Titel: | Ueber die sogenannte concentrische Dampfmaschine der HHrn. Bunnett und Corpe. |
Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. XXXII., S. 161 |
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XXXII.
Ueber die sogenannte concentrische Dampfmaschine
der HHrn. Bunnett und
Corpe.
Aus dem Civil Engin. and Archit. Journ. Jun. 1839, S.
199.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Bunnett's und Corpe's concentrische Dampfmaschine.
Die HHrn. Bunnett und Corpe von
Deptford, die Erfinder des eisernen Patent-Sicherheits-Fensterladens,
welcher dermalen in England so allgemein in Gebrauch gekommen, nahmen kürzlich auch
ein Patent auf eine neue Dampfmaschine, welche sie eine concentrische nennen, und
die man in Fig.
26 bis 28 abgebildet sieht.
Fig. 26 ist
ein Aufriß einer nach dem neuen Systeme gebauten Hochdruk-Dampfmaschine. Fig. 27 ist
ein Längendurchschnitt, und Fig. 28 ein
Querdurchschnitt, beide durch die Mitte der Maschine. An allen diesen Figuren ist
A eine in der Mitte der Maschine fixirte Welle, an
welcher sich die Verbindungsarme frei schwingen. Leztere tragen die Kolbenstange und
auch ein Querhaupt für die Verbindungsstange. B ist die
Dampfkammer, in der sich der Kolben C hin und her
bewegt. D ist eine kreisrunde aus einem vierseitigen
stählernen Stabe gearbeitete Kolbenstange, welche an den Stopfbüchsen eine metallene
Liederung hat. E sind Blöke, an welche die äußeren Dekel
des Cylinders gebolzt sind, und welche auch die metallenen Stopfbüchsen tragen. F, F sind die Schiebventile, welche man hier auf dem
dritten Theile des Hubes sieht. G ist der Auslaßweg. H, H sind die Röhren, welche den Dampf an die
Schiebventile leiten; I, I die Verbindungsarme, welche
sich an der in der Mitte der Maschine fixirten Welle schwingen, und welche das
Gewicht des Kolbens, der Kolbenstange etc. tragen. K, K
sind die Dampfwege.
Man sieht hieraus, daß die neue Maschine einer rotirenden Maschine sehr ähnlich ist,
obwohl sie, was ihr Spiel betrifft, entschieden von ihr abweicht. Das in Fig. 26 und
27
ersichtliche kreisrunde Gehäuse bildet mit seinem unteren Theile die Dampfkammer, in
welche ein mit Barton's Patent-Metallliederung
versehener Kolben genau eingepaßt ist. Durch die Mitte des Kolbens und an demselben
befestigt, läuft eine concentrische oder ringförmige Kolbenstange, welche an einem
dem Kolben gegenüberliegenden Punkte von zwei Verbindungsarmen umklammert und getragen wird.
Leztere ruhen mit doppelten Lagern auf einer in der Mitte der Maschine fixirten
Welle, an der sie sich in solchem Maaße schwingen, daß sich der Kolben frei hin und
her bewegen kann. Die Kolbenstange ist aus Stahl vierkantig gearbeitet, und bewegt
sich durch zwei metallene Stopfbüchsen, die sich am Scheitel der Dampfkammer
befinden. Aus der Seite des einen der oben erwähnten Arme ragt ein Zapfen hervor, an
welchem die Verbindungsstange, welche die Kraft der Maschine an den Krummzapfen des
Schwungrades und an das Räderwerk überträgt, festgemacht ist. An jeder der Seiten
der Dampfkammer befinden sich zweierlei Schiebventile, welche besonderer
Berüksichtigung werth zu seyn scheinen. Diese Ventile, welche ihre Bewegung von
einem an der Krummzapfenwelle befindlichen Excentricum mitgetheilt erhalten, haben
zwei Schiebbüchsen oder Dekel. Bei dieser Einrichtung geht auf dem Durchgange durch
die Dampfwege kein Dampf durch Exhaustion verloren, wie dieß mit einem einzigen
Schieber der Fall ist. Auch ist die Auslaßmündung am Anfange des Hubes vollkommen
geöffnet, sowie sie es denn auch auf jedem beliebigen Theile des Kolbenhubes
verbleibt. Bei dieser Anordnung der Ventile läßt sich der Dampf ohne Muschelräder
oder Däumlinge irgend einer Art ausdehnungsweise benüzen oder nicht.
