchen, ob die daraus
entspringenden Vortheile die dem neuen Systeme anhaͤngenden Nachtheile
uͤberwiegen oder auch nur aufwiegen.
I. Die Erlangung einer groͤßeren Geschwindigkeit.
Als das beste Verfahren, um hieruͤber zu einem schlagenden Resultate zu
kommen, erschien mir, alle die verschiedenen Arten von Maschinen auf der Bahn zu
probiren, um zu erfahren, mit welcher Geschwindigkeit sie laufen, welche Lasten sie
bei verschiedenen Geschwindigkeiten zu ziehen im Stande sind, und welche Kraft
vergleichsweise bei diesen verschiedenen Leistungen erfordert wird, eine
aͤhnliche Reihe von Versuchen auf anderen Bahnen vorzunehmen, und dann die
auf den verschiedenen Bahnen in Bezug auf Geschwindigkeit und Leistung der Maschinen
erlangten Resultate miteinander zu vergleichen.
Die Versuche, welche ich zur Ermittelung der Leistungen der einzelnen Maschinen an
der Great-Western-Eisenbahn anstellte, wurden auf folgende Weise
geleitet. Ich wog eine bestimmte Anzahl von Personenwagen erster und zweiter Classe
und belastete sie mit einem ihrer vollen Ladung an Personen und Gepaͤk
gleichkommenden Gewicht. Ich wog ebenso eine bestimmte Anzahl von Karren, und
belastete sie gleichfalls mit einem ihrer gewoͤhnlichen Ladung
gleichkommenden Gewichte. Ich wog ferner die zum Versuche bestimmte Maschine und
ihren Munitionswagen oder Tender. Ich beobachtete genau die Menge Kohks, welche sich
beim Beginnen des Versuches auf dem Roste befanden, sowie die in dem Tender
befindliche Wassermenge. Ich hing die Maschine dann an die zum Versuche bestimmten
Wagen, sezte sie in Bewegung, und ließ den Zug ohne Aufenthalt bis zu dem Ende der
Station laufen. Die vorlaͤufig in Saͤke abgewogene und waͤhrend
des Versuches auf den Rost gebrachte Menge Kohks wurde genau aufgezeichnet, und am Ende der
Fahrt wurde der Rost so genau als moͤglich bis auf dieselbe Hoͤhe
aufgefuͤllt, auf der sich die Kohks beim Abgange des Wagenzuges befanden, um
so den Verbrauch an selben genau bestimmen zu koͤnnen. Den Verbrauch an
Wasser waͤhrend der Fahrt, bei der das Wasser im Kessel stets auf gleicher
Hoͤhe erhalten wurde, fand ich am Ende der Fahrt durch Abaichung der im
Tender verbliebenen Wassermenge.
Von Paddington an ließ ich die Maschine den Wagenzug bis zu dem ersten
Halbmeilensteine ziehen, wo ich sie zum Stehen brachte. Hier ließ ich den Dampf in
die Cylinder treten, wobei ich die Zeit bemerkte. In der ersten Meile notirte ich
die Zeit alle 110 Yards, um zu sehen, in welcher Zeit die Maschine ihre
Durchschnittsgeschwindigkeit erreicht. Von der ersten Meile an, sah ich nur nach
jeder Viertelmeile auf die Uhr. Wenn der Zug an dem 21sten Meilensteine anlangte,
sperrte ich den Dampf ab, und ließ den Wagenzug von selbst in Stillstand kommen. Da
die Zeit nach jeder Viertelmeile notirt wurde, so ergab sich nicht nur die
Geschwindigkeit waͤhrend jenes Theiles der Fahrt, bei dem sie am
groͤßten war, sondern auch die Zeit, die der Zug brauchte, um diese
Geschwindigkeit zu erlangen und um auch wieder zur Ruhe zu kommen. Dasselbe
Verfahren ward auch auf dem Ruͤkwege von Maidenhead nach Paddington
eingeschlagen.
In der hier folgenden Tabelle I findet man die Resultate dieser Versuche, denen ich
verschiedene Maschinen auf der Great-Western-Eisenbahn unterwarf.
