Titel: | Ueber die Theorie des Daguerre'schen Verfahrens Lichtbilder zu erzeugen und die Anwendung des Daguerreotyps, um von lebenden Personen Portraite zu nehmen; von Dr. W. Draper, Professor der Chemie an der Universität in New-York. |
Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. XXII., S. 120 |
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XXII.
Ueber die Theorie des Daguerre'schen Verfahrens Lichtbilder zu erzeugen
und die Anwendung des Daguerreotyps, um von lebenden Personen Portraite zu nehmen; von
Dr. W. Draper,
Professor der Chemie an der Universitaͤt in New-York.
Aus dem Philosophical Magazine and Journal of Science,
Sept. 1840, S. 217.
Draper, uͤber die Theorie des Daguerreotyps.
Theorie des Daguerreotyps.
Bei Daguerre's Verfahren wird
eine Fläche reinen Silbers der Einwirkung von Joddampf ausgesezt, wobei ein
besonderes Jodsilber entsteht, welches unter gewissen Umständen gegen das Licht
ungemein empfindlich ist. Die verschiedenen Operationen, welche mit der Silberplatte
vorgenommen werden, wie das Poliren, Abwaschen mit Salpetersäure, Erwärmen etc.
haben nur zum Zwek, ihre Oberfläche zu reinigen; durch die Behandlung des Bildes mit
unterschwefligsaurem Natron wird die Platte zulezt noch von ihrem für das Licht
empfindlichen Ueberzug befreit.
Nur eine der verschiedenen Operationen ist in theoretischer Hinsicht noch
unaufgeklärt, nämlich die Reaction des Queksilberdampfes; warum verdichtet sich der
Queksilberdampf in Form weißer Kügelchen auf denjenigen Stellen der
Jodsilberschichte, welche dem Einfluß des Lichts ausgesezt waren, und zwar in einer
der Menge des auffallenden Lichts genau proportionalen Quantität?
Es gibt mehrere analoge Thatsachen, welche hiebei berüksichtigt zu werden
verdienen:
1) Wenn man mit einem Stük Spekstein oder Agalmatolit auf Glas schreibt, so sind zwar
die verzeichneten Buchstaben unsichtbar; wenn man aber auch die Oberfläche des
Glases nachher gut reinigt, so kommen sie doch zum Vorschein, sobald man das Glas
anhaucht.
2) Wenn man auf ein Stük sehr klaren und kalten Glases oder noch besser auf eine
kalte polirte Metalltafel einen kleinen Gegenstand, etwa ein Metallstük legt und die
Oberfläche einmal überhaucht, den Gegenstand hierauf sorgfältig beseitigt, so sieht
man, so oft man wieder auf die Oberfläche haucht, ein Sonnenbild desselben und diese
sonderbare Erscheinung zeigt sich sogar noch mehrere Tage nach dem ersten
Versuche.
3) Wenn bei dem bekannten Versuch auf Glas mit Flußsäure zu äzen der Dampf sehr
schwach war, bemerkt man nach Beseitigung des Wachses keine Spuren auf dem Glase;
haucht man aber darüber, so verdichtet sich die Feuchtigkeit in der Art, daß der
ganze Gegenstand sichtbar wird.
Wir müssen die chemischen Veränderungen, welche das Jodsilber im Sonnenlicht
erleidet, von den mechanischen Veränderungen des empfindlichen Ueberzugs wohl
unterscheiden: Jodsilber wird im Sonnenlichte schwarz, und der gute Erfolg bei
Daguerre's Verfahren hängt
ganz davon ab, daß die Operation unterbrochen wird, bevor diese Veränderung
eintritt.
Der Jodüberzug ist nicht unumgänglich nöthig, um Bilder
mittelst Queksilberdampf hervorzubringen, sondern es scheint dazu nur eine
metallische Oberfläche erforderlich zu seyn. Wenn man nämlich ein Lichtbild vom
Queksilber reinigt, die Platte durchgehends mit Tripel polirt, mit Salpetersäure
abwascht und ganz glänzend macht, so wird das ursprüngliche Bild – wenn sie
nur nicht erwärmt worden ist – durch Queksilberdampf wieder zum Vorschein
kommen. Gehört diese Erscheinung nicht in das Gebiet der oben angeführten?