Das Spiel dieser Maschine geht nun auf folgende Weise von Statten. Wenn an der einen
Seite das Dampfventil offen, das Auslaßventil dagegen geschlossen ist, während an
der anderen Seite das Entgegengesezte der Fall ist, so wird, wenn Dampf eingelassen
wird, der Kolben an die entgegengesezte Seite getrieben werden, wo dann die Stellung
der Ventile umgekehrt wird, so daß der Dampf an der anderen Seite eintritt und der
Kolben wieder in seine frühere Stellung zurükgetrieben wird. Bei diesen Vor-
und Rükwärtsbewegungen geht der Kolben einem Pendel ähnlich durch zwei Kreisbogen,
wobei er die ringförmige Kolbenstange und die an ihr befestigten Arme mit sich
führt, und dadurch die Verbindungsstange in Bewegung sezt. Der Kolben ist, da er
ganz und gar von den an der fixirten mittleren Welle befindlichen Armen getragen
wird, durchaus keiner unregelmäßigen Abnuzung ausgesezt; ja er erleidet in der That
gar keinen anderen Druk als jenen der Federn, welche die Segmente an Ort und Stelle
erhalten. Die Verbindungsstange wirkt bei dieser einfachen Einrichtung der Maschine
direct und ohne Vermittlung von Führstangen oder von einer Parallelbewegung irgend
einer Art. auch bildet sie während jener Zeit, während welcher die größte
Kraftäußerung auf den Krummzapfen erforderlich ist, nie einen Winkel von mehr dann 5 bis 10 Graden.
Da sie bei ihrer Hin- und Herbewegung einen Kreisbogen beschreibt, welcher
der rotirenden Bewegung des Krummzapfens so ähnlich ist, so gehen die
Bewegungsveränderungen mit außerordentlicher Leichtigkeit und Geschwindigkeit von
Statten. Aus der directen Einwirkung der Kraft auf den Krummzapfen allein, oder aus
der Abwesenheit einer Parallelbewegung, oder daraus, daß die Kraft gleichsam auf
einer Schrägfläche direct an die Verbindungsstange fortgepflanzt wird, oder aus
allen diesen Umständen zusammen erwächst zuverlässig ein sehr großer Gewinn an
Kraft.
Die Patentträger haben, um zu beweisen, welche Vortheile die Stellung ihrer
Verbindungsstange und Krummzapfenbewegung im Vergleiche mit den dermalen an den
Locomotiven und anderen Maschinen gebräuchlichen Methoden gewährt, mehrere Versuche
angestellt, von denen wir hier einige in Tabellen beifügen wollen. Aus diesen wird
hervorgehen, daß bei einigen Stellungen des Krummzapfens, nachdem derselbe eben den
Mittelpunkt passirt hat, beinahe eine doppelt so große Kraft erzielt wird, und daß,
wenn man den ganzen Umgang des Krummzapfens nimmt, der Gewinn mehr dann ein
Drittheil beträgt. Die zu den Versuchen verwendete Maschine ward in unserer
Gegenwart mit einem Kolben von 24 Zoll Oberfläche und mit einem Druke von nicht mehr
dann 24 Pfd. auf den Quadratzoll in Bewegung gesezt. Sie zeigte hiebe: eine
bedeutende Kraft, trieb mehrere Drehbänke, Bohrmaschinen etc., währen dohne irgend
eine Belastung der Krummzapfen gegen 260 Umläufe in der Minute vollbrachte. Die
Patentträger gedenken eine Locomotive nach ihrem Systeme zu bauen, und haben bereits
mehrere Aufträge für stehende Maschinen erhalten, so daß deren Leistungen bald im
Großen einer Prüfung unterliegen werden.