Tab. I. Leistungen der verschiedenen
Maschinen auf der Great-Western-Eisenbahn.
Textabbildung Bd. 72, S. 261
Namen der Maschinen; Last; Wagen
etc.; Maschinen u. Tender; Bruttolast; Tonnen; Geschwindigkeit; Mittlere
Geschwindigkeit; engl. Meil. in der Zeitstunde; Dampfdruk per Quadratzoll;
Verbrauch an Kohks; Waͤhrend der ganzen Fahrt; Auf die Tonne; Auf die
engl. Meile; Pfunde; von der Fracht; von der Bruttolast; Verbrauch an Wasser;
Kubikfuß in der Zeitstunde; Pfund Steinkohlen auf den Kubikfuß; Gallons;
North-Star; Aeolus
Textabbildung Bd. 72, S. 262
Namen der Maschinen; Last; Wagen
etc.; Maschinen u. Tender; Bruttolast; Tonnen; Geschwindigkeit; Mittlere
Geschwindigkeit; engl. Meil. in der Zeitstunde; Dampfdruk per Quadratzoll;
Verbrauch an Kohks; Waͤhrend der ganzen Fahrt; Auf die Tonne; Auf die
engl. Meile; Pfunde; von der Fracht; von der Bruttolast; Verbrauch an Wasser;
Kubikfuß in der Zeitstunde; Pfund Steinkohlen auf den Kubikfuß; Gallons; Venus;
Neptun; Apollo; Premier; Lion
Reiht man diese Versuche nach den verschiedenen Lasten, mit denen die Kraͤfte
der Maschinen probirt wurden, so erhaͤlt man die Leistungen der verschiedenen
Maschinen im Vergleiche mit den Leistungen derselben bei specifischen Lasten, und
den Verbrauch an Brennmaterial oder die Kraft, welche erforderlich ist, um diese
Lasten mit bestimmten Geschwindigkeiten zu ziehen.
Tab. II. Relative Kraͤfte der
verschiedenen Maschinen an der
Great-Western-Eisenbahn.
Textabbildung Bd. 72, S. 263
Gewicht der Wagen und Passagiere n
Tonnen; North-Star, Cylinder von 16 Zoll, Raͤder von 7 Fuß;
Aeolus, Cylinder von 14 Zoll, Raͤder von 8 Fuß; Venus, Neptun und Apollo,
Cylinder von 12 Zoll, Raͤder von 8 Fuß; Premier und Lion, Cylinder von 14
Zoll, Raͤder von 6 und 7 Fuß; Maximal-Geschwindigkeit in engl.
Meilen auf die Zeitstunde; Verbrauch an Kohks per Tonne in der engl. Meile
Betrachtet man die in diesen Tabellen aufgefuͤhrten Resultate mit
Aufmerksamkeit, so findet man, daß die aͤußerste von den Maschinen erlangte
mittlere Maximalgeschwindigkeit 41,15 engl. Meilen in der Zeitstunde
betraͤgt, bei der der North-Star jedoch nur 15 Ton. zog. Zu bemerken
ist, daß die in den Tabellen angegebene Geschwindigkeit das Mittel aus jenen
Geschwindigkeiten ist, welche die Maschinen von dem Zeitpunkte an, wo sie das
Maximum erreichten, bis zur Absperrung des Dampfes hatten, und gewoͤhnlich
eine Streke von 19 engl. Meilen umfaßte. Bei einigen Versuchen wurde eine kurze Zeit
uͤber eine groͤßere Maximalgeschwindigkeit, z.B. von 45 engl. Meilen
in der Zeitstunde erreicht. Der Ausdruk mittlere Maximalgeschwindigkeit bezeichnet
demnach die mittlere Geschwindigkeit von einem Ende der Station zum anderen, und
zwar von dem Augenblike an, wo die Maschine ihre volle Geschwindigkeit erlangt
hatte, bis zu dem Augenblike, wo sie wieder angehalten wurde.
