Titel: | Ueber die Verschiedenheit der Nuzeffecte der Dampfmaschinen, bei deren Betrieb nach dem in Cornwallis und Lancashire gebräuchlichen Systeme. Von Hrn. R. Armstrong in Manchester. |
Fundstelle: | Band 75, Jahrgang 1840, Nr. LXIX., S. 418 |
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LXIX.
Ueber die Verschiedenheit der Nuzeffecte der
Dampfmaschinen, bei deren Betrieb nach dem in Cornwallis und Lancashire
gebraͤuchlichen Systeme. Von Hrn. R. Armstrong in Manchester.
Aus dem Civil Engin. and Architects Journal. Jan. 1840, S.
4.
Armstrong, uͤber die Verschiedenheit der Nuzeffecte der
Dampfmaschinen.
Da es dermalen beinahe von Niemandem mehr bezweifelt wird, daß die in Cornwallis
gebräuchliche Methode die Boulton- und Watt'sche Maschine mit hohem Druke und mit Expansion zu
betreiben in finanzieller Hinsicht den Vorzug vor jener Methode verdient, welche in
den Fabrikdistricten am gewöhnlichsten üblich ist, so dürfte es vielen angenehm und
von Interesse seyn, ein Verfahren zu besizen, wonach die nach beiden Systemen
erlangten Nuzeffecte mit Leichtigkeit verglichen, und somit die Ersparniß ermittelt
werden könnte, welche man bei der Annahme des in Cornwallis gebräuchlichen Systemes
zu erwarten hat. Besonders angenehm wird es ihnen seyn, wenn sie diese Ersparniß in
Ausdrüken angedeutet erhalten, die allgemein angenommen und jedem Praktiker bekannt
sind.
Die Daten und Thatsachen, welche ich hiemit vorlege, wurden mir neuerlich von
Personen geliefert, welche bei einer höchst genauen Prüfung und Untersuchung dieses
Gegenstandes in hohem Grade interessirt sind. Die Maschine, welche die Daten für das
System von Cornwallis lieferte, ward kürzlich für die East London
Water-Works-Compagnie erbaut. Sie hat einen Cylinder von 80 Zoll
Durchmesser; einen Kolbenhub von 10 Fuß und eine Geschwindigkeit von 10 Huben in der
Minute. Ihre Leistung beträgt 72 Mill. Pfd., welche mit einem Bushel oder 94 Pfd.
Steinkohlen 1 Fuß hoch gehoben werden, wenn der Dampf auf 2/5 seines Hubes
abgesperrt wird. Der Flächenraum des Cylinders beträgt demnach 80 × 80 = 6400
Circularzoll. Die Belastung des Kolbens erhält man, wenn man zu dem Gegengewichte,
welches 29 Tonnen oder 64,960 Pfd. beträgt, für die Reibung der Maschine 1 Pfd. auf
den Circularzoll oder 3200 Pf. addirt., Dieß gibt also für die
Total-Bruttolast 68,160 Pfd., und hieraus ergibt sich für den
durchschnittlichen Druk des Dampfes im Cylinder ein Gewicht von 10,65 Pfd. auf den
Circularzoll. Da die Geschwindigkeit des Kolbens 10 × 10 = 100 Fuß in der
Minute beträgt, so werden in einer Minute 68,160 × 100 = 6,816,000 Pfd. 1 Fuß hoch
gehoben. Die ausgeübte Bruttopferdekraft ist diese Zahl getheilt durch 33,000;
mithin die Summe von 206,54 Pferdekräften.
