Titel: Ueber die lakirten Leder und Filze des Hrn. Th. Heulte in Paris. Auszug aus dem Berichte des Hrn. Malepeyre.
Fundstelle: Band 72, Jahrgang 1839, Nr. LXVI., S. 310
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LXVI. Ueber die lakirten Leder und Filze des Hrn. Th. Heulte in Paris. Auszug aus dem Berichte des Hrn. Malepeyre. Aus dem Journal de l'Académie de l'Industrie. Oktober 1838, S. 160. Ueber Heulte's lakirte Leder und Filze. Die Fabrication der lakirten Leder und Filze stand in Frankreich vor 30 Jahren auf einer so niedrigen Stufe, daß nur grobe Artikel ohne Eleganz und Dauer erzeugt wurden. Seit dieser Zeit machte man aber die raschesten Fortschritte, und das Ausland, welches lange Zeit in diesem Fache den Vorrang vor uns behauptete, duͤrfte bereits uͤberfluͤgelt seyn. Zu den Fabrikanten, denen Frankreich dieß verdankt, gehoͤrt unstreitig Hr. Th. Heulte in Paris, welcher eine der best eingerichteten Fabriken besizt, und dessen zahlreiche Fabricate sich durch die Dauerhaftigkeit des Lakuͤberzuges, durch die Reinheit, Feinheit und den Glanz ihres Lakes, und durch die Eleganz und Zierlichkeit ihrer Formen auszeichnen. Er wußte die innere Guͤte der Waare mit den Launen der Mode in Einklang zu bringen. Reinheit, Glanz und Feinheit sind heutzutage unerlaͤßliche Eigenschaften der als Lake zu verwendenden Compositionen, die noch viele Fabrikanten nicht gehoͤrig zu bereiten wissen, und zu denen andere aus uͤbel verstandener Oekonomie Ingredienzien von schlechter Qualitaͤt oder gar gaͤnzlich ungeeignete Stoffe waͤhlen. Hr. Heulte gelangte nur dadurch zu seinen schoͤnen Resultaten, daß er die Bereitung der Lake auf das sorgfaͤltigste studirte, und daß er ohne Ruͤksicht auf den Preis nur solches Material waͤhlt, welches dem Lake die gewuͤnschten Eigenschaften sichert. Was die Dauerhaftigkeit der lakirten Leder und Filze betrifft, so gibt es dreierlei Proben fuͤr dieselbe. Die erste, die Erfahrung, hat sich bereits guͤnstig in Betreff der Fabricate des Hrn. Heulte ausgesprochen; unsere eigenen Versuche sind in dieser Hinsicht noch nicht zu Ende, so daß wir deren Resultate erst spaͤter nachliefern koͤnnen. Die zweite Probe, welche auf der Anwendung chemischer Reagentien beruht, ward von uns auf folgende Weise vorgenommen. Wir schnitten ein ohne Auswahl in dem Magazine genommenes lakirtes Kalbfell in Stuͤke von einem Zoll im Gevierte, womit wir folgende Versuche vornahmen. Siedendes Wasser wiederholt auf eines der Stuͤke gegossen, zeigte nur eine sehr geringe Wirkung, und nur durch sehr lange fortgeseztes Sieden konnte der Lak zum Theil weggenommen werden. Salpetersaͤure mit 10 Gewichtstheilen Wasser verduͤnnt blieb beinahe wirkungslos; mit 5 Theilen Wasser war die Wirkung etwas bemerkbar; mit 2 Theilen war sie schon deutlich; aber nur concentrirte und siedende Saͤure konnte den Lak rasch und tief hinein veraͤndern. Schwefelsaͤure, Salzsaͤure, Essigsaͤure wirken beinahe ebenso, nur etwas weniger kraͤftig als die Salpetersaͤure. Die aͤzenden Alkalien zerstoͤren den Lak, wie wegen seiner oͤhligen Bestandtheile nicht anders zu erwarten war, in kurzer Zeit, und zwar in der Kaͤlte beinahe ebenso schnell, wie unter Einwirkung von Waͤrme. Die kohlensauren Alkalien wirken minder heftig und auf geringere Tiefe. Mit 20 Gewichtstheilen Wasser verduͤnnt wirken die aͤzenden und kohlensauren Alkalien nur unter Mithuͤlfe der Waͤrme. Aezkalk und kohlensaurer Kalk scheinen nur eine geringe Wirkung auf den Lak auszuuͤben. Ein Strahl Wasserdampf von 120° C. oder von zwei Atmosphaͤren Druk aͤußerte selbst innerhalb 20 Minuten beinahe keine Wirkung; nach dieser Zeit jedoch verlor der Lak etwas von seiner Durchsichtigkeit, auch wurde er etwas weniges klebrig. Ein Strom reinen Sauerstoffgases veraͤnderte den Lak selbst im Verlauf von 18 Minuten nicht. Urin, Seifenwasser, Theerwasser, die sauren Wasser der Staͤrkmehlfabriken und andere Wasser thaten dem Glanze des Firnisses keinen Eintrag. Alkohol, das Hauptaufloͤsungsmittel der Lake, wirkte in der Kaͤlte nur schwach; selbst unter Mitwirkung der Waͤrme und bei 10 Minuten lang fortgeseztem Versuche war die Veraͤnderung des Lakes nicht tief eingedrungen. Ein aus lakirtem Leder verfertigter Becher blieb 14 Tage lang mit Wasser gefuͤllt, ohne eine Veraͤnderung zu