Auch der Apollo legte 40 1/2 engl. Meilen in der Zeitstunde zuruͤk, aber nur
mit einer Last von 9 Tonnen. Bei Steigerung der Last ergab sich sowohl an ihm als an
dem North-Star eine entsprechende Verminderung der Geschwindigkeit. Als
Resultat obiger Versuche ergab sich, daß, wenn man mit Maschinen von der Kraft des
North-Star zwischen den Enden einer Station von 20 engl. Meilen (die Zeit,
welche zum Aufbringen des Dampfes und zum Anhalten am Ende erforderlich ist, nicht
mitgerechnet), eine mittlere Geschwindigkeit von beilaͤufig 40 engl. Meilen
in der Zeitstunde erlangen will, die Last nicht mehr als 15 bis 20 Ton. betragen
darf. Groͤßere Stationen als von 20 engl. Meilen sind nicht wohl thunlich,
ausgenommen, man haͤtte sehr große und sehr schwere Tenders; denn der
North-Star verbrauchte schon auf dieser Streke gegen 3 Tonnen Wasser.
Der North-Star vollbrachte die angegebene Leistung mit einem 6- und
einem 4raͤderigen Personenwagen, welche zusammen 56 Passagiere faßten. Der
Versuch mit dem Apollo ward mit einem 6raͤderigen Wagen fuͤr 32
Passagiere vorgenommen. In beiden Faͤllen ward das gewoͤhnliche
Gepaͤk zugegeben. Ich brauche kaum zu bemerken, daß eine solche Ladung nicht
wohl als eine vortheilhafte, oder als eine Ladung betrachtet werden kann, die
fuͤr Wagen erster Gasse als eine permanente angenommen werden soll und kann.
Ich verweise vielmehr bloß deßwegen auf diese Versuche, um zu zeigen, fuͤr
welchen Aufwand an Kraft und an Kohks diese Geschwindigkeit erlangt wurde; und um
anzudeuten, daß, wenn dieselbe nur mit einem solchen Opfer erreicht werden konnte,
die Geschwindigkeit vermindert werden muß.
Der Aeolus erreichte mit 24 Ton. eine Geschwindigkeit von 37 engl. Meilen in der
Zeitstunde; und die Maschinen mit 12zoͤlligen Cylindern liefen mit 18 Ton.
eben so geschwind: allein auch diese Lasten stehen unter jenen, die fuͤr
einen regelmaͤßigen Eisenbahnverkehr erfordert werden.
Die naͤchste Last, mit der Versuche angestellt wurden, betraͤgt 32
Ton., bei welcher mit zwei 6- und zwei 4raͤderigen Wagen erster Classe
fuͤr 112 Personen und ihr Gepaͤk Raum gegeben ist. Mit dieser Last nun
legte der North-Star beinahe 37, und die uͤbrigen Maschinen 34 engl.
Meilen in der Zeitstunde zuruͤk. Auch diese Last ist aber noch fuͤr
den permanenten Betrieb einer Bahn zu gering, da sie keine Privatwagen, auf die bei
den schnellen Wagenzuͤgen erster Classe stets gerechnet werden muß,
gestattet.
Mit einer Last von 50 Ton. erreichte der North-Star eine Geschwindigkeit von
beinahe 35, der Aeolus eine von 32 und die uͤbrigen Maschinen eine von nicht
mehr als 26 1/2 engl. Meilen in der Zeitstunde. Steigerte sich die Last bis auf 80
Ton., so sank die Geschwindigkeit des North-Star auf 33, jene des Aeolus auf
24 1/2 engl. Meilen, waͤhrend die Maschinen mit 12zoͤlligen Cylindern
und Treibraͤdern von 6 und 7 Fuß 22 1/2 engl. Meilen in der Zeitstunde
zuruͤklegten.