Die Daten für das in Lancashire gebräuchliche System lieferte ein Paar
doppeltwirkender Schwestermaschinen, welche in einer der dortigen
Baumwollspinnereien arbeiten, und mit einer und derselben Kurbelwelle in Verbindung
gebracht sind. Jede dieser Maschinen hat einen Cylinder von 40 Zoll Durchmesser,
einen Hub von 4 Fuß, und macht in jeder Minute vier Gänge. Der Gesammtverbrauch an
Steinkohle beläuft sich in dieser Fabrik in jeder Woche von 69 Arbeitsstunden auf 46
Tonnen. Wenn hievon 30 Proc. für das Heizen der Fabrik, für den Verlust, der Morgens
beim Aufbringen des Dampfes und Mittags während der Essenszeit Statt findet, und für
andere dergleichen Umstände abgezogen werden, so bleiben für den Nettoverbrauch der
Maschine allein ungefähr 32 Tonnen oder 71,680 Pfd. Der Flächenraum eines jeden
Cylinders ist 40 × 40 = 1600 Circularzoll; der von dem Indicator angedeutete
Druk des Dampfes im Cylinder beträgt im Durchschnitte 10 Pfd. auf den Circularzoll;
die ganze auf den Kolben wirkende Last ist also 1600 × 10 = 16,000 Pfd.,
worunter die Reibung der Maschine begriffen ist. Da die Geschwindigkeit des Kolbens
4 × 2 × 25 = 200 Fuß in der Minute ist, so berechnet sich die Zahl der
Pfunde, welche in jeder Minute 1 Fuß hoch gehoben werden, zu 1600 × 200 =
3,200,000. Die von jeder Maschine ausgeübte Pferdekraft beträgt demnach 96,96 oder
in Summa beinahe 194.
Vergleichende Zusammenstellung.
Textabbildung Bd. 75, S. 418
Lancashire; Cornwallis a, Pfunde, welche in der Minute 1 Fuß hoch gehoben
werden; b, Ausgeübte Brutto-Pferdekraft; c, Verbrauch an Kohlen per Woche von 69 Stunden, in Pfunden = d +
69; d, = c : 69,
deßgleichen per Stunde = e + 60; e, = d
: 60, deßgleichen per Minute = a : f: f = a : e, Pfunde, die mit 1 Pfd. Kohlen 1 Fuß hoch gehoben
werden = g : 94; g = f + 94, Pfunde, welche 94 Pfd. Kohlen 1 Fuß hoch
gehoben werden; d; b, Pfunde Kohlen, welche in der
Stunde auf jede Pferdekraft verbraucht werden
Die in dieser Tabelle enthaltenen Buchstaben deuten die Berechnungsweise an; auch
wird man sehen, daß die in der zweiten Columne enthaltenen Resultate, mit Ausnahme
der beiden ersten und der beiden lezten Linien, erlangt wurden, indem man von Unten aus hinauf rechnete.
Man darf auch nicht vergessen, daß in der oben für die Fabrikmaschinen angegebenen
Pferdekraft auch jene Kraft enthalten ist, die zum Treiben des ganzen Gestänges
erforderlich ist, und welche ungefähr ein Drittheil des Ganzen beträgt, wodurch also
die zum Treiben der Maschinerie verwendete Netto-Effectivkraft auf (194
– 194/3) = 129 1/2 Pferdekräfte oder auf 64 3/4 Pferdekräfte für jede
einzelne Maschine herabsinkt, und der Verbrauch an Kohlen mithin auf (5,35 + 5,35/2)
= 8,02 Pfd. auf die Pferdekraft und per Stunde steigt.
Wie groß an der Cornwalliser Maschine die Netto-Effectivkraft ist, läßt sich
nicht wohl ohne eine Messung des von ihr gelieferten Wassers bestimmen; doch ist
dieß zum Behufe der Vergleichung auch nicht nöthig.
In einer späteren Mittheilung werde ich die Ursachen, auf denen der große Vortheil,
welcher sich zu Gunsten des in Cornwallis gebräuchlichen Systemes ergibt, beruht, zu
erläutern suchen. Auch werde ich vergleichsweise die Anschaffungskosten von
gleichviel leistenden Maschinen beider Systeme angeben, um zu zeigen, in wiefern
sich das Cornwalliser System auch für Baumwollspinnereien eignet.Wir fügen in einer Note zu obigem Aufsaze gleichfalls aus dem Civil-Engineers and Architect's Journal
eine Berechnung bei, welche Hr. Wicksteed, der Ingenieur der East London Water Works, für
den Pascha von Aegypten anstellte, um zu zeigen, welche Ersparniß an
Brennmaterial durch die Anwendung einer einfach wirkenden Expansionsmaschine
und eines oberschlächtigen Rades anstatt einer doppelt wirkenden
Verdichtungsmaschine der gewöhnlichen Art erzielt werden kann.Eine nach dem gewöhnlichen in den Baumwollspinnereien gebräuchlichen Systeme
gebaute doppelt wirkende Maschine von niederem Druke verzehrt stündlich auf
jede Pferdekraft 10 bis 15 Pfd. Steinkohlen oder im Durchschnitte 12 Pfd.