Ich bereite das Silberblech für Lichtbilder auf folgende Art vor: nachdem es gehörig
planirt worden ist, lasse ich es mit Tripel und Oehl so gut als möglich Poliren,
worauf ich es erhize und mit Salpetersäure abwasche, wie es Daguerre
vorschreibt, sodann aber mit (feingeschlemmtem und gut getroknetem) Kreidepulver
abreibe und zulezt noch mit reinem und trokenem Baumwollzeug übergehe; dadurch
erhält die Platte ein tiefschwarzes Lüster, und die Oxydschichte, welche die
Salpetersäure zurükgelassen haben könnte, wird vollkommen beseitigt.
Um die Silberplatte mit Jod zu überziehen, benuze ich eine beiläufig 2 Zoll tiefe
Schachtel, auf deren Boden ich das Jod in groben Stükchen lege, und halte, ohne ein
Tuch dazwischen zu bringen, die Silberplatte, welche ich für diese Operation mit
einem Griff versehe, einen halben Zoll über den Krystallen, wobei sie sich nach
1–3 Minuten vollkommen mit Jod überzieht; um dieses Erfolges sicher zu seyn,
sind keine metallenen Streifen erforderlich, und wenn die Ränder und Eken durchaus
rein waren, wird der goldene Anflug gleichförmig erscheinen.
Daguerre rathet die Silberplatte nach dem Jodiren ohne
Zeitverlust in die Camera obscura zu bringen, und
keineswegs soll man nach ihm über eine Stunde warten, weil sie sonst die
photogenischen Eigenschaften nicht mehr in dem erforderlichen Grade besize. Ich habe
wenigstens bei meiner Vorbereitung der Platte gefunden, daß sie die Empfindlichkeit
nicht so bald verliert, und als ich sie 12–24 Stunden lang im Dunkeln ließ,
wurde ihre Empfindlichkeit oft sogar auffallend größer.
Wer sich viel mit der Darstellung von Lichtbildern abgegeben hat, wird oft bemerkt
haben, daß der Jodüberzug nicht an allen Stellen gleich empfindlich ist und oft nur
die Lichter herauskommen, während die Schatten sich nicht entsprechend entwikeln;
dieß findet aber gerade bei einer Platte, welche mehrere Stunden aufbewahrt worden
ist, nicht in solchem Grade statt und auf diese Thatsache (die ich keineswegs zu
erklären beabsichtige) mache ich hauptsächlich deßwegen aufmerksam, weil sie für
Reisende, die sich mit der Aufnahme von Lichtbildern befassen, wichtig ist;
dieselben werden finden, daß das Jodsilber seine Empfindlichkeit in vielen Tagen
nicht verliert.
Nach Herschel muß das Objectivglas einer photographischen
camera obscura nothwendig vollkommen achromatisch
seyn, und auch Daguerre empfiehlt in seiner Abhandlung
ein solches Objectivglas anzuwenden. Dieser Ansicht bin ich keineswegs. Alle
Sonnenstrahlen, vielleicht mit Ausnahme der gelben,
lassen einen Eindruk auf dem Jodsilber zurük; die weniger
brechbaren Strahlen wirken jedoch viel langsamer als diejenigen am entgegengesezten
Ende des Spectrums. Bei den gewöhnlichen Gläsern findet die kräftigste Wirkung im
Indigoblau oder an der Gränze des Blau statt. Die Nezhaut empfängt nun aber einen Eindruk mit
gleicher Leichtigkeit von jedem der verschiedenen Strahlen, indem das gelbe Licht so
schnell auf sie wirkt wie das rothe oder blaue. Das Sehen wird daher unabhängig von
der Zeit verrichtet, weil das Auge alle Farben des Spectrums mit gleicher
Leichtigkeit und Geschwindigkeit auffängt. Anders ist es aber bei der Darstellung
von Lichtbildern; bei der Wirkung des Lichts auf präparirtes Silberblech kommt auch
die Zeit in Betracht; der blaue Strahl kann z.B. seine volle Veränderung
hervorgebracht haben, wenn der rothe erst langsam zu wirken anfängt, und der rothe
kann seine Wirkung beendigt haben, ehe noch der gelbe eine merkliche hervorgebracht
hat. Es ist daher klar, daß man zur Darstellung guter Lichtbilder nicht nothwendig
ein achromatisches Objectivglas haben muß; denn wenn die Silberplatte in einem
gewissen Zeitpunkte weggezogen wird, wo nämlich die kräftigsten Strahlen ihre
Wirkung gerade vollbracht haben, werden die mehr zerstreuten aber weniger wirksamen
noch nicht Zeit gehabt haben, einen Eindruk zurükzulassen, und so arbeitet man in
der That mit einem temporär monochromatischen Licht.