Es scheint hienach, daß man auf der Great-Western-Eisenbahn selbst mit
den besten der dermaligen Maschinen und mit Lasten, wie sie sich fuͤr einen
Wagenzug erster Classe erwarten lassen, auf keine hoͤhere Geschwindigkeit als
eine von 35 engl. Meilen rechnen kann; und daß man nur in außerordentlichen
Faͤllen und mit verminderter Last 40 engl. Meilen in der Zeitstunde
zuruͤkzulegen vermag. Das Gewicht von zwei Wagen erster Classe, wovon einer 6
und einer 4 Raͤder hat, und das Gewicht zweier Wagen zweiter Classe, von
denen gleichfalls einer 6 und einer 4 Raͤder hat, betraͤgt mit
Einschluß der Fracht an Passagieren und ihrem Gepaͤke ungefaͤhr 31
Tonnen, worunter jedoch die zur Aufnahme der Privatfuhrwerke bestimmten Karren und
die Pferdekasten nicht begriffen sind. Auf der
London-Birmingham-Eisenbahn betraͤgt das Gewicht der
Wagenzuͤge mit Einschluß der Passagiere und ihres Gepaͤkes, der
Wagenkarren und der Pferdekasten im Durchschnitte 65 Ton., worunter die Zuͤge
erster Classe zu 50 Ton. und die gemischten Zuͤge zu 70 Ton.
mitgezaͤhlt sind. Dieß als Maaßstab angenommen, scheint es nicht, daß man an
der Great-Western-Eisenbahn fuͤr Wagenzuͤge erster
Classe auf ein Gewicht von weniger als 50 Ton. rechnen darf. Mit diesem Gewichte nun
erreichten Maschinen von der Kraft des North-Star zwischen den Stationen,
d.h. von dem Augenblike an, wo sie ihre volle Geschwindigkeit erreicht hatten, bis zum Stillstande, eine
mittlere Geschwindigkeit von 35 engl. Meilen in der Zeitstunde; und mit einer Last
von 80 Ton., welche die Schwere eines Wagenzuges zweiter Classe nicht um Vieles
uͤbersteigen duͤrfte, konnte unter gleichen Umstaͤnden, so
lange die Maschine in vollem Laufe war, eine Geschwindigkeit von 33 engl. Meilen
unterhalten werden.
Nimmt man nun 35 engl. Meilen in der Zeitstunde als die mittlere
Maximalgeschwindigkeit zwischen zwei Stationen an, so fraͤgt sich, welche
Durchschnittsgeschwindigkeit im Allgemeinen zwischen bei den Bahnenden erzielt
werden kann: eine Berechnung, bei der die Zeit, welche bis zur vollen Entwikelung
des Dampfes und beim Anhalten des Wagenzuges verloren geht, der Aufenthalt an den
Stationen, und alle durch Wind und Wetter und andere Zufaͤlle veranlaßten
Hindernisse in Anschlag zu bringen sind. Ich muß jedoch hiebei bemerken, daß, obwohl
bei den Versuchen, deren Resultate ich angab, in mehrfacher Hinsicht
guͤnstigere Umstaͤnde obwalteten, als bei dem taͤglichen
Bahnbetriebe zu erwarten sind, doch andererseits in Anschlag zu bringen ist, daß die
Bahn in einer Streke von 3 bis 4 engl. Meilen unter Reparatur stand, und daher
Resultate geben mußte, die etwas unter jene fallen, welche bei vollkommen gutem
Zustande der Bahn im Durchschnitte zu erzielen seyn duͤrften. Wie groß der
hieraus erwachsende Einfluß auf das Generalresultat war, werde ich an einem anderen
Orte zeigen.
Bei einem Blike auf obige Tabellen wird Jedermann erstaunen uͤber die
ungeheure Kraftzunahme, welche noͤthig wird, um eine Last mit einer
Geschwindigkeit von 40 anstatt mit 20 engl. Meilen in der Zeitstunde fortzuschaffen.
So zog der North-Star mit einer mittleren Geschwindigkeit von 23,3 engl.
Meilen 166 Ton.; mit einer mittleren Geschwindigkeit von 41,15 engl. Meilen aber nur
mehr 15 Tonnen. Der Aeolus zog bei einer Geschwindigkeit von 23 engl. Meilen 104
Ton.; bei einer Geschwindigkeit von 37,28 engl. Meilen nur mehr 24 Tonnen. Dasselbe
Resultat ergab sich auch mit den kleineren Maschinen, denn diese zogen bei einer
Geschwindigkeit von 26 1/2 engl. Meilen 50, bei einer Geschwindigkeit von 40 1/2
engl. Meilen aber nur mehr 9 Tonnen. Waͤre dieses Resultat aus einer
theoretischen Deduction gezogen, so koͤnnte man es vielleicht in Zweifel
ziehen: so aber ist es einer Reihe von Versuchen entnommen, welche mit großer
Genauigkeit und unter vollkommen gleichen Umstaͤnden angestellt wurden; und
obwohl es wuͤnschenswerth waͤre, daß die Zahl dieser Versuche
groͤßer waͤre, so geben sie doch unstreitig Daten, welche alle
fuͤr die Praxis erforderliche Genauigkeit besizen.
Ich weiß recht gut, daß dieses Gesammtresultat aus der Wirkung der Maschinen, aus
jener der Bahn und aus dem Widerstande der Wagen zusammengesezt ist; und daß alle
diese Wirkungen Modificationen unterliegen, und zwar sowohl bezuͤglich des
Grades, in welchem jede derselben auf das Gesammtresultat einen Einfluß uͤbt,
als auch bezuͤglich der Vervollkommnung, deren sie faͤhig sind. Ich
werde spaͤter zeigen, in welchem Grade jede dieser Wirkungen bei der
Hervorbringung des Gesammtresultates betheiligt ist, und man wird auch sehen, daß
dieses Resultat in allen seinen einzelnen Theilen durch Versuche vollkommen und
genuͤgend ermittelt wurde. Immerhin wird es aber in der Praxis das
Gesammtresultat seyn, auf welches man zu sehen hat, und durch welches man bei seinen
Nachforschungen uͤber das ganze System geleitet werden muß. Von
hoͤchster Wichtigkeit ist es, den Ursachen nachzuforschen, um zu ermitteln,
wie und in wie weit das Gesammtresultat einer Verbesserung faͤhig ist;
dagegen werden in der Praxis Schluͤsse, welche aus Versuchen gezogen sind,
die in gehoͤriger Art und Ausdehnung vorgenommen wurden, Anhaltspunkte von
bedeutendem Gewichte abgeben.
Man hat oft gesagt, daß man beim Aufstellen irgend eines Maßstabes fuͤr die
Kraft der Maschinen und namentlich fuͤr die Kraft der Locomotiven nicht
vergessen darf, daß derselbe ein wandelbarer, von ihren praͤsumirten
gesteigerten Kraͤften abhaͤngiger seyn muͤsse; und daß, wenn
man erwaͤgt, welche raschen Fortschritte die Maschinen machten, man auf
weitere Verbesserungen derselben bedacht seyn, und sich daher bei seinen
Berechnungen mehr auf das fußen muͤsse, was in Zukunft wahrscheinlich die
Kraft dieser Maschinen seyn duͤrfte, als auf ihre dermalige Kraft. Wenn sich
dieß auch nicht bestreiten laͤßt, so darf man aber andererseits in
Faͤllen, wo es sich um einen ungeheuren Capitalaufwand handelt, in Aussicht
stehenden theoretischen Verbesserungen sich doch nur dann uͤberlassen, wenn
starke und sichere Gruͤnde fuͤr deren Realisirung bestehen. Der große,
den Fabrikanten der Locomotiven gegebene Impuls hat es dahin gebracht, daß wir mit
Maschinen von maͤßiger Schwere eine hinlaͤnglich rasche Entwikelung
von Dampf erzielen. Das System der kleinen Roͤhren leistete schon mehr, als
man anfaͤnglich davon zu erwarten berechtigt war; und wir erzeugen dermalen
nicht nur in kuͤrzester Zeit eine große Menge Dampfes, sondern wir erzeugen
sie sogar, was wohl zu beachten ist, ohne einen Verlust an Brennmaterial. Aus einem
Blike auf die Tabellen wird man sehen, daß die Menge Kohks, welche im Durchschnitte
erforderlich ist, um einen Kubikfuß Wasser in Dampf zu verwandeln, an den
Locomotiven nicht groͤßer ist als an den besten stehenden Dampfmaschinen, und
geringer als die Watt'sche Annahme, nach welcher 8 Pfd. Steinkohlen
auf den Kubikfuß Wasser kommen. Wenn man bedenkt, mit welch geringem Erfolge man so
lange Zeit uͤber so vielen Scharfsinn darauf verwendete, in dieser Hinsicht
an den stehenden Dampfmaschinen, an denen die Umstaͤnde doch um so Vieles
guͤnstiger sind als an den Locomotiven, Verbesserungen anzubringen, so wird
es sehr zweifelhaft, wie weit man in Speculationen gehen darf, die sich auf eine
praͤsumirte Steigerung der Verdampfungskraft dieser Maschinen fußen. Gibt man
sich aber auch den sanguinischsten Hoffnungen hin, und nimmt man z.B. an, daß man
mit dem North-Star eben so wohlfeil und eben so rasch Dampf erzeugen
koͤnne, wie mit Maschinen vom Gewichte der Venus, des Neptuns und des Apollo,
die eine bloß halb so große Kraft haben, – eine Annahme, die gewiß der
aͤußersten Graͤnze nahe kommt, – wie groß ist selbst dann der
Gewinn? Er betraͤgt eine Ersparniß an Gewicht, welche zu zwei Tonnen
anzuschlagen ist! Geht man aber sogar noch weiter, und nimmt man eine Verdoppelung
der Verdampfungskraft der leichtesten der auf den gewoͤhnlichen Eisenbahnen
fahrenden Locomotiven an, so gewinnt man auf einer Bahn von der Breite der
Great-Western-Bahn doch nicht mehr als 5–6 Ton., so daß man
also doch nur 20 statt 15 Ton. mit einer Geschwindigkeit von 40 engl. Meilen in der
Zeitstunde fortzuschaffen vermoͤchte. Man kann daher, was zukuͤnftige
Verbesserungen anbelangt, vernuͤnftiger Weise nur darauf speculiren, daß
solchen Maschinen, wie der North-Star, eine hoͤhere Verdampfungskraft
gegeben wird, und daß die Verdampfungskraft der dermaligen staͤrksten
Maschinen mit Beibehaltung ihres Gewichtes so erhoͤht wird, daß ihr Nuzeffect
dadurch gesteigert wird. Allein auch in dieser Hinsicht liefern uns obige Tabellen
praktische Daten, die uns leiten koͤnnen. Die Verdampfungskraͤfte des
Aeolus und des North-Star verhalten sich naͤmlich wie 165 : 115, und
jene des North-Star und der Venus wie 165 : 106. Die Tabellen zeigen, daß
selbst mit einer solchen Steigerung der Verdampfungskraft der North-Star doch
nur 3 engl. Meilen in der Zeitstunde uͤber den Aeolus gewinnen wuͤrde,
wenn beide Maschinen gleiches Gewicht haben. Es geht demnach aus diesen Versuchen
hervor, daß es unpraktisch waͤre, sich Speculationen hinzugeben, die nur dann
noͤthig waͤren, wenn bedeutende Verbesserungen der Locomotiven,
Verbesserungen, in Folge deren mit ihnen eine bedeutend hoͤhere
Geschwindigkeit als die dermalige erzielt werden koͤnnte, zu erlangen
waͤren. Man wird aber spaͤter sehen, daß der Geschwindigkeit der
Wagenzuͤge auf den Eisenbahnen eine Graͤnze gestekt ist, und zwar
durch ein Element, uͤber welches wir keine Controle haben: und daß es, vom
praktischen und commerciellen Standpunkte aus betrachtet, unklug waͤre, nach einer
groͤßeren als einer bestimmten Geschwindigkeit zu streben.
(Die Fortsezung folgt im naͤchsten Hefte.)