Dieß ist für Lancashire noch ein sehr niedriger Anschlag, indem daselbst der
Verbrauch an Steinkohlen wegen des im Vergleiche mit England niedrigen
Preises derselben ein bedeutend größerer ist. Nimmt man auf das Jahr 311
Arbeitstage zu je 12 Stunden an, so ergibt sich für das ganze Jahr für die
genannte Maschine ein Gesammtverbrauch von 50 × 12 × 12
× 311 = 2,239,200 Pfd. = 999 Tonnen 12 Cntr. 3 Qurt. 12 Pfd., oder
beinahe 1000 Tonnen, welche, das Pfd. nach dem Preise in Aegypten zu 50
Shill. gerechnet, eine Summe von 2500 Pfd. Sterl. ausmachen.Eine nach dem Cornwallisersysteme gebaute, einfach wirkende
Expansionsmaschine von 50 Pferdekräften wird, wenn sie zum Heden des zum
Treiben eines oberschlächtigen Rades bestimmten Wassers benüzt wird, keine
Kraft von 50 Pferden, welche zum Treiben einer Baumwollspinnerei verwendet
werden kann, liefern, indem der Nuzeffect des Wassers, wenn dieses mittelst
eines oberschlächtigen Rades als Triebkraft benüzt wird, nur 66 Proc. der
zum Heben des Wassers erforderlichen Kraft betragen wird. Da sich nun 66 :
100 = 50 : 76, so ist leztere Zahl die Zahl der Pferdekräfte, welche nach
diesem Systeme dasselbe leisten werden, was nach dem gewöhnlichen Systeme
geleistet wird.Eine Cornwalliser Maschine von 76 Pferdekräften wird stündlich per
Pferdekraft 2 bis 2 1/2 Pfd. Steinkohlen verzehren. Der Verbrauch für ein
ganzes Jahr
wird daher seyn: 76 × 2,5 × 12 × 311 = 709,080 Pfd.
oder beinahe 317 Tonnen, welche zu obigem Preise die Summe von 792 Pfd.
Sterl. 10 Sh. repräsentiren. Die Ersparniß bei dieser Maschine im Vergleiche
mit der zuerst angegebenen wird sich mithin jährlich auf 1707 Pfd. Sterl. 10
Sh. belaufen.Die Unregelmäßigkeit der Bewegung an den gewöhnlichen mit niederem Druke
arbeitenden Dampfmaschinen wild durch das Schwungrad beinahe gänzlich
ausgeglichen. Dessen ungeachtet verwendet man in mehreren Fabriken zum
Betriebe einer und derselben Maschinerie zwei Maschinen, deren Krummzapfen
wie an den Maschinen der Dampfschiffe unter rechten Winkeln gegen einander
angebracht sind. Obwohl bei dieser Einrichtung die Wirkung des Dampfes eine
noch viel gleichmäßigere ist, so ist die Bewegung doch nicht so regelmäßig
wie bei der Anwendung eines mit stets gleicher Wassermenge getriebenen
oberschlächtigen Rades. Die Wassermenge braucht nicht so sehr groß zu seyn,
da man immer wieder dasselbe Wasser verwenden kann.Das Civil-Engineers and Architects Journal
bemerkt hiezu, daß diesen Berechnungen vollkommener Glauben geschenkt werden
kann, da sich bei dem Betriebe der großen Cornwalliser Maschine, welche
kürzlich an den Gast London Water-Works errichtet wurde, gezeigt hat,
daß dieselbe stündlich nur 2,6 Pfd. Steinkohlen per Pferdekraft verzehrt,
obwohl sie nur mit Abfällen von Newcastler Steinkohle, deren größte Stüke
nicht über 3/4 Zoll Durchmesser haben, geheizt wurde. A. d. R.