Aus diesem Grunde habe ich auch meine Camera obscura mit
einer doppelt convexen, nicht achromatischen Linse versehen. Ich verschaffte mir
einige sehr schöne Bilder mit einer gewöhnlichen Brillenlinse von 14 Zoll
Brennweite, die am Ende einer Cigarrenbüchse, welche als Camera diente, angebracht war; eine Linse von diesem Durchmesser ist für
Silberplatten von 4 Zoll Länge auf 3 Zoll Breite ganz geeignet, um die
vollkommensten Lichtbilder zu erzeugen. In diesem Falle verursacht freilich die
chromatische Aberration wegen der Größe der Focallänge im Vergleiche mit der
Oeffnung wenig Schwierigkeiten; wenn man aber bei derselben Focallänge die Oeffnung
auf 3 oder 4 Zoll vergrößert, so wird die Zerstreunng sehr merklich, und doch kann
man sich nach der so eben angegebenen Methode gute Bilder verschaffen, weil dann die
Hauptschwierigkeit durch die sphärische Aberration herbeigeführt wird.
Ich habe schon bemerkt, daß der wirksamste Strahl für das Daguerreotyp bei Anwendung
von farblosem französischem Tafelglas wahrscheinlich im indigoblauen Raume liegt;
hieraus folgt, daß man die Länge der Camera obscura,
nachdem man sie für den leuchtenden Focus gerichtet hat, verkürzen sollte. Für eine
Camera obscura, wo die Linse 15 Zoll Brennweite hat,
beträgt die erforderliche Verkürzung selten über drei Zehntel eines Zolles. Bei
Anwendung des leuchtenden Focus erhält man ein undeutliches Bild.
Bei der Behandlung der Platte mit Queksilberdämpfen kommt sehr wenig darauf an, unter
welchem Winkel sie gestellt wird. Einige Zeit war man der Meinung, sie müsse notwendig unter einem
Winkel von 45–48° geneigt seyn, um den Dampf anzunehmen; hierin wurde
aber Daguerre's Abhandlung
offenbar mißverstanden. Die Platten nehmen den Queksilberdampf in der horizontalen
eben so gut wie in jeder anderen Lage an; eine schwache Neigung hat vielleicht den
Vortheil, daß der Dampf gleichförmig über die jodirte Fläche hinströmt, der
Hauptzwek bei Anwendung eines Winkels von 45° ist aber, daß man der Operation
durch das Glas zusehen kann. Bisweilen ist es vortheilhaft, das Queksilber zum
zweitenmal zu erhizen, wenn nämlich das Bild beim erstenmal sich nicht deutlich oder
auch gar nicht entwikelte.
Daguerre gab zwei Methoden an, um die für das Licht
empfindliche Schicht von der Silberplatte zu entfernen; man soll es nämlich entweder
mit unterschwefligsaurem Natron oder mit einer Auflösung von gewöhnlichem Kochsalz
abwaschen; jenes entspricht dem Zwek vollkommen, dieses bei weitem nicht so gut. Es
gibt aber noch eine andere Methode, welche sehr einfach und überdieß wohlfeiler als
die erste der zwei angeführten ist. Nachdem man die Platte in kaltes Wasser getaucht
hat, legt man sie in eine mäßig starke Auflösung von gewöhnlichem Kochsalz; darin
bleibt sie ohne alle Veränderung; berührt man sie nun aber an einer Eke mit einem
blank gefeilten Zinkstük, so trennt sich die gelbe Jodsilberschichte wie eine Woge
davon und verschwindet. Dieß ist ein ganz frappantes Verfahren; das Zink und Silber
bilden nämlich mit der Salzlösung eine Volta'sche Kette, worin das Zink oxydirt
wird, das Silber aber von seiner Oberfläche Wasserstoffgas zu entbinden anfängt,
welches im statu nascente die Jodsilberschichte zersezt
und Jodwasserstoffsäure erzeugt, die im Wasser sehr auflöslich ist. Während also bei
dem Abwaschen der Platte mit unterschwefligsaurem Natron das Jodsilber aufgelöst
wird, zersezt es sich bei diesem Verfahren. Man darf das Zink nicht zu lange mit der
Platte in Berührung lassen, weil es sonst Fleken absezt, und um dieß zu vermeiden,
nimmt man bei großen Platten die Berührung an den vier Eken nach einander vor.
Nach dem Abwaschen des Bildes zeigen sich alle Fehler, welche bei den verschiedenen
Operationen begangen wurden. Wenn eine dünne Queksilberschichte darauf zurükblieb,
weil sie nicht lange genug (mittelst der Weingeistlampe) erhizt wurde, so sind die
Schatten nicht deutlich.
Es ist nicht schwer, ein Bild vom Monde zu erhalten. Ich habe mittelst einer Linse
von 3 Zoll Durchmesser und eines Heliostats die Mondstrahlen auf eine Platte
convergirt und in einer halben Stunde ein sehr kräftiges Bild bekommen.
Portraitiren mittelst des
Daguerreotyps.
Bei meinen ersten Versuchen, lebende Personen zu portraitiren, habe ich das Gesicht
derselben mit einem weißen Pulver bestäubt, in der Meinung, daß ich sonst kein Bild
erhalten könnte; ich überzeugte mich aber bald von meinem Irrthum, indem sich selbst
bei schwachem Tageslicht die Gesichtszüge scharf abbildeten.
Wenn sich die Sonne, die sizende Person und die Camera
obscura in derselben senkrechten Ebene befinden und man eine doppelt
convexe, nicht achromatische Linse von 4 Zoll Durchmesser und 14 Zoll Brennweite
anwendet, kann man sich im Freien vollkommene
Miniaturbilder, und zwar nach der Beschaffenheit des Lichts, in Zeit von
20–90 Secunden verschaffen. Der Anzug wird ebenfalls bewunderungswürdig
wiedergegeben, selbst wenn er schwarz seyn sollte; die geringen Unterschiede der
Beleuchtung sind hinreichend, ihn zu charakterisiren, so wie auch um jeden Knopf,
jedes Knopfloch und jede Falte zu zeigen. Theils wegen der Stärke solchen Lichts,
welches man nicht ohne Verzerrung der Gesichtszüge aushalten kann, hauptsächlich
aber wegen des Umstandes, daß die Sonnenstrahlen unter einem zu großen Winkel
auffallen, haben solche Bilder den Fehler, daß sie die Augen nicht deutlich zeigen,
indem der Schatten von den Augenbraunen und der Stirne sich auf ihnen kreuzt.
Um gute Bilder zu erhalten, bringt man den Kopf der sizenden Person und die (Camera obscura in eine solche Stellung, daß die sie
verbindende Linie mit den einfallenden Strahlen einen Winkel von weniger als 10 Grad
macht, so daß aller Raum unter den Augenbraunen beleuchtet und ein schwacher
Schatten von der Nase geworfen wird. Hiebei muß man natürlich Reflexionsspiegel
anwenden, um den Strahl zu richten. Ein einziger Spiegel würde genügen und Zeit
ersparen, es ist aber oft praktischer, zwei anzuwenden; den einen stellt man nämlich
mittelst eines geeigneten Mechanismus so, daß er die Strahlen in senkrechten Linien
reflectirt und den zweiten über ihn, um sie in einem unwandelbaren Laufe gegen die
sizende Person zu richten. An einem heiteren Tage kann man mittelst einer
empfindlichen Platte Portraite in Zeit von 5–7 Minuten im zerstreuten
Tageslicht erhalten.
Da nun aber das Auge das reflectirte Sonnenlicht unmöglich lange ertragen kann, so
ist es unumgänglich nöthig, die Lichtstrahlen durch ein blaues Medium zu leiten,
welches ihnen ihre Wärme und den unerträglichen Glanz benimmt. Ich benuzte hiezu
blaues Glas, bisweilen auch schwefelsaures Ammoniakkupfer, welches in einem weiten
Behälter aus Tafelglas eine Schichte von beiläufig 1 Zoll Dike bildete und so
verdünnt war, daß es dem Auge das Licht zu ertragen gestattete, doch nicht mehr als
nöthig war, davon zurükhielt. Bei Anwendung gefärbten Glases braucht man keine große
Fläche von solchem, denn wenn man die Operation lange genug fortsezt, sieht man von
den Rändern und Eken der Glastafel keine Spur auf dem Portrait; unterbricht man die
Operation aber vor der gehörigen Einwirkung des Lichts, so findet man auf dem
Portrait gewöhnlich einen der Figur des Glases entsprechenden Flek.
Bei der von mir benuzten Camera obscura dienten als
Objective zwei doppeltconvexe Linsen, deren vereinter Focus für parallele Strahlen
nur 8 Zoll ist; sie haben im Lichten 4 Zoll im Durchmesser und sind in ein Rohr
eingesezt, dessen vordere Oeffnung nach Daguerre's Vorschrift auf 3 1/2 Zoll verengert ist.
Der Stuhl, worauf sich die Person sezt, muß hinten mit einer Stange versehen seyn,
welche sich in einen eisernen Ring endigt, der den Kopf in jeder erforderlichen Lage
stüzt. Man braucht nur den Hinteren Theil oder die Seite des Kopfs gegen diesen Ring
anzulegen, um ihn so ruhig erhalten zu können, daß das Gesicht auf das Genaueste
copirt werden kann. Die Hände darf man niemals auf der Brust aufliegen lassen, weil
sie sonst in Folge des Ausathmens auf dem Portrait verwischt und undeutlich zum
Vorschein kommen, und auch die Adern am Halse dadurch zerstört werden, welche sonst
bei ganz ruhigem Verhalten auffallend schön zum Vorschein kommen.
Wir haben schon bemerkt, daß es vortheilhaft ist, eine solche Anordnung zu treffen,
daß das Licht unter einem kleinen Winkel auf das Gesicht auffällt. Dadurch beseitigt
man auch den Schatten vom Hintergründe gänzlich, zu welchem Zwek überdieß der Stuhl
3 bis 6 Fuß vom Hintergrund entfernt werden sollte.
Den Hintergrund für Lichtportraite kann Jeder nach seinem Geschmak arrangiren;
wünscht man einen ganz gleichförmigen, so eignet sich eine Deke oder ein Tuch von
hellgrauer Farbe, auf zwekmäßige Art aufgehängt, sehr gut dazu. Eine besondere
Aufmerksamkeit verdient aber die Farbe desselben; wäre es weiß, so würde es zu viel
Licht reflectiren und daher auf dem Bilde früher zum Vorschein kommen, als das
Gesicht der Person sich ausdrüken konnte; da Weiß die verschiedenen Strahlen alle
reflectirt, so würden sich überdieß wegen der chromatischen Aberration an allen
Rändern des Bildes Fleken zeigen. Will man zugleich Vasen, Urnen oder andere
Zierrathen auf dem Bild erscheinen lassen, so darf man dieselben begreiflicherweise
nicht gegen den Hintergrund aufstellen, sondern muß sie vorwärts bringen, bis sie
sich vollkommen deutlich auf dem verdunkelten Glase der Camera obscura zeigen.
Ebenso kommen auch die Farben der verschiedenen Theile des Anzugs in Betracht, wenn man
gute Copien erzielen will; die weißen Theile desselben müssen sich nämlich früher
abbilden, als z.B. die gelben und schwarzen deutlich geworden sind. Man hilft sich
hiebei auf die Art, daß man einer Person mit schwarzem Rok und offener Weste von
derselben Farbe, für einige Zeit ein Vorderkleid von hellgrauer oder Fleischfarbe
anlegt, weil sich sonst, ehe noch ihr Gesicht und die feinen Schattirungen des
Tuchkleides gehörig abgebildet sind, das Hemd schon blau oder sogar schwarz, mit
einem weißen Hof umgeben, reproduciren müßte. Wo jedoch die weißen Theile des Anzugs
keine große Fläche ausmachen oder eine schiefe Lage haben, sind diese
Vorsichtsmaßregeln überflüssig; der weiße Hemdkragen bildet sich z.B. auf dem
Portrait nicht viel schneller als das Gesicht aus. So muß man auch beim Portraitiren
von Damen darauf sehen, daß ihr Anzug keine stark contrastirenden Farben
darbietet.
Die ganze Kunst mittelst des Daguerreotyps Miniaturportraite zu erzielen besteht also
darin, das Licht in fast horizontalen Strahlen durch ein blau gefärbtes Medium auf
das Gesicht der Person zu richten, welche durch einen einfachen Mechanismus in
unverrükter Stellung erhalten wird, und zwar in solcher Entfernung von dem
Hintergrund oder in solcher Lage in Bezug auf die Camera
obscura, daß ihr Schatten nicht als ein Theil ihres Körpers copirt wird;
die Oeffnung der Camera obscura sollte wenigstens 3 1/2
– 4 Zoll weit seyn (je weiter desto besser), wenn das Objectivglas
aplanatisch ist.
Bei Anwendung zweier Spiegel dauert das Portraitiren vierzig Secunden bis zwei
Minuten, je nach der Intensität des Lichts; benuzt man aber nur einen Spiegel, so
braucht man beiläufig um ein Viertel weniger Zeit. Im Freien ist im directen
Sonnenlichte kaum eine halbe Minute erforderlich.
Die oben beschriebene Einrichtung der Camera obscura
liefert umgekehrte Bilder, indem sich die rechte und linke Seite vertauschen. Hr.
Woolcott, ein talentvoller
Mechaniker in New-York, nahm unlängst ein Patent auf die Anwendung eines
elliptischen Spiegels zum Portraitiren; ein solcher hat beiläufig 7 Zoll Oeffnung
und gestattet ihm, bequem mit Silberplatten von 2 Zoll im Quadrat zu operiren. Der
Hohlspiegel gewährt gegen die convexe Linse den Vortheil, daß man das Bild in seiner
richtigen Lage, nämlich nicht umgekehrt erhält;
dagegen hat er auch wieder den großen Nachtheil, daß er die Größe der Silberplatte
beschränkt und die etwas vom Centrum entfernten Theile auf eine sehr verworrene Art
wiedergibt. Bei
Anwendung der Linse lassen sich Platten von einem Fuß im Quadrat und selbst noch
größere benuzen.
Miniaturportraite, welche nach der angegebenen Methode dargestellt wurden, haben in
den meisten Fällen, jedoch nicht immer, eine auffallende Aehnlichkeit; auch zeigen
sich auf ihnen alle Eigenthümlichkeiten des Individuums, z.B. ein Muttermal,
Sommersprossen, Warzen. Wegen des Umstandes, daß Gelb und Gelblichbraun viel früher
auf das präparirte Metall im Daguerreotyp wirken, geben Personen, deren Gesicht voll
Sommersprossen ist, zu den sonderbarsten Resultaten Veranlassung; ihr Gesicht
erscheint weiß, mit genau so vielen schwarzen Fleken besprengelt, als der Sizende
gelbe hatte. Das Auge wird wunderschön copirt, so lebhaft und naturgetreu, daß
Jedermann darüber erstaunt.