erleiden, und ohne daß das Wasser etwas von dem Lake aufloͤste. Die dritte Probe beruht auf Erforschung der Zaͤhheit und Elasticitaͤt der Lake und ihrer Faͤhigkeit aͤußeren Gewalten zu widerstehen, durch mechanische Mittel. Wir schnitten zu diesem Zweke ein lakirtes Fell in Streifen von einem halben und einem ganzen Zoll Breite und einem Fuß Laͤnge. Einige dieser Streifen wurden an dem einen Ende an einem Balken befestigt, waͤhrend wir an dem anderen Ende eine Art von Waagschale anbrachten, die wir bis zum Abreißen der Streifen immer mehr und mehr belasteten. Wir beobachteten, wie sich der Lak bei den verschiedenen Graden der Ausdehnung der Leder verhielt, und fanden ihn in hohem Grade elastisch, indem er immer nur zugleich mit dem Leder nachgab. Mehrere Streifen, die an dem einen Ende an einem Balken befestigt worden waren, ließen wir mit immer steigender Gewalt drehen, wobei wir nach jeder Drehung den Zustand des Lakes pruͤften, und die Drehung bis zum Reißen der Streifen trieben. Auch hier erhielt sich der Lak ganz gut, und es mußte die staͤrkste Drehung angewendet werden, bevor der Lak seinen Glanz verlor und Spruͤnge bekam. Beim Biegen der Streifen unter mehr oder minder spizen Winkeln gab der Lak auch nur dann nach, wenn das Leder selbst Schaden litt. Ein flach, auf einem Brette befestigtes Stuͤk lakirten Leders von 4 Zoll Laͤnge auf 2 Zoll Breite wurde troken mit einem platten Kalksteine, der eben nicht glaͤtter war, als die gewoͤhnlichen Bausteine zu seyn pflegen, abgerieben. Der Lak verlor hiebei allerdings rasch seinen Glanz; allein erst nach 140 Gaͤngen, bei denen wie beim Farbenreiben angehalten wurde, zeigte er sich merklich angegriffen, waͤhrend zur gaͤnzlichen Beseitigung desselben wenigstens 600 Striche erforderlich waren. Verschiedene spize, stumpfspize und stumpfe Koͤrper, welche unter mannigfachen Winkeln gegen das lakirte Leder geschleudert wurden, beschaͤdigten den Lak nur bei bedeutender Geschwindigkeit ihrer Bewegung, oder bei sehr schiefer Richtung des Ausfallens, oder wenn sie so spizig waren oder so gewaltsam wirkten, daß sie das Leder selbst angriffen. Hieraus ergibt sich, daß die mechanische Probe nicht minder guͤnstig ausfiel, als die chemische. Aller dieser Vorzuͤge ungeachtet liefert Hr. Heulte seine Fabricate ebenso billig, wie man andere viel minder vollkommene Artikel bei anderen Fabrikanten zu kaufen bekommt. Seit 10 Jahren sind die Preise dabei sehr gesunken. Im Jahre 1815 z.B. zahlte man die lakirten Filzhuͤte im Großen zu 5–6 Fr. das Stuͤk, ohne daß in Hinsicht auf Qualitaͤt große Anforderungen gemacht wurden. Gegenwaͤrtig kostet ein solcher Hut von bedeutend besserer Qualitaͤt nur mehr 1 Fr. 60 Cent, bis 2 1/2 Fr. Hr. Heulte ist auch der Erfinder eines neuen Fabricates, auf welches er ein Patent besizt, welches zum Dachdeken bestimmt ist, und dem er den Namen Ardoises oléo-bitumineuses beilegte. Es besteht aus schieferaͤhnlichen Platten, die aus einer eigens zu diesem Zweke bestimmten Art von Pappendekel fabricirt, und an beiden Seiten mit einer erdharzigen, oͤhligen, wasserdicht machenden Composition uͤberzogen sind. Die beiden Seiten dieser Platten, die etwas mehr dann einen Fuß Oberflaͤche haben, sind zum Ueberschlagen. Man nagelt diese Platten auf die Latten der Dachstuͤhle, wo sie dann eine leichte flache Dachbedekung bilden, an deren senkrechten Fugen Grathe gebildet sind, die das Wasser von den Stellen, bei denen es sonst eindringen koͤnnte, ableiten. Wir sahen ein mit solchen Platten gedektes Dach von 18 oder 20 Klafter Oberflaͤche, welches 6 Monate lang dem Regen sowohl als der Sonnenhize widerstanden hatte, ohne eine Veraͤnderung zu erleiden; ja Hr. Heulte glaubt sogar bemerkt zu haben, daß die Platten im Verlaufe dieser Zeit mehr Festigkeit bekamen. Wir haben selbst an einem sehr unguͤnstig gelegenen Orte eine kleine Probe mit dieser neuen Dachbedekung unternommen, und werden das Resultat derselben spaͤter bekannt machen, obwohl wir schon jezt nicht zweifeln, daß das neue Fabricat des Hrn. Heulte vielfache vortheilhafte Nuzanwendungen finden duͤrfte. Wir sind demnach der Ansicht, daß sich Hr. Heulte große Verdienste um die von ihm betriebene Fabrication erworben, und daß ihm die Akademie ein Zeichen ihrer Anerkennung dieser Verdienste geben soll.