Textabbildung Bd. 74, S. 164
Betrag der Kraft, welche
erforderlich ist, um einen Krummzapfen von 9 Zoll Armlänge (throw), an dessen Ende ein Gewicht von 14 Pfd.
aufgehängt ist, durch den vierten Theil seines Umlaufes zu bewegen, und zwar von
einem Winkel von 5 Graden von dem tobten Mittelpunkte angefangen; Derselbe
Versuch, jedoch ohne Anhängung irgend eines Gewichtes; Grade; Altes Princip;
Neues Princip; Differenz
Die Tabellen, welche wir nunmehr noch folgen lassen, enthalten die Resultate von
Versuchen, die mit größter Sorgfalt angestellt wurden, um zu ermitteln, welche
Vortheile die neue Maschine im Vergleiche mit der dermalen gebräuchlichen
Locomotiv-Maschine und mit anderen Maschinen gewährt. Es erhellt aus ihnen
die Kraft, welche erforderlich ist, um einen Krummzapfen, dessen Armlänge 9 Zoll
beträgt, durch einen ganzen Umgang zu bewegen.
Zur Erläuterung dieser Versuche dienen Fig. 29 und 30. Von diesen
zeigt nämlich erstere die Stellung der Verbindungsstange, welche, als direct an der
kreisförmigen Kolbenstange der neuen Maschine angebracht, gedacht ist. a, b sind Punkte, zwischen denen sich das Ende der
Verbindungsstange hin und her bewegt. c, d Punkte,
zwischen denen sich der Kolben hin und her bewegt, e
deutet die Stellung des Endes der Verbindungsstange an, wenn der Krummzapfen unter
einem Winkel von 45° steht. f bezeichnet die
Stellung des Kolbens.
Fig. 30 zeigt
die Stellung der Verbindungsstange, welche als an den dermaligen horizontalen
Cylindern angebracht gedacht ist. a, a sind Führer,
durch welche sich die Kolbenstange frei bewegt, und welche deren Parallelbewegung
bilden. b zeigt die Verbindungsstange, wenn der
Krummzapfen unter einem Winkel von 45° steht. c
ist das Ende der Verbindungsstange, welches mittelst eines Gelenkes an der
Kolbenstange festgemacht ist.
Textabbildung Bd. 74, S. 165
Nr. 1; Von A bis B; Bei diesem
Versuche wurde an dem Ende des Armes (throw) des Krummzapfens; bei 5°
über dem tobten Mittelpunkte bei A angefangen bis zu B fort ein Gewicht von 10
Pfd. angehängt; Grade; Concentrische Maschine; Horizontaler Cylinder;
Differenz
Textabbildung Bd. 74, S. 165
Nr. 2; Von B bis C; Bei diesem
Versuche wurde das Gewicht über eine Rolle geführt und an dem Arme des
Krummzapfens befestigt; Die Rolle wurde fortwährend verschoben, damit die
thätige Kraft bei den verschiedenen Stellungen des Krummzapfens eine
gleichmäßige war; Grade; Concentrische Maschine; Horizontaler Cylinder;
Differenz
Textabbildung Bd. 74, S. 166
Nr. 3; Von C bis D; Bei diesem
Versuche wurde das Gewicht gleichfalls über eine Rolle geführt, die wie in Nr. 2
oft verschoben wurde; Grade; Concentrische Maschine; Horizontaler Cylinder;
Differenz
Textabbildung Bd. 74, S. 166
Nr. 4; Von D bis A; Bei diesem
Versuche war das Gewicht wie in Nr. 1 an dem Arme aufgehängt; Grade;
Concentrische Maschine; Horizontaler Cylinder; Differenz
Der Bruttobetrag der Gewichte während des ganzen Krummzapfenumlaufes war demnach an
der concentrischen Maschine 965,75 Pfd., an der Maschine mit horizontalem Cylinder
dagegen 2046,37 Pfd. Die Differenz betrug somit 1080,62 